LIMO - Geheimdatei der Thüringer Polizei

Angebliche Störung des 60. Jahrestages [ASJ] 22.02.2006 22:58 Themen: Antifa
Neonazis stellen für Regierung und Polizei in Thüringen kaum ein Problem dar, AntifaschistInnen dafür umso mehr. Nun wurde bekannt, dass Polizei und Thüringer Innenministerium bereit sind, sich auch über das hochheilige Grundgesetz hinwegzusetzen, wenn vermeintliche Landesinteressen geschützt werden sollen. Die halluzinierte Gefahr geht dabei einmal mehr von "Linksextremisten" aus. Über "LIMO", eine Geheimdatei der Polizei, in der Menschen erfasst sind, die als "linksmotivierte" potentielle StraftäterInnen gelten, werden auch vor Gericht keine Aussagen gemacht.
Die "Thüringer Allgemeine" berichtet in ihrer Ausgabe vom Mittwoch, den 22. Februar 2006, erstmals über "LIMO", eine Geheimdatei der Polizei, in der Menschen erfasst sind, die als "linksmotivierte" potentielle StraftäterInnen gelten. Bekannt wurde deren Existenz eher zufällig während eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht in Weimar am Tag zuvor (  http://www.vgwe.thueringen.de/ ).

_ Der Umgang der Polizei mit "linksmotivierten" angeblichen Störern _

Am 10. April 2005 fand in Weimar und Buchenwald eine zentrale Gedenkveranstaltung anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager statt. Sie bestand aus einem nicht öffentlichen Staatsakt des Landes Thüringen im Deutschen Nationaltheater in Weimar, zu dem Zutritt nur auf Einladung hin gewährt wurde, und einer anschliessenden Kranzniederlegung auf dem Appellplatz des Konzentrationslagers Buchenwald. Anwesend waren der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und eine Reihe von weitere Politprominenz wie der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Bundesratspräsident Matthias Platzeck und der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus sowie VertreterInnen der Opferverbände wie der Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora, Bertrand Herz, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, und der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, und die beiden Schriftsteller und ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald, Jorge Semprún und Imre Kertész.

Am Nachmittag fand eine Kundgebung des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos auf dem Appellplatz statt, auf der zwei ehemalige Häftlinge des KZ Buchenwald sprachen und der neu formulierte „Schwur von Buchenwald“ in russischer, englischer, französischer und deutscher Sprache verlesen wurde. Anschliessend gab es einen gemeinsamen Gang zum Mahnmal und eine Kranzniederlegung im Glockenturm.

An der Gedenkfeier wollten auf Einladung des Veranstalters auch drei junge Antifaschisten teilnehmen. Ihr Auto wurde von Polizisten angehalten, ihre Personalien kontrolliert und den drei Männern Platzverweise für den gesamten Tag und das gesamte Stadtgebiet Weimar einschliesslich des Geländes des ehemaligen Konzentrationslagers bzw. der nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald "gemäss §18 des Thüringer Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei" erteilt. Zunächst erfolgte dies ohne Begründung und erst nach längerem Nachfragen erklärten die Polizisten, dass die Abgewiesenen in einer Datei "linksmotiviert" erfasst seien.

Dies war jedoch nicht der einzige Eklat an diesem Tag. Nicht nur, dass auch die Busse mit ehemaligen Häftlingen langwierig von der Polizei kontrolliert wurden. Offensichtlich waren ihre Kräfte damit so stark gebunden, dass sie mehr als 15 Minuten brauchte, um einen offensichtlich verwirrten Neonazi des Geländes zu verweisen, der Häftlinge anpöbelte mit Worten wie "Es sind viel zu wenig Hunde hier, das Lager muss wieder eröffnet werden". Schneller reagierte mensch auf der zentralen Gedenkfeier. Hier wurde einem ehemaligen russischen Häftling einfach das Mikro abgedreht, nachdem er auf die noch nicht erfolgte Entschädigung für die Zwangsarbeit ansprach, und Ordnungskräften entfernten den "Störer".

Platzverbot für Gedenkfeier in Buchenwald
von zip-fm - 13.04.2005 17:27
 http://de.indymedia.org/2005/04/111756.shtml

Erklärung zur Befreiungsfeier in Buchenwald
von Meier - 20.04.2005 21:49
 http://de.indymedia.org//2005/04/112453.shtml

_ Neonazis haben dagegen freie Bahn _

Während sich in Weimar mehrere Polizisten um junge AntifaschistInnen "kümmerten", um ihre Personalien zu kontrollieren und Platzverweise auszusprechen, versuchten in Ohrdruf, Arnstadt und Stadtilm Neonazis wie der Arnstädter Nazikader Enrico Hartung mehrfach den "Mahngang wider das Vergessen", der vom 7. April - 10. April 2005 von Ohrdruf bis Buchenwald entlang der Strecke des Todesmarsches von 1945 führte, zu stören und die TeilnehmerInnen abzufotografieren. Als in Stadtilm der lokale Neonazikader Kai Döring auftauchte, gegen den zu der Zeit ein Haftbefehl vorlag, ignorierte die Polizei die Hinweise von AntifaschistInnen und er und seine BegleiterInnen konnten sich ungehindert entfernen.

Mahngang wider das Vergessen - Bericht
von [LRA] - 18.04.2005 16:54
 http://de.indymedia.org/2005/04/112264.shtml

In Weimar selbst führte die örtliche Kameradschaft "Braune Aktionsfront Thüringen" (BAF) um den Vorsitzenden des NPD-Kreisverbandes Weimar/Weimarer Land Martin Rühlemann und seine Gefährtin Sandra Ziegler am Tag zuvor (9. April) einen "nationalen Wandertag" durch. Während bereits mehrere Hundert ehemaliger Häftlinge in der Stadt waren, erklärten die Neonazis der mit elf Einsatzbussen anwesenden Polizei, darunter auch die Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE), und dem Thüringer Staatsschutz, es handle sich um eine "Befreiungslüge" und einen "Schuldkult der letzten 60 Jahre". Sie sähen keinen Grund, warum an diesem Tag zu trauern oder zu gedenken sei, und würden lieber feiern. Der offenbar viel zu stark beschäftigten Polizei gelang es nicht, die etwa 30 Personen starke Neonazi-Truppe, überwiegend in Flecktarnjacken gekleidet, auf ihrem Marsch durch die Innenstadt zu stoppen, und lies sie nach der Personalienfeststellung gewähren. Im Jubelbericht auf den Webseiten der BAF benannte sie auch klar den Sinn und Zweck dieser Aktion, die sie "am ehemaligen A.-H.-Platz" und "unserem wunderschönen Gauforum" vorbeiführte: "Während nämlich die selbsternannten Gutmenschen und die mit dem ewigen Schuldgefühl für alles ihren Schuldkult über dieses Wochenende zelebrierten, hatten wir nicht vor, dieses auch zu tun. Vielmehr wollten wir Flagge und Präsenz zeigen, als dass wir uns vor den ewig Trauernden und angeblich Befreiten verstecken und um somit ihren Mummenschanz zu dulden." ( web.digitronicweb.com:16080/~weimaris/seite/nationale_stadtrundgaenge/nationaler_wandertag_09.04.2005/nationaler_wandertag_09.04.2005.htm )

Martin Rühlemann (* 1980), der auch unter dem Pseudonym Achim Schubert auftritt, wurde wegen eines lebensgefährlichen rassistischen Messer-Angriffs auf einen vietnamesischen Gemüsehändler bereits 1997 verurteilt und ist wegen anderer einschlägiger Delikte mehrfach vorbestraft. Die Stadt Weimar lehnte ihn daher als stellvertretenden Versammlungsleiter des "4. Thüringentags der nationalen Jugend" am 28. Mai 2005 (  http://de.wikipedia.org/wiki/Th%C3%BCringentag_der_nationalen_Jugend ) ab. Sandra Ziegler - ihr Internet-Pseudonym Hans Maikowski entlieh sie einem bekannten "Blutzeugen der Bewegung", einem 1933 in Berlin erschossenen Sturmführer des SA-Sturms 33 - konnte dagegen schon seit 2004 mehrere Neonazi-Demonstrationen in Weimar anmelden. Bekannter wurde sie jedoch durch mehrere Fotos von Wehrsport-Übungen mit vermummten und mit Baseballkeulen ausgestatteten "Kämpfern" der "Braunen Aktionsfront Weimar" bzw. des "Nationalen Widerstands Weimar", die bei einer Untersuchung von zwölf Wohnungen Weimarer Neonazis im Oktober 2004 auf den Computern neben Hakenkreuzfahnen, Rechtsrock-CDs und Propagandamaterial, Baseball- und Totschlägern, Würgehölzern, Schreckschuss- und Luftdruckwaffen sowie Munition sichergestellt werden konnten. Ein Foto zeigt die Gruppe, Ziegler und ihren Sohn, der auf den/die BetrachterIn mit einer Waffe zielt.

Polizei-Razzia bei Weimarer Nazis
von Gustavo - 29.10.2004 12:55
 http://de.indymedia.org/2004/10/96850.shtml

Bilder von Martin Rühlemann, Sandra Ziegler und den "Kameraden" der BAF Weimar unter  http://media.de.indymedia.org/2004/03/76228.shtml ( Nazimob #2, #3, #6 ),  http://de.indymedia.org/2004/03/76214.shtml ( Nazimob #1- zusammen mit dem Jenaer Pack- #7, #8 und letztes Bild) und  http://de.geocities.com/antifaweimar/Mobilisierung/4.htm .

Eine ähnliche Polizei-Datenbank"REMO" ("rechtsmotiviert") existiert offensichtlich nicht, ist unvollständig oder wurde nicht abgefragt. Aber wer braucht die schon oder warum sollte die Polizei ehemalige KZ-Häftlinge vor den Enkeln ihrer Peiniger und der Mörder ihrer Eltern, Verwandten und GenossInnen beschützen, wenn doch eindeutig die wirkliche Gefahr für den Bundeskanzler und den amerikanischen Aussenminister von links droht?

_ Die Gerichtsverhandlung im Februar 2005 und die geheime LIMO-Datei _

Die drei am 10. April 2005 abgewiesenen "LIMO"nen klagten vor dem Verfassungsgericht in Weimar gegen den Platzverweis. Das Land wollte diese Klage von vornherein abweisen lassen. "Immer Abweisung der Klage" scherzte der Prozessvertreter aus dem Polizeiverwaltungsamt in Erfurt vor dem vollbesetzten Gerichtssaal. Allerdings besann sich das Gericht auf seine Unabhängigkeit und lies die Klage zu. Die Polizei begründete in dem Verfahren ihr hartes "Durchgreifen" gegen die "Linksmotivierten" mit der "Sicherheitsstufe eins", weil an dem Tag hohe Politiker und der amerikanische Aussenminister anwesend waren. Der Richter musste die Beamten daran erinnern, dass auch der amerikanische Aussenminister das Grundgesetz nicht ausser Kraft setzen könne und fragte nach konkreten Anhaltspunkten für das Handeln der Beamten. Hier kamen sie beträchtlich ins Schwimmen. Lediglich bei einem der Abgewiesenen konnten sie eine Vorstrafe aus dem Jahr 2002 anführen. In ihrer Not argumentierten sie damit, dass auch gegen einen zweiten bereits ermittelt wurde. Obwohl als Ergebnis dieser Ermittlungen die Unschuld des Betroffenen anerkannt worden war, fand sich das Verfahren offensichtlich bei der Abfrage der LIMO-Datenbank. Gegen den dritten damals Verdächtigten lag überhaupt nichts vor. Auf welcher Grundlage die Polizisten nun einschätzen konnten, dass die drei Antifaschisten die Gedenkveranstaltung stören würden und sie daher der Stadt Weimar verwiesen, bleibt offen. Zum Staatsakt im Nationaltheater wären sie nicht zugelassen worden, selbst wenn sie daran Interesse gehabt hätten, was aber bezeifelt werden darf. Der Prozessvertreter des Landes räumte schweren Herzens ein, dass die Polizei wohl überzogen gehandelt habe. Weitere Konsequenzen sind bislang nicht bekannt.

Insgesamt zeigten sich die Beamten hinsichtlich ihrer LIMO-Datenbank mehr als schweigsam. Die Datei ist so geheim, dass es beim Thüringer Innenministerium keine Auskünfte dazu gibt, weil sonst "Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Sicherheitsbehörden" gezogen werden könnten, "insbesondere wenn sie Staatsschutzbelange betreffen". Auch wann wer gespeichert wird, welche Auswirkungen das haben könnte und wann wieder gelöscht werden muss, ist das Ministerium nicht bereit zu sagen.
Der Anwalt Sebastian Nickel wertete gestern den Verlauf des Verfahrens als Pyrrhussieg. "Es sei nicht damit zu rechnen, dass die Polizei ihr Vorgehen ändern werde", sagte er nach der Verhandlung. Und es gebe noch immer keine Klarheit darüber, unter welchen Kriterien Personen in Dateien wie "linksmotiviert" oder "rechtsmotiviert" erfasst werden und welche Auswirkungen das habe.

_ Diagnose: Brauner Star bei der Polizei ? _

Wo die Sympathien nicht weniger PolizistInnen in Thüringen liegen, zeigen auch die letzten Konzertberichte der mit der BAF Weimar eng verwobenen "Kameradschaft Blankenhain":

Bericht zum Abschiedskonzert von SKD am 21.01.2006 irgendwo bei Gotha
" ... Jetzt wurde noch das Vereinshaus aufgeräumt und wir machten uns auf den Heimweg.Nach ca. 300m Fahrt, war wieder mal eine Straßensperre von den Grün-Weißen. Einige Kameraden stimmten dann gleich, wie erwartet das Lied an: „Wieder mal Überstunden, kein Feierabend Bier…..“!Man muss sagen die Systemknechte waren sehr freundlich, fragten uns, ob wir schön gefeiert hätten?? Einer unserer Kameraden sagte: „Eine schöne S… H… Party“! Der Knecht schaute und lachte ein bissel, aber nicht so laut nicht das, dass meine Kollegen mit bekommen! Nach Personalienaufnahme, durften wir nun endlich weiter fahren! Der Knecht hat uns dann noch Tips gegeben, wo wir nicht lang fahren sollten! Ich wusste schon immer das Knechte, ein Hauch von Patriotisch sind!! ..."

Geburtstagsfeier am 14.01.2006 irgendwo bei Blankenhain
" ... Der Grün-Weiße Prügeltrupp vom Revier hat uns auch mal in Ruhe feiern lassen, hatten wahrscheinlich keine Lust auf Überstunden! Sie haben uns feiern lassen, wie sich es halt gehört! ..."

Tja, Konzerte und Aktionen, von denen die Polizei und VS "nichts wissen", müssen dann auch nicht in den Berichten erwähnt werden (  http://germany.indymedia.org/2005/08/125033.shtml ;  http://lra.antifa.net/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=97&Itemid=32 ;  http://de.indymedia.org/2005/09/127979.shtml )

_ Und nun ??? _

Anstatt dem Extremismus-Geplapper der Thüringer Landesregierung (  http://de.indymedia.org//2005/11/132209.shtml ) und zahlreicher CDU-Politiker (  http://de.indymedia.org/2005/09/128157.shtml ) zu folgen und sich an deren komplizierten Mathematikaufgaben, bei denen irgendwelche linken Gewalttätern den braunen Horden in Thüringen gegengerechnet werden können ( - 1 + 1 = 0 ??) , den Kopf zu zerbrechen, muss einmal mehr an den Schwur von Buchenwald erinnert werden:

"Uns beseelte die Idee: Unsere Sache ist gerecht – Der Sieg muß unser sein!
Wir führten in vielen Sprachen den gleichen, harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf, und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum! Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:
Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neue Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig."


_ PS: _

Falls bis zum nächsten "nationalen Wandertag" die REMO-Datenbank immer noch nicht so gut laufen sollte wie LIMO, gibt es hier gleich ein Bild für die Datenbank oder zum Ausdrucken und Einheften.

Ein freundlicher Service von

Autonome AntifaschistInnen Weimar
gruppe (at) aaw.antifa.net
 http://aaw.antifa.net/

Antifaschistischer Schutzwall Jena
voelker_ball (at) yahoo.ca
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Ergänzungen

Bündnis wider das Vergessen

KeinVergessen @ gmx.net 22.02.2006 - 23:20

Das kommt davon, wenn ...

... 23.02.2006 - 01:24
... wenn Kameradschaftsnazis massiv den Beruf des Polizisten ergreifen. Aber Nazistrukturen bei thüringer Behörden sind ja berühmt. und sei es in Form des thüringer VS, der zig tausend Euro an militante Neonazis gespendet hat..  http://www.pds-fraktion-thueringen.de/themen/rechts/nachbar.html

Vergl. auch
 http://www.gavagai.de/geheim/HHD18T01.htm
Der Verfassungsschutz Thüringen bezahlt nach der Thüringer Allgemeinen Rechtsradikale, so den stellvertretenden NPD-Landesvorsitzender Tino Brandt und Thomas Dienel (Notiz 9/2000). SZ, 14.5.2001, S.6. Demonstranten gegen den Verfassungsschutz in Erfurt: "Alle reden von Nazis. Wir bezahlen sie" und "NPD schwächen = Verfassungsschutz auflösen!" SZ, 22.5.2001, S.10
Der oben genannte Tino Brandt, alias "Otto" wurde vom Verfassungsschutz mit bis zu 40.000 DM pro Jahr gesponsort. Der Spiegel 25/2001, S.29

Tja, und wenn mal mal guckt, wer im Polizeidienst so alles Mitglied in NPD und Kameradschaftenm ist...
Ach ja: Thüringens Ministerpräsident ist übrigens mit Kreationsten befreundet. Auch nett.

Regierung will Linke studieren

von taz 23.02.2006 - 02:53
BERLIN epd Die umstrittene Ausweitung der Bundesprogramme für Toleranz und Demokratie auf Linksextremismus und Islamismus soll nach Regierungsangaben vor allem zu besseren Kenntnissen über linke und islamistische Gruppen führen. Es sei nötig, sich ein aktuelles Bild zu machen, so der Sprecher des Familienministeriums. So bewegten sich die Kenntnisse über die linke Szene ungefähr auf dem Stand der 70er-Jahre. Daher sollten aus Bundesmitteln ab 2007 neue Analysen gefördert werden. Der Schwerpunkt der Programme solle aber weiter auf der Bekämpfung des Rechtsextremismus liegen.

Vorsicht, Sammelwut

Info-Messi 23.02.2006 - 13:02
 http://www.attac.de/marburg/gats/agenda_2010_reader.pdf

Geheime Staatsdateien
Noch problematischer als freiheitseinschränkende Gesetze sind geheime Staatsdateien, wie z.B. die Staatsdatei LIMO (= "linksmotivierte Gewalttäter"). Diese Datei wird seit Juni 2001 vom BKA ohne gesetzliche Grundlage geführt. Offensichtlich steht sie im Zusammenhang mit § 10 des Passgesetzes, wonach für die Polizeibehörden die Möglichkeit besteht, "einem Deutschen die Ausreise ins Ausland zu untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen", er gefährde erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland. Diese Vorschrift entstand im Zusammenhang mit dem Hooligan-Anschlag auf den Polizeibeamten Nivel.
Der parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper (SPD) antwortete im Bundestag am 20.02.2001 [1] und am 27.09.2001 [2], die Innenminister hätten eine solche Datei beschlossen. Es gehe um Verurteilte und Beschuldigte auch aus dem Bereich des Hausfriedensbruches und bei
Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Auch sonstige Personen würden aufgenommen, wenn "Tatsachen die Annahmen rechtfertigen, dass sie künftige Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen." Und sodann folgt wörtlich der Wunschsatz eines Staatssicherheitsdenkers: Eine weitergehende Definition "verbietet sich, weil eben Sachverhalte und Präventions-
bedürfnisse sich solcher starren Einordnung grundsätzlich entziehen." Damit ist jede/r außerparlamentarische Linke tendenziell betroffen. Die Speicherung erfolgt für fünf Jahre und kann verlängert werden, auch wenn der von einem Strafverfahren Betroffene freigesprochen oder ein Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Bei Jugendlichen erfolgt die Speicherung für zwei Jahre!


1 - BT-Drs 14/5376.
2 - BT - Drs 14/6990.
3 - Burkhard Hirsch, „Rechtlos durch geheime Staatsdatei?“ in: Grundrechtereport 2002, S. 50.

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Die Verfassung des Staates
Oliver Frommel 16.06.2002
Der Grundrechte-Report 2002 zieht eine ernüchternde Bilanz der Bürgerrechte in Deutschland
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/12/12723/1.html

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AntifaschistInnen nicht erwünscht (27.04.2005)
 http://www.aulnrw.dev.iquer.net/?26242

Meheren AntifschistInnen aus Bielefeld wurde die Teilnahme an den Befeiungsfeierlichkeiten des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald polizeilich untersagt

Von Karl Mosh

Am 10. April gedachten auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar anlässlich der Feier zum 60. Jahrestag der Befreiung 1.200 Menschen der Opfer des Nationalsozialismus. Auch eine Gruppe aus Bielefeld machte sich auf den Weg ins entfernte Thüringen um an den Feierlichkeiten teilzunehmen.

Als sie kurz vor dem ehemaligen Lagergelände von der Polizei gestoppt wurde, rechneten sie mit einer aus ihrer Sicht ärgerlichen Routine-Kontrolle. Nach einer halben Stunde warten kam jedoch die Überraschung. Mehrere der Fahrzeug-Insassen durften die Gedenkstätte nicht betreten und erhielten einen Platzverweis für das ganze Stadtgebiet Weimar. Als Grund gab die Polizei an, dass die Personen in einer Kartei als »linksmotiviert« registriert seinen. Selbst durch eine persönliche Einladung des Landesvorsitzenden des Bundes der Verfolgten des Naziregimes (VVN-Bda) ließen sich die Beamten nicht von der Durchführung der Maßnahme abhalten. Die Polizei drohte gar damit, die Betroffnen bis »mindestens 23 Uhr« in Gewahrsam zu nehmen, wenn sie nicht sofort das Gebiet verlassen würden. Von der Polizeimaßnahmen waren neben der Gruppe aus Bielefeld auch weitere anreisende Antifaschisten aus dem ganzen Bundesgebiet betroffen.

Ein Sprecher der Polizei erklärte anschließend, die Maßnahme, sei durch eine potenzielle Gefährdung der geladenen Staatsgäste begründet gewesen. Als Grundlage für diese Beurteilung dient in solchen Fälle die ›LIMO‹-Kartei für »links-motivierte Straftäter«. In die gelange, erklärte der Polizeisprecher, wer bei Veranstaltungen gewalttätig auffalle. Wann sich die Betroffenen nun konkret etwas zu schulden kommen lassen haben, konnten ihnen die Beamten vor Ort aber nicht sagen. Kein Wunder, denn einige der Personen waren offenbar gar nicht vorbestraft.

Die dubiose Kartei kam in der Vergangenheit öfters in den Blickpunkt öffentlicher Kritik. Zuletzt bei den Protesten gegen die Sicherheitskonferenz in München. Dort verhaftet die Polizei jedes Jahr teilweise bis zu hundert Menschen auf Grund der ›LIMO‹-Daten. Scheinbar reicht schon eine Personalien-Kontrolle am Rande einer Demonstration, um in die Kartei zu rutschen. Die Betroffenen werden darüber weder in Kenntnis gesetzt noch ist klar wie lange und auf welcher rechtlichen Grundlage die Daten gespeichert werden.

Die Gruppe aus Bielefeld will sich dieses Verhalten der Polizei nicht bieten lassen. »Wir sind empört, dass junge Antifaschisten von einer solchen Veranstaltung ausgeschlossen werden – noch dazu in dem Land, das in der Verantwortung für ein mörderisches und menschenverachtendes System steht«, schreibt sie in einer Erklärung. »Während Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus verstärkt gesellschaftlich zum tragen kommen, werden überzeugte Anifaschisten als eine Gefahr für eine antifaschistische Gedenkveranstaltung dargestellt«, schreibt die Gruppe weiter.

Auch kritisiert die Gruppe die »staatlich betriebene« Gleichsetzung von Nationalsozialismus und dem System der ehemaligen DDR. Diese sei auch bestimmend für die neue Konzeption der Gedenkstätte in Buchenwald. Das sei eine Verharmlosung der Verbrechen die von Deutschland aus begangen wurden, lautet der Vorwurf. Das die Maßnahmen gegen sie von der Polizei genauso begründet werden wie die gegen Rechtsextremisten ist für sie ein weiteres Zeichen für diese Logik.

Das sieht auch Heinrich Fink vom VVN ähnlich. In einem Interview mit dem Nürnberger Radio Z erklärte er: »Es ist ein Skandal und eine Diffarmarierung dieser jungen Leute und eine Gleichsetzung unserer antifaschistischen Jugendlichen mit Rechstradikalen. Aber das ist ja auch der Tenor dieses Verbotes«.

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Naziaufmarsch "gegen das JZ" in Dorfen zweimal blockiert
VON: INDYNEWS
Etwa 800 AntifaschistInnen gegen Aufmarsch von 100 Nazis auf der Straße.
 http://indynews.net/gegenrechts0/article/1588/1013/9db782b591/

Morgens um 9 Uhr fanden sich vor dem Jugendzentrum Dorfen etwa 100 AntifaschistInnen zu einer Kundgebung mit Frühstück und Musik ein. Einer der OrdnerInnen, wurde von der Polizei nur deshalb nicht zugelassen, weil seine Daten aufgrund einiger Personenkontollen in der bayerischen "Links-Motiviert"-Datei (LiMo) gespeichert ist.

[[Ich möchte mir das Ergebnis nicht vorstellen, wenn die Pozelei mal nur die wirklichen verurteilten Neonazi-Gewalttäter bei einer Kundgebung rausfischen würde. Aber alles kein Problem, hier dürfen die Typen immer wieder mit Ordnerbinde rumrennen. Sollen wir dafür noch Beispiele bringen? Wäre überhaupt kein Problem.]]

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Riesen schweinerei
echt sauer der herr müller! 10.08.2004 16:57
 http://de.indymedia.org/2004/08/89010.shtml

Ich fand die sache ne riesen sauerei und habe bis heute die konsequenzen zu tragen. Die sache ist nämlich: Ich hatte vorher nie ne ED behandlung und war auch nicht groß aufgefallen. (Also polizeilich!).

Seit dem Grenzcam und meiner verhaftung ist es nun wie folgt:
Jedes mal wenn eine Personlienkontrolle bei mir gemacht wird (bisher 5 mal!) und die Bullen ihre zentrale anfunken, bekommen sie nach 1-2 minuten nen rückruf und bekommen gesagt das ich (OTon) "Limo" und zur kontrolle ausgeschrieben bin. "Limo" steht in dem Fall für "Links motiviert". Danach ist es immer das selbe ich werde von Kopf bis Fuß abgetastet und durchsucht ob sich irgendwas findet was man gegen mich verwenden könnte. Ich finde das erniedrigend, wirklich!

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DIE ZEIT 37/2001
 http://zeus.zeit.de/text/archiv/2001/37/200137_bka.xml

Vorsicht, Sammelwut

In die neue Datei des Bundeskriminalamts kann jeder Demonstrant geraten - auch der friedliche. Die Folgen sind fatal
Jochen Bittner und Toralf Staud

Maximilian Westenthanner ist eine Gefahr "für die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland". Für ihn war das neu. Erfahren hat er davon an der deutsch-schweizerischen Grenze. Als BGS-Beamte auf seiner Reise zum G-8-Gipfel nach Genua die Personalien überprüften, wies ihn eine Computerdatei als "Gewalttäter" aus. Die Folge: Ausreiseverbot nach Paragraf 7 Passgesetz.

Maximilian Westenthanner, 22, ist ein stiller, junger Mann. Er hat blonde Locken, ein Kinnbärtchen und ein paar Sommersprossen im runden Gesicht. Seit zwei Semestern studiert er in Jena Biotechnologie. Am 19. Juli dieses Jahres machte er sich auf den Weg, um in Genua zu demonstrieren. Am Grenzübergang Weil am Rhein endete seine Reise. Wie war er in die Datei geraten? Im September vergangenen Jahres hatte sich Westenthanner am "Aufstand der Anständigen" beteiligt. Für exakt sechs Minuten - wie die Polizei penibel registrierte - hatte er auf einer Münchner Straße gesessen, über die ein ordnungsgemäß angemeldeter NPD-Aufmarsch ziehen sollte. Ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz war die Folge. Nach Zahlung von 300 Mark wurde es eingestellt. Trotzdem meldete die bayerische Polizei Maximilian Westenthanner, geb. am 20. 08. 1979 in Landshut, an das Bundeskriminalamt (BKA) - ein "Polithooligan" war geboren.

Limos, Remos, Aumos

Seither führt die Polizei Westenthanner als potenziellen "linksorientiert politisch motivierten Gewalttäter". "Limo" heißt die entsprechende EDV-Abkürzung, die hinter seinem Namen auftaucht, sobald ein Beamter die bundesweite Datei "Personenfahndung" nach ihm befragt. Hinter anderen Namen steht "Remo" für rechtsorientiert oder "Aumo" für politische Ausländerkriminalität, etwa bei einem als gewaltbereit eingestuften Kurden. In diese "Gewalttäter"-Dateien werden laut Beschluss der Innenministerkonferenz vom 24. November 2000 Beschuldigte schon dann aufgenommen, wenn ihre "Persönlichkeit" Grund zu der Annahme liefert, "dass Strafverfahren gegen sie zu führen sind". Als Anlass für eine Erfassung reicht schon ein Platzverweis oder eine Personalienfeststellung. Typische Polizeimaßnahmen, die jeden jederzeit treffen können. Straftäter muss man dazu nicht sein, nicht einmal kriminell verdächtig. Es genügt schon, dass man der Polizei komisch vorkommt - und fortan hat jede Streifenwagenbesatzung Zugriff auf die Daten.

Vorbild der neuen Karteien ist die Datei "Gewalttäter Sport", die nach der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 eingerichtet wurde. Die Bilder des fast zu Tode geprügelten französischen Gendarmen Daniel Nivel lieferten den Ansporn, gewaltbereite Sportfans zentral zu erfassen und künftig an der Ausreise zu hindern. Eine Änderung des Passgesetzes ermöglichte es, aus bestimmten Anlässen und befristet solchen polizeibekannten Hooligans die Fahrt ins Ausland zu verbieten.

Als im vergangenen Sommer die rechtsextremistische Gewalt zum öffentlichen Thema wurde, kam eine entsprechende Datei auch für potenzielle Nazischläger ins Gespräch. Doch vor allem Bayern bestand darauf, rechts und links gleich zu behandeln. Also beschlossen die Innenminister den Aufbau von drei Dateien. Dann ging alles ganz schnell: Ohne Anhörung des Bundesdatenschutzbeauftragten befahl BKA-Präsident Ulrich Kersten per Sofortanordnung die Errichtung der Dateien. Und seit Januar füllt sich der Speicher des zentralen BKA-Rechners in Meckenheim bei Bonn - in der Rubrik "Limo" auch mit Daten von Globalisierungskritikern, die die Staatsschützer für gewaltbereit halten. Momentan sind es knapp 300, zum großen Teil militante Autonome, aber eben auch immer mehr friedliche Demonstranten wie Max Westenthanner.

Zum G-8-Gipfel im Juli zeigte das neue System erstmals, was in ihm steckt. In den Tagen vor Genua schwärmten bundesweit Polizisten zu "Gefährderansprachen" aus. Mehr als 80 mutmaßliche Gewalttäter bekamen die Auflage, sich täglich bei der Polizei zu melden. Die Kontrollen an den Grenzen wurden verstärkt, 130 Beamte zu Sonderschichten beordert. Mehr als 700 Demonstranten wurden akribisch kontrolliert, elf von ihnen durften nicht ausreisen.

Die deutsche Polizei war in jenen Tagen im Großeinsatz. In Berlin etwa fuhren Dutzende Mannschaftswagen auf, um ein harmloses Vorbereitungstreffen von Gipfel-Gegnern auf dem Mariannenplatz zu verhindern. In München wurden Busse mit Demonstranten schon vor der Abfahrt kontrolliert. Etliche Bahnhöfe waren abgesperrt, einen Schnellzug nach Mailand beobachtete die Polizei vom Hubschrauber aus. Beim BKA in Meckenheim, wo sich mindestens fünf Staatsschützer ausschließlich mit Globalisierungskritikern beschäftigen, war ein Lagezentrum eingerichtet. In der Einsatzzentrale der Genueser Polizei saßen drei Verbindungsbeamte und gaben Informationen an die Italiener weiter.

An die dortigen Kollegen hatte das BKA eine Liste mit 191 Demonstranten gesandt, die es als besonders gefährlich einschätzte. Auf dieser lista tedesca, einem Auszug aus der Limo-Datei, fand sich auch die Stuttgarterin Tinette Schnatterer. Am Grenzübergang Chiasso wurde ihr auf italienischer Seite die Einreise verweigert. Die tödlichen Schüsse auf einen Demonstranten in Genua waren bereits gefallen, die Stimmung an der Grenze gereizt. Mehrere Stunden wurde sie festgehalten. Sie war verblüfft, was die Polizisten über sie wussten: Aus dem Computer habe man ihr ihren aktuellen Wohnsitz und ihre Adressen der vergangenen Jahre vorgelesen, auf welche Schule sie ging, wann sie Abitur gemacht hatte. Schnatterer sollte ein italienisches Dokument unterschreiben, das sie nicht verstand. Die ganze Zeit habe sie stehen müssen, habe nichts trinken, nicht zur Toilette gehen dürfen. Später hätten die Polizisten sie angeschrien, sie betatscht, sie gegen die Wand gedrückt. Irgendwann unterschrieb sie und wurde in einen Zug nach Deutschland gesetzt.

Politisch aktiv ist Tinette Schnatterer seit sieben Jahren. Den ersten Kontakt mit der Polizei hatte sie, als sie 1994 auf einer Wahlkundgebung von Helmut Kohl rote Socken verteilte. Sie war Klassensprecherin, organisierte Schülerstreiks. Nach den Brandanschlägen von Mölln und Solingen ging sie zur Antifa und beteiligt sich seitdem an Demonstrationen gegen Nazis. Schnatterer ist 21 Jahre alt und hat bereits den Jargon einer sozialistischen Funktionärin. Sie redet schnell, parliert über Ausbeutung, Kapitallogik und die Revolution. Sie sitzt im Bundesvorstand der trotzkistischen Gruppe SAV. "Es ist notwendig, dass die arbeitende Bevölkerung die Macht übernimmt", sagt sie, und nach dem Interview geht sie wieder zu ihrem Ferienjob "beim Daimler". Dort montiert sie die C-Klasse, steckt schwarze Plastikkappen in das Fahrgestell, die dafür sorgen, dass der Motorblock bei einem Unfall nach unten wegklappt. In den Pausen diskutiert sie mit Arbeitern, die gerade ziemlich sauer sind, weil die IG Metall Gehaltseinbußen beim VW-Job-Modell "5000 x 5000" zugestimmt hat. Tinette Schnatterer meint, als Teil der globalisierungskritischen Bewegung könne sie die Massen gegen den Kapitalismus mobilisieren, gerade jetzt, "am Vorabend einer Weltwirtschaftskrise". Sie lehnt es ab, Schaufensterscheiben einzuwerfen oder Banken anzuzünden. "Das isoliert die Bewegung." Dass die Polizei sie offenbar als Gefahr einstuft, weil sie eine sozialistische Agitatorin ist, wundert sie nicht. "Vor uns haben die mehr Angst als vor den Autonomen."

Die Limo-Datei ist Teil des polizeilichen Informationssystems Inpol, das sich in über 50 Unterdateien aufzweigt (siehe Gafik). Der Bremer Rechtsanwalt Rolf Gössner beobachtet seit 30 Jahren die Datenspeicherung durch Polizei und Geheimdienste. Dem Datensammeleifer attestiert er eine "uferlose Tendenz". Deutschland sei im europäischen Vergleich "hyperaktiv". In einer Studie von 1984 schätzte Gössner die Gesamtanzahl der in Inpol gespeicherten Bürger auf zehn Millionen. Mittlerweile hat die Computertechnik Quantensprünge gemacht. "Heute ist die Größe nicht mehr zu schätzen", sagt er.

Die neue Gewalttäterdatei ist auch qualitativ etwas Neues. Während bislang als Faustregel gelten konnte, dass erst ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eine Eintragung in das System nach sich zog, reicht es jetzt laut Errichtungsanordnung schon, während einer Demonstration irgendwie mit der Polizei in Berührung gekommen zu sein. Und sei es nur durch die Aufforderung, sich zu entfernen ("Platzverweis"). Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hält das für unverhältnismäßig. Er wies seine Beamten an, Daten auf dieser Grundlage weder zu erheben noch ans BKA weiterzuleiten. Die Errichtungsanordnung will er korrigiert sehen. "Denn einen Platzverweis kann ich kriegen, wenn es am Rande einer Demo zu Gewalttätigkeiten kommt. Dann folge ich dem als getreuer Bürger, und plötzlich bin ich in einer Datei als Gewalttäter."

Für fünf Jahre, mindestens. Wenn der Staatsschutz es für nötig hält, kann er die Personalien noch länger speichern: Nach Ablauf der "Aussonderungsprüffrist" werden die Daten nicht automatisch gelöscht, sondern lediglich geprüft. Meint die Behörde, "bestimmte Tatsachen" deuteten darauf hin, dass jemand auch künftig "Straftaten von erheblicher Bedeutung" plane, dürfen dessen Daten gespeichert bleiben.

Im niedersächsischen Landeskriminalamt schließt der Leiter der Abteilung Staatsschutz, Hans-Wilhelm Duvenhorst, nicht aus, "dass auch Leute da reingeraten, die da nicht reingehören". Trotzdem begrüßt der Kriminaldirektor das neue Gefahrenbewusstsein nach Genua. "Diese Justizjuristen denken doch immer, wer nicht verurteilt ist, ist lieb", sagt er.

Eine Kartei für jedermann

Duvenhorst und seine Kollegen im Rest der Republik drängen auf eine Ausweitung der vorsorglichen Erfassung möglicher Unruhestifter. So glauben sie, Sicherheitsrisiken schon im Keim ersticken zu können. Bislang leistete diesen Dienst die Datei "Landfriedensbruch" mit etwa 1950 verdächtigen Randalierern. Sie gehört zum geschützten Fahndungsbestand des Inpol-Systems, das heißt, sie wird nur nach Genehmigung des Innenministeriums und für begrenzte Zeit - etwa bei Castor-Transporten - für alle Polizeidienststellen zugänglich gemacht. Ansonsten hat nur das BKA Zugriff. Die neue Limo-Datei hingegen, zu der bereits ein Teil der Landfriedensbruch-Daten hinüberwanderte, ist jederzeit für jeden Streifenpolizisten zugänglich. Datenschützer, räumt der Datensammler Duvenhorst ein, hätten wohl Zweifel. "Aber welche, weiß ich nicht."

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, weiß allerdings ganz genau, was ihn an Limo stört: "Da wird der Wunsch deutlich, möglichst viele Informationen zu haben und den Bogen der Verdächtigen möglichst weit zu spannen." Grundsätzlichen Widerstand hält er aber offenbar für aussichtslos. Im endgültigen Abstimmungsverfahren mit dem Bundesinnenministerium will er versuchen, die Speicherungsdauer wenigstens von fünf auf zwei Jahre zu verkürzen.

Doch im Bundestag formiert sich Opposition. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, ein ehemaliger Verwaltungsrichter, hat grundsätzliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der neuen Sammelwut (siehe Interview). Einen Verbündeten findet er im FDP-Innenpolitiker Max Stadler. Hätte Stadler bei der Änderung des Passgesetzes im vergangenen Jahr geahnt, dass auch nicht gewalttätigen, politischen Demonstranten die Ausreise untersagt würde, er hätte ihr nicht zugestimmt. "Das Gesetz war zielgerichtet auf die Hooligans. Es ist eine ganz andere Qualität, es auf Demonstranten anzuwenden." Schließlich sei hier nicht nur die Ausreisefreiheit betroffen, sondern auch die Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Diese Grundrechte unterschlug die Erste Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts, als sie am 17. Juli die Beschwerde eines Bürgers gegen eine Meldeauflage während des G-8-Gipfels zurückwies. Die Richter nannten das Ausreiseverbot und die tägliche Meldepflicht bei der örtlichen Polizei "lediglich eine Unannehmlichkeit". Schlimmer noch, die Urteilsbegründung klingt wie eine Umkehrung der Unschuldsvermutung: "Selbst wenn er (der Kläger, d. Red.) bislang an übrigen Veranstaltungen nicht in strafbarer Weise beteiligt gewesen sein sollte, lässt dies für sich genommen noch nicht den Schluss zu, seine Teilnahme an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Genua komme von vornherein nicht in Betracht." An die Gewaltprognose müsse "keine allzu hohe Anforderung gestellt werden".

Das öffnet dem Überwachungsstaat aus Sicht parlamentarischer Kritiker Tür und Tor. So warnt Cem Özdemir, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, vor der Kriminalisierung einer ganzen Bewegung. Sollte sich die öffentliche Stimmung weiter aufschaukeln, sagt er, "wird der Staat zu dem, was einige Globalisierungskritiker ihm vorwerfen".

Wie Daniel Behruzi. Seine Skepsis gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Wirtschaftsordnung äußert er seit zwölf Jahren auf Demonstrationen. Obwohl er nie straffällig geworden ist, hat die Polizei immer wieder die Personalien des Berliner Aktivisten der Sozialistischen Alternative (SAV) festgestellt. Daran, sagt der 29-jährige Student mit kurzem, akkuratem Haarschnitt, habe er sich gewöhnt. Allerdings hätte er vor ein paar Jahren nicht gedacht, dass man in Europa nicht mehr ausreisen dürfe. Kurz vor Genua klingelten Polizisten an seiner Tür zur "Gefährderansprache". Weil Behruzi nicht zu Hause war, ließen sie einen Brief da: "Wir weisen Sie darauf hin, dass gewalttätige Handlungen im Ausland durch die Polizei des Landes Berlin konsequent verfolgt werden." Abgeschreckt von seinen politischen Aktionen hat ihn das nicht. Im Gegenteil: Sie scheinen ihm jetzt notwendiger denn je.

37/2001

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 http://www.bigbrotherawards.de/2002/.gov/
Preisträger der Kategorie "Behörden und Verwaltung"

Der BigBrotherAward der Kategorie "Behörden und Verwaltung" wird im Jahr 2002 verliehen an das

Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden
z.H. des BKA-Präsidenten Dr. Klaus Ulrich Kersten

weil das Amt seit 2001 im Zusammenhang mit drei neu eingerichteten Präventiv-Dateien gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der darin erfassten Personen verstößt. Es handelt sich um folgende Verbund-Dateien im polizeilichen Informationssystem INPOL mit den bemerkenswert verharmlosenden Kürzeln LIMO, REMO und AUMO:

1. um die sog. Gewalttäter Links-Datei zur "Verhinderung politisch links motivierter Straftaten", kurz: LIMO,
2. die sog. Gewalttäter Rechts-Datei zur "Erfassung rechtsorientiert politisch motivierter Straftäter", kurz: REMO, und
3. die Datei "Straftäter politisch motivierter Ausländerkriminalität", kurz: AUMO

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 http://archiv.foebud.org/bba/docs/bba_spiegelOnline021025_dieGroesstenDaten-krakenDesJahres.html

BIG-BROTHER-AWARD "BEHÖRDEN + VERWALTUNG"
Bundeskriminalamt BKA

Auszüge aus der Laudatio von Rolf Gössner: "Der BigBrotherAward wird im Jahr 2002 an das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden verliehen, weil das Amt seit 2001 im Zusammenhang mit drei neu eingerichteten Präventiv-Dateien gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der darin erfassten Personen verstößt."

"Es handelt sich um folgende Verbund-Dateien im polizeilichen Informationssystem INPOL mit den bemerkenswert verharmlosenden Kürzeln LIMO, REMO und AUMO: um die sog. Gewalttäter Links-Datei zur 'Verhinderung politisch links motivierter Straftaten', kurz: LIMO, die sog. Gewalttäter Rechts-Datei zur 'Erfassung rechtsorientiert politisch motivierter Straftäter', kurz: REMO, und die Datei 'Straftäter politisch motivierter Ausländerkriminalität', kurz: AUMO" "Diese Dateien werden gemeinsam von Bund und Ländern genutzt und sind jederzeit von allen Dienststellen der Polizei und des Bundesgrenzschutzes abrufbar. Bereits weit über tausend Menschen sind darin als 'potentielle Gewalttäter' erfasst, obwohl viele von ihnen noch nie als gewalttätig aufgefallen sind."

"Am Beispiel der 'Gewalttäter-Links'-Datei lassen sich die verfassungs- bzw. datenschutzrechtlichen Verstöße verdeutlichen:

Vorsorgliche Erfassung möglicher 'Unruhestifter' Diese Datei ist auf Beschluss der Innenministerkonferenz durch das BKA im Wege einer 'Sofortanordnung' errichtet worden - ohne vorherige Anhörung des Bundesdatenschutzbeauftragten und wegen nicht näher begründeter 'Eilbedürftigkeit'."

"Wer mit der Polizei bei Versammlungen auch nur in Berührung kommt und dabei erfasst wird, ohne jemals Gewalt ausgeübt zu haben, kann sich leicht als potentieller Gewalttäter in einer der Gewalttäter-Dateien des BKA wiederfinden.

Einzige Voraussetzung für diese 'vorsorgliche Erfassung möglicher Unruhestifter' ('Die Zeit'): Es müssen 'bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Personen zukünftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden'."

"Auch bloße 'Kontakt- und Begleitpersonen' von Verdächtigen können gespeichert werden, 'soweit dies zur Verhütung oder zur Vorsorge für die künftige Verfolgung einer Straftat mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist'." "Entsprechend 'auffällig' gewordene Erwachsene und Jugendliche werden grundsätzlich drei bzw. fünf Jahre lang, Kinder (!), die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zwei Jahre lang gespeichert. Da drängt sich unwillkürlich die Frage auf, was Kinder in einer polizeilichen Präventiv-Datei zu suchen haben. Im übrigen ist eine Verlängerung der Speicherzeit ohne weiteres möglich. Andererseits führt die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens oder ein Freispruch - trotz genereller Berichtigungspflicht des BKA - in der Praxis noch lange nicht zu einer Löschung der Daten."

Spiegel Online, 25. Oktober 2002
Original:  http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,219808,00.html

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Meine Daten gehören mir!
von von Tatjana Groß
erschienen in UNIPRESS no. 332, juni 2003
 http://www.uni-mainz.de/Organisationen/gruenlinx/unipress/LIMO_meine_daten_UP332_juni03.html

Nachlesenswertes zu diesem Thema findet sich auch in der Süddeutsche Zeitung vom 7.5.03 und der Frankfurter Rundschau vom 8.5.03.

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 http://www.gustav-heinemann-initiative.de/Grundech.html

1,5 Millionen Deutsche abgehört

Als verfassungswidrig bezeichnete Hirsch die Speicherung von Daten angeblich rechts- oder linksmotivierter Menschen durch das Bundeskriminalamt in. In den so genannten REMO- oder LIMO-Datei ein seien bereits rund 2 500 Personen ohne deren Kenntnis als "linksmotiviert" registriert. Der Eintrag könne aber bei Kontrollen durch den Bundesgrenzschutz an den Außengrenzen Deutschlands zu einem Ausreiseverbot führen.

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Wutausbruch 2

Messi 23.02.2006 - 13:36
 http://dip.bundestag.de/btd/idx/14IN666.pdf

14/5376
20.02.2001 Antw
BRg
Presseberichte über einen geplanten Aufbau einer "Zentral-Datei für
linke Gewalttäter" beim Bundeskriminalamt

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***** HEUTE IM BUNDESTAG **** PRESSEDIENST DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES *****
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Berlin: Mittwoch, 7. März 2001 Redaktionsschluss: 10:30 Uhr (61)

EINRICHTUNG EINER BKA-DATEI FÜR LINKE UND RECHTE GEWALTTÄTER
BESCHLOSSEN

Inneres/Antwort
EINRICHTUNG EINER BKA-DATEI FÜR LINKE UND RECHTE GEWALTTÄTER BESCHLOSSEN

Berlin: (hib/WOL) Die Einrichtung von Dateien "Gewalttäter Rechts" und "Gewalttäter Links" beim Bundeskriminalamt (BKA) hat laut Bundesregierung die Ständige Konferenz der Innenminister am 24. November 2000 beschlossen. Dies erklärt die Regierung in ihrer Antwort (14/5376) auf eine Kleine Anfrage der PDS (14/5191). Die Abgeordneten hatten sich nach der "geplanten Einrichtung einer Zentral-Datei für linke Gewalttäter beim BKA" erkundigt. Der Antwort zufolge sollen die beschlossenen Dateien der Polizei dazu dienen, politisch rechts oder links motivierter Straftaten zu verfolgen bzw. zu verhindern und dabei "hinsichtlich der Speicherungssachverhalte deckungsgleich" sein. Dabei würden sie Erkenntnisse aus eingeleiteten und abgeschlossenen Ermittlungsverfahren und rechtskräftige Verurteilungen nicht nur bei Gewalttaten im engeren Sinne erfassen.

Der Umfang der Erfassung reicht laut Regierung von Straftaten und Anwendung von "Gewalt gegen Leib und Leben oder fremde Sachen mit erheblichem Sachschaden" über "Bildung krimineller Vereinigungen", "Bildung terroristischer Vereinigungen", "Gefährliche Eingriffe in den Verkehr", "Störung öffentlicher Betriebe", "Nötigung" oder "Verstöße gegen das Waffengesetz" bis zu "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte", "Raub und Diebstahlsdelikte" und "Straftaten nach dem Versammlungsgesetz".
Wegen der Eilbedürftigkeit durch die Amtsleitung des BKA sei die Datei auf dem Wege der Sofortanordnung errichtet worden, erläutert die Regierung. Eine Anhörung des Bundesbeauftragten für Datenschutz und die Beteiligung der Innenministerien und Senatsinnenverwaltungen der Länder solle nachgeholt werden. Im Hinblick auf diese ausstehenden Beteiligungen könne die Datei daher noch Änderungen unterworfen sein.
Vorgesehen sei eine Speicherung
der Dateien für grundsätzlich fünf Jahre. Abrufmöglichkeiten solle es für die Staatsschutzdienststellen der Länder, die Landeskriminalämter, das BKA, die Grenzschutzämter und -direktionen sowie für die Polizeibehörden der Länder und der Dienststellen des Bundesgrenzschutzes geben.
Da sich die Dateien sowohl technisch als auch organisatorisch erst in der
Realisierung befänden, sind laut Antwort "gegenwärtig noch keine Personen
erfasst".

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Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS – Drucksache 14/6911 –
27. 09. 2001

 http://dip.bundestag.de/btd/14/069/1406990.pdf

...

Für die Dateien wurden aufgrund der genannten Beschlüsse der Innenminister
konferenz Errichtungsanordnungen gemäß § 34 BKAG erstellt, die durch den
Präsidenten des BKA in Kraft gesetzt worden sind. In den Dateien werden nach dem derzeitigen Stand der Errichtungsanordnungen Erkenntnisse zu folgenden Personenkreisen eingestellt:

- Beschuldigte (Rechtsgrundlage: § 8 Abs. 1 und 2 BKAG),
- Rechtskräftig Verurteilte (§ 8 Abs. 1 und 2 BKAG),
- Personen, gegen die Personalienfeststellungen, Platzverweise und In-
gewahrsamnahmen zur Verhinderung von anlassbezogenen Straftaten an-
geordnet wurden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese
Personen zukünftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden
(§ 8 Abs. 5 BKAG) und

- Personen, bei denen Waffen oder andere gefährliche Gegenstände
sichergestellt bzw. beschlagnahmt wurden, wenn der Betroffene sie in der
Absicht mitführte, anlassbezogene Straftaten zu begehen (soweit die Erfas-
sung nicht schon wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz oder Ver-
sammlungsgesetz erfolgt ist; § 8 Abs. 5 BKAG).

Über die Speicherung von Beschuldigten- und Verurteiltendaten hinaus lässt das BKAG in § 8 Abs. 5 die Speicherung von Informationen zu Personen ausdrücklich dann zu, „wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden.“ Die Möglichkeit zur Speicherung dieser Daten ist erforderlich, um der Polizei die Grundlage für eine effiziente Gefahrenabwehr zu verschaffen. Die Beschränkung auf Beschuldigte und Verdächtige griffe zu kurz. Einer uferlosen Dateneinstellung steht das in § 8 Abs. 5 BKAG enthaltene Korrektiv „bestimmter Tatsachen“ entgegen.
Zweck dieser Dateien ist eine Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität, insbesondere Gewaltkriminalität, durch Intensivierung polizeilicher Kontrollen beim Antreffen einschlägig bekannt gewordener Personen. Eine über die Errichtungsanordnungen hinausgehende präzise Definition einer Schwelle, bei denen eine Einstellung in die Dateien zu erfolgen bzw. unterhalb derer eine Einstellung zu unterbleiben hat, verbietet sich, weil Lebenssachverhalte und Präventionsbedürfnisse sich solcher starren Einordnung grundsätzlich entziehen.

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Bürgerrechte & Polizei/CILIP 68 (1/2001)
 http://www.cilip.de/ausgabe/68/polizei.htm

abstand
Polizei gegen Rechtsextreme
Verfolgen, Kontrollieren, Szenen verunsichern
Martina Kant und Norbert Pütter

...
Bei jeder Überprüfung fallen personenbezogene Daten an, die in den polizeilichen Systemen gespeichert werden. Nach einem IMK-Beschluss wurde am 23.1.2001 beim BKA die Datei "Gewalttäter Rechts" errichtet und Ende Februar in Betrieb genommen.[35] Dort werden jedoch nicht nur "Gewalttaten" im engeren Sinne erfasst, sondern generell Daten zu "politisch rechts motivierten Straftaten". Die Datei macht Personen-, Ereignis-, Sach- und Verwaltungsdaten bundesweit abrufbar. Gespeichert werden nicht nur Beschuldigte und rechtskräftig Verurteilte, sondern auch Personen, gegen die sich Maßnahmen wie Personalienfeststellungen, Platzverweise, Ingewahrsamnahmen etc. richteten und bei denen die Polizei vermutet, dass sie zukünftig "Straftaten von erheblicher Bedeutung" begehen könnten; auch eine "Gruppenzugehörigkeit" wird erfasst. Die Datei soll Grundlage für konkrete Auflagen und Maßnahmen gegen bekannte Personen der rechtsextremistischen Szene sein, ähnlich wie die sog. Hooligan-Datei.[36]
Darüber hinaus haben die Bundesländer mittlerweile eigene Dateien zum Zwecke der "Gefahrenabwehr" eingerichtet. So speichert die brandenburgische MEGA ihre Erkenntnisse über Beschuldigte bzw. Störer aus der rechten Szene sowie deren Begleit- und Kontaktpersonen in der Datei "Gewaltprävention St". Vor der Dezentralisierung der MEGA im vergangenen Jahr enthielt die LKA-Datei ca. 3.000-4.000 Datensätze mit zumeist "weichen Daten", mittlerweile sind es aufgrund des geringeren Datenaufkommens und der Löschungsfristen unter 1.000.[37]

[35] BT-Drs. 14/5376 v. 20.2.2001, S. 2; alle weiteren Angaben hierzu stammen aus der Drs. Gleichzeitig wurde auch die Datei "Gewalttäter Links" errichtet. Die Speicherungssachverhalte sind nach Angaben der Bundesregierung deckungsgleich.
[36] Hamburg, Staatliche Pressestelle: Tagesmeldung vom 23.8.2000
[37] LT Brandenburg, Drs. 3/2481 (Datenschutzbericht 2000)

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Interessanter Artikel

x-motiviert 22.02.2006 - 23:26
Dankeschön und Gruß an die ASJ!

Zwei Fragen ...

aus´m Nachbarland 23.02.2006 - 00:20
Da stellen sich mir doch noch zwei Fragen:

Das Durchgreifen der Polizei wurde mit "Sicherheitsstufe eins" begründet, weil hohe Politiker und der amerikanische Außenminister anwesend seien.


Ich habe mir jetzt ein paar der alten Presseberichte zu den Feierlichkeiten angesehen. Da werden alle möglichen deutschen Politiker aufgezählt, aber Condoleezza Rice ist nicht dabei. War die an dem Tag überhaupt in Weimar?

Die meisten Antifas in Thüringen sind doch eher antideutsch (die AAGera, Leute aus Erfurt, Mila26 ist ja nun weg ) oder doch zumindest israelsolidarisch (die meisten anderem bis auf wenige Ausnahmen, wenn ich das von hier aus richtig einschätze). Wieso fürchtet da der Staatsschutz um die Sicherheit einer us-amerikanischen Außenministerin? Kennen die "ihre" Szene doch nicht so gut? ;-)) .



@Nachbarland

Antifaschistin aus dem braunen Herzen D-lands 23.02.2006 - 00:46
"Die meisten Antifas in Thüringen sind doch eher antideutsch"
Mit Sicherheit nicht! Antinational triffts wohl eher.
Setz dich mit den Aktivisten mal auseinander, bevor du solche Einschätzungen gibst. Der Anteil von "Anti-Ds" lässt sich beinahe an einer Hand abzählen...

Thüringer Polizei bei Aufruher-Versand-Liste?

... 23.02.2006 - 16:39


Checkt mal bei der Liste von  http://de.indymedia.org/2006/02/139796.shtml ob thüringer Polizisten in der Liste auftauchen. Ist eine gute Möglichkeit zu checken, wie es mit Nazis in den Reihen der thüringer Polizei aussieht.


dankeschön

an alle 23.02.2006 - 22:28
jenaer antifas - glücklicherweise ist asj nicht die einzige existierende antifa - aber die mit der meisten zeit, um eben solche recherchen durchzuführen