Teil der PCE unterstützt baskische Kommunisten

Ralf Streck 14.04.2005 13:00 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Weil Teile der spanischen PCE, konkret Führungspersönlichkeiten der Roten Strömung, die baskischen Kommunisten bei den Wahlen statt der Vereinten Linken (IU) unterstützen, wird die IU noch nervöser.
Ohnehin ist die Rote Strömung aus der IU ausgetreten  http://www.jungewelt.de/2004/07-01/010.php deswegen ist eigentlich logisch, dass man für diese Koalition keinen Wahlkampf mehr macht.
Doch weil das Führungsmitglied der Roten Strömung und der PCE Angeles Maestro öffentlich in Bilbao Wahlkampf für die „Kommunistische Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) gemacht hat, wollen einige in der PCE sie nun ausschließen. Denn die PCE als ganzes hat sich für die Kandidatur der IU ausgesprochen. Maestro sei sie durch die Werbung für eine andere Partei selbst aus der PCE ausgestiegen, sagte der Europaparlamentarier und Führungsmitglied der PCE Willy Meyer.

Maestro hatte die Arbeiter im Baskenland aufgefordert EHAK zu wählen. Die Äußerungen von IU-Chef Llamazares, der ohnehin nur mit merkwürdigen Methoden am Ruder geblieben ist  http://www.jungewelt.de/2004/12-13/011.php versuchten diese Wahloption zu delegitimieren und IU als einzige linke Position darzustellen. Llamazares hatte erklärt, EHAK habe nichts mit der kommunistischen Geschichte Spaniens zu tun hätte und
sei Batasuna. Näheres dazu aus dem Interview unten.

Es scheint, diese Kandidatur trägt zur Beschleunigung der Verfallserscheinungen der traditionellen spanischen Linken bei. Auch die Linksvereinigung in Miranda de Ebro, dass in der Nähe des Baskenlands
liegt, hat die Bewohner aufgefordert EHAK zu wählen, die im Baskenland angemeldet sind.

Mehr zu den Parteiverboten allgemein hier  http://de.indymedia.org/2005/03/110236.shtml und zu EHAK dann hier  http://de.indymedia.org/2005/04/111549.shtml und  http://de.indymedia.org/2005/04/111655.shtml




„Die soziale Frage stärker diskutieren“

Die „Kommunistische Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) hat den Wahlen für das Regionalparlament im spanischen Staat eine neue Dynamik verpasst. EHAK bietet am Sonntag denen eine Option, die nach den Verboten der Partei Batasuna (Einheit) und der Wählervereinigung „Alle Optionen“ ausgeschlossen werden sollten. Der Musiker Igor Otxoa Odriozola kandidiert als Unabhängiger auf der EHAK - Liste in der Provinz Gipuzkoa.

Wer sind die baskischen Kommunisten, die so plötzlich aufgetaucht sind?

Wir sind eine kleine Partei, die vor etwa drei Jahren gegründet und legalisiert wurde. Es ging ihr darum, die soziale Frage in der linken Unabhängigkeitsbewegung stärker zu diskutieren. Die ist stark mit der Frage des Aufbaus des Baskenlands beschäftigt. Die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter, dass es fast nur noch Zeitarbeit und befristete Verträge gibt, die Frage der Wohnungslosigkeit oder die Gleichberechtigung der Frauen, wurde zu wenig diskutiert. Das gilt auch für die Folgen der neoliberalen Globalisierung, der massiven Zerstörung der Umwelt und die Frage der Einwanderung und der Integration. Wir wollen dieses Manko beheben und dazu eine Praxis entwickeln. Wir kommen aus den sozialen Bewegungen, die es in den letzten Jahrzehnten hier gab, auch aus der starken Umweltbewegung. Die hat einst das Atomkraftwerk Lemoiz verhindert und wendet sich heute gegen den Hochgeschwindigkeitszug, Superhäfen oder den gefährlichen und unsinnigen Staudamm in Itoiz.

Wie kam es zu dem Namen der Partei, in einer Zeit, in der Kommunismus ein Stigma ist

Die Gründer haben eine linke und kommunistische Geschichte. Es geht darum diesen positiven Begriff zurückzuerobern. Es geht nicht um einen dogmatischen Kommunismus, sondern ihn auf der Basis von schlechten Erfahrungen gescheiterter Modelle neu zu füllen und ihn an unsere aktuelle Situation anzupassen. Kommunismus ist die tiefe Umgestaltung zu einer gerechten Gesellschaft, das können wir als Wert nicht aufgeben.

Ist es eine Beleidigung, wenn die Vereinte Linke (IU) erklärt, EHAK hätte mit der „glorreichen kommunistischen Geschichte in Spanien“ nichts zu tun?

Das ist schlicht nicht unsere Geschichte, auch wenn es punktuelle Überschneidungen gab. Die IU traut sich ja nicht mehr, von Kommunismus zu reden. Deren Äußerungen muss man im Kontext des Wahlkampfs sehen. Sie haben Angst, ihre linken Kritiker an uns zu verlieren. Trotzdem wäre es gut, wenn es in Spanien eine starke IU als Alternative zu den Sozialisten gäbe und wir eine Zusammenarbeit zwischen der baskischen und der spanischen Linken entwickeln könnten.

Was will EHAK umsetzen?

Wegen der Verbote von Wahloptionen haben sich die direkten Ziele etwas verändert. Spätestens seit dem Verbot von „Alle Optionen“ (AG) ist klar, dass Ideen illegalisiert werden und ein Sektor im Parlament nicht vertreten sein soll. Gewaltenteilung existiert nicht in Spanien, das sogar die eigenen Gesetze missachtet. Es heißt etwas, wenn man 32.000 Unterstützungsunterschriften für eine Liste nach Verbindungen zu der 2003 verbotenen Partei Batasuna untersucht. Das ist Hexenverfolgung, schlimmer als in Ära Mc Carthy in den USA.
Wir haben uns deshalb entschieden, das Minimalprogramm von AG zu übernehmen: Die Respektierung der zivilen und politischen Rechte aller Personen und sich für eine friedliche Lösung des bewaffneten und politischen Konflikts einzusetzen. Daneben stehen unsere allgemeinen Grundsätze.

AG wurde als angeblicher Nachfolger von Batasuna verboten, die zur Untergrundorganisation ETA gehören soll, auch wenn das nie bewiesen wurde. Das Verbot von AG wurde auch mit deren angeblichen Kontakte zur legalen Gewerkschaft LAB begründet. EHAK könnte man nun als Nachfolger von AG, also wieder als Nachfolger von Batasuna verbieten, zudem kandidieren LAB-Aktivisten bei Ihnen und Batasuna ruft offen zur ihrer Wahl auf.

Es scheint schwer zu sein, uns zu verbieten. Ob es Wahltaktik ist, oder es den Sozialisten peinlich wird, weiß ich nicht. Es zeigt, dass wir in einem Ausnahmezustand leben, und politisch entschieden wird. Für das Verbot von Batasuna wurde extra ein Gesetz geschaffen. Damit beantragte die Regierung das Verbot von AG bei der Staatsanwaltschaft, die als Ministerium ihr untersteht. Zum Beweis für eine Batasuna Nachfolge, werden Personen angeführt, die vor 10 oder 20 Jahren in legalen Gruppen oder Parteien aktiv waren. Praktisch könnte man damit alle Parteien ausschließen, die im Baskenland antreten. Die Leute werden einfach als Umfeld der ETA definiert und ohne Verurteilung ausgeschlossen. Eine Unschuldsvermutung existiert hier seit dem Ende der Republik 1936 nicht mehr. Die, die vorgeben die Demokratie zu verteidigen, schleifen sie immer offener.

Wie bewerten Sie die Unterstützung von Batasuna?

Wir freuen uns sehr. Das gibt uns viel Kraft, wie man an den letzten Wahlveranstaltungen sehen konnte, zu denen Tausende strömen. Auch wenn wir nun teilnehmen, sind das keine demokratischen Wahlen. Abgesehen von den Verboten tauchen wir praktisch im Fernsehen oder den Radios nicht auf und dürfen an den Debatten nicht teilnehmen. Trotzdem hoffen wir jetzt auf ein gutes Ergebnis, weil uns nun deren Parteibasis unterstützt.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 12.04.2005
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen