Gö: 500 demonstrieren in Innenstadt und vor Parteibüros gegen Lagersystem auf Lesbos und überall!

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Heute, am 20. September 2020, demonstrierten in der Göttinger Innenstadt und entlang der Parteibüros von Grünen, CDU und SPD mehr als 500 Menschen gegen die verachtende und tödliche Abschottungspolitik der EU gegen Geflüchtete. Unter dem Motto „Lagersystem abschaffen – auf Lesbos und überall! Solidarität mit den Geflüchteten!“ hatte das „Bündnis Lager auflösen jetzt!“ neben anderen Göttinger Gruppen wie AK Asyl, Seebrücke, ALI, redical (m), BL und OM10 zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen.

 

 

Bei der Auftaktkundgebung am Alten Rathaus wurden Beiträge von Geflüchteten verlesen, die das nun abgebrannte Lager in Moria über Monate bis Jahre hinweg zu erleiden hatten. Ihren Schmerz und ihre Fassungslosigkeit angesichts der menschenverachtenden Flüchtlingspolitik der EU konnten die Zuhörenden deutlich wahrnehmen. Noch immer sitzen beinahe alle dieser Geflüchteten auf Lesbos in Griechenland fest, wo sie in ein neues Lager eingepfercht werden sollen. Dagegen wehren sie sich mit den wenigen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Geflüchteten berichten von täglich brutaler Polizeiwillkür, der sie mit Einverständnis der europäischen Regierungen ausgesetzt sind. Ein*e Vertreter*in des Hausprojekts OM10 forderte die sofortige Evakuierung der Geflüchteten von Lesbos nach Deutschland und wies darauf hin, dass die Stadt Göttingen sich zwar formal zum „Sicheren Hafen“ erklärt habe, der Göttinger OB Köhler jedoch lediglich bereit sei, 30 Geflüchtete in die Stadt zu holen. Das reiche nicht, denn: „Wir haben Platz für viele Geflüchtete mehr in dieser Stadt.“ Gleichzeitig müsse nun endlich auch in Göttingen mit der Unterbringung von Geflüchteten in Massenunterkünften Schluss sein. Wohnen für Alle sei möglich.

 

Am Wilhelmsplatz verdeutlichten Redner*innen den Zusammenhang von (neo-)kolonialistischen Ausbeutungspraktiken und Fluchtursachen. Die Aufrechterhaltung des kapitalistischen Wirtschaftssystems wurde für die Zerstörung der Lebensgrundlagen von Hunderten Millionen Menschen weltweit angeprangert.

 

Lautstark führte der Demonstrationszug dann zum Parteibüro der Grünen, wo deren Haltung massiv kritisiert wurde: Wenn es brennt, wie in Moria, äußern die Grünen Entsetzen und wollen ein bisschen helfen. Doch tritt Frau Baerbock gleichzeitig für geschlossene Grenzen und Frontex-Einsätze ein. „Schämt euch in den Boden, ihr Grünen, und ändert endlich eure Abschottungspolitik!“

 

Bei der Parteizentrale der Göttinger CDU wurde auf die Äußerungen von Politikern wie de Maizère verwiesen, die zwar die hässlichen Bilder beklagen, doch alles dafür tun, dass es zu genau dem existierenden menschenunwürdigem Lagersystem kommt. Deutschland soll möglichst flüchtlingsfrei bleiben, wofür sich auch die EU-Kommissionsvorsitzende von der Leyen (CDU) vehement einsetzt.

 

An der Göttinger SPD-Zentrale wurde dann das langjährige Mitwirken der SPD beim Ausbau der Festung Europa scharf angegriffen. Der Göttinger SPD-Abgeordnete Thomas Opppermann wurde dafür verurteilt, dass er sich seit langem für die Zurückbringung von Geflüchteten in die Staaten Nordafrikas eingesetzt habe. All die dreckigen Deals zur Geflüchteten-Abwehr beispielsweise mit Staaten wie Niger oder der Türkei trägt auch die SPD mit.

 

Ein*e Vertreter*in aus der sudanesischen Flüchtlingscommunity wies darauf hin, dass in den Sudan Abschiebungen vorgenommen werden, obwohl das Leben oppositioneller Menschen dort immer noch akut bedroht ist. Gefordert wurde der sofortige Stopp von Abschiebungen in den Sudan und auch an andere Orte.

 

In zwei Beiträgen berichtete eine Aktivist*in des AK Asyl Witzenhausen von der rechtswidrigen Verschleppung ihres Freundes Mohamed am 15.09.20 aus der Berufsschule Witzenhausen, einem abgebrochenen Abschiebeversuch und seiner andauernden Abschiebehaft unter quälenden Bedingungen. In Parolen und weiteren kurzen Redebeiträgen wurde auch die rassistische Polizeigewalt in Deutschland thematisiert, die es Geflüchteten praktisch unmöglich macht, sich hier sicher zu fühlen.

 

Zum Abschluss der Demonstration wurde für Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen in Griechenland ein Solidaritätsfoto aufgenommen, vor der an die Wand des Jugendzentrums Innenstadt gemalten Parole „Evacuate Moria“.

 

Bündnis Lager auflösen jetzt!, Göttingen 20.09.20

 

 

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