Wieder Hausbesetzungsversuch in Freiburg
Die Häuser denen, die sie brauchen!
Der Abend begann mit einer leckeren VoKü vor einem leerstehenden Haus im Werderring. Dort steht auch immer noch das ehemalige Centre Culturel Français leer – ein Skandal, der schon im letzten Sommer angeprangert wurde. Etwa 40-50 Leute hängten Transparente ans Haus und beherzigten die Devise: „Ohne Mampf kein Kampf!“. Zeitgleich wurde ein Haus in der Merianstraße 41 besetzt. Das Gebäude war in einem schlechten Zustand und sollte in drei Monaten sowieso abgerissen werden. Die Autonomen probierten die von der schweizer HausbesetzerInnenbewegung favorisierte Methode und riefen den vermeintlichen Hausbesitzer an, um ihn um sein Einverständnis für eine befristete Besetzung bis zum Abriss zu bitten. Leider stellte sich heraus, dass die AnwohnerInnen nicht mitbekommen hatten, dass das Haus kürzlich verkauft wurde, so dass der jetzige Besitzer nicht erreicht wurde. Aufgrund der ungewissen Situation beschlossen die BesetzerInnen, das mittlerweile verbarrikadierte Haus zu verlassen. Niemand wurde verletzt oder verhaftet.
Die Besetzung war keine Scheinbesetzung, denn günstiger Wohnraum ist in Freiburg Mangelware. Es gibt Menschen in Freiburg, die dringend eine Wohnung benötigen, obwohl viele Häuser leerstehen. Die Besetzung war aber nicht nur ein Protest gegen Leerstand und hohe Mietpreise, sondern auch gegen die aktuelle Stadtumstrukturierung. Seit einiger Zeit wird von der Verwaltung alles Unangepasste und Alternative aus der Innenstadt verdrängt. Es werden Bürohäuser statt günstigen Wohnraumes geschaffen und Straßenpunks mit unbefristeten Innenstadtverboten belegt. Die StraßenhändlerInnen wurden vom Kartoffelmarkt verdrängt und die StraßenmusikerInnen dürfen nur noch kurze Zeit an einem Ort spielen. Linke Demos werden von einem martialischen Polizeiaufgebot erstickt und HausbesetzerInnen von den Bullen krankenhausreif geprügelt.
Freiburg, grüne Polizeiburg
In den ersten anderthalb Stunden war kein Bulle zu sehen. Ganz offensichtlich hatten die NachbarInnen nicht bei der Polizei angerufen, obwohl sie die 60 Autonomen vor ihren Fenster bemerkt haben dürften. Ein Passant riet uns, lieber ein anderes Haus zu besetzen, denn dieses sei doch arg baufällig. Irgendwann fuhr auffällig unauffällig ein bekanntes Ziviauto an dem Haus vorbei und es war klar, dass gleich das Lalü-Lala-Konzert losgehen würde.
Die Bullen rückten mit mehreren Streifenwagen und Wannen sowie einer Hundestaffel an. Sie kontrollierten die Ausweise der anwesenden JournalistInnen und GemeinderätInnen und beäugten misstrauisch die Barrikade. Gerüchteweise warteten sie auf Verstärkung durch die kasernierte Schlägereinheit, was das wieder kostet! Die Bullen waren Stunden später noch immer vor dem Haus, das am Freitag Morgen unbewohnbar gemacht wurde.
Besetzungen, gibt es sowas heute überhaupt noch?
In Freiburg gab es in den letzten Jahren immer mal wieder Besetzungen. Dabei fällt auf, dass die Aktionsform „Besetzung“ von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen mit sehr unterschiedlichen Zielen angewandt wurde. Das neue an der Besetzungsoffensive 2007 ist, dass Menschen Häuser besetzen, um darin zu wohnen. Hier ein Rückblick auf die letzten drei Jahre:
- 10.01.2004 Haus 53 auf dem Vauban-Gelände wird von Linken und AnwohnerInnen besetzt, um günstigen Wohnraum zu retten.
- 17.01.2004 Haus 66 in der Baslerstraße wird nach einer Antifademo besetzt, um gegen die Räumung von Haus 53 zu protestieren.
- 21.01.2004 Die CDU-Zentrale wird von Studis aus Protest gegen Studiengebühren besetzt.
- 20.03.2004 Ein leerstehendes Industriegelände in St. Georgen wird für die 10 Jahre KTS-Party besetzt.
- 03.07.2004 Ein Gelände am Opfinger See wird für eine Free Techno Party besetzt.
- 02.05.2005 Das Rektorat der Uni am Fahnenbergplatz wird von Autonome Studis aus Protest gegen Studiengebühren besetzt.
- 29.10.2005 Ein leerstehendes Haus auf dem Gelände des Güterbahnhofs wird für eine Party besetzt.
- 25.11.2005 Ein Gelände im Industriegebiet Nord wird von den Schattenparkern besetzt.
- 03.12.2005 Der Fahnenmastplatz auf dem Vauban-Gelände wird von den Schattenparkern besetzt.
- 01.01.2006 Eine leerstehende Halle in St. Georgen wird für eine Sylvesterparty besetzt.
- 30.06.2006 Ein Wagenplatz im Industriegebiet Nord wird von den Straßenpunx besetzt.
- 15.01.2007 Drei Häuser sollen besetzt werden, doch die Bullen räumen sofort und verletzen mehrere Autonome.
- 18.01.2007 Ein Haus in der Merianstraße wird besetzt und wegen der unsicheren Eigentumssituation wieder verlassen.
Die Häuser denen, die sie brauchen!
Leerstand ist kein Zustand!
Besetzt mehr Häuser!
Freiburger Indyberichte • Stadtberichte
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Das Gebäude im Werderring ...
Vorsichtsmaßnahme
Laßt uns deswegen mal wieder gründlich aufräumen:
- von brisanten Flyern, Zeitungen, Papieren, ... sollte maximal ein Exemplar in der Wohnung sein (uns könnte sonst deren Verbreitung vorgeworfen werden),
- keine Namen- und Adressensammlungen, auch nicht von E-Mailadressen oder Telefonnummern,
- Termine nicht in Jahreskalender eintragen, sondern erledigte Daten vernichten. Zukünftige Termine sollten so minimal aufgeschrieben werden, daß sie für die Gegenseite nicht nachvollziehbar sind.
- E-Mails lesen und danach gleich löschen, bzw. ausdrucken und nach Bearbeitung vernichten, auch Gesendetes wieder löschen. Das Ganze bring's aber nur, wenn ihr danach auch den Papierkorb leert.
- Daten auf dem Computer entrümpeln, nichts auf der Festplatte speichern, sondern z. B. auf CD's brennen und diese an einem sicheren Ort außerhalb der Wohnung aufbewahren.
Bei einer Durchsuchung:
- Ruhe bewahren!
- Keine (!) Aussagen machen, auch nicht z. B. "Das gehört mir nicht." Jede Aussage kann gegen dich verwendet werden. Du hast das Recht zur umfassenden Aussageverweigerung. Angeben mußt du nur deine Personalien (Name, Adresse, Geburtsdatum und ungefähre Berufsangabe, also z. B. ArbeiterIn, AngestellteR, StudentIn). Kein Wort mehr!
- Nichts unterschreiben! Es ist nicht auszuschließen, daß später noch etwas hinzugefügt wird, was du dann auch unterschrieben hättest.
- Wenn möglich, versuche, bevor sie hereinkommen, FreundInnen anzurufen, damit jemand mithören kann, was los ist.
- Frage nach dem Grund der Durchsuchung, dieser muß nach § 106 II StPO vorher bekanntgegeben werden. Erfrage auch Namen und Dienstnummern der BeamtInnen.
- Lege Beschwerde ein, diese sollen sie protokollieren (nicht unterschreiben).
- Verlange, daß ein Raum nach dem anderen durchsucht wird. Du hast das Recht, bei der Durchsuchung im selben Zimmer zu sein. Vielleicht gelingt es dir, diese hinauszuzögern, bis ZeugInnen eingetroffen sind.
- Laß ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände anfertigen, wenn nichts beschlagnahmt wird, laß dir auch das bescheinigen (nicht unterschreiben). Verlange eine schriftliche Begründung der Durchsuchung. Auf beides hast du Anspruch, der allerdings verfällt, wenn er nicht eingefordert wird (§ 107 StPO).
- Melde dich danach bei FreundInnen und beim EA und mach ein Gedächtnisprotokoll.
Venceremos!
Fehler in Erläuterung von Solidaria! Wichtig!
BZ-Regio-Ticker vom 18.1. abends
Ein leerstehendes Haus in der Merianstraße 41 am Rand der Freiburger Altstadt ist am Donnerstagabend von einer offenbar der autonomen Szene zugehörenden Gruppe besetzt worden. Für den Abend hatten die Besetzer ein, wie sie es nannten, "Straßenfest" angekündigt. Die Besitzer des Hauses und die Nachbarn seien von der Besetzung informiert worden, hieß in einer per E-Mail verbreiteten Presseerklärung. Erst vor zwei Tagen hatte es bei einer versuchten Hausbesetzung am Spittelacker im Stadtteil Mooswald Zusammenstöße zwischen Besetzern und der Polizei gegeben.
Aus der Badischen Zeitung vom Samstag
Eine Ansammlung von Sonderfällen
Die neue Linie der Stadt, keine Gebäude mehr zu Gunsten Dritter anzumieten, könnte einige Einrichtungen im Bestand gefährden
Von Beate Beule und Thomas Jäger
FREIBURG. Für die neue Linie der städtischen Abteilung "Gebäudemanagement" , keine Gebäude mehr zu Gunsten von Vereinen und Institutionen anzumieten (die BZ berichtete), wird es möglicherweise Ausnahmen geben — zumindest wenn die Stadt nicht den Bestand etablierter Institutionen gefährden will. Denn dass die Nutzer künftig selbst als Mieter auftreten, ist in den meisten Fällen nicht realistisch. Eins ist auf jeden Fall klar: Für die KTS, den "Kulturtreff in Selbstverwaltung" an der Basler Straße, gilt die Regel nicht.
Anders als noch Ende vergangener Woche von der Stadt mitgeteilt, gehört die KTS nicht zur Riege der Institutionen, die ihre Räumlichkeiten künftig selbst anmieten sollen. "Da wird die Stadt auch künftig Zwischenmieterin bleiben" , sagte gestern Rathaussprecherin Edith Lamersdorf. Ein entsprechender verwaltungsinterner Beschluss sei schon vor längerer Zeit gefasst worden. Dieser sei aber "nicht ausreichend kommuniziert worden".
Das Verhältnis der KTS-Aktivisten zum Gebäudebesitzer Bahn gilt als zerrüttet, ein direkter Mietvertrag als illusorisch.
Nichts Neues erbrachte hingegen die neue Verhandlungsrunde zwischen Stadtverwaltung, Bürgerverein und Deutsche Bahn AG in Sachen Vereinsheim "Bahnhöfle" . "Das Ergebnis war gleich null" , sagt Herbert Bucher, der Vorsitzende des St. Georgener Bürgervereins. Wie berichtet hat die Bahn den Mietvertrag mit der Stadt gekündigt und möchte für das von acht Vereinen genutzte Haus in Zukunft wesentlich mehr Geld. Die bisherige Jahresmiete, die laut Bürgerverein rund 3500 Euro betrug, soll ab nächstem Jahr 12 000 Euro betragen . Selbst wenn die Stadt ihren bisherigen Zuschuss auf 6000 Euro fast verdoppeln würde, müssten die Vereine künftig die fehlenden 6000 Euro selbst beisteuern. Bucher lehnt es ab, dass die Vereine dafür ihre Mitgliedsbeiträge erhöhen. Eine weitere Option wäre, die Vereine in Zukunft in der alten St. Georgener Schule am Mettweg unterzubringen.
vergrössern
Der Energieversorger Badenova will klare Verhältnisse für seine Grundstücke an der Eschholzstraße, ...mehr
Dafür gibt es jedoch auch andere Interessenten.
Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach hatte schon vor einigen Tagen angedeutet, für das Bahnhöfle wäre eine Ausnahmeregelung vorstellbar wegen der großen Zahl der Betroffenen. Inzwischen sagt er, man müsse auch bei den anderen Gebäuden schauen, "wo die Regel sinnvoll ist und wo nicht. Wir dürfen das nicht zu ideologisch sehen."
Gleich vier Einrichtungen auf
Badenova-Gelände betroffen
Die möglichen Problemfälle häufen sich rund um die Ecke Eschholzstraße / Ferdinand-Weiß-Straße: Die Stadtverwaltung hat vom Energieversorger Badenova die Flächen für gleich mehrere Einrichtungen gemietet. Es geht um den Stühlinger Gewerbehof, die Obdachlosen-Anlaufstelle Ferdinand-Weiß-Haus, das Jugendzentrum Letz Fetz und das Kulturzentrum E-Werk. Doch für Badenova kommt es nach eigenen Angaben nicht in Frage, die Objekte direkt zu vermieten. "Es ist nicht Aufgabe eines Energieversorgers, Gebäude an Theater oder soziale Einrichtungen zu vermieten" , sagt Badenova-Sprecher Erich Möck. Vielmehr liege die Priorität des Unternehmens darin, unrentable und nicht mehr benötigte Objekte zu verkaufen. Zumindest für das Gewerbehofgelände sind die Verkaufspläne Badenovas schon länger bekannt.
Roswitha Reinmuth vom Verein "Gewerbehof Stühlinger" , zu dem sich die dort ansässigen Betriebe zusammengeschlossen haben, kann nicht verstehen, warum die Stadtverwaltung in ihrem Fall nicht mehr als Vermieterin auftreten will: "Wir sind doch nur ein durchlaufender Posten." Zuschüsse zur Miete bekämen die Gewerbetreibenden nämlich keine. Der Verein, sagt Reinmuth, hätte prinzipiell auch kein Problem damit, selbst beim Energieversorger Badenova zu mieten. Selbst ein Kauf wäre bei angemessenem Preis vorstellbar. Derzeit liefen Verhandlungen mit Badenova.
Die Diakonie als Betreiberin der angrenzenden Obdachlosenanlaufstelle "Ferdinand-Weiß-Haus" könnte sich ebenfalls vorstellen, mit Badenova einen Vertrag abzuschließen. "Solange sich an der Höhe der städtischen Zuschüsse nichts ändert, ist es doch eigentlich wurscht, wer der Vermieter ist" , sagt Klaus Fournell vom Ferdinand-Weiß-Haus: "Hauptsache, wir können unsere Arbeit machen." E-Werk-Geschäftsführer Wolfgang Herbert sieht sogar mögliche Vorteile in einem kurzen Draht zu Badenova: "Dann sind vielleicht andere Sachen möglich."
Eine solche "Klein-Klein" -Vermietung schließt Badenova-Sprecher Möck allerdings aus: "Wenn die Stadt aus politischen Gründen die jetzigen Nutzungen beibehalten möchte, dann soll sie auch die Räume selbst vermieten." Die "Marktmacht" der Stadt Freiburg, die immerhin rund ein Drittel der Anteile an Badenova besitzt, scheint damit ungleich größer als die der einzelnen Nutzer.
Das Kunsthaus L 6 gibt es
erst seit gut zwei Jahren
Noch einmal anders stellt sich die Situation im Kunsthaus L 6 im Stadtteil Zähringen dar: Das Haus gehört zwar einem privaten Eigentümer, das Kulturamt vermietet die Räume aber selbst an Künstler, zum Beispiel für Ausstellungen, als Ateliers und Proberäume. Das L 6 ist der Ersatz für das im Herbst 2004 aufgegebene Haus an der Mehlwaage in der Innenstadt, in dem die "Freiburger Künstlerwerkstatt" zuvor untergebracht war. Nach der neuen Regelung müssten sich die Künstler direkt mit dem Vermieter einigen. Es sei allerdings fraglich, ob sich dieser auf so viele Vertragspartner einlasse, sagt von Kirchbach.
Bleiben das Centre Culturel Francais (Kornhaus) und die Volkshochschule (Schwarzes Kloster, beides Innenstadt). Hier könnte die neue Regel theoretisch ohne größere Probleme angewandt werden. Wegen langfristiger Mietverträge besteht aber zurzeit kein Handlungsbedarf.
Der Verein "Stühlinger Gewerbehof" betont, dass er der Stadt die Miete, die diese für die Fläche zahlt, komplett erstattet. Von der Stadtverwaltung gibt es dazu allerdings ebenso wenig eine Bestätigung wie ein Dementi. Auch bei den anderen Gebäuden, bei denen die Stadt bislang als Zwischenmieter auftritt, gibt es keine offiziellen Angaben zur Miethöhe und dazu, ob die Räume den Nutzern kostendeckend, mietfrei oder zu einer reduzierten Miete zur Verfügung gestellt werden. "Es ist die generelle, von der Dezernentenkonferenz bestätigte Linie der Verwaltung, zu einzelnen Mietverträgen nichts zu sagen" , erläutert Rathaussprecherin Edith Lamersdorf. Die Bandbreite der Mietsummen ist aber offensichtlich groß. Für das Bahnhöfle wurden laut Bürgerverein St. Georgen bislang rund 3500 Euro Miete jährlich gezahlt, vor dem Einzug des Centre Culturel ins Kornhaus 2004 war im Gemeinderat von 104 000 Euro Jahresmiete die Rede. Die KTS bekommt laut Haushaltsplan 2006 einen Gesamtzuschuss von 24 000 Euro (E-Werk: 219 000 Euro, Volkshochschule: 869 000 Euro).
Hausdurchsuchungen und Computersicherheit
Neben sicherem löschen mit dem "Eraser" ist auch das Verschlüsseln von Daten auf der Festplatte eine sehr wichtige Sache, da bei Hausdurchsuchungen Computer/Datenträger in der Regel eines der Hauptziele darstellen. Auch hier gibt es - wie beim sicheren Löschen - kostenlose Programme, die auch für AnfängerInnen relativ einfach zu handhaben sind: insbesondere kann ich das Open Source Prtogramm "True Crypt" empfehlen.
Allgemeineszu Datensicherheit/ Computersicherheit mit konkreten Tipps und Links zu geeigneten Programmen findet ihr z.B. hier:
http://akantifa-mannheim.de/archiv/061108pc-sicherheit.htm
http://raw.at/compsec/index.htm
BZ-Artikel
377 000 Euro sorgen für viele Fragen
Der Hauptausschuss des Gemeinderates entscheidet heute über "außerplanmäßige Ausgaben" für Beratung zum Wohnungsverkauf
Von unserer Redakteurin Simone Lutz
Heute hat der Hauptausschuss über einen politisch brisanten Tagesordnungspunkt zu entscheiden, nämlich "außerplanmäßige Ausgaben" von 377 300 Euro — Geld, das externe Berater dafür bekommen, dass sie die Verwaltung in Sachen Wohnungsverkauf beraten haben. Noch im Juli 2006 hatte die Stadtverwaltung diese Beraterkosten auf 250 000 bis 300 000 Euro geschätzt — und sich mit dieser Schätzung offensichtlich kräftig vertan.
Letztes Jahr hatte die Stadtverwaltung die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft aus Frankfurt damit beauftragt, alles vorzubereiten, damit die Stadtbau-Wohnungen so schnell und problemlos wie möglich verkauft werden könnten. Man dürfe, so die Begründung, keine Zeit verlieren: Selbst wenn es zügig gehe, sei für den Verkauf mit einer Verfahrensdauer von rund einem halben Jahr zu rechnen — und in diesem halben Jahr würde wegen der hohen Schulden der Stadt auch eine hohe Zinssumme anfallen. Luther hätte bei einem Verkauf das so genannte "strukturierte Bieterverfahren" rechtlich begleiten sollen; weil der Bürgerentscheid jedoch ergab, dass die Stadtbau nicht verkauft werden darf, endete dieses Mandat. Doch für die Arbeit, die von Luther und anderen Beratern bis dahin geleistet wurde, fallen nun 377 300 Euro an.
Schon damals gab es Ärger: Als "Skandal" werteten etwa die Unabhängigen Listen in einer Pressemitteilung, dass für die Beratung bereits — geschätzte — 300 000 Euro ausgegeben werden sollten, "obwohl doch erst der Bürgerentscheid am 12. November endgültige Klarheit über die Zukunft der Stadtbau bringen soll". Die Kritiker dürften sich nun bestätigt fühlen: Nicht nur, dass der Verkauf untersagt wurde, die Ausgaben liegen jetzt um rund 25 Prozent höher als geschätzt.
Im Hauptausschuss wird die Stadtverwaltung heute im Detail auflisten, wer wieviel Geld für was bekommt. Der Löwenanteil der Summe entfällt auf die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, die 337 616 Euro für die Suche nach einem Transaktionsberater, die rechtliche Beratung, die Vorbereitung des Bieterverfahrens und die Aufbereitung des "Datenraums" erhält, was alleine 150 000 Euro kostet.
Unter "Datenraum" versteht man dabei eine Bestandsaufnahme — unter anderem, wie viele Wohnungen die Stadtbau in welcher Lage hat — sowie eine Bewertung der vertraglichen Verhältnisse. "Diesen Aufwand vorher einzuschätzen, war schwierig" , so Edith Lamersdorf, Pressesprecherin des Rathauses. Doch habe Luther mit einem Stundensatz von etwas über 200 Euro deutlich unter dem üblichen Stundensatz für Fachanwälte dieser Art gelegen. Weil die Stadtbau von den Erkenntnissen dieser Untersuchung profitiere, liefen derzeit Gespräche, inwieweit sich die Stadtbau an den Kosten beteilige.
Weiterhin muss die Stadt an die Firma Ernst & Young AG für steuerliche Prüfungen 36 224 Euro zahlen, an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BTR — Dr. Welte, Hieke & Partner für Beratungen zu einem möglichen Ertragswertgutachten 2068 Euro und an Dirk Kron, den Moderator der drei Bürgergespräche, 1392 Euro. Macht alles zusammen rund 377 300 Euro inklusive Mehrwertsteuer — eine Summe, die im Hauptausschuss für Diskussionen sorgen wird.
BZ-Kommentar
MÜNSTERECK
Ganz schön verschätzt
Außerplanmäßige Ausgaben
Die Stadt Freiburg wird 377 300 Euro für etwas ausgeben müssen, was sie nicht braucht. Das tut weh. Und der Schmerz, aus einem ohnehin leeren Haushalt nochmal einen Klumpen Geld kratzen zu müssen, wird heute im Hauptausschuss für Fragen sorgen. Zum Beispiel: Wie konnte sich die Stadtverwaltung so verschätzen? Zwischen 250 000 und 300 000 Euro, so hieß es noch im Juli, würden die externen Beraterleistungen wohl kosten. Jetzt sind es, geht man freundlicherweise von der Obergrenze der Schätzungen aus, 25 Prozent mehr geworden — eine heftige Steigerung. Oder: Warum kostete es so viel Zeit und damit Geld, einen "Datenraum" für die Stadtbau zu erstellen? Müsste ein gut aufgestelltes Unternehmen nicht wissen, wie viele Wohnungen es in welcher Lage besitzt und welche Verträge es abgeschlossen hat? Auf die wichtigste Frage — Warum hat man mit dem Auftrag an die Berater nicht gewartet, bis das Ergebnis des Bürgerentscheids feststeht? — hatte die Stadtverwaltung schon geantwortet: Sie wollte Zeit sparen. Das wird stimmen. Doch es ist wohl nicht die ganze Wahrheit. Dass der Bürgerentscheid zum Ergebnis haben könnte, die Stadtbau dürfe nicht verkauft werden — diese Möglichkeit lag wohl jenseits der Vorstellungskraft derer, die den Auftrag an die Berater erteilt haben. Und das ist das eigentlich Ärgerliche an diesem Fall.
Simone Lutz
BZ-LeserInnenbrief
LESERBRIEFE
Nach der für die Spitze der Stadtverwaltung wirklich deutlichen Niederlage im Bürgerentscheid über den Verkauf der Städtischen Wohnungen soll jetzt wohl der heftige Gegenschlag mit Kürzungen zu Lasten der ärmeren Bevölkerungsteile erfolgen. Diese häufig vom Wohnungsverkauf direkt betroffenen Mitbürger haben sich beim Bürgerentscheid in den Augen des Oberbürgermeisters der Obrigkeit gegenüber nachweislich als besonders unbotmäßig erwiesen. Aber die Lernfähigkeit kann sicher auch bei den Politikern unserer Stadt verbessert werden. Wenn, wie der Oberbürgermeister betont, auch in Freiburg die Wirtschaft boomt, teuere Neubauten aus dem Boden schießen, die Stadt dagegen so arm ist wie eine Kirchenmaus, könnte man doch auf den Gedanken kommen, die Bürger um Mithilfe zu bitten. Sinnvoll erscheint derzeit nicht nur eine moderate Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer, auch ein Aufruf über die rührigen Bürgervereine, freiwillig ein einmaliges "Notopfer Freiburg" zu leisten, wäre sicher erfolgreich - (vielleicht 1 Prozent des persönlichen Nettoeinommens 2007).Damit können die für alle Mitbürger schädlichen Kürzungen im sozialen und kulturellen Bereich vermieden werden. Bürger sollten im Rahmen des diskutierten "Bürgerhaushaltes" wirksam mitentscheiden, wie die dann sicher aufgestockten 10 bis 15 Prozent des Städtischen Haushaltes verwendet werden und wo berechtigt gespart werden kann. Dabei können uns die Initiativen im Berliner Stadtteil Lichtenberg durchaus als Vorbild dienen.
Lothar Schuchmann, Freiburg
Es geht immer weiter...
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Uni Gebäude?
Schade das rektor jäger keine erlebnisgastronomie angekündigt hat...
Wir Studis sind zwar'n bisschen elitär ...
(Allerdings hab ich keine Ahnung, wie die derzeitige Haltung der Freiburger Studis ist, bin schon länger weg aus Grün-Knüppelbullenstadt.)
Liebe Grüße und Solidarität aus dem Östen!
/In Erwägung, dass da Häuser stehen/Während ihr uns ohne Bleibe lasst/Haben wir beschlossen, jetzt dort einzuziehen/Weil es uns in unser'n Löchern nicht mehr passt./
(b. brecht)
@Ent-Setzter