Baskische Kommunisten brechen in Wahlkampf ein

Ralf Streck 11.04.2005 10:47 Themen: Weltweit
Die in Spanien verbotene Partei Batasuna (Einheit) hat ihre Wähler aufgefordert, die „Kommunistische Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) bei den Regionalwahlen am Sonntag zu wählen. Nach der Konsultation der Basis zog der Parteisprecher Arnaldo Otegi am Freitag abend die Kandidatur der 2003 verbotenen baskischen Partei offiziell.
Sauer reagieren vor allem die, die angeblich gegen die Verbote sind. Die erste große Wahlversammlung von EHAK am Sonntag in Donostia war ein voller Erfolg.
Der Batasuna Sprecher Arnaldo Otegi hat am Freitag abend offiziell die Kandidatur der 2003 verbotenen baskischen Partei offiziell zurückgezogen und warb für die „einzige legale Option“ die in „mit unser Vorstellung zur Lösung des Konflikts“ übereinstimme: „EHAK hat seine Kandidatur der Bevölkerung zur Verfügung gestellt, um dem undemokratischen Szenario zu begegnen und sich für Frieden und die Demokratie einzusetzen“.
Wegen dem Ausschluss von Batasuna und der neuen Vereinigung Aukera Guztiak (AG/Alle Optionen) sehe man aber „undemokratischen Wahlen“ entgegen. Doch mit EHAK könne die Tür zu einer friedlichen Beilegung des seit Jahrzehnten schwelenden bewaffneten Konflikts geöffnet werden, sagte Otegi. (Hintergrund zu den Verboten:  http://de.indymedia.org/2005/03/110236.shtml )
Einen solchen Prozess hatte Batasuna der sozialistischen Regierung im November öffentlich angeboten. Erfreut über den Beistand von Batasuna zeigten sich die baskischen Kommunisten. „Es gibt eine historische Chance, um ein Friedensszenario zu schaffen“ und zudem die „gesamte Linke im Baskenland zu bündeln“, erklärte die Parteiführerin Nekane Erauskin.
Gleichzeitig mit dem Rückzug vom Wahlkampf hatte Batasuna die für Samstag geplante Großdemonstration in Bilbao abgesagt. Zehntausende wollten gegen die Verbote und für eine friedliche Lösung des Konflikts demonstrieren, obwohl die der Marsch von der baskischen Regionalregierung verboten worden war. Nach Informationen aus der baskischen Polizei war ein massiver gewaltsamer Einsatz zur deren Auflösung geplant, um eine Schlacht zu provozieren, die dann die Medien über Tage bestimmt. Mehrfach sind Wahlversammlungen von Batasuna gewaltsam aufgelöst und Parteiführer dabei verletzt worden. Auch nach der Absage konnten am Samstag Pressevertreter die Konzentrierung von Spezialeinheiten und Zivilpolizei um den Versammlungsort herum feststellen.
Die Koalition aus moderaten Nationalisten und der spanischen Vereinten Linken (IU) stellt sich zwar öffentlich gegen die Verbote, lässt aber Demonstrationen von Batasuna dagegen nicht zu. So wurde 2002 versucht eine friedliche Demonstration von 80.000 Menschen aufzulösen. Etliche Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, einer Person wurde ein Auge ausgeschossen.
Umfragen zeigen, dass die baskische Regierungskoalition am meisten vom Ausschluss der baskischen Linken profitiert hätte. Den moderaten Nationalisten war eine absolute Mehrheit vorhergesagt worden und die IU hätte Fraktionsstärke erreicht. Nach neuen Umfragen, die nun auch EHAK einbeziehen, stellt sich das Bild ähnlich wie bisher da. Die Regierungskoalition würde erneut von den Stimmen der Linksnationalisten abhängen. Die IU, die sich zu einer sozialdemokratisch-grünen Partei entwickelt, befürchtet sogar interne Kritiker an EHAK zu verlieren. Sie erklärt deshalb, EHAK habe nichts mit der „glorreichen Geschichte“ der Kommunistische Partei (PCE) zu tun. Für viele baskische Kommunisten ist das aber eher ein Lob als eine Beleidigung.
Die ultrarechte Volkspartei (PP) hat nun den Druck auf die Regierung verstärkt, damit die ein Verbot von EHAK beantragt. Bisher sehen die Sozialisten (PSOE) aber keine Verbindung zu Batasuna. Trotzdem wurde die Staatsanwaltschaft angewiesen, Ermittlungen aufzunehmen. Die PSOE verweist darauf, dass die Partei schon unter der PP-Regierung 2002 gegründet und legalisiert wurde. Dass EHAK die moderaten Nationalisten schwächt und der PSOE die Option auf einen Friedensprozess offen hält, dürfte dazu führen, dass EHAK vor den Wahlen nicht verboten wird. Die Parlamentarier der linken Unabhängigkeitsbewegung wären weitere vier Jahre im Parlament und könnten als Vermittler dienen.
Einen Bericht zu der ersten Wahlversammlung der Kommunisten kommt, hier schon mal ein paar Bilder.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 11.04.2005
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Ergänzungen

Frage

Tyrael 11.04.2005 - 13:27
Mal eine Frage:

Wenn die Partei verboten ist kann sie doch sowieso keinen legalen Sieg erringen.

@Tyrael

txapote 11.04.2005 - 14:28
die alternetive batasuna´s zum wahlaufruf für EHAK und verzicht auf eine eigene liste waere der voto nulo gewesen, d.h. das jeder der batasuna waehlen will seinen wahlzettel ungueltig ausfuellt. so haetten sie wenigstens moralisch an der wahl teilgenommen. bei der letztn europawahl kammen so (glaub ich) ueber 200.000 stimmen zusammen.

Noch 'ne Frage

wop 11.04.2005 - 22:56
Hi Ralf,

eins hast du vergessen zu erklären: Wer oder was ist EHAK? Abspaltung der IU? Restbestände der Fusion von MC und spanischer Sektion der IV. (Wie hießen die noch glech? LCR?)? Oder was?

Gruß

Wolfgang

Nichts von all dem

Ralf 12.04.2005 - 10:21
Das ist einfach ein Zusammenschluss aus der baskischen Linken, die stark aus der Gewerkschaft LAB kommt, die politisch ja Batasuna nahe steht. Zur Aufklärung habe ich mal ein Interview mit einem Kandidaten hier rein gestellt.  http://de.indymedia.org/2005/04/111655.shtml

Das ist keine Abspaltung der IU oder gar der LCR, keine von denen würde der linken Unabhängigkeitsbewegung wohl eine Option bieten, um weiter im im Parlament vertreten zu sein. Was nicht heißt, und genau davor hat die IU nun Angst, dass die linken Kritiker in der Partei im Baskenland ebenfalls nun eine reale Wahlalternative haben. Die Rote Strömung ist ja schon aus der IU ausgetreten.  http://www.jungewelt.de/2004/07-01/010.php Einer ihrer Führer, der Bürgermeister der andalusischen Gemeinde Marinaleda und Führer der Gewerkschaft SOC ist ohnehin solidarisch mit der baskischen Linken. Das paradoxe an diesem Prozess ist ja, dass am meisten die von der Illegalisierung profitiert hätten, wie die IU, die sich verbal (aber eben auch nur verbal) gegen die Verbote stellen. Wie die IU inzwischen in den Abgrund geführt wird, ist ja eh klar.  http://www.jungewelt.de/2004/12-13/011.php