Sexueller Übergriff im Juwel
[Triggerwarnung]
Vor einem halben Jahr kam es in einem linken Hausprojekt zu einem sexuellem Übergriff. Die Betroffene hat sich dazu entschieden, die Sache öffentlich zu machen und mit Hilfe einer Unterstützer*innen-Gruppe den folgenden Text geschrieben.
Am 03.08.2019 habe ich mich mit einer Freundin in den Vereinsräumlichkeiten des Juwel e.V. getroffen. Dort trafen wir mehrere Bekannte und Bewohner des Hausprojektes und verbrachten den Abend in den Vereinsräumlichkeiten. Nach mehreren Stunden war ich stark alkoholisiert und erschöpft, woraufhin mir ein Bewohner einen Schlafplatz angeboten hat. Da ich diesen schon länger kannte, hatte ich keine Bedenken und nahm sein Angebot an. Daraufhin ging ich nach oben in sein Zimmer, dort legte ich mich komplett angezogen auf die ranzige Matratze und schlief ein.
Ich wurde wach als ich merkte wie etwas an mir rumzerrte. Er versuchte mich auszuziehen, wogegen ich mich aufgrund meines hohen Alkoholpegels nicht wehren konnte. Bereits da habe ich ihm gesagt, dass ich das nicht will. Er nutzte meine Hilflosigkeit aus und es kam zum gewaltsamen sexuellen Übergriff. Mehrfach sagte ich ihm das er aufhören soll und er mir Angst macht. Was ihn nicht davon abhielt weiter zu machen und brutaler zu werden. Er drohte mir während des Übergriffs „Wenn du nicht sofort mitmachst, fick ich dich in den Arsch“. Ich versuchte ihm das Eindringen in mich zu erschweren. Daraufhin benutzte er seine Finger, was sehr schmerzhaft und unangenehm war. Er hörte nach einiger Zeit auf und ich hoffte das es endlich vorbei war, was nicht der Fall war. Er setzte sich neben mich aufs Bett, spreizte die Beine und verlangte Oralverkehr. Den ich verweigerte, woraufhin er sich wütend anzog und die Wohnung verließ. Ich packte mein Zeug und flüchtete aus der Wohnung. Auf dem Weg merkte ich, dass mein ganzer Körper schmerzte und ich nicht richtig laufen konnte. Eine Straße weiter ließ ich mich abholen.
Es dauerte einige Zeit die Geschehnisse zu realisieren und einzuordnen.
Zwei Wochen später sprach mich eine Hausbewohnerin auf diesen Abend an. Sie wurde zuvor von jemandem aus meinem näheren Umfeld darauf aufmerksam gemacht, das mit mir in letzter Zeit etwas nicht stimmt. Ich erzählte ihr von dem Übergriff, mit der Bitte es nicht zu erzählen, da es mir sehr unangenehm war und ich Angst vor den Reaktionen meines Umfelds hatte.
Etwa 4 Wochen nach dem Übergriff wurde der Vereinsvorstand informiert und es fand ein Gespräch zwischen mir, einem Vorstandsmitglied und 2 weiteren Vereinsmitgliedern statt. Der Täter störte das Gespräch mehrfach, wodurch ich mich sehr bedrängt gefühlt habe. Diese Störung wurde aber unterbunden.
Ca. eine Woche später wurde der Übergriff auf dem Hausplenum angesprochen. Der Täter wurde auf die Anschuldigungen angesprochen und wies die Vorwürfe aggressiv von sich und verließ das Plenum. Der Vorfall wurde anschließend im Projekt und dem Umfeld diskutiert. Auf dem darauffolgenden Plenum wurden Hausverbot und Auszug des Täters beschlossen. Bei der Umsetzung ließ es jedoch anfangs stark zu wünschen übrig. Ein Teil der Menschen aus dem Projekt, die mich anfangs unterstützten, zweifelten an meiner Glaubwürdigkeit, stellten den Übergriff in Frage und setzten mich unter Druck dem Projekt fernzubleiben. Mich hat die Situation psychisch und emotional stark belastet. Immer häufiger wurde ich angezweifelt, da ich nach dem Übergriff nicht zur Polizei gegangen bin.
Diejenigen die mir halfen, wurden auch stark angefeindet und auch über sie wurde schlecht gesprochen, in der Hoffnung es würde sie einschüchtern.
Mittlerweile wurde der Vorfall zur Anzeige gebracht und geht hoffentlich bald vor Gericht.
Das Juwel hat bis heute kein öffentliches Statement abgegeben.
Der Übergriff und die darauffolgenden Ereignisse haben mich stark belastet, ich leide heute noch unter Panikattacken.
Ich hätte mir einen besseren und solidarischeren Umgang mit dem Thema sexuelle Übergriffe gewünscht. Eine ehrliche Aufarbeitung und einen konsequenteren Umgang mit dem Täter, seitens des Juwel.
Ergänzungen
Es wurde gebeten nichts öffentlich zu machen
Wir, das Juwel und die Gothaer Szene sind momentan mit einem Vergewaltigungsvorfall konfrontiert, der in unserem Haus stattfand.
Zwischen dem Vorfall und dem Bekanntwerden lagen ein paar Wochen, in denen das Gerücht jedoch bereits kursierte.
Der Vorfall wurde auf unserem Wochenplenum (ein Teil der Hausbewohner*innen und ein paar Leute aus dem Umfeld) angesprochen und diskutiert. Das Plenum hat für Auszug und Hausverbot des Beschuldigten gestimmt. Allerdings in einem "sozialverträglichem" Prozess: 2 Wochen Zeit und ohne Tritt ins Gesicht.
Der ganze Vorgang, die in solchen Fällen wohl üblichen Unklarheiten und Zweifel, zusammen mit dem Wunsch, dass so etwas bei uns bitte nicht passiert ist, bereitet dem Projekt und seinem Umfeld momentan einige Schwierigkeiten.
Die Sache wird für uns alle auch mit dem Auszug nicht abgeschlossen sein.
Über Tipps und Ratschläge für den Umgang mit solchen Fällen sind wir dankbar, wer uns seine Meinung sagen will, Fragen hat, etc. kann gerne vorbeikommen und mit uns reden.
Das oben stehenden Statement
Das oben stehenden Statement wurde umgehend an Menschen und Projekte geschickt welche uns darauf angesprochen haben.Zu diesem Zeitpunkt wollte die Geschädigte noch das möglichst nichts öffentlich gemacht wird
Stellungnahme aus dem juwel
https://de.indymedia.org/node/67916