Klassenkrieg

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Wir zitieren uns mal selbst: "Als wir diesen Text übersetzten waren uns viele Parallelismen zur heutigen Zeit aufgefallen, wichtige Merkmale, die fernab von diesem historischen Text immer von Bedeutung sind, die anscheinend vielen Anarchisten und Anarchistinnen nicht mehr einfallen, oder vergessen haben."

Alfredo Maria Bonanno: Klassenkrieg

Quelle dieses Textes: pantagruel-provocazione.blogspot.com sowie die Textsammlung „Movimento e Progetto Rivoluzionario“, Alfredo Maria Bonanno; Prima edizione, giugno 1977, stampato per conto delle Edizioni della Rivista «Anarchismo», Casella Postale 61 – 95100 con tipi della Edigraf di Catania, via Alfonsetti 90 – Tel. 22.63.31

Die beiden Texte sind teilweise unterschiedlich und wurden in der vorliegenden Ausgabe gegenseitig ergänzt.

Originaltitel ist Guerra di classe, dieser Text wurde erstmals in der Publikation Anarchismo Nr. 4-5, 1975 veröffentlicht. Später in der Textsammlung „Movimento e Progetto Rivoluzionario“ erweitert.

Einleitung der Soligruppe für Gefangene,

es ist eine Weile her, seitdem wir an der Übersetzung von diesem Text gearbeitet hatten. Durch einen Zufall haben wir erfahren, wie dieser auf einer anderen Seite veröffentlicht wurde und uns ist aufgefallen, dass die Übersetzung einige Fehler hatte und es keine Informationen zu dem Kontext, sei es durch Fußnoten oder durch eine Einleitung, gab.

Nun, ohne die Intention und die Arbeit von anderen schmälern zu wollen, veröffentlichen wir nun diese Version, wo wir wie in fast allen unseren Übersetzungen, dem Text einige Ergänzungen beifügen.

Dieser ist auch nur einer von einer Reihe von Texten, die wir von Alfredo Maria Bonanno veröffentlichen wollen.

Bei dieser Veröffentlichung gab es aber ein gewisses Wirrwarr, weil, wie wir im Verlauf der Übersetzung und Korrektur sehen konnten, waren alle uns zur Verfügung stehenden Versionen (die 1975, die 1977 und die Übersetzung ins Englische) etwas unterschiedlich und wir haben sie zusammengefügt.

Diese Schrift von A.M.Bonanno gilt als eine seiner früheren Schriften, die, wie in der Quellenangabe vermerkt, in einer der früheren Ausgaben der Publikation Anarchismo veröffentlicht wurden. Mit früheren Schriften meinen wir eben auch die Zeit vor den 1990er. Alfredo spiegelt mit der Thematik und seiner Darlegung des Klassenkrieges eine Situation wider, die gerade in Italien stattfand. Wir reden von jener Zeit der proletarischen und jugendlichen Revolten, die ganz Italien in Aufruhr versetzten. Alfredo beschreibt sehr gut den Einsatz des Staates mittels des Gewaltmonopols um dieser Revolte, ja quasi Bürgerkrieg, Einhalt zu gebieten.

Was wir an diesen Text sehr gut finden, ist wieder diese Genauigkeit die Verhältnisse zu verstehen und zu analysieren um daraus auch einen Kampf gegen diese entwickeln zu können.

Als wir diesen Text übersetzten waren uns viele Parallelismen zur heutigen Zeit aufgefallen, wichtige Merkmale, die fernab von diesem historischen Text immer von Bedeutung sind, die anscheinend vielen Anarchisten und Anarchistinnen nicht mehr einfallen, oder vergessen haben.

Es geht um die Rechnung, die die ausgebeuteten Menschen immer bezahlen, die der Staat als Blutzoll fordert um seine historische Aufgabe vollziehen zu können. Nämlich den Kapitalismus zu verwalten und diesen zu verewigen. Diese Rechnung heißt auch Tod und die Tinte, mit der dieser geschrieben wird, um das Kapital im Umlauf zu lassen, ist das Blut der Ausgebeuteten und heißt Gewaltmonopol.

Der Staat wird niemals mit der Wimper zucken und tausende mittels Waffen und Repression über die Klippe springen lassen, wenn seine Existenz als Verwalter des Kapitalismus in Gefahr steht. Das bemerkenswerteste ist, dass dies ja auch in jener Zeit stattfindet, die wir als den sozialen Frieden kennen. Das ist die Zeit in der tausende über die Klippe springen müssen, aber auf stille und geordnete Art und Weise.

Nun wir als Anarchisten und Anarchistinnen sehen nach wie vor die absolute Notwendigkeit dem Staat, dem Kapital und sämtlichen Formen der Herrschaft und Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ein Ende zu setzen. Entweder wir zerstören die kapitalistische Normalität, die wir als Alltag kennen, oder diese wird die komplette Menschheit und die Welt niederwalzen.

Diesen Text übersetzten wir auch um für kommende Diskussionen eine weitere historische Grundlage zu haben, auf die wir uns beziehen werden können.

Und nicht zuletzt, vielen Dank an dicke Lippe, der sich die Zeit nahm um die Texte zu vergleichen, zu korrigieren und ohne ihn wäre dies nicht möglich gewesen, vor allem nicht in dieser vollständigeren Version.

Soligruppe für Gefangene

 


Alfredo Maria Bonanno: Klassenkrieg

In Italien ist ein Bürgerkrieg im Gange. Wie in jedem anderen Teil der Welt hat der tödliche Zusammenstoß genau definierte Merkmale in Bezug auf die Bedingungen der Ausbeutung, die von der herrschenden Klasse auferlegt werden. Deshalb sprechen wir vom Klassen-(bürger)-Krieg.

Die staatliche Gewalt und defensive Klassengewalt stehen sich in einem Spannungsfeld gegenüber, das nur die politisch Kurzsichtigen nicht sehen wollen. Der Terrorismus der verschiedenen Organisationen im Dienste der Bosse ist ein ständig wahrnehmbares Element, so wie auf der anderen Seite eine Organisation der Verteidigung gegen die staatlichen Mörder entsteht, Organisationen, die es in ihren Grenzen und Perspektiven zu untersuchen und zu bewerten gilt. Auch der andere Diskurs, der so genannte legalitäre1, der Diskurs, der im Parlament seinen eigenen phonetischen Ausdruck findet, kann genau dann bewertet werden, wenn er in die Logik eines laufenden Konfliktes eingefügt wird.

Die Gewalt der Bosse und ihrer Diener

In einer Erklärung gegenüber der Tageszeitung „Il Giorno“ vom 19. April 1968 erklärte der Generaldirektor des INAIL2, dass das Phänomen der Arbeitsunfälle (weißer Tod3) die Dimension eines Krieges angenommen habe: „jede Stunde ein Toter, alle 6 Sekunden ein Verwundeter“. Es sind die Arbeiter, die an der Front der Ausbeutung fallen, während die „Männer der Linken“ ihre parlamentarischen Possen fortsetzen. Unmögliches Arbeitstempo, Akkord-Arbeit, Zunahme der Nervenanspannung, Monotonie, die Unmöglichkeit, Reflexe an die Maschine anzupassen. Die gefährlichste Zeit für das Leben des Arbeiters sind die letzten Arbeitsstunden des Tages. Es ist ein wahres Schlachthaus. Amputationen von Händen und unteren Gliedmaßen, der Verlust von Augen, Verbrennungen, Verkrüppelungen, die zu Rheuma, Bronchitis, Taubheit, Verdauungsstörungen, Nervenzusammenbrüchen und Herzinfarkt führen. 80 Prozent der Schweißer in den Schiffswerften sind taub. Ein sehr hoher Prozentsatz der Arbeiter im Bergbau und in Steinbrüchen leiden an der Lungenkrankheit Silikose. Diejenigen, die am Fließband bei Fiat arbeiteten, stellten nach einigen Jahren fest, dass ihre sexuelle Leistungsfähigkeit erheblich reduziert wurde. 50 Prozent der Arbeiter im Textilsektor leiden an Dermatitis und Atemwegserkrankungen.

Hinzu kommen die tödlichen Unfälle, die als „normale“ Unfälle angesehen werden, die aber mit der Logik der Produktion zusammenhängen. Im Jahr 1960 sprach die Statistik von einem stündlichen Todesfall, heute kennen wir die genauen Zahlen nicht mehr, aber sie sind sicherlich nicht zurückgegangen. Es genügt, die Zeitungen zu lesen, um zu erkennen, wie viele Arbeiter jeden Tag aufgrund der Arbeitsbedingungen sterben, getötet am Ort der Ausbeutung durch die Bosse und ihre Diener. Man muss jedoch erkennen, dass die Arbeit des Industriellen nicht immer die des Metzgers ist. Der Chef ärgert sich sehr über Arbeitsunfälle, weil ihn das sowohl auf psychologischer Ebene (viel weniger) als auch auf wirtschaftlicher Ebene (viel mehr) stört. Aber die Logik der Ausbeutung hat ihre notwendigen Schritte, aus denen sie sich nicht selbst herausziehen kann. Ihre Geduld geht jedoch zu Ende, wenn der Ausgebeutete trotz aller Fürsorge, die man ihm entgegenbringt, und trotz aller Vorbeschäftigungen, die man hat, darauf besteht, sich der Ausbeutung nicht gefügig zu unterwerfen. Dann ist es eine ganz andere Sache. Zu der unvermeidlichen Logik des kapitalistischen Prozesses kommt der mörderischer Wille und die Entschlossenheit hinzu. Der Chef wendet sich an den Staat, um sein hochheiliges Recht zu erhalten, zu töten, zu zerstückeln, das menschliche Material, das er gekauft hat und das ihm daher zur Verfügung steht, zu schützen.

In diesem Fall greift die Polizei ein. Schauen wir uns die Fälle an, in denen die Polizei in Italien absichtlich in die Menge geschossen und Arbeiter getötet hat, die ihr eigenes Recht auf Leben forderten. Die Antwort wurde in Kugeln gegeben, die zwischen 1946 und 1970 133 Todesopfer unter Arbeitern, Arbeitslosen, Angestellten, Erntearbeitern und Studenten gefordert haben. Betrachtet man die Listen der Arbeiter, die bei Demonstrationen von der Polizei getötet wurden, so findet man nur 1969 den Tod einer Lehrerin (Teresa Ricciardi), also sind alle anderen sehr arme Menschen, „der Pöbel“ der seit Jahrhunderten immer ungestraft beschossen worden ist. In einem Artikel in „L’Unità“4 wurde 1950 geschrieben: „La Celere (schnelle Eingreiftruppen) organisieren präventiv“, und führen Listen in dem die polizeilichen Anklagen wegen Demonstrationen und Schießereien im Einzelnen aufgeführt sind; andere „präventive“ Versionen im Zusammenhang mit Waffen im Besitz von Arbeitern werden für die Regierung und die „unabhängige“ Presse ausgearbeitet, um den Einsatz von Waffen durch die Polizei zu rechtfertigen. In Catania wurde auf der Piazza Stesicora während einer Demonstration gegen die Regierung Tambroni der kommunistische Bauarbeiter Salvatore Novembre im Alter von 19 Jahren getötet, nachdem er wiederholt mit Schlagstöcken geschlagen worden war, und als er hinfiel und das Bewusstsein verlor, hat ein Polizist absichtlich wiederholt auf ihn geschossen. Ein, zwei, drei Schüsse, bis er niedergemetzelt und nicht wiederzuerkennen war. Dann verlor sich der Polizist in der Menge und setzte seine Aktion fort. Salvatore, der noch nicht tot war, wurde in die Mitte des Platzes geschleift, um den Bürgern von Catania als Beispiel zu dienen. Angerückte Carabinieri setzten Maschinengewehre ein, um zu verhindern, dass sich jemand dem armen Jugendlichen näherte, der an Blutverlust verstarb. In Reggio Emilia schossen die Carabinieri und die Polizei am 7. Juli desselben Monats vierzig Minuten lang ununterbrochen in die Menge und töteten fünf Menschen. Piergiuseppe Murgia berichtet über das Ereignis: „…inmitten des blendenden Rauchs konnte man die Schüsse hören. Die Polizei schießt. Sie schießen in die Menge. Die Menschen bleiben schockiert für einen Moment stehen. Sie können es nicht glauben. Sie schießen aus allen Ecken des Platzes. Sie schießen aus nächster Nähe. Auf Menschen. Sie schießen ohne Pause. Der erste, der fällt, ist Lauro Ferioli, 22 Jahre alt, Vater eines kleinen Jungen. Bei den ersten Schüssen warf er sich ungläubig auf die Polizei zu, als wolle er sie aufhalten: Die Agenten sind hundert Meter von ihm entfernt: Sie schießen ihm voll in die Brust, sie schießen ihm ins Gesicht. Ein Junge, der dies miterlebte, sagte: „Er machte ein oder zwei Schritte, mehr nicht, und dann kamen sofort die Maschinengewehrsalven. Ich befand mich direkt an seiner Seite und sah, wie er sich umdrehte, stürzte und Blut aus seinem Mund floss. Er fiel auf mich, mit all dem Blut (…).“. Währenddessen erschien der Arbeiter Marino Serri, der vor Wut weinte, an der Straßenecke, um schreiend zu protestieren: „Mörder, Mörder“. Eine weitere Salve traf ihn, und auch er ist gefallen (…) Ovidio Franchi, ein junger Arbeiter im Alter von 19 Jahren, starb kurz danach. Eine Kugel hatte ihn in den Unterleib getroffen. Verletzt versuchte er, sich aufzurichten, indem er sich an einem Fensterladen festhielt. Ein anderer, leicht verletzter Junge wollte ihm helfen, dann tauchte einer in Uniform auf und schoss auf beide. Emilio Beverberi, 30 Jahre, Arbeiter, ehemaliger Partisan: durch Maschinengewehrfeuer in zwei Teile gespalten. Der Arbeiter Afro Tondelli, 35 Jahre, wird von einem Polizisten kaltblütig ermordet, der auf die Knie geht, um genau anzuvisieren und unfehlbar auf ein regungsloses Ziel schießt“.

Danach wird im Auftrag der politischen Führer und durch Beschluss der Ausbeuter, die Mordtaktik der Polizei im Sinne einer subtileren Verfeinerung modifiziert. Es ist in der Tat kein Zufall, dass es selbst in den akutesten Spannungsmomenten keine Massaker mehr auf den Straßen gegeben hat. Von den Dutzenden und Aberdutzenden von Toten in den Jahren 1946 – 1950 ging es weiter zu den elf Toten von 1960 (Spitzenjahr der Arbeiterkämpfe), bis hin zu 1972 mit einigen wenigen Toten pro Jahr. Im Gegenzug wurde die Strategie der Spannung5 entwickelt, die darauf abzielte, die Linke einzubeziehen und mit der erwiesenen Komplizenschaft bestimmter institutioneller Einrichtungen einen Staatsstreich durchzuführen. Seit dem Tod von Paolo Rossi im April 1966 bis zum Tod der vier kommunistischen Gefährten6 im April 1975 wurde eine andere Tötungstechnik eingeführt. Die Attentäter im Dienste der Bosse haben bei verschiedenen Bombenangriffen auf Banken und Züge7 arme, wehrlose Menschen getroffen, mit dem Ziel, die große Masse in jene Ordnung zu drängen, in der sich die Faschisten und Bosse auf institutioneller Ebene zu Beschützern gemacht hatten. Wenn auf der einen Seite die Reaktion der Menschen über die Wahlen8 derart war, dass alle diese Versuche und all diese Massaker zwecklos gemacht wurden, so kann nicht geleugnet werden, dass diese neue Art der Tötung von Menschen es zumindest von 1969 bis 1973 schaffte, den Regierungstroß über Wasser zu halten. Aber sie hatte noch eine andere Wirkung. Es besteht ein Abgrund zwischen der damaligen Reaktion der kommunistischen Partei, zum Beispiel bezüglich des Angriffs auf Togliatti9, und ihrer Reaktion anlässlich der Tötung der vier Gefährten im April vor zwei Jahren. In der jüngsten Version solcher Reaktionen tauchte Berlinguer10 in einem Anzug auf, um Moro11 zu besuchen und seine Klagen zu überbringen, und zu dieser Farce kam noch ein mehrstündiger Streik hier und da und eine sehr charakteristische formelle Debatte im Parlament hinzu. Worauf es ankommt, ist das Wahlergebnis, sobald dieses sicher ist, wen kümmert es, ob Gefährten sterben, die durch die Gewalt der Bosse und ihrer Diener getötet werden. Solange nichts die Idylle der Macht stört, wird jedes Menschenopfer an diesen blutrünstigen Gott gebilligt und gepriesen.

Es ist bewiesen, dass bei dieser Strategie der Spannung die Faschisten von den Bossen in Zusammenarbeit mit zumindest drei „Staatsorganen“ benutzt wurden: der Armee, der Justiz, der Regierung. Die Armee hat ihre Sonderkommandos eingesetzt. Wie die Geheimdienste und die Polizei (in diesem Sinne schließen wir fälschlicherweise die gesamte Polizei ein und nicht nur die Carabinieri und die Armee), um das Netz der verschiedenen Komplotte zu erweitern, um auf der Ebene der Razzien, der Einschüchterung und der Hinrichtung einer Reihe von Elementen der Linken, insbesondere der Anarchisten, zuzuschlagen; um auf der Ebene der Geheimdienste Kontakte mit anderen Staaten zu unterhalten. Die Justiz hat ihre vertrauenswürdigsten Richter eingesetzt, um die heikelsten Verfahren „an sich zu ziehen“, die Ermittlungen gegen die Faschisten bezüglich der Mailänder Bombenanschläge zu vereiteln, den Superintendenten Juliano abzusetzen, der versucht hatte, die Faschisten anzuzeigen, die Telefonanmeldungen von [dem Faschisten] Freda aufzuheben, die nicht explodierte Bombe in der Mailänder Handelsbank in die Luft zu sprengen, um so den Haltegriff eines Schildes12 loszuwerden, der von der Explosion übriggeblieben war, und so weiter. Die Regierung hat die nötige Genehmigung erteilt (im Fall des Kommisars Julian erklärte Fais selbst, er habe Befehle vom Innenministerium erhalten) und organisierte die komplexe Operation um Gleichgewicht zwischen den gegensätzlichen Extremismen herzustellen, indem sie alles in den Topf der Gewalt und einer langen Reihe von Morden jedes mögliche Mittel und jeden möglichen Behelf warf, um weiterhin eine Macht zu verwalten, die nach allen Seiten auszulaufen drohte. Wie wir weiter unten sehen werden, ist die Komplizenschaft der Regierung nicht nur auf politischer Ebene, sondern erreicht eine größere Effizienz auf wirtschaftlicher Ebene und trägt zum systematischen Diebstahl auf Kosten aller Ausgebeuteten bei.

Die Anschuldigungen gegen die Arbeiter nahmen plötzlich zu, als sich die Kämpfe um die Hausbesetzungen in Celio in Rom und MacMahon in Mailand entwickelten, und wieder einmal sah man die bereits erwähnten Attentäter mit ihrer üblichen Ungeniertheit zum Angriff auf Frauen und Kinder übergehen.

Ein weiteres „demokratisches“ Merkmal der Schweine in jeder Uniform ist die Anwendung von Folter gegen verhaftete Proletarier. Lelio Basso (den man sicher nicht des Extremismus bezichtigen kann) hielt dazu fest: „…wenn jemand aus den privilegierten sozialen Schichten (A.d.Ü., Klassen) wegen eines gewöhnlichen Verbrechens verhaftet wird, und ich verwende das Wort in einem sehr weiten Sinne, kann er sicher sein, von Zwangsmaßnahmen verschont zu bleiben, auch wenn er darauf beharrte, alles zu leugnen. Stell Dir vor, ein Diplomat G. oder eine Gräfin B. oder ein Herr L. oder ein Industrieller X. oder ein Beamter Y. würden einer solchen Behandlung unterzogen!“ In der Tat, Folter ist an der Tagesordnung. In den Kasernen, den Gefängnissen, den Strafanstalten, den Waisenhäusern. Die tugendhaften Bourgeois tun so, als wüssten sie nichts von der institutionellen Bedeutung der Folter. Sie sind entsetzt über die Untaten der alten Inquisition und behaupten, sie wüssten nicht, dass diese verdienstvolle Institution nie aufgehört hat zu arbeiten. Sie sind entsetzt angesichts der Krematoriumsöfen der Nazis und tun so, als wüssten sie nicht, dass es die Gefangenenlager der Endlösung immer gegeben hat, auch in unserem Land, und dass sie besonders effizient sind. Aber lasst uns für einen Moment von Folter sprechen.

In einem alten Text von 1777 (V. Malerba „Ragionamento sopra la tortura“ [Überlegungen zur Folter – A.d.Ü.]) lesen wir auf Seite 36: „Die Folter wird nicht zur Bestrafung eines Verbrechens durchgeführt, dessen Urheber nicht bekannt ist, sondern um aus dem Mund des Angeklagten die Wahrheit herauszubekommen, die wegen der Schwäche der Vernunft und der Unfähigkeit, der List und Falschheit der Zeugen oft im Dunkel der Ungewissheit verborgen liegt.“

Und weiter auf den Seiten 108-109: „Aber man gesteht den Gegnern zu, dass ein gefolterter Unschuldiger dem Schmerz nachgibt und sich für schuldig erklärt, und zwar in dem verhandelten Fall, in dem die Folter vom Richter angeordnet wurde mit allen Bedingungen, die das erfordert. Worin liegt dabei das Gute? Der Seltenheit dieses Beispiels stelle ich den öffentlichen Nutzen entgegen, der sich aus dem Foltergesetz ergibt. Ich möchte vielmehr sagen, dass die Unannehmlichkeit, einen Unschuldigen zu unterwerfen, der in der Folter ein Verbrechen gesteht, nicht der Ungerechtigkeit und Barbarei der Folter zugeschrieben werden sollte, sondern einer schuldhaften Schwäche und dem Mangel an tugendhafter Stärke. Geduld ist eine Pflicht, eine unabdingbare Pflicht. Der Unschuldige, der zu Qualen verurteilt ist, muss mit Resignation annehmen und mit Toleranz alle Leiden ertragen, wie ein Knecht, der seine Schulter unter der Peitsche beugt, die ihn schlägt, indem er aus seiner Pein ein Mittel zum Erwerb des Guten macht.“

Diese Auffassungen sind auch heute noch jene, welche die Arbeitsweise unserer republikanischen und antifaschistischen Polizei bestimmen, und welche das andernfalls unerklärbare stillschweigende Einverständnis unserer republikanischen und antifaschistischen Justiz erläutern. Sie erklären uns die Gesundheits-, und Gefängnispolitik (welche klar auf die Auslöschung der rebellischsten Teile des Proletariats ausgerichtet ist), unserer republikanischen und antifaschistischen Regierung. Die Ideologie der Folter, die wir gemeinsam haben mit Institutionen auf globaler Ebene, wie dem CIA und Korrespondenten auf der ganzen Welt, ist der Kernpunkt jener Strategie des Terrorismus, welche der Staat gegenüber den Ausgebeuteten mit der Illusion umsetzt, dass die Angst die sich im Gange befindlichen revolutionären Bewegungen auf der ganzen Welt bremsen könnte. Nach dem Fall von Egidi, in dem ein Unschuldiger unter Folter dazu gezwungen wird, „zuzugeben“ ein Mädchen umgebracht zu haben, wird ein ministerieller Ausschuss eingesetzt, der für den Zeitraum 1945 – 1952, 315 Fälle von Anwendung inquisitioneller Methoden aufdeckt. Aber diese Zahlen sind von der Realität weit entfernt. Der Fall der folternden Carabinieri von Bergamo (27 Personen wurden auf einen Schlag gefoltert), unter Kommando des Majors Siani, der daraufhin wegen seiner Leistungen als Folterknecht zum Oberst befördert wurde, ist wirklich kennzeichnend für die Realität. Die Bredouille ist, dass unter den Gefolterten neben dem Proletariat (Angestellte, Landwirte, „ehrenvolle Fachkräfte“, und ein paar Arbeiter) Vertreter der Medien und Kleinbürger waren. Es kam zum Skandal der aber nichtsdestotrotz erstickt wurde, während die Carabinieri freigesprochen wurden. In den Gefängnissen, den psychiatrischen Anstalten für Kriminelle, den Waisenhäusern besteht die Folter als Einschüchterungssystem weiterhin. Anfangend mit den durch die Spezialistenhände der Pfaffen und Kirchenschwestern gefolterten Kindern. Die genaue Zahl kann nicht erörtert werden, ein Skandal wie jener der „frommen Pagliuca“ wird uns nicht von großer Hilfe sein. Misshandelt, vergewaltigt, ausgehungert, in der Unmündigkeit und im Aberglauben gelassen, erfahren diese Kinder von Proletariern ein tiefgreifendes Auswahlverfahren, eine regelrechte Endlösung, allen lästig (für die Eltern, wenn diese auffindbar sind) und für den Staat, finden sich diese in Lagern wieder, wo diese unter den barmherzigen Augen der Madonna mit dem Kind am Arm und den zustimmenden Kruzifixen massakriert werden. Auf die Überlebenden warten die Jugendgefängnisse wo sie die angemessene Behandlung für die veränderten physischen Möglichkeiten des Widerstandes erhalten. Die Folter ist das Leitmotiv ihres gesamten Lebens. Den alten Rechtsgelehrten, den wir zitierten, sagt uns dass die Geduld die wahre Tugend des Unschuldigen wäre und dass dieser sich wie ein Knecht verhalten muss, der seinen Körper unter der Macht der Peitsche zu beugen hat, um seinen Platz im Paradies zu erhalten. Und der Folterknecht, der mit Gewandtheit und Beharrlichkeit in der Umgebung seiner Instrumente arbeitet, erwartet sich, dass der Gefolterte rebelliert. In den Waisenhäusern, den Gefängnissen, den Irrenanstalten für geisteskranke Straftäter, in den Wachzimmern, der zahlreichen Polizeidirektionen, durch die Hände, derer, die Pinelli13 ermordeten, die Serantini massakrierten, fließt weiterhin das Blut von vielen anderen Proletariern, anonymen Märtyrern. Abschließend gesagt sind die Irrenanstalten für geisteskranke Straftäter der raffinierteste Ausdruck der Endlösung. Hier, in der totalen Abwesenheit jedweder auch nur geringsten Schimmers der Heilung, werden die Rebellen solcherart Praktiken unterworfen, dass ihr Wille, nicht nur zu reagieren, sondern auch zu leben, in nur kurzer Zeit völlig zerstört wird. Zum Beispiel Anonietta Bernardini, die im Bett zur Zwangsfixierung der Irrenanstalt von Pozzuoli lebendig verbrannt wurde, ist ein klarer Fall.

Was wir gesagt haben, ist nicht mehr als eine dürftige Behauptung über die Gewalt der Bosse und ihrer Diener. Wir können andere Aspekte in dem finden, was ich indirekte Gewalt nenne. Die Diebstähle der Politiker, die staatlich organisierte Mafia, die wirtschaftliche Spekulation, die auf Kosten des Proletariats ausgeübt wird, stellen eine versteckte, aber ebenso wirksame und gefährliche Gewalt dar wie die unverhüllte, die den Einzelnen trifft.

 

Die indirekte Gewalt der Bosse und ihrer Diener

Die „Mafia“ ist kein sizilianisches Phänomen. Sie ist eine Sichtweise auf die Dinge, eine Art, Beziehungen aufzubauen und Probleme zu lösen, aus einer Perspektive, die man „feudal“ nennen könnte. Die Mafia-Organisation schlechthin ist heute die große staatliche Managergesellschaft. Unterstützt wird diese Mafia von einer anderen Art der Mafia, jener der Politik. Die Angelegenheiten der Antimafia14 sind wirklich zutiefst humorvoll. Gioia15, ein berüchtigter Mafioso, ist ein Minister unserer Regierung. Bei der Auseinandersetzung zwischen dem Polizeipräsidenten Mangano und dem Mafioso Coppola ist man sich nicht sicher, ob man letzterem in Sachen Ehrlichkeit fast den Vorzug geben soll. In der Vergangenheit des Polizeipräsidenten stoßen wir auf sehr obskure Geschichten. Verbindungen zwischen dem Drogenhandel und der alten Mafia wurden festgestellt, ebenso wie Verbindungen zwischen letzterer und bestimmten politischen Kreisen, woraus sich ein spezifisches Interesse am Drogenhandel vieler unserer Männer der Macht ableiten ließe. Aber wir stehen erst am Anfang. Der Sindona-Skandal16 hat uns gezeigt, wie bestimmte politische Kreise arbeiten, wie bestimmte Banken, wie bestimmte staatliche Industriegesellschaften und wie bestimmte internationale Holdings arbeiten. Fangen wir mit einer „sauberen“ Arbeit an. Nach den USA, der Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich, Kanada, China und Westdeutschland ist Italien der achtgrößte Exporteur von Waffen. (Bericht des Stockholm International Peace Research Institute). Da die ersten vier Länder fast 90% des Weltmarktes an sich reißen, muss der Rest unter den verbleibenden Produzenten aufgeteilt werden, also ein tödlicher Kampf. Die Lösung ist, an die „schwierigen“ Länder zu verkaufen, so ist Italien Waffenlieferant für Südafrika17 (Flugzeuge und Marine-Feuerleitgeräte), Brasilien (Flugzeuge), Argentinien18 (Flugzeuge) das ehemalige Portugal19 (Flugzeuge und Schusswaffen), Israel (Hubschrauber und Panzerabwehrraketen), „Kongo-Kinshasa“ (Flugzeuge) das alte Griechenland20 (Hubschrauber), Spanien21 (Hubschrauber), und so weiter. Wie man sieht, leisten wir (A.d.Ü., Italien) einen erheblichen Beitrag zum Massaker an den Menschen, die unter kolonialistischer und faschistischer Unterdrückung stehen. Der Verlust des portugiesischen und griechischen Marktes wird ein großer Schlag sein.

Einige unserer Industriellen sind wohlbekannte Sponsoren des nationalen und internationalen Faschismus. Abgesehen von den 18.500.000 Lire, die Monti an Rauti gegeben hat, wofür es Beweise gibt, gibt es einen kontinuierlichen Strom von Finanzierungen, der solche Phänomene wie der „Windrose“22 (finanziert von Piaggio) hervorgebracht hat.

Der Zuckerskandal erläutert, wie die Gesellschaften (angeführt von Piaggio und Monti, dieselben, die die Faschisten finanzierten) mehrere Milliarden Lire an Christdemokraten und Sozialisten zahlten. Aber von 1975 bis heute ist alles so weitergelaufen wie bisher. Wenige Monate nach dem Zuckerskandal war die Montedison an der Reihe, der Preisblockade zu entkommen, indem sie Erhöhungen bis zu 50% durchsetzte. Es ist wahrlich das Reich der Diebe. Das Finanzmanagement von großen Organisationen wie ENEL-Energia23 oder EGAM24 ist ein Mysterium, das untersucht werden könnte. Das Defizit für das Jahr 1973 betrug 268 Milliarden, das von 1975, 750, das von 1976 sollte sich auf etwa 1600 Milliarden belaufen, das von 1978 wird mit 16800 Milliarden prognostiziert. Dies ist einer der offensichtlichsten Fälle, aber es gibt auch weniger auffällige, wie die der ESPI25 oder wie die Geisterbanken, die entstehen und dann mit allen Ersparnissen der Einleger verschwinden.

Aber was kann man schon erwarten in einer politischen Realität, die einen notorischen Zuhälter wie Bernabei vom Fernsehen auf den Stuhl der Italstat26 befördert, anstatt ihn zumindest ins Leere fallen zu lassen?

Aber all diese Machenschaften haben eine klare Bedeutung. Sie zeigen nicht so sehr eine Krankheit der heutig zugegenen italienischen Institutionen auf, eine Krankheit die man auf die eine oder andere Weise heilen könnte, als vielmehr einen chronischen Defekt der bourgeoisen demokratischen Institutionen. Falsche demokratische Institutionen, die nur das Ziel haben, das Proletariat mit Gewalt auszubeuten, und dieses über jedwede Überzeugungsform zum Konsens zu reduzieren.

Die Gewalt der Bosse und ihrer Diener erzeugt eine Steigerung der Ausbeutung, die unglaubliche Anhäufung von Reichtum auf der einen Seite der Barrikade und die Bildung von Blasen mit entsetzlicher Armut auf der anderen Seite. Sie erzeugt auch die Notwendigkeit, diesen Reichtum vor den Angriffen der Ausgebeuteten zu schützen, welche der physischen Gewalt gegen die Klasse der Produzenten einen neuen Schub gibt. Physische und ökonomische Gewalt können nicht getrennt werden, sondern laufen Hand in Hand, die eine beeinflusst die andere und vervollständigt den Rahmen der reaktionären Front des Klassenkrieges.

 

Die Proletarische Verteidigung

Die Arbeiter organisieren die Klassenverteidigung. Die Gewerkschaften sollten die wesentliche Struktur dieser Verteidigung bilden, koordiniert auf repräsentativer Ebene mit den politischen Parteien der Arbeiter. Im Wesentlichen hat diese Form der Verteidigung sehr große Grenzen. Selbst wenn man die dezidiert reaktionären Gruppen der Gewerkschaften ausklammert, gibt es auch in den Zentralverbänden der Gewerkschaften Elemente der Zusammenarbeit, die fortschrittlicher zu sein scheinen. Die Verteidigung des Arbeitsplatzes, die in den reformistischen Forderungen nach Verbesserungen enthalten ist, führt in Krisenmomenten dazu, nicht nur den Arbeiter, sondern auch die Organisation der Ausbeutung zu schützen. Die politischen Parteien, die in die Regierung gekommen sind, haben ihre proletarische Hülle gänzlich abgelegt, schweben im Kontrollraum und versuchen, sich besser zu positionieren, um ein Stück vom Kuchen zu bekommen. Als letzte verzichtete die Kommunistische Partei auf alle Merkmale der alten revolutionären Partei, sogar auf die weniger kompromittierenden, rein theoretischen.

Aber die Ausbeutung wird direkt auf dem Rücken der Arbeiter bezahlt und nicht auf dem ihrer privilegierten Gewerkschaftsvertreter und Politiker, so dass es oft vorkommt, dass letztere von Initiativen der Ausgebeuteten überholt werden und gezwungen sind, sich zu mühseligen Rettungsaktionen aufzuraffen. Im Wesentlichen basiert die proletarische Verteidigung nur theoretisch auch aus einem legalistischen Bereich (Gewerkschaften und linke Parteien), der eine Beziehung zur Macht unterhält, die als Kollaboration definiert werden kann. Es ist hier nicht der Ort, das Problem des wahren konterrevolutionären Wesens dieses legalistischen Bereichs zu untersuchen, aber er ist ein Hindernis, wenn auch nur auf offizieller Ebene für die Macht. Darüber hinaus beginnt sich die proletarische Verteidigung um autonome Gruppen zu organisieren, die die Logik der Gewerkschaftsverbände und politischen Parteien ablehnen.

In Turin, Mailand, Rom, Marghera, Pordenone, Florenz, Neapel usw. hat sich in den letzten Jahren eine Alternative innerhalb derselben Arbeiterbewegung entwickelt, die aktive Minderheiten und Avantgarden unterschiedlicher Art umfasst. Avantgardistische Strukturen mit marxistisch-leninistischem Charakter sowie aktive Minderheiten mit libertärem Charakter. In dieser Perspektive sollten die Aktionen der revolutionären Gruppen betrachtet werden, die in die Klandestinität gingen, um die Bosse und ihre Diener mit der Waffe in der Hand zu bekämpfen. Es macht keinen Sinn zu sagen, dass diese „Manifestationen der Gewalt“ gegen die Interessen der Arbeiterbewegung sind, unrealistisch und abenteuerlich und objektiv provokativ. Der bewaffnete Kampf in kapitalistischen Gesellschaften wie Italien, Deutschland, Britannien, Frankreich, ist möglich und wurde von Gruppen wie den Roten Brigaden, der NAP27, der RAF, der Angry Brigade28, der GARI29 demonstriert. Es geht nicht um abenteuerliche Positionen, sondern um Positionen, die logisch aus den gleichen Kämpfen der Ausgebeuteten folgen.

Lasst uns diesen schwierigen Punkt untersuchen: Die Arbeiterbewegung schafft Kämpfe unter dem Druck eines ständig wachsenden Klassenbewusstseins, oft entziehen sich diese Kämpfe der Kontrolle der Führungskräfte, sowohl aus lokalen als auch aus zufälligen Gründen, als auch weil die Arbeiter ihr Vertrauen in die Gewerkschaftskader und politischen Parteien verlieren. Diese Erfahrungen des autonomen Kampfes, wild, zerstörerisch, erfassen das Wesen der kapitalistischen Ausbeutung: Mord und Raub; werden zum Erbe der politisch bewussten Minderheit, die sie, jeder in seiner eigenen politischen Perspektive, weiter zu entwickeln sucht. Und hier liegt der kritische Moment. Denn tatsächlich zeigt der Machthalter im Kampf zwischen den Klassen die möglichen Grenzen des Konflikts an, die sogenannten Grenzen der Legalität, bei deren Überschreitung der Repressionsmechanismus einsetzt. Auf diese Weise versucht die aktive Minderheit, mit dem Wahrnehmen des Erfahrungsschatzes der autonomen Kämpfe der Ausgebeuteten voranzugehen, ein Bezugspunkt, ein Hinweis zu sein, ist dabei aber gezwungen, ihre eigene Position gegen die Repressionsmechanismen des Staates zu radikalisieren. Dies wird bis an die äußersten Grenzen getrieben, bis zur bewaffneten Verteidigung gegen das Maschinengewehr der Polizei, bis zum Angriff, um zu überleben, bis zum Tod. Wir haben gesehen welches der Fehler am Ausgangspunkt dieser Position war, d.h. die Beziehung selbst zwischen der Minderheit und der Masse, aber hier sind wir interessiert daran den Mechanismus selbst zu unterstreichen, der von der Macht in Bewegung gesetzt wird, welche die Minderheit kriminalisiert, indem sie diese im Ghetto der militärischen Partei einschließt. Um aus dieser Falle zu entkommen bleibt als einzige Alternative die, bezüglich der Basis, offene Organisation, welche aus einer großen Menge von kleinsten Gruppen von Gefährten besteht, die, ohne sich von der Realität des Territoriums abzukapseln (der politischen und ökonomischen Realität), maßgenauen bewaffneten Angriffsaktionen gegen die Institutionen und Personen, welche diese Realität repräsentieren, Leben einhauchen. Diese Organisation, ist, indem sie eine libertäre Strategie anwendet, für die Macht viel schwieriger angreifbar. Indem sie den militärischen Professionalismus des Guerrigliero (A.d.Ü., Guerillakämpfer) vermeidet, erschafft sie die Figur des militanten Arbeiters, der – auch mit Waffen in der Hand – den Staat angreift, ohne den Kontakt mit der eigenen Basisrealität zu verlieren.

Zu sagen, dass die Erfahrungen des bewaffneten Kampfes in Italien und Europa heute Erfahrungen sind, die von der Rechten orchestriert werden, faschistische Provokationen und kriminelle Erfahrungen, ist verbrecherisch und nur der Clowns und der Ausverkauften der Kommunistischen Partei30 würdig, nicht nur, weil es das Opfer, das so viele Gefährten gebracht haben, beleidigt, die ihr Leben für ihr kommunistisches Ideal hingeben, sondern, und ich würde in erster Linie sagen, vor allem, weil sie den Erfahrungen der Basis des Proletariats im Kampf jeden weiteren revolutionären Ausgang versagen.

In Anbetracht dessen, der näheren Erfahrung mit den Roten Brigaden müssen wir zunächst sagen, dass wir mit der allgemeinen politischen Linie (marxistisch-leninistisch), die sie vertreten, nicht übereinstimmen können, obwohl wir zugeben müssen, dass es sich um die konsequenteste marxistische revolutionäre Gruppe handelt, die heute in Italien agiert. Abgesehen davon müssen wir die Gültigkeit ihrer Aktionen anerkennen, ein Urteil, dem nicht widersprochen werden kann, wenn man es in die richtige revolutionäre Perspektive stellt. Die terroristische Gewalt der Bosse und ihrer Diener ist ständig in Aktion, jeden Tag werden Arbeiter am Arbeitsplatz systematisch umgebracht, jeden Tag in den Gefängnissen, in den Anstalten für Kriminelle, in den Befotrofios (A.d.Ü. Kinderheimen), Proletarier und Kinder von Proletariern erleben jene Gewalt, die wohlgenährte Reformisten nur vom Hörensagen kennen. Gegen dieses System, das Folter und Terror zu den beiden wesentlichen Grundlagen der Produktion macht, kann man nicht auf der Stufe des friedlichen Protestes verharren, kann man nicht weiterhin die Besuche des Herrn Berlinguer im Anzug mitmachen, um gegen die Mörder zu protestieren, die aus der parlamentarischen Immunität heraus das Massaker an den Arbeitern genehmigen und dazu aufrufen. Obwohl viele Gefährten den außerparlamentarischen Bewegungen angehören und nicht wenige Anarchisten, die mit dem Problem des bewaffneten Kampfes konfrontiert sind, haben sie sich gegen diesen ausgesprochen. Als wir 1972 in einer einzigen Ausgabe von der unumgänglichen Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes sprachen, die studiert und erwogen werden muss, um eine unabdingbare letzte Auseinandersetzung mit den faschistischen und klerikalen Kräften (demnach zügellos) zu führen, erhielten wir eine Flut von Kritik und Anschuldigungen, die sogar so weit gingen, uns zu beschuldigen, Provokateure zu sein. Aber die Wahrheit ist, dass es selbst innerhalb der außerparlamentarischen Kräfte und der anarchistischen Bewegung eine vorherrschende pazifistische, abwartende Strömung gibt, die sich weiterhin der Illusion hingibt, auf diese Weise einen Raum der politischen Betriebsamkeit zu retten, den die Macht jederzeit aufheben kann.

Es geht uns hier nicht darum, die Arbeit der Roten Brigaden zu verteidigen, so wie wir auch nicht daran interessiert sind, den Nutzen oder die Negativität des bewaffneten Kampfes in Italien absolut zu theoretisieren. Wir wollen nur die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass es in unserer gegenwärtigen Situation, angesichts von Folter, Misshandlung, Ausbeutung, Mord, etwas gibt, das sich bewegt, einen Willen, sich zu organisieren und zu kämpfen.

Eine andere Gruppe, die viel problematischer ist als die Roten Brigaden, bildet die NAP. Über diese Organisation ist nicht viel bekannt, abgesehen von ein paar verteilten Flugblättern, von denen eines unter den Dokumenten am Ende dieser Schriften veröffentlicht ist. Das spezifische Aktionsfeld sind die Gefängnisse. Warum eigentlich?

Zu diesem Thema wäre eine Rhetorik des Anlasses einfach. Die Realität ist viel schockierender. Folter, physische und moralische Vernichtung, Tötungen, der Einsatz von Bettfesseln, plötzliche Verlegungen, Drohungen, Isolation. Das Gefängnis kann ein Ort der Ruhe sein, fast ein Ort zur Erholung für die Mafiafreunde der Politiker oder für kollaborierende Spitzel; für Rebellen und Vertreter der aktiven Minderheit des Proletariats und der revolutionären Linken wird es zur Hölle. In dieser Realität hat die revolutionäre Propaganda immer gedeiht. Heute findet sie noch leichteren Boden, sowohl wegen der großen Zahl von Gefährten, die in den letzten Jahren ins Gefängnis gekommen sind, als auch wegen der Reformen, die vom Parlament beschlossen wurden, die vollkommen undurchführbar sind, wie die letzten, die zu den Ereignissen von Rebibbia31 führten. Die NAP hat versucht, in der rebellischen Perspektive der Gefängnisse zu arbeiten, und eine Reihe ihrer Mitglieder ist im Verlauf von Schießereien mit der Polizei gefallen oder unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Aber jenseits der Roten Brigaden und der NAP, die zwei unübersehbare Beispiele dafür sind, wie sich die Kräfte einiger marxistisch-leninistischer oder neu-marxistischer Avantgarden organisieren, gibt es auf dem Gebiet des bewaffneten Kampfes eine Unzahl von kleinen Störaktionen auf eigene Faust, von Kämpfen gegen die Bosse und ihre Diener, die unter dem Zeichen der Autonomie bemerkenswerte und nennenswerte direkte Aktionen umfassen. In dieser Perspektive ist der Diskurs noch völlig offen.

In den jüngsten bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen marginalisierten Proletariern, Studenten und Arbeitslosen und der Polizei, sind viele von klärender Natur. Wir sind endlich bei der treffsicheren Antwort des physischen Zusammenstoßes angekommen. Man geht nicht mehr auf die wehrlose Demonstration, um völlig überrascht sich mit den Kugeln der Polizei wiederzufinden. Man geht auf die Demonstrationen um anzugreifen. Die Initiative geht zum ersten Mal auf die Ausgebeuteten über. Das sind neue Zeichen der Zeit.

 

Die Taktiken

1969 schrieb Baader: „Wir bekräftigen, dass die Organisation des bewaffneten Widerstandes heute …gerecht, möglich, gerechtfertigt ist… wir sagen nicht, dass der illegale bewaffnete Widerstand als Ersatz für die proletarische legale Organisation durchgeht und dass individuelle Aktionen den Klassenkampf ersetzen können; wir sagen nicht, dass der bewaffnete Kampf als Ersatz für die politische Arbeit in den Fabriken und Stadtvierteln durchgeht. Wir bekräftigen, dass der bewaffnete Kampf die unverzichtbare Voraussetzung für die Entwicklung und den Erfolg aller anderen ist.“

Die Essenz der Position der deutschen Revolutionäre, ist also die der bewaffneten Verteidigung der proletarischen Kämpfe. Im Gegensatz dazu wollte die Kritik, welche von den reformistischen Organisationen hervorgebracht wurde, nur einen Vorwand sehen eine einzige Taktik durchzusetzen: den bewaffneten Kampf. Stattdessen ist der Hinweis, der uns von den Organisationen, die im Untergrund arbeiten, erreicht hat, dass neben den Kämpfen der Ausgebeuteten, die sogar von den Gewerkschaften und Parteien manipuliert werden, neben der Tätigkeit zur Aufklärung über das substanziell konterrevolutionäre Vorgehen, welche diese Körperschaften eingeschlagen haben, neben der Aufgabe der Aufklärung über die immer neuen Formen der Repression, Verteidigungsorganisationen des Proletariats entwickelt werden sollten, Organisationen, die in der Lage sind, die zukünftige Arbeit festzumachen und als Kontrolle in Bezug auf die reaktionären Versuche der Machtergreifung mit Hilfe der Faschisten zu dienen.

Gewiss, indem sich der bewaffnete Konflikt auf Massenebene entwickelt, wie in den letzten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei in den Straßen klar sichtbar wurde, setzen sich verschiedenste, mitunter verworrene Kräfte aufs Spiel, unter welche sich die Provokationen und die zersetzenden Tätigkeiten der Faschisten, der Geheimdienste und anderer Staatsinstitutionen mischen können. All diese Dynamiken müssen berücksichtigt werden, aber dürfen die Aufgabe der Anarchisten nicht bremsen, welche es ist in diesen Kämpfen präsent zu sein um in Richtung größerer, bedeutenderer, konkreterer Ziele der revolutionären und befreienden Absichten des Anarchismus zu treiben. Niemals, in keinstem Fall dürfen die Anarchisten ausschließlich die Kleidung des Sittenrichters [censore] und des Kritikers überziehen und sich aus den Kämpfen heraushalten. Sie müssen mittendrin sein, müssen, mit ihrem Beitrag, alles in Richtung eines Projektes treiben, welches die Entwicklung aufständischer Umstände unter revolutionären Tatsachen möglich macht, während sie die Engstirnigkeiten der Avantgarde und der Partei versagen.

Was aus der Taktik der Stadtguerillagruppen in Italien heute hervorgeht, ist eine pluralistische Botschaft. Sie leugnen nicht die Notwendigkeit – im gegenwärtigen Zustand der kapitalistischen Entwicklung – der Arbeiterkämpfe, aber gleichzeitig verurteilen sie jeden Versuch, die Verteidigungsmittel des Proletariats abzuschneiden, als Mord. Im Falle einer physischen Konfrontation mit der Reaktion und mit den Faschisten würden Tausende von Gefährten unnötigerweise der gegenwärtigen vorsätzlichen Stumpfheit der Führer und Mitläufer der Kommunistischen Partei geopfert werden.

Wie wir in demselben Artikel gesehen haben, werden die Behauptungen einer möglichen militärischen und faschistischen Lösung, mit der schützenden Intervention der CIA, viel stärker, je größer die Wahlbedrohung der PCI32 wird und ihre Zusicherung, ihre Zähne nicht zu zeigen, immer unglaubwürdiger wird. Die Bosse, selbst wenn sie auch Vertrauen in die Ausverkauften33 wie Berlinguer und Partner haben können, können sich nicht vormachen, dass die Basis so formbar ist, da sich nicht alle den Anzug angezogen haben34. Aus dem Spiel des Gleichgewichts der Gegensätze (ebenso gültig wie das Schema der gegensätzlichen Extremen) könnten viel effizientere Lösungsversuche im Sinne des Putsches hervorgehen. In diesem Fall würden ein paar Dutzend Helden nichts lösen und Tausende von Gefährten würden am Ende massakriert werden. Die Taktik der Guerilla-Armee in Italien deutet heute auf die Gefahren einer für unser Land geeigneten „chilenischen“ Situation hin. Aber nehmen wir einmal den umgekehrten Fall an: das Ende jeder Putschbestrebung; Beseitigung (d.h. Streichung der Finanzierung) der Faschisten, kommunistische Verwaltung. Die Ausgebeuteten fallen in einen anderen Abgrund, aus dem es keinen Ausweg mehr gibt.

Ideologischer Deckmantel, der einen erschaudern lässt. Rote Fahnen und patriotische Lieder in voller Lautstärke. Aber noch raffiniertere und grausamere Ausbeutung und Völkermord am Arbeitsplatz, weil (anscheinend von denselben Arbeiterkräften verwaltet). In dieser Perspektive wäre der revolutionäre Diskurs ebenso gültig: nicht mehr gegen die faschistische Diktatur, sondern gegen eine andere, nicht weniger schreckliche Diktatur, wenn auch von anderer Farbe. Der Versuch, die Massen – nicht nur physisch, sondern auch psychologisch – zu entwaffnen, kann für die potentiellen Urheber eines Militärputsches funktional sein, kommt aber in Wirklichkeit der Kommunistischen Partei gelegen (und wird bis zum bitteren Ende verteidigt), die die Verwaltung der Macht mit all der Ruhe übernehmen will, die dieses Vorgehen erfordert, ohne jemanden zu stören, um die Kader der Ausbeuterklasse der Zukunft zu bilden.

Der neue bewaffnete Widerstand muss sich also einen möglichen zukünftigen Kampf gegen den Putschversuch der Rechten vorstellen, ebenso wie eine kommunistische Diktatur, die von der Bürokratie der Partei und der Gewerkschaften umgesetzt wird. Heute jedoch ist er gezwungen, mit dem gegenwärtigen Faschismus zu kämpfen, der durch einen schwer definierbaren Zustand repräsentiert wird, und mit der Dunkelheit, die alle betrifft, die Rechten, die Linken, die Mitte und sogar die „extreme“ Linke. Und genau dieser gegenwärtige Kampf, Kampf auf Leben und Tod, um zu überleben, zwingt die Guerilla-Armee in Italien dazu, taktische und strategische Probleme zu lösen, die nicht einfach sind, aber ein Erbe von großem Interesse für all jene sind, die sich, wie wir Anarchisten, einen doppelt möglichen zukünftigen Kampf geben.

Wie wir gesehen haben, führt die Radikalisierung des proletarischen Kampfes dazu, dass einige aktive Minderheiten Handlungsebenen erreichen, die von der Macht als „geächtet“ angesehen werden. Von diesem Moment an geht man „in den Untergrund“. Die Bedingungen des Überlebens sind dann sehr präzise. Zuerst muss man das Geld auftreiben, das für das eigentliche Leben der Militanten und die Durchführung einiger Aktionen notwendig ist: Dieses Geld wird im Allgemeinen durch die revolutionären Enteignungen eingenommen, die die Minderheit der Ausbeuterklasse entnimmt, in Voraussicht auf die Enteignung und das endgültige Ziel, das die soziale Revolution sein wird. Das sind Aktionen, die von Revolutionären jeder Epoche durchgeführt wurden (von Garibaldi bis Stalin, um ein nicht allzu relevantes Beispiel zu nennen), die sich heute, wie in der Vergangenheit, der wütenden Kritik der Reformisten ausgesetzt sehen, die Angst haben, dass die Masse ihr offenes Programm mit dem der allgemeinen Straßenräuber verwechseln könnte. Der Rest der Aktionen, die Entführung von Personen, die für die proletarische Ausbeutung verantwortlich sind, Spione, Faschisten; Sabotageakte gegen das Staatseigentum, gegen die politischen Zentren, die Büros der reaktionären politischen Parteien usw. Und unzählige andere Entdeckungen von Zeit zu Zeit revolutionärer proletarischer Phantasie, bilden das Gebiet dessen, was man „bewaffnete Propaganda“ nennt. Natürlich kann man von Zeit zu Zeit viele Kritiken über die politische Opportunität dieser oder jener Aktion, die Zeitlinse, den Grund für eine Wahl usw. anbringen, und wir sagen hier nicht, dass wir mit der Taktik, zuerst zu schießen, absolut einverstanden sind, weil wir auf diese Weise am Ende immer Recht haben, im Gegenteil, wir wollen nur sagen, dass dieser Erfahrungsschatz nicht über Bord geworfen, sondern studiert, analysiert und kritisiert werden sollte.

 

Die Kritiken

Die Kritiken, die an den Erfahrungen des bewaffneten Kampfes heute in Europa und in Italien geübt werden, sind im Grunde genommen alle gleichermaßen von schroffer Ablehnung geprägt. Das Problem wird nicht einmal in Betracht gezogen. Die Gefährten, die den bewaffneten Kampf als ein mögliches Instrument der Opposition gegen den Staatsterrorismus akzeptieren, werden als Provokateure, Agenten der Reaktion, Faschisten betrachtet. Eine solche Kritik deutet nur auf eines hin: auf die Angst, die linke Parteien, die außerparlamentarischen Speichelleckerbewegungen und auch manche Anarchisten haben, ihre politische „Beweglichkeit“ zu verlieren. Die PCI spricht von Provokateuren und Banditen. Die Extremisten sind deutlicher. Die Avanguardia Operaia35 sagt: „In Bezug auf die Wiederbelebung des sogenannten roten Terrorismus durch fanatische Propaganda, wiederholen wir unsere scharfe Verurteilung derjenigen, die sich aus der Arbeiterbewegung heraushalten. Das Pdup-Manifesto36 ist differenzierter: „Es ist nicht möglich, eine glaubwürdige Matrix für solche Episoden auf der Linken zu finden, es gibt keinen einzigen Fall von Terrorisierung des Anschlags als Waffe des politischen Kampfes; die einzig mögliche Erklärung liegt in einer Haltung der totalen Verzweiflung und existenziellen Rebellion, die als solche weder rechts noch links ist.“ Und Lotta Continua37, „… politische Konzeption der Verzweiflung, die einige militante Gruppen dazu treibt, die Bindung und das Vertrauen in die Klassenorganisationen der Arbeiter zu verlieren, sich in einem privaten und selbstmörderischen Krieg zu engagieren und sich Instrumente wie Bomben anzueignen, die das proletarische und antifaschistische Bewusstsein auf das Schärfste ablehnt.“

Das Kommunique der Federazioni anarchice (A.d.Ü., der verschiedenen anarchistischen Föderationen) – FAI, GAF, GIA38 zum bewaffneten Kampf ist von derselben Art: „Angesichts des von Printmedien, sowie herrschenden und staatstragenden Informationskanälen, die Deckmäntelchen der Polizeirundschreiben, erneut verübten Versuchs, den Geschehnissen jüngster Zeit, deren Protagonisten von der NAP (Nuclei Armati Proletari) stammen, sowie der NAP selbst eine anarchistische Matrize zu verpassen, bleibt den drei organisierten Komponenten der anarchistischen Bewegung – FAI, GIA, GAF folgendes zu verlautbaren: Die organisierte, anarchistische Bewegung a) bestätigt auf ein Neues an den Gruppen die heute in Italien den bewaffneten Kampf theoretisieren sowie praktizieren und sich selbst als bewaffnete Avantgarde des Proletariats bezeichnen, nicht beteiligt zu sein, b) bekräftigt ihre revolutionären Methoden, die darauf abzielen, die sozialen Widersprüche zu stimulieren und gleichzeitig den selbstverwalteten Kampf und die direkte Aktion der ausgebeuteten Massen zu fördern, eine wesentliche Bedingung für die Entwicklung sowohl der individuellen als auch der kollektiven Emanzipation c) prangert das Klima der „Hexenjagd“ an, das, ausgehend von einem typischen Manöver vor den Wahlen, dazu neigt, einerseits die Jagd auf „anarchistische Subversive“ im großen Stil zu steigern und andererseits die Provokation des faschistischen Terrorismus und des Staates, dem einzigen wirklichen Anstifter der letztgenannten Massaker und Massenmorde, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden, auszugleichen. Die organisierte anarchistische Bewegung, die sich der ernsten Situation bewusst ist, die in Italien besonders heute mit der Verabschiedung der Gesetze zur öffentlichen Ordnung bestimmt wird, lädt alle Arbeiter ein, sich zu mobilisieren, um eine neue Ausbeutung zu verhindern, die, wie immer bei Anarchisten beginnend, dazu tendieren würde, jede öffentliche Demonstration und Organisation des Dissenses zu begrenzen, wenn nicht zu beseitigen.“

Wir stimmen mit diesen Kritiken nicht überein, weil wir sie für unvollständig halten. In der Tat, vor allem das Kommunique der anarchistischen Federazioni treffen das Herz der Sache (A.d.Ü., „coglie nel segno“ „das Herz der Sache treffen“), wenn sie von staatlicher Provokation und dem möglichen Einsatz im provokatorischen Sinne der Gruppen sprechen, die den bewaffneten Kampf theoretisieren und herbeiführen; und weiters treffen sie ins Schwarze, wenn sie behaupten, dass der Anarchismus nichts mit der bewaffneten Avantgarde des Proletariats zu tun hat; aber sie überzeugen uns nicht, wenn sie die anarchistische Aktion auf die bloße Stimulierung der sozialen Widersprüche reduzieren, zur Unterstützung des selbstverwalteten Kampfes und der direkten Aktion der ausgebeuteten Masse, wenn man neben all dem es nicht für opportun hält – vor der Ausbreitung des Staatsterrorismus – eine Verteidigung gegen die Gewalt der Bosse und ihrer Diener zu organisieren. Auf diese Weise ist die Kritik einseitig. Die Gültigkeit bestimmter Kämpfe wird bejaht und die desbewaffneten Kampfes einer populären Matrize geleugnet, während man im Gegensatz dazu nicht leugnen kann, dass der Staat einen Terrorismus ausübt, der nicht nur psychologischer, sondern auch physischer Natur ist. Man sollte zu dem Schluss kommen, dass der Staat uns mit wirtschaftlicher, kultureller usw. Ausbeutung unterdrückt und mit militärischer Repression tötet, während unsere Verteidigung auf der ersten Ebene aufhören muss und ihnen die Initiative überlässt, uns zu töten, wie und womit sie wollen, mit allen Mitteln, wie al „tiro a segno“ (A.d.Ü., Scheibenschießen). Nicht nur das, die Dinge hören nicht auf, im Fall der Extraparlamentarier und der kommunistischen Partei gehen sie so weit, dass sie jeden Versuch der Verteidigung als faschistisch und provokatorisch ansehen.

Offen gesagt scheint mir diese Begründung nicht richtig zu sein. Aber da ist noch mehr dran. Wenn man auf diesen Positionen beharrt, spielt man objektiv das Spiel der Repression, das heißt, man wendet die Regel des „teilen und herrschen“ an, die überall erprobt wurde und die der Massenmörder Stalin meisterhaft beherrschte. Durch Instrumente dieser Art wurden in Spanien Anarchisten wie Berneri39 ermordet, die Kollektive blieben wehrlos und nicht wenige Gefährten wurden in die Klandestinität gezwungen „es herrschte Anarchie“. Lassen wir unsere Angst für einen Moment ruhen, halten wir inne und denken wir nach. Wenn unser Urteil perfekt mit dem der Macht übereinstimmt, wenn unsere Erklärungen aus den millionenschweren Druckmaschinen der kommunistischen Partei zu kommen scheinen40, wenn Faschisten und Kommunisten sich gegenseitig den Ball des Terrorismus zuwerfen, um das Spiel – das der entgegengesetzten Extremismen – harmonisch auszugleichen, wenn der Polizist unsere Sprache spricht, dann muss mit uns etwas nicht stimmen, nicht mit den Instrumenten der Macht, die normalerweise solche Arten von Fehlern nicht machen. In der Praxis basieren die Verurteilungen, die wir oft gegen die Erfahrungen des bewaffneten Kampfes aussprechen, auf Nachrichten, die von der Presse geliefert werden, die im Dienste der Bosse steht; von den Aktionen, die durchgeführt werden, von den wirklichen Motivationen, von den a priori und a posteriori von der Polizei konstruierten Komplotten wissen wir nichts. Doch unser erster Instinkt ist es, sofort alles zu verurteilen, was den programmatischen Rahmen unserer politischen Tätigkeit stört.

Auf diese Weise kristallisiert sich der Kampf gegen die Repression in einer einwertigen Form, die den Wünschen derjenigen folgt, die ein Interesse daran haben, die stillen Wasser nicht zu sehr aufzuwirbeln. Die Gruppen, die die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes anerkennen, werden isoliert, was sie der Gefahr ausliefert in eventuelle Provokationen zu geraten. Es ist logisch, dass eine Gruppe, die sich bis zu einem gewissen Punkt verteidigen kann, unter bestimmten Bedingungen der Klandestinität arbeitet und mit dem Hindernis, die ganze Linke gegen sich zu haben, zum Ziel einer abnormalen und kriminellen Kritik zu werden, die entfesselt wird, keine Instrumente der Überprüfung hat, die Konfrontation nicht auf mehreren Fronten gleichzeitig halten kann, sowie ihre Position und sogar ihre eigenen Analysen nicht kontrollieren kann.

Die Verurteilungen der offiziellen Linken stammen aus der gleichen Matrize, die Zustimmung gibt, wenn es um den „Kampf gegen den Faschismus in Spanien und anderen unzivilisierten Ländern“ geht.

Und genau in diesen Tagen das Massaker an fünf antifaschistischen Gefährten, die vom spanischen Henker41 erschossen wurden, Gefährten, die zu klandestinen Organisationen des bewaffneten Kampfes in Spanien (ETA42 und FRAP43) gehören. Bei dieser Gelegenheit war die Wut einstimmig.

Es hat eine gewisse Wirkung, Bastarde wie die Christdemokraten auf diese Weise zu lesen: „Wir alle fühlen uns zutiefst gedemütigt und sind uns der Pflicht bewusst, das System der Freiheit zu sichern, das viele Fehler haben kann, aber solange es so bleibt, ein Element der Sicherheit für die Bürger und des Gleichgewichts und des Friedens für die internationale Gemeinschaft darstellt.“

Und die ehrenwerten Gefährten der Kommunistischen Partei Italiens: „Die Hinrichtungen müssen alle Demokraten, alle Antifaschisten ermutigen, ihre Mobilisierung zu erweitern, die Initiativen zu verstärken, Millionen und Abermillionen von Freiheitskämpfern in Spanien in den Kampf zu ziehen.“ Und die Freiheit Italiens, Frankreichs, Deutschlands, Russlands, der Vereinigten Staaten, des Rests der Welt?

Sogar der Papst meldete sich zu Wort. Er verbarg weniger gut als die anderen politischen Verbrecher die wahre reaktionäre Matrize des Katholizismus: „Wir bekräftigen die starke Missbilligung der Serie von Terroranschlägen, die diese edle und uns immer liebe Nation in Mitleidenschaft gezogen haben, und den Mut derer, die direkt oder indirekt für eine solche Aktivität verantwortlich sind, die fälschlicherweise als legitimes Mittel des politischen Kampfes angesehen und genommen wird. Aber dieser Verurteilung muss auch eine Verurteilung einer so harten Unterdrückung folgen, dass er auch die von vielen Seiten erhobenen Rufe gegen diese Hinrichtungen ignoriert hat.“

Aber dieser „heilige Kreuzzug“, angeführt von Paul VI., dem würdigen Nachfolger der heiligen Väter der Inquisition, gut charakterisiert durch die „erhabene“ Anwesenheit der Worte des wo es Ausbeutung der Bosse gibt, entweder unter dem idiotischen Zeichen des Faschismus, oder unter dem intelligenten Zeichen der bourgeoisen Demokratie, hinter der sich ein nicht weniger verabscheuungswürdiger Faschismus verbirgt, ist der bewaffnete Kampf legitim, da er für die Verteidigung des Proletariats sorgt. Und wenn die Genossen der Kommunistischen Partei Italiens, die in diesen Tagen so viele beredte Worte gefunden haben, um die spanischen Revolutionäre, die Opfer des Henkers Franco sind, zu verteidigen, konsequent mit sich selbst wären, dann sollten sie die gleichen Worte mit den Revolutionären unseres eigenen Hauses benutzen oder zumindest eine klare kritische Debatte über die Vorschläge eröffnen, die von dieser Seite kommen, um zu verhindern, dass alles im Nebel einer angeblichen Provokation verschwindet, die letztlich nur der Reaktion des Chefs nützlich ist.

Zu unseren Aufgaben muss neben der Arbeit in den Massen, der politischen Klärung, dem Vorantreiben der selbstverwalteten Initiativen und der direkten Aktion auch die der Organisation der proletarischen Verteidigung gehören. Das kann – zu Recht – nicht die Arbeit einer Avantgarde sein, die die Eroberung von etwas oder die Führung des Proletariats vorschlägt, sondern muss die Arbeit von Gruppen sein, die versuchen, den Feind im Eigentum und im Menschen zu treffen, die die ersten Elemente des populären Widerstands entwickeln, die die ersten Elemente des Klassenkampfes im Verlauf entwickeln, die die Widersprüche des Kapitalismus in einem revolutionären Sinne überwinden, vielleicht in einer nicht allzu fernen Zukunft auf der ökonomischen, ideologischen und sogar militärischen Ebene den Weg zur sozialen Revolution beginnen.

Wo die Ausbeutung der Herrschaft existiert, sei es unter dem idiotischen Zeichen des Faschismus, sei es unter dem intelligenten Zeichen der bourgeoisen Demokratie, der einen nicht weniger hasserfüllten Faschismus verbirgt, ist der bewaffnete Kampf ein legitimes Mittel insofern es die Verteidigung der Arbeiter gewährleistet. Und wenn die Genossen der kommunistischen Partei nicht alle ihre Intelligenz in die Hände des Zentralkomitees abgegeben haben, könnten sie sich dessen bewusst werden.

Bezüglich den Anarchisten, muss in ihrem Aufgabenbereich, der auf sie wartet, neben der Arbeit im Inneren der Massen, der politischen Klarstellungen, dem Drang hin zu selbstverwalteten Initiativen und direkter Aktion, auch jene Arbeit der Organisierung der Verteidigung der Arbeiterbewegung anzutreffen sein. Diese Verteidigung kann, richtigerweise, keine Arbeit einer Avantgarde sein, die die Eroberung von etwas, oder die Führung des Proletariats vorschlägt, sondern muss eine Arbeit von Gefährten sein, die vorschlagen den Feind anzugreifen, dessen Eigentum und der Personen selbst betreffend, jenseits des Zuganges eines Professionalismus welcher die letzten Erfahrungen kennzeichnet, solcher Art, die ersten Elemente jenes Widerstandes der Bevölkerung zu entwickeln, welche bereits selbst Teil des Weges aller sind. Ein Widerstand der somit auch in Richtung des Klassenkrieges entwickelt werden kann, der einzige, der imstande ist, endgültig den Kapitalismus und die Ausbeutung niederzuschlagen.

Die Unfähigkeit der organisierten Bewegung die aktuelle Situation des Klassenzusammenstosses mit Klarheit gegenüberzutreten, offenbart sich durch manche ihrer Erklärungen, durch welche die Angst und Panik durchscheinen, eine klare Entscheidung zu treffen, und die, in ihrer Vorsicht und der Gewundenheit, bestimmte Parallelen zu den Erklärungen der Kommunistischen Partei aufweisen.

Wenn es auch keinen Zweifel gibt daran, dass die Beschaffenheit der revolutionären Konfrontation sehr fließend ist, und ohne weiteres provokative Elemente enthalten kann, gilt auch die Tatsache, dass die Bewegung im Allgemeinen, zweifellos sich auf einem sehr fortgeschrittenen Kampfniveaus befindet. In den Straßen wird auf die Polizisten (ein konkretes Symbol der Unterdrückung) geschossen und Geschäfte und Fahrzeuge (ein Symbol der ökonomischen Ausbeutung) werden zerstört. Nur für sich selbst gesehen, können solche Taten auch sehr limitiert sein und Raum für Provokationen geben, jedoch sind sie Zeichen dafür, dass die revolutionäre Bewegung diese aufgreift und sie „logisch“ werden lässt, weil sie einem bestimmten Level der Konfrontation entsprechen.

Es ist hier wo die Arbeit der Anarchisten ansetzt, auf eine Weise vorzugehen, dass sich dieses Level des Reifeprozesses sich auf größtmögliches Maß entwickelt, indem man größere Ziele ausmacht, die imstande sind, größere Schichten von Arbeitern und Ausgebeuteten im Allgemeinen einzubeziehen. Nur auf diese Weise, können eventuelle Provokationen im Inneren der gegenwärtigen Situation abgewendet werden.

Wenn die Anarchisten den für sie richtigen Platz in den fortgeschrittenen Bewegungen gefunden haben, stellen sie sich nicht mehr, wie sich selbst vor ihrer eigenen Wartehaltung und der eigenen Vorsicht rechtfertigen könnten. Die Aktion im Inneren der revoltierenden Massen wird die Stellungnahmen ersetzen und von den Wortspielen wird man zu den Taten übergehen.

 

1A.d.Ü., auf Legal beziehend, sprich im Rahmen der herrschenden Gesetze.

2A.d.Ü., Istituto Nazionale per l’Assicurazione contro gli Infortuni sul Lavoro, Nationales Institut für die Versicherung gegen Arbeitsunfälle.

3Giorgio de Rienzo im Corriere della Sera: „Weißer Tod“ ist der durch einen tödlichen Arbeitsunfall verursachte Tod, der durch die Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften verursacht wurde. Die Verwendung des Adjektivs „weiß“ spielt auf das Fehlen einer direkt für den Unfall verantwortlichen Hand an.

4A.d.Ü., L´Unità war eine kommunistische Zeitung in Italien. Sie war die offizielle Publikation der Kommunistischen Partei Italiens.

5A.d.Ü., die Strategie der Spannung sieht vor den sozialen Frieden in einem Land zum Kippen zu bringen, bei dem gerade starke revolutionäre Kämpfe stattfinden. Meist durch Anschläge die von faschistischen Kräften ausgeübt wurden, um diese revolutionären Gruppen in die Schuhe zu schieben, damit das die Herrschenden einen Kriegszustand ausrufen um jegliche revolutionäre Dissidenz niederzuschlagen. Siehe: Über den Terrorismus und den Staat, Edition Nautilus, von Gianfranco Sanguinetti.

6A.d.Ü., aus dem italienischen compango.

7A.d.Ü., gemeint sind wahrscheinlich die Anschläge auf der Piazza Fontana in Mailand am 12.12.1969, oder der Anschlag auf den Italicus Express am 4.08.1974.

8A.d.Ü., wenn an dieser Stelle die Wahlen von 1972 in Italien gemeint sind – was zeitlich auch Sinn machen würde – bezieht es sich evtl. auf das starke Abschneiden der KPI, die 27,2% der Stimmen erhielt.

9A.d.Ü., am 14. Juli 1948 schoss ein faschistischer Student drei Mal auf Palmiro Togliatti, nach den ersten Wahlen – die im April stattfanden – die in Italien nach dem Faschismus durchgeführt wurden. Toglitatti war ein einer der Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens (PCI, Partito Comunista Italiano), neben Gramsci, Bordiga, Damen und weiteren. Zu dem damaligen Zeitpunkt war er Generalsekretär (Big Boss) der Partei und sein Leben hing für mehrere Wochen am seidenen Faden. Als Folge zu diesem Anschlag, fand nicht nur ein Generalstreik – orchestriert durch die kommunistische Gewerkschaft CGIL – statt, sondern viele ehemalige Partisanen griffen nach ihren alten Waffen, welche sie gegen die faschistischen Kräfte benutzt hatten, um sich zu rächen. Die Partei hielt aber diese ehemaligen Partisanen an der kurzen Leine und verhinderten Racheaktionen.

10A.d.Ü., Enrico Berlinguer war nach Togliatti der Generalsekretär der KPI (PCI) und war ein Vertreter des Eurokommunismus. Der Eurokommunismus war eine legere Abwendung verschiedener europäischer Kommunistischer Parteien (voran die französische, die spanische, die italienische und die schwedische KP) gegenüber der UdSSR, nach dem Prgaer Frühling 1968. Daraus ging eine verschiedene Vorstellung des Sozialismus in westeuropäischen Ländern hervor. Sprich die noch reformistischeree Abwendung der Konterrevolutionären, muss man schon toppen können.

11A.d.Ü., Aldo Moro war der Generalsekretär der Christdemokraten in Italien, er war Ministerpräsident von 1963 bis 1968 und von 1974 bis 1976 und er war einer der wenigen Christdemokraten, der in der KPI einen wichtigen Partner für die Herrschaft sah, dieser hatte er auch seinen Sitz als Ministerpräsident zu danken und näherte sich dieser an mehreren Momenten an, wie 1976, was in die Geschichte eingegangen ist als der Historische Kompromiss. Er wurde am 9. Mai 1978 von einem Kommando der Roten Brigaden erschossen.

12A.d.Ü., der sich in der Bank befand.

13A.d.Ü., Giuseppe Pinelli war ein mailändischer Anarchist und wurde, wie so viele andere Anarchisten und Anarchistinnen, 1969 wegen des Anschlags auf der Piazza Fontana verhaftet und beschuldigt diesen verübt zu haben. Nach mehreren Stunden Verhör – was in diesem Falle eine brutale Tracht Prügel bedeutete – wurde dieser aus dem vierten Stock der Bullenwache in Mailand rausgeworfen, wo er verhört wurde. Drei Jahre später wurde dann der Kommissar, Calabresi, dieser Wache auf offener Straße erschossen.

14A.d.Ü., speziell in Süditalien gibt es vielerlei „Antimafia“ Organisationen, die sich in einer ähnlichen Art präsentieren, wie etwa FairTrade, die aber unmittelbar mit ihrer Gründung mafiöse Strukturen aufbauen und übernehmen.

15A.d.Ü., es handelt sich hier um Giovanni Gioia, Mitglied der christdemokratischen Partei.

16A.d.Ü., an dieser Stelle ist die Rede von der Figur des Michelle Sindona, der nicht nur in Verbindung zur Mafia, zur Cosa Nostra, zu P2 (eine faschistische Untergrundorganisation, die in Italien mehrere Anschläge verübte) und dem Vatikan stand, ach bevor wir es vergessen, den Freimaurern auch, sondern ein wandelndes Werk an Korruption war. Eine Art Don Corleone, aber in echt.

17A.d.Ü., zu der Zeit stand Südafrika unter dem Regime der Apartheid und als Bollwerk gegen den Kommunismus in Afrika. Daher die Nachfrage an vielen Waffen.

18A.d.Ü., von 1976 bis 1983 gab es in Argentinien eine Militärdiktatur, angeführt von dem General Videla, tausende von Personen, die in kommunistischen, sozialistischen, anarchistischen und anderen Gruppen waren, verschwanden, wurden ermordet oder wurden in das Exil getrieben.

19A.d.Ü., wie auch in anderen hier erwähnten Ländern, dauerte in Portugal die Diktatur vom General Salazár bis 1974 an.

20A.d.Ü., von 1967 bis 1973, bzw. 1974, gab es in Griechenland eine Militärdiktatur.

21A.d.Ü., von 1939 bis 1975 gab es in Spanien eine Diktatur unter Franco, unterstützt von der Armee, der Kirche und faschistischer, monarchistischer und rechter Gruppen und Parteien.

22A.d.Ü., „Rosa dei venti“ war eine italienische Geheimorganisation, mit Verbindungen zum italienischen Militär; Ende des Jahres 1973 wurde diese an die Öffentlichkeit gebracht.

23A.d.Ü., nationaler, italienischer Stromerzeuger.

24A.d.Ü., Ente Gestione Attività Minarie – italienische Minenbehörde, bis 1971 aktiv.

25A.d.Ü., Bauingenieurwesen.

26A.d.Ü., Italienisches Bauwesen.

27A.d.Ü., Nuclei Armati Proletari – Bewaffnete Proletarische Zellen; horizontal organisierte bewaffnete Gruppe, aktiv in Süditalien, 1974 -1977.

28A.d.Ü., die Angry Brigade war eine aufständische Gruppe in Großbritannien, die von den späten 60ern bis in die 80er mehrere Anschläge auf staatliche und kapitalistische Einrichtungen verübte. Wir werden in Kürze noch etwas zu dieser Gruppe veröffentlichen.

29A.d.Ü., Groupes d‘Action Révolutionnaire Internationalistes – Grupos de Acción Revolucionaria Internacionalista – Internationalistische Revolutionäre Aktionsgruppen, war eine bewaffnete Gruppe die in den 70ern Anschläge für die Befreiung von revolutionären Gefangenen im spanischen Staat, noch unter Francos Regime, ausübte. Aus ihr ging unter anderem die bewaffnete Gruppe Action Directe hervor. Auch dazu werden wir in Kürze was veröffentlichen.

30A.d.Ü., zur Erklärung des Satzes: auf romanischen Sprachen werden mit der Verwendung des Wortes Ausverkauften, Ausverkauft jene Personen, Gruppen, Parteien oder Organisationen gemeint, die ihre Ideen verraten haben, zu denen sie eigentlich stehen. Sie haben sich verkauft, sie dienen anderen Interessen. Hiermit wird ihr reformistischer Charakter nochmals unterstrichen.

31A.d.Ü., Rebibbia ist ein berüchtigter römischer Knast, zu vergleichen mit dem Knast Korydallos von Athen, Stammheim in Deutschland (in den 1970ern), Carabanchel im spanischen Staat, Attica in den Vereinigten Staaten usw.

32A.d.Ü., Partito Comunista Italiano, Kommunistische Partei Italiens.

33A.d.Ü., siehe Fußnoten Nr. 30.

34A.d.Ü., an dieser Stelle bezieht sich Alfredo M. Bonanno, auf jenen reformistischen (unsere Interpretation) Anzug den Berlinguer anzog um sich mit Moro zu treffen. Die Stelle erscheint am Anfang des Textes.

35A.d.Ü., Avanguardia Operaia – Arbeiter Avantgarde, war eine leninistische-operaistische Organisation in Italien von 1968 bis 1978.

36A.d.Ü., Partito di Unità Proletaria, Partei der Proletarischen Einheit, war eine kommunistische Partei in Italien von 1974 bis 1984 bis diese sich der PCI anschloss.

37A.d.Ü., Lotta Continua – Ständiger Kampf, war eine operaistische und kommunistische Gruppe in Italien von 1969 bis 1976.

38A.d.Ü., Federazione Anarchica Italiana – Anarchistische Föderation Italiens; 1945 – aktuell aktiv, Gruppi Anarchici Federati – Föderierte Anarchistische Gruppen; 1970 – 1978, Gruppi di Iniziativa Anarchica – Gruppen der Anarchistischen Initiative; 1965 – 2010

39A.d.Ü., Camillo Berneri, war ein italienischer Anarchist, der unter anderem einer der ersten war der tiefgründige Analysen über den Faschismus aus einer anarchistischen Sicht, betrieb. Beim Ausbruch der sozialen Revolution im spanischen Staat 1936, zog er, sowie viele andere tausende von Anarchisten und Anarchistinnen aus Italien, nach Barcelona und schloss sich der Columna Ascaso an. In Barcelona veröffentliche er eine Zeitung auf Italienisch namens, Guerra di classe – Klassenkrieg. Schon früh kritisierte auch er die reformistischen Züge der CNT-FAI, z.B., anhand der Beteiligung in der Regierung, siehe Brief an die Gefährtin Federica Montseny. Während der Mai Tage in Barcelona wurde Camillo Berneri vom sowjetischen Geheimdienst entführt und ermordet. Einige seiner Schriften, leider zu wenige, sind auf Deutsch erhältlich.

40A.d.Ü., die Kommunistische Partei Italiens galt zu ihrer Zeit, als die größte kommunistische Partei Westeuropas und ihr standen daher sehr große materielle Mittel zur Verfügung, wie z.B., große Räumlichkeiten, Zeitungen (mit den jeweiligen Druckereien) und weiteres.

41A.d.Ü., am 27. September 1975 fanden im spanischen Staat, die letzten Hinrichtungen, noch unter Franco, statt. Drei Mitglieder der bewaffneten Gruppe FRAP (siehe Fußnote 42.) José Humberto Baena, José Luis Sánchez Bravo und Ramón García Sanz und zwei Mitglieder der bewaffneten Gruppe ETA(pm) (siehe Fußnote 41.) Juan Paredes Manot (Txiki) und Ángel Otaegui wurden in verschiedenen Städten von Erschießungskommandos ermordet.

42A.d.Ü., Euskadi Ta Askatasuna – Baskenland und Freiheit, war eine bewaffnete Gruppe in den baskischen Ländern, die für die Unabhängigkeit der baskischen Länder kämpfte und um einen sozialistischen Staat in diesen zu errichten. Weiterhin sitzen hunderte von Mitgliedern der ETA im Knast und viele andere sind entweder im Exil oder auf der Flucht.

43A.d.Ü., Frente Revolucionario Antifascista y Patriota – Patriotische Revolutionäre Antifaschistische Front, war der bewaffnete Arm der PCE-ml – Partido Comunista de España (marxista – leninista) – Kommunistische Partei von Spanien (marxistisch-leninistisch), der von 1973 bis 1978 aktiv war. Die PCE-ml, war anfangs eine maoistische Partei, bis sie sich nach Maos „3 Welten These“ von diesem distanzierten und sich dem Hoxhaismus anschloss. Unserer Kenntnis nach, war die FRAP die einzige hoxhaistische bewaffnete Gruppe in ganz Westeuropa, wenn das keine Nachricht ist…. Wo gibt´s denn sowas?

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