EINIGE GEDANKEN.....über Szenarien im kapitalistischen Polizeistaat anlässlich des G-20 Gipfels

Die Polizei in diesem Land und die Polizei in Hamburg im Besonderen, ist ja bekannt dafür, dass sie sich die eigenen Regeln und Gesetze gerne mal so hinbiegt, wie es für sie nützlich ist. Auch Urteile und Auflagen der Justiz, dieses kapitalistischen Staates, welche ja schon naturgemäß konform ist mit der herrschenden Gesellschaftsordnung, werden trotzdem nicht selten ignoriert, um eigene Pläne ungestört durchzuführen.

 

Im aktuellen Fall des G20, wird dies allerdings auch mit den Wünschen weiter Teile der politischen Führung im Einklang gestanden haben, geleitet von dem Wunsch Ruhe im Karton für das Treffen zu haben. Solch eine harmonische Ausgangslage interessiert Polizeiführungen aber nicht unbedingt zwingend. Diese sind in unruhigen Großstädten gern auch mal sich verselbständigende Apparate, die sozusagen machen was sie wollen. So hat es gerade in Hamburg, zwar schon etwas länger her, den kuriosen Fall gegeben, dass ein Innensenator seinen Posten aufgab, mit dem ausdrücklich öffentlich geäußerten Hinweis darauf, den Polizeiapparat nicht mehr unter Kontrolle zu haben (siehe hierzu: „Hamburger Polizeiskandal“ auf Wikipedia)

 

Aber das sind ja nun temporäre Störungen, im an sich guten Verhältnis der bürgerlichen Politik, zu ihrer Polizei. Denn immerhin ist unter anderem diese ja ein wichtiger Garant, für die Aufrechterhaltung der Herrschaft der kapitalistischen Klasse in diesem Land. Und da ergibt sich in dieser Frage ja eine erstaunliche Allianz, oder vielleicht ja auch nicht so erstaunlich: Partei DIE LINKE über SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU, AFD bis hin zur NDP. Woraus man wohl schließen darf, dass Klassenzugehörigkeit dabei eine wichtige Rolle spielt.

 

So hatte man in Hamburg die Ausgangslage, dass schon seit Wochen, oder sogar seit Monaten, beträchtliche Teile der Bevölkerung der Hamburger Innenstadt, belästigt bis drangsaliert wurden, mit dem Verweis auf das „wichtige“ Treffen.

Dies spitzte sich in der Phase kurz vor dem Gipfel noch einmal erheblich zu, um dann zu solchen Exzessen zu führen, wie beispielsweise bei dem Vorgehen gegen die Organisation von Protestcamps und dem brutalen und scheinbar geplanten Vorgehen gegen die Demonstration am 6.7.2017.

 

Das Blockieren, Einkesseln und letztendlich zerschlagen einer Demonstration von

10 – 25.000 Teilnehmern, ohne einen legitimierten  Anlass, sagt etwas über die Hamburger Polizei, über die politische Führung und über die vorgebliche Demokratie dieses Landes aus. Was dieser polizeiliche Versuch, den Protest gegen den G20-Gipfel zu ersticken allerdings hervorrief, ist zumindest zum Teil durch eben diese Vorgehensweise begründet. Auf fragwürdige Vorgehensweisen von Gipfelkritikern, würde ich später noch eingehen.

 

Der Abmarschort der zerschlagenen Demonstration, war eine Falle und war auch als solche konzipiert. Die Teilnehmer waren dermaßen eingepfercht, dass es ganz überwiegend nur gelang, durch klettern aus diesem Kessel zu entkommen. Die Bilder riefen unwillkürlich das Szenario von der Loveparade in Duisburg im Kopf hervor. Wie demonstrationsgestählte Leute, sich in so eine Ausgangslage verbringen lassen können, ist mir irgendwie schleierhaft.

 

Ansonsten war das Vorgehen identisch mit der Vorgehensweise gegen eine Demonstration in Hamburg von 2013. (siehe hierzu: EINIGE GEDANKEN…..über die Gewalt, welche in Hamburg am 21.12.2013 stattfand).

Unter Vorwänden eine Demonstration erst gar nicht losgehen zu lassen und sogar anzugreifen; allerdings ist ihnen das 2013 schlechter bekommen, zumindest am Ausgangspunkt der Angelegenheit.

 

Skurriler Weise musste ja die sogenannte Vermummung einiger Demonstrationsteilnehmer dafür herhalten, in solch brutaler Form, gegen eine in dieser vorgeblichen Demokratie ausdrücklich vorgegeben Form der politischen Äußerung, wie demonstrieren, vorzugehen.

 

Wo ein interessierter Beobachter allerdings eine durchgehende Vermummung feststellen konnte, war bei den eingesetzten Polizeieinheiten. Das waren dann Bilder, die man bis vor einiger Zeit eher aus Russland zu sehen bekam. Hier sind lange Zeit nur einige Spezialeinheiten der Polizei dermaßen martialisch aufgetreten.

 

Was hatte man Demonstranten, welche berechtigt, oder unberechtigt ihr Gesicht verdeckt hatten vorgehalten: wer nichts zu verbergen hat, braucht sich auch nicht zu vermummen. Darf dieser Maßstab generell angelegt werden, oder gilt dieser nur in einer Richtung? Dürfen wir im Weiteren, aus solchem Auftreten der Polizei  schlussfolgern, dass die begleitenden politischen Verhältnisse für solche Maskerade in Russland, auch so nach und nach bei uns eingeführt werden sollen? Oder wie soll man sich diesen massiv aufgeblähten und fast schon kriegsmäßig ausgerüsteten Polizeiapparat ansonsten erklären?

 

Teilweise unfähig, teilweise unwillig, aber auch teilweise durch die politische Führung ausgebremst, ist dieser Polizeiapparat nicht in der Lage, die hier lebende arbeitende Bevölkerung vor schwerwiegenden kriminellen Handlungen zu schützen. Ist weder in der Lage, oder willens, hier halbwegs vernünftig den Alltagsverkehr zu regulieren und ist offenbar erst recht nicht bereit, gegen Schwerstkriminalität, Rauschgifthandel und andere schwerwiegende Vorgänge ernsthaft vorzugehen.

 

Das steht in einem merkwürdigen Widerspruch, wenn einerseits dieser hochgerüstete  Polizeiapparat, der locker mal mehr als 20.000 Beamte bei G20 ins Feld werfen kann, aber auch bei vielen anderen Anlässen, die für die Erhaltung dieses überholten Gesellschaftssystems eine wichtige Rolle spielen, eine ansonsten unbekannte Potenz an den Tag legt. Und auf der anderen Seite das Totalversagen, wenn es um berechtigte Belange der Mehrheitsbevölkerung geht.

 

Solch eine Haltung sollte sich die Bevölkerung nicht bieten lassen, zumindest sollte von den Verantwortlichen für diese Situation, Rechenschaft gefordert werden.

 

IST DIE BEKÄMPFUNG DES G20 TREFFENS DAS ENTSCHEIDENDE ZIEL IM ANTIKAPITALISTISCHEN KAMPF?

 

Man hat ja im politischen Alltagsgeschehen eher nicht den Eindruck, dass der antikapitalistische Kampf sonderlich fortgeschritten wäre, in unserem Land und auch nicht in Europa. Zumindest nicht derjenige, welcher tatsächlich eine bessere Gesellschaftsordnung erkämpfen will.

 

Umso erstaunter musste man feststellen, wie sehr in diversen Foren und vielen Organisationen, dem Kampf gegen dieses Treffen eine enorme Wichtigkeit im Kampf für eine bessere Gesellschaftsordnung beigemessen wurde. Und so überschlugen sich diverse Gruppierungen seit Monaten, sowohl in Mobilisierungsaufrufen, aber auch durch die unterschiedlichsten Attacken auf Symbole, oder Institutionen, die dem kapitalistischen System zugeordnet,  bzw. mit dem Gipfeltreffen in Zusammenhang gebracht wurden. Einerseits fiel dabei auf, dass die Aktionen zum Teil unsinnigen, bis hin zum massenfeindlichen Charakter hatten. Wie beispielsweise den Anschlag auf die Bahn, der in weiten Teilen Deutschlands die Bahnverbindungen zum Erliegen brachte.

 

Andererseits ging es um die erleichterte Flüchtlingsaufnahme, ohne die Fluchtgründe ausreichend zu beleuchten und anzuklagen. Ging es zum Beispiel auch um Klimafragen; ging es um den Kampf gegen sogenannte fossile Energieträger,  wo breite Teile der herrschenden Klasse inzwischen ganz offen ihre Führungsrolle auch nach außen darlegen.

 

Diese und diverse weitere Anliegen, wie sie heute in der antikapitalistischen Bewegung für wichtig erachtet werden und oben genannte teilweise absurde, den Menschen nicht vermittelbare Aktionen, bis hin zu massenfeindlichen Aktionen, bei denen man sich automatische fragte, wer die eigentlich beauftragt hat, haben offensichtlich eine stärkere Beteiligung, insbesondere der arbeitenden Bevölkerung, an den Protestveranstaltungen behindert.

 

Wobei natürlich mehrere 10.000 Menschen im Protest, auch keine schlechte Hausnummer sind und es ja durchaus auch ernst zu nehmenden Protest am kapitalistischen System und der internationalen Ausbeutung gab. Auch die Verantwortung von G20-Teilnehmerstaaten an diversen Kriegen in der Welt, wurde durchaus auch deutlich benannt.

 

Man hat allerdings den Eindruck, dass tatsächlich immer noch im Vordergrund die Themen der herrschenden Klasse stärker vertreten werden, als diejenigen Themen, welche die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen anprangern und eine Organisierung zur Bekämpfung dieser Verhältnisse propagieren.

 

Und auch die Umgangsweise mit der erkämpften Bewegungsfreiheit, wie im Schanzenviertel,  ist fragwürdig. Warum hat man den erkämpften Freiraum nicht genutzt, für Propaganda und Demonstrationen in diesem Raum. Stattdessen werden teilweise Aktionen durchgeführt, welche auch dem gutwilligsten Teil der Bevölkerung, nicht vermittelbar sind. Und ja, wenn da Strukturen einen Raum geschaffen haben, in dem sie auch politisch agieren können, dann haben sie dort auch die Verantwortung. Plünderungen und Brandstiftungen sind dann selbstverständlich nach Möglichkeit zu unterbinden. Das wird zwar nicht 100% gelingen, aber sich mal ein paar Gedanken über so eine Situation zu machen, ist vielleicht hilfreich.

 

Wahrscheinlich hat zumindest ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung wenig Probleme damit, wenn sich gegen Übergriffe gewehrt wird und wenn Sinn und Verstand in Aktionen und Handlungen erkennbar sind und diese eine fortschrittliche Stoßrichtung haben. Dazu müsste man allerdings auch ein Konzept haben, dessen Inhalt es ist, solche Teile der Bevölkerung auch zu gewinnen.

 

 

K. Lehmann                        10.7.2017

Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen