Demonstration „United We Stand!“ – Unsere Solidarität gegen ihre Repression

Event Datum: 
Samstag, Dezember 12, 2020 - 13:15
Stadt/Region: 
Wir rufen für den 12. Dezember 2020 zu einer entschlossenen Demo gegen Repression in Freiburg auf. Wie zu jedem Jahresende werden wir die Repressalien der vergangenen Monate sichtbar machen und unsere Unzufriedenheit über die gewaltsamen Angriffe in dieser Stadt und darüber hinaus aufs Parkett bringen.

Lasst uns vielfältig und lautstark die Ungerechtigkeiten im gesellschaftlichen System aufzeigen – auch in Zeiten von Pandemie, gerade wegen Zeiten der Pandemie.

Wir verbünden uns auf Freiburgs Straßen mit einem zentralen Ziel, dass im Aufruf unserer Leipziger Freund*innen zur Demo am 31. Oktober trefflich beschrieben wird:

„Wir wollen zeigen, dass uns (…) Repression zwar einschüchtert, schrecken und ängstigen kann, nicht aber dazu führt, dass wir uns klein machen und wegducken, wenn wieder einmal nach denen geschlagen wird, die aller Misere und Widerstände zum Trotz anhaltend für eine bessere Welt kämpfen(…)“

2020: Pandemie, Populismus und antirassistische Aufbegehren

Im auslaufenden Jahr setzte sich der rechtspopulistische Sog international fort. Die Pandemie brachte zahllose soziale Bewegungen zum Erliegen und mündete im Frühjahr in Notstandsgesetzen und einer klaren Veranschaulichung des unsolidarischen Zustandes der Welt: Jeder Staat setzte primär auf polizeiliche Maßnahmen und überall stach heraus, dass die Durchökonomisierung des Gesundheitssystems als Ausdruck einer generellen Entsolidarisierung eine immer größere Gefahr darstellt.

Davon betroffen sind zuerst jene, die ohnehin schon systemisch ausgegrenzt werden. Die meisten Staaten wussten diese Notstände nur mit Gewalt zu übertünchen und für den Ausbau ihrer Macht zu nutzen. Vielerorts kamen autoritäre bis hin zu militärischen Maßnahmen zur Anwendung und rechtspopulistische Staatsführungen setzten die Überlebenschancen der ärmeren Bevölkerung durch Leugnung der Krankheit und die Verweigerung progressiver Maßnahmen doppelt aufs Spiel.

Die antirassistischen Unruhen infolge des Mordes an George Floyd erschütterten die USA im Mai. Eine globale Verunsicherung konnte im Sommer zeitweise durchbrochen werden, denn weltweit erfolgte eine unmissverständliche Resonanz. Schrittweise erwachten die sozialen Bewegungen und konnten zuletzt wieder ein weltweites Bild des radikalen Aufbruchs entgegen der Herrschaft zeichnen, wie es schon 2019 der Fall war.

Abgesehen von punktuellen Bewegungen im Kontext der antirassistischen Aufstände, und kleineren Aktionen gegen die Krise und die Lebensbedingungen Unterdrückter, kam in Deutschand wenig von Links. Der sichtbare Protest wird leider oftmals von Gruppierungen getragen, denen die Unterdrückung Geflüchteter, häusliche Gewalt und auch eine reflektierte Klassenanalyse offensichtlich egal ist. Sie wollen nur „zurück zum vorher“ und taten sich in der BRD systematisch mit Nazis zusammen. Repression mussten die Coronaleugner*innen nur selten erleiden, trotz zahlreicher Verstöße gegen jegliche Vernunft und die Gefährdung Tausender.

Linke Politik in unsicheren Zeiten

Während die Exekutive auf der Straße primär Linke angriff, trafen sowohl die Faschist*innen als auch der tiefe Staat und deren mörderische Praxis immer deutlicher zutage. Die seit Jahren bekannte Verstrickung von Nazis, Polizeibehörden und Geheimdiensten hat sich 2020 spektakulär fortgesetzt. Kaum eine Woche verging ohne Schlagzeilen zu Preppern, rechten Chatgruppen bei der Polizei, Waffenfunden oder Übergriffen – in dieser Hinsicht hat sich wenig geändert und wenn zum Schlechten.

Kaum verändert war zugleich die Repression gegen emanzipatorische und linke Bewegungen hier und anderswo. Die anhaltende Untersuchungshaft gegen Umweltschützer*innen, die sich über Autobahnen abseilten und auch jene die im Wald protestierten, steht symbolisch für die unverhältnismäßige Verfolgung. Effektiver Widerstand gegen umweltzerstörende Großprojekte steht zugunsten kapitalistischer Interessen unter kontinuierlichem Beschuss der Behörden.

Bundesweit gab es Angriffe auf linke Freiräume. Herausragend waren Räumungen linker Projekte wie dem Syndikat in Berlin-Neukölln und dem queer-feministischen Hausprojekt Liebigstraße 34 in Berlin-Friedrichshain.

Auch die Repression zum G20-Gipfel von 2017 hält an. Dutzende Hausdurchsuchungen im gesamten Bundesgebiet und sogar bis Athen führen die gnadenlose Verfolgung infolge der Hamburger Gipfelproteste fort. Umfassende Überwachungsmaßnahmen werden getestet und jahrelange Haftstrafen verhängt, systematisch abgeschottet von der Öffentlichkeit.

Erneut zückt der Staat vermehrt sein schärfstes Schwert gegen linke Bewegungen. Aufs neue wurden in den letzten Monaten §129-Ermittlungen wegen angeblicher krimineller Vereinigungen gegen Linke angestrengt.

Infolge von Protesten in Stuttgart gab es im Südwesten Durchsuchungen linker Räume und Wohngemeinschaften. Jo, der angeblich an Angriffen auf Mitglieder der faschistischen Pseudogewerkschaft Zentrum-Automobil beteiligt war, sitzt seither in Stuttgart-Stammheim in Haft. Anfang November wurden Dy in Stuttgart und Lina in Leipzig ebenfalls wegen angeblicher „Antifaschistischer Überfälle“ festgenommen.

Angriffe linksunten

Freiburger Linke wurden 2020 massiv kriminalisiert. Sei es durch harte Urteile gegen Gegner*innen von AfD und Piusbrüdern als auch solche gegen die Beteiligten der Squatting-Days und weiterer Besetzungen. Bemerkenswert waren wiederholte Anquatschversuche durch den Verfassungsschutz, dessen Aktivität landesweit zunimmt und der bezüglich Freiburg das Bild einer schwerkriminellen Stadt zeichnet.

Zu Jahresbeginn lief der Prozess gegen die nach G20 verbotene und in Freiburg verortete unabhängige Medienplattform „linksunten“ – ohne jegliches Resultat. Das Bundesverwaltungsgericht fühlte sich nicht befugt über die Illegalität der Zensur zu entscheiden, weshalb sich nun das Bundesverfassungsgericht damit befassen muss. Auf Leipzigs Straßen gab es unübersehbares Feedback gegen die Zensur und den wachsenden Polizeistaat.

Dass nun, über drei Jahre nach der uns betreffenden Razzia im Zuge des linksunten-Verbotsverfahrens, die Durchsuchung der KTS für illegal erklärt wurde, kommt nicht von ungefähr. Zu fahrlässig und fern ab rechtsstaatlichem Anstands erfolgten die Durchsuchungen im August 2017 mithilfe des Verfassungsschutzes. Doch was bringt dieses „Recht“ 40 Monate danach?

Illegale Maßnahmen ermöglichen den Behörden Fakten gegen uns zu schaffen, ungestraft linke Infrastruktur zu sabotieren, Technik und Geld im Wert von zehntausenden Euro zu stehlen. Dagegen können wir uns nicht mit dem Rechtsstaat schützen, sondern können nur unsere Organisierung vorantreiben. Aber es kann nicht schaden nochmal zu betonen: Verfassungsschutz auflösen – her mit der Kohle!

Crime-City Freiburg

Die Sicherheitspartnerschaft mit dem Land half zuletzt den Ausbau der repressiven Mittel lokal zu erweitern. Trotz anhaltender Proteste ist eine neue Novellierung des Polizeigesetzes auf Landesebene beschlossen worden. Bestimmte Gewalttaten aus der werden von den einen als Gegenstand rassistischer Hetze und für die anderen als Anlass zur Steigerung der Polizeibefugnisse und daraus folgender rassistischer Praxis genutzt. Die Schraube dreht sich.

Razzien gegen die POC-Community im Stühlinger und Besuche der Mannheimer Reiterstaffel gehören mittlerweile in Freiburg zum Alltag. Der Einsatz filmender und sprechender Drohnen wird zur Norm, nicht nur im Stühlinger. In Kürze könnte eine Innenstadtweite und am Wochenende live-betreute Videoüberwachung zur Umsetzung kommen.

In Freiburg wurde zudem der Vollzugsdienst der Gemeinde, welcher zur Verdrängung sogenannter Randgruppen und feiernder Jugendlicher geschaffen wurde, aufgestockt. Als nächsten Schritt soll dieser KOD Teleskopschlagstöcke, also Stahlruten bekommen. Willkommen in einer präventiv-deeskalativen Freiburger Ordnungspolitik.

Trotz all dieser angeblichen Abschreckung gab es noch vor wenigen Wochen mehrere Messerstechereien im Stadtzentrum. Diese Stadt wird nicht sicherer sondern Sie macht Angst. Der ein oder andere Lokalpolitiker schwadroniert schon jetzt von einer intelligenten „Smart-City“. Einem modernen Konzept der voll-vernetzten Überwachungsstadt, wie es in immer mehr europäischen Metropolen in Mode ist.

Die stetige Aufrüstung der Exekutiven zur Verteidigung von Eigentums- und Ordnungsinteressen ist kein isoliertes Phänomen, sondern eine von der BRD vorangetriebene mindestens EU-weite Tendenz.

Gemeinsam auf die Straße

Mehr denn je steht ein solidarischer Aufbruch an, in dem wir Schulter an Schulter mit den Prekarisierten, den „People of Color“, den Opfern patriarchaler Gewalt, unseren kurdischen Genoss*innen, den ökologischen und sozialen Bewegungen von Links, aufzeigen, dass eine andere Welt weiterhin notwendig ist um den Krisen von Pandemie und Autoritarismus entgegenzutreten.

Der Kampf um Befreiung und gegen repressive Systeme beinhaltet einen Ausbau von Basisarbeit und die Relokalisierung des Politischen, durch den Widerstand gegen konkrete Verdrängung und den Aufbau von Nachbarschafts-Organisierung und Freiräumen. Die vergangenen und fortwährenden Angriffe auf unsere Räume und Kollektive hier und anderswo sind Antrieb für unseren Protest. Setzen wir ihrer Repression unsere Solidarität entgegen!

Wir rufen alle Linken Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen die diese Wut teilen, dazu auf, am 12. Dezember mit uns Freiburgs Straßen zu bespielen. Wir wünschen uns eine kraftvolle Versammlung mit vielfältigen Beiträgen zum Themenkomplex Repression mit anschließender Demonstration in der Innenstadt. Das Hygienekonzept beinhaltet mit Einhaltung der Maskenpflicht und Abständen zueinander so zu demonstrieren, dass keine*r gefährdet werden kann. Wir setzen auf hohe Eigenverantwortlichkeit und Solidarität.

Freiheit stirbt mit Sicherheit!

Räume der Emanzipation erkämpfen und verteidigen!

Autonomes Zentrum KTS Freiburg, 23. November 2020

 

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