Nous accusons – Wir klagen an

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Redaktionskollektiv Trotz alledem! Anklage zum Tribunal NSU-Komplex auflösen

Nous accusons – Wir klagen an

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In Erwägung…

dass eure zur Fahndung ausgeschriebene

NSU-Mörderbande über elf Jahre „unerkannt“

mordend durchs Land zog,

dass euer „Verfassungsschutz“

sie hegte und pflegte…

In Erwägung

dass eure Politiker und Ordnungshüter

von SPD-Schily,

bis zu den äußerst Rechten,

bei offensichtlich rassistischen Morden

nie „politische Hintergründe“ entdecken konnten…

In Erwägung

dass eure Medien rassistische Lügen verbreiteten

von „Döner-“ und „ Kriminellen Milieu-Morden“

In Erwägung

dass ihr die Opfer verhöhnt

und alles versucht habt,

ihre Angehörigen zu Tätern abzustempeln

In Erwägung

dass die überlebenden Opfer und Angehörigen

als Täter: „Rechte“ und Nazis benannten

weil sie Rassismus im Alltag kannten

In Erwägung

dass der NSU-Trupp

erst durch den angeblichen Selbstmord

der zwei NSU-Killer

als Täter präsentiert wurde

In Erwägung

dass die Dritte im Bunde,

angeblich gesucht, aber erst nach

der „Brandsäuberung“ vieler Beweismittel

sich selbst stellte

In Erwägung

dass kurz nach der „Selbstenttarnung des NSU“

Schredder im Amt auf Hochtouren Akten und Beweise vernichteten

In Erwägung

dass aussagewillige V-Männer,

kurz vor ihrer Aussage merkwürdige Tode starben,

während Aussagende schweigen,

oder aber lügen,

dass die Balken sich biegen.

In Erwägung

dass in euren Gerichten,

die angeblich nach Wahrheit suchen,

eine faschistische Mörderin

auftreten kann wie eine beleidigte Diva

während in anderen „Staatsschutz“-Prozessen

Stammheimer Verhältnisse herrschen

In Erwägung

dass die hoch und heilig versprochene

restlose Aufklärung

sich entpuppte als inhaltlose Worthülse,

als Beruhigungspille ...

In Erwägung

der neun Morde an Migranten durch den

NSU-Komplex

 

Haben wir beschlossen

von diesem Staat, und seinen Institutionen nichts

zu erwarten!

 

Wir beklagen

– die Opfer des NSU und alle Opfer faschistischer, rassistischer Gewalt,

– das unfassbare Leid ihrer Familien, Angehörigen und FreundInnen.

Wir solidarisieren uns mit den Angehörigen und mit den überlebenden Opfern, stehen Hand in Hand an ihrer Seite. Mit allen Werktätigen und Unterdrückten dieser Gesellschaft, deren Reichtum in ihrer Vielfältigkeit liegt.

 

Wir beklagen, dass die Mehrheit der Gesellschaft, fast alle linken Organisationen und auch wir die Stimme der Angehörigen in Kassel und Dortmund 2006 nicht gehört und die Dimension des NSU nicht erkannt haben.

 

Wir klagen an

– den NSU-Komplex als rassistisch-faschistischen Apparat desdeutschen Staates zur Einschüchterung und Vertreibung von MigrantInnen in Deutschland:

des Mordes

– den Verfassungsschutz: des Aufbaus einer faschistischen Organisation, der Beihilfe zum Mord, der Vernichtung von Beweismaterial

– die bürgerlichen Politiker: der bewussten Falschaussage, der Verschleierung der Zusammenarbeit staatlicher Stellen und NSU-Netzwerk, der Leugnung von rassistischen Motiven

– die bürgerlichen Medien: der rassistisch-nationalistischen Hetze gegen MigrantInnen

 

Wir klagen an

– die deutsche Justiz: wegen ihres Doppelstandards und der Klassenjustiz

– das Schweigen der Gesellschaft

– den institutionellen und strukturellen Rassismus, den anwachsenden Faschismus.

Das sind Instrumente, um uns werktätige Menschen, zu spalten, in „ihr“ und „wir“, in „Deutsche“ und „die anderen“. Ketten, mit denen wir ans System gefesselt werden.

Das sind Instrumente, um imperialistische Machtinteressen durchzusetzen. Um die Massen im Inneren ruhig zu halten und nach außen Krieg zu führen, wie aktuell in Afghanistan, in Syrien. Besitzverhältnisse, den Reichtum für eine Handvoll von Herrschenden aufrechtzuerhalten, Kriege um Rohstoffe und Einflusssphären zu führen, Länder, Bevölkerungen gegeneinander zu hetzen und Menschen rassistisch zu ermorden.

Das sind Säulen, auf denen die Ausbeuter-gesellschaft ihre Herrschaft stützt!

Das friedliche Zusammenleben der  Menschen in diesem Land und auf diesem Planeten wird so tagtäglich versucht, unmöglich zu machen.

In unserer einen Welt der Migrationen, die schon lange ein Schmelztiegel von Menschen aller Kontinente, in all ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit, ihrer Besonderheiten und Gemeinsamkeiten geworden ist.

Wir klagen ein

– Wirkliche Demokratie - das können wir nur selber tun!

– Das Schweigen durchbrechen! Opfer, Betroffene der Verbrechen des NSU stehen im Mittelpunkt. Ihre Geschichte und Namen im kollektiven Gedächtnis verankern. Ihre Wünsche für Geden-ken und Gedenkorte respektieren!

Moralische und politische Anerkennung ihres Leids. Finanzielle Entschädigung für die Opfer und Angehörigen.

– Aufklärung des NSU-Komplexes mit allen Konsequenzen.

– Aufklärung aller „ungeklärten“ rassistischen Morde

– Verbot aller faschistischen Netzwerke, jeglicher rassistisch-völkischen Propaganda!

– Rassismus und Faschismus sind keine Meinung, sondern Verbrechen.

– Täter in den Institutionen haben Namen –

anklagen!

Diese Reformen sind notwendige Veränderungen in Teilbereichen, wohlwissend, dass sie nichts am großen Ganzen ändern.

 

Reformen, Blumen auf den Ketten … es geht um grundsätzliche Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse.

 

In Erwägung all dessen rufen wir auf

Lasst uns unsere Anklage zu einem Fanal gegen diese ungerechte, barbarische Gesellschaft, für eine Gesellschaft der Vielen machen…

Eine sozialistische Gesellschaft, in der die Vielen, die Unterdrückten, Entrechteten, Ausgegrenzten, Erniedrigten, Ausgebeuteten dieser Gesellschaft ein neues, gutes Leben beginnen.

 

Ein Leben

„Einzeln und frei wie ein Baum

                und geschwisterlich wie ein Wald !“

 

 

 

 

Veröffentlicht in Trotz alledem! Nr. 75, Mai 2017  
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