Prozessbericht vom vierten Verhandlungstag

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Bericht des Prozesstages Nummer vier im RAZ-RL-radikal Verfahren

Prozessbericht vom vierten Verhandlungstag

Am Donnerstag, den 01. Juli 2021, begann der vierte Verhandlungstag des RAZ-RL-radikal Prozesses mit einer deutlichen Verspätung erst um 11:30 Uhr, Beginn wäre um 09:00 Uhr gewesen, weil irgendwer – es ist nicht klar ob Schöffe, Richter, oder jemand anderes – nicht anwesend war.

Schon gleich zu Beginn stellte die Verteidigung einen Antrag bezüglich der Sicherungsanordnung in Bezug auf die Anzahl der Besucher und Besucherinnen, weil diese den Zutritt der Öffentlichkeit beschränkt. Die Verteidigung begründete dies unter anderem hinsichtlich der niedrigen Inzidenzzahlen, weil das Gericht beruft sich auf die Pandemie, als den hauptsächlichen Grund die Besucherzahl zu drosseln, denn dies wäre eine gesundheitliche Gefahr. Auch war der Gerichtssaal kleiner als wie zu Beginn des Prozesses und mehrere Personen konnten nicht reinkommen.

Während dadurch die Anzahl der Besucher und Besucherinnen auf ein Drittel gesenkt wird – vorhanden sind 36 Plätze, nur zehn werden zugelassen – wird bei Journalisten nur die Hälfte der Gesamtzahl der Plätze reduziert, von zehn auf fünf.

Der Richter wies den Antrag zurück, weil immer noch ein Abstand von 1.5 Metern zu wahren und eine vierte Welle zu erwarten sei, außer Besucher und Besucherinnen, die geimpft sind, würden mit dem Impfpass kommen und dann könnten evtl. mehr Personen in den Saal, dennoch wird sich das Gericht mit anderen Kollegen austauschen um die Sache zu besprechen, wie es den bei anderen Verfahren so ist. Der Richter beriet sich und die erste von vielen Pausen trat ein.

Fünf Minuten später, verkündete der Richter seine Entscheidung gegen den Antrag, weil der Verlauf und die Entwicklung der Pandemie nicht absehbar ist und weil man sich für Gesundheit aller im Raum verantwortlich fühlen würde.

Gleich danach wurde der erste Zeuge vorgeladen. Es handelte sich um einen Bullen aus Berlin der zur Brandstiftung am 27. April 2011 am Gebäude der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aussagte. Der Zeuge konnte sich an nichts mehr erinnern, bereitete sich aber mittels der Lektüre, der von ihm verfassten Strafanzeige, vor und aufgrund dessen erinnerte er sich etwas vage daran. Ihm wurde die Strafanzeige vom Gericht zugestellt. Denn weder die Zeugen noch deren Dienststellen scheinen die Unterlagen, Akten, Strafanzeigen, oder andere Dokumente zum Fall noch zu haben, weil diese nach zehn Jahren vernichtet werden.

Zu der Tat selbst war es der Objektschutz der türkischen Botschaft, der als erstes diese wahrgenommenen hatte und die Bullen verständigte. Derselbe Objektschutz soll ein Motorrad mit zwei Personen gesehen haben, einen Mann und eine Frau, von denen es eine Videoaufnahme durch die Überwachungskameras der Botschaft geben soll. Das Video wurde aber nicht vom Zeugen gesehen, es wurde einer anderen polizeilichen Behörde übergeben, die dieses sichtete, vermutlich das BKA. Als der Zeuge beim Tatort ankam, war die Feuerwehr schon anwesend und diese teilten dem Zeugen mit, dass es nach Kraftstoff riechen würde, was der Zeuge auch gerochen haben will. Vorgefunden wurde eine ausgebrannte Getränkekiste voller Flaschen vor der Holztür des Senatsgebäudes, die das Feuer an der Holztür verursacht haben soll. Der Zeuge äußerte sich noch zu seiner Wahrnehmung, was der Schaden sein könnte, denn er ist kein Brandgutachter.

Er wurde befragt, ob er sich an einen Schriftzug links von der Tür erinnern könne und was auf dort stand, er bejahte – hatte ja seine eigene Anzeige gelesen – und sagte, dass dort RAZ gestanden habe.

Daraufhin wurden dem Zeugen mehrere Lichtbilder vorgezeigt um seine Erinnerung aufzufrischen, was aber nicht der Fall war, denn er beschrieb nur die Bilder und die Verteidigung machte den Richter darauf aufmerksam, dass dies von jedem gemacht werden könne.

Es wurden Fragen zum Verlauf der Ermittlung gestellt und wiederholt sagte der Zeuge, dass er sich an nichts erinnern kann, er konnte nur das Standardprozedere der Bullen wiedergeben.

Danach kam der nächste Zeuge, dieses mal ein pensionierter Bulle, der auch in diesem Fall ermittelte und sich an nichts erinnern kann, außer dass es irgendwie eine Verbindung zur türkischen Botschaft gab. Der Zeuge war nicht mal beim Tatort, hat sich aber das Video angeschaut, an welches er sich selbst nicht erinnern kann. „Die trugen wahrscheinlich ein Helm“. Wie wir sehen können, sehr präzis.

Das Einzige, was der Zeuge erkennen konnte: erstens ein Ausdruck von einem Stadtplan und sein farbigen Markierungen und zweitens seine Unterschrift bei den eigenen Notizen, an die er sich nicht erinnern konnte.

Auf Nachfrage der Anwälte stellte sich auch hier ein weiteres Mal heraus, dass die Zeugen ihre Unterlagen, Berichte, Akten direkt vom Gericht erhalten.

Nach der Mittagspause war der dritte Zeuge ein Bulle aus Magdeburg, der die Observation vom 26. und 27.04.2011 im Auftrag des BKAs leitete und den Bericht dazu unterschrieb. Der Zeuge schrieb nicht den Bericht und nahm an der Observation selbst nicht direkt teil, er hörte sich die Schilderungen seiner Kollegen an, kann sich aber auch nicht daran erinnern, bzw. ob er sich Notizen dazu gemacht hatte. Zu dem Vorgang erklärte der Zeuge, dass nach einer Observation alles besprochen wird, auch abweichende Erinnerungen, abweichende Wahrnehmungen, wie dies protokolliert wird usw., und aus dem wird dann ein Bericht erstellt, dieser wurde vom Zeugen unterschrieben, aber er kann sich an nichts erinnern. Genauso wenig kann er sich daran erinnern, wer den Bericht schrieb, wie viele daran beteiligt waren – nach einer Nachfrage der Verteidigung sagte er, es würde sich um mindestens fünf Bullen handeln – , wer was sagte usw.

Zu der Identifikation der Zielperson, ZP, händigte das BKA mehrere Fotos aus und die Observationsziele wurden ausgekundschaftet, falls die ZP über Umwege aus diesen sich entfernen würde. Denn bei einem Observationsbericht wurde die ZP nicht auffindbar gemacht und tauchte später woanders auf. Der Zeuge kann sich nicht erinnern, wie es dazu kommen konnte.

In einer anderen Situation wurde die ZP in der S-Bahn mit A4-Blätter gesehen, es sei aber nicht klar, wer alles an der Observation teilnahm. Dass der Bulle, der als nächster Zeuge geladen werden sollte und einen Vermerk bezüglich der Observation verfasst hatte, beteiligt war, wusste der Zeuge erst nach einem Gespräch mit diesem. Die beiden fuhren ja auch gemeinsam nach Berlin.

Die Verteidigung fragte den Zeugen, wie viele sich am Erstellen des Berichts beteiligten – wie schon oben erwähnt mindestens fünf – er konnte sich aber an keine Details mehr erinnern. Da aus den Akten hervorging, war die ZP als ZP-1 gekennzeichnet, was die Frage aufwarf, ob es mehrere Zielpersonen gab. Der Zeuge antwortete, dass wenn nur eine Person observiert wird, diese nur als ZP bezeichnet wird, und dass er in diesem Falle nicht mehr wüsste, ob es noch mehrere Zielpersonen gab. Die nächste Frage bezog sich auf die zur Verfügungstellung des Observationsberichts. Es stellte sich heraus, dass die Zeugen sich untereinander die Berichte ausgehändigt hatten.

Der Vermerk des Kollegen des Zeugen erwähnte, dass die ZP in die S-Bahn stieg, davor Zettel zerriss und in den Müll warf. Die Verteidigung fragte nun, ob und wie viele Bullen bei der Observation in einem solchen Fall in der Bahn mitfahren würden. Hierzu wollte der Zeuge sich nicht äußern, da man die Taktik der Bullen nicht preisgeben kann. Begründet wurde dies mit der eingeschränkte Aussagegenehmigung. Daraus folgte ein juristischer Streit, ob dies zulässig sei oder nicht.

Die Zuschauer und Zuschauerinnen mussten daraufhin den Gerichtssaal verlassen, weil die Verteidigung einen Antrag verschriftlichen musste, um dagegen vorzugehen. Insgesamt verzögerte sich alles mit einigen Intervallen um 25 Minuten. Am Ende entschied das Gericht, dass sich der Zeuge nicht äußern muss und die Einschränkung der Aussagegenehmigung rechtmäßig sei. Der Zeuge wurde entlassen und der Bulle, der den Vermerk verfasst hatte, wurde reingelassen.

Hierbei handelte es sich um einen weiteren Bullen aus Magdeburg, der im Gegensatz zu seinen Kollegen die Unterlagen zur eingeschränkten Aussagegenehmigung dabei hatte.

Auch er konnte sich an nichts erinnern, außer dass der Angeklagte Zettel zerriss und in den Müll in einer S-Bahn Haltestelle warf, dennoch konnte er nicht sagen, ob er dies wirklich gesehen hatte. Der Zeuge nahm aus dem Müll die zerrissenen Zettel, verpackte diese in einem Müllbeutel und übergab diese dem Einsatzleiter. Er wüsste aber nicht was auf den besagten Zettel stünde.

Wie alle anderen Zeugen bereitete er sich auf seine Aussage vor, indem er die Akten, Unterlagen, usw. durchlas. An den Angeklagten könne er sich aber doch erinnern, er bezeichnete ihn auch als „Lockenkopf“, „schmächtig“, usw. aber andere wichtige Details, wie welche Kleidung er trug, oder ob er wirklich Zettel zerrissen hatte und wegwarf, bzw. ob er den Beschuldigten davor oder danach observiert hatte, an all dass konnte er sich nicht erinnern.

Seine Erinnerungen an die Haltestelle waren auch sehr dürftig, denn ob diese Überdacht, mit einem Bistro, mit Sitzbänken, usw. ausgestattet war, konnte er sich auch nicht mehr erinnern. Um seine Erinnerung nochmals aufzufrischen, zeichnete der Zeuge eine Skizze von der besagten Haltestelle, er hatte sie vorher auf einer Karte im Internet angeschaut, aber in welche Richtung die S-Bahn fuhr, nach Berlin, oder sonst wo, dass wusste er auch nicht mehr. Ebenso war ihm der gänzliche Ablauf des Observationstages, wie z.B., er dorthin gelang, ob er alleine war, ob er an der Fußgängerbrücke stand, etc. nicht mehr erinnerlich.

Nach der Entlassung des Zeugen merkte die Verteidigung an, dass dieser dem Gericht glauben machen wolle, dass ihm das Wegwerfen und der Angeklagte in Erinnerung geblieben ist, er wusste worauf es als Zeuge ankommt, er hätte dabei seine Rolle gespielt, denn wenn er sich an nichts erinnern kann, wie kann er sich an den Angeklagten erinnern, außer dass er dies aus dem Vermerk und den Akten wüsste.

Am Ende des Prozesstages wurden Lichtbilder der vermeintlichen zerrissenen Zettel gezeigt, sowie von dem Brandanschlag gegen das Senatsgebäude für Stadtentwicklung. Damit endete der vierte Prozesstag.

Wir wollen nochmals drauf hinweisen, dass die Beschränkung der Anzahl an Besucher und Besucherinnen nicht aufgrund gesundheitlicher Bedenken gemacht wird, denn alle Fenster sind offen, alle Personen tragen Maske, etc., sondern um die Solidarität mit dem Beschuldigten einzuschränken und zu erschweren.

Der nächste Prozesstermin ist am Donnerstag, den 08.07.21, um 13:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.

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