Rassistischer Mord in Celle? Rassismus tötet!

 

Am Dienstag, den 07. April 2020 wurde der 15-jährige Arkan Hussein Khalaf in Celle erstochen. Der junge Ezide war mit seiner Familie nach dem Genozid des IS aus Şengal nach Deutschland geflüchtet. Unsere Gedanken sind bei der Familie und Freund_innen Arkans. Wir teilen ihre Trauer und Wut.

 

 

 

 

 

Arkan hat den Überfall des IS überlebt, ist auf der Flucht über das Meer nicht ertrunken, er ist dem Monster entkommen, hat es überlebt und wurde nun hier getötet.“ (Zitatauf anfdeutsch.com)

 

 

 

Bislang habe der 29jährige weiß deutsche Täter keine Aussagen gemacht und wirke „verwirrt“.Laut ZEIT-Recherchen stand der Täter jedoch rechten Verschwörungstheorien nahe. Im Internetbewegte er sich auf Portalen und folgte Seiten, die rassistisches und antisemitisches Gedankengut verbreiten. Unter seinen Online-Freund_innen befinden sich unter anderem auch Neonazis. Dies bestätigten Recherchen von Zeit Online, die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Ähnlich wie bei den rassistisch motivierten Morden in Hanau wird bei dem Täter eine Mischung aus rechter Ideologie und Verschwörungstheorien erkennbar. Anhaltspunkte für rassistische Motive sehen die Bullen trotzdem nicht, stattdessen wird von einer „Messerstecherei“ gesprochen. Doch das Wort „Messerstecherei“ ruft Bilder von mehreren mit Messern bewaffneten Personen und einem Konflikt zwischen diesen hervor. Der Täter schweigt, die Ermittlungen sollen nun in Richtung einer „psychischen Erkrankung“ gehen. Der Angriff wird als „grundlos“ bezeichnet.

 

 

 

Wir wissen nicht, wer genau dieser Täter war und was in ihm vorging, als er einen Jungen auf dem Fahrrad, den er laut bisherigen Informationen nicht kannte, mit einem Messer attackierte und tödlich verletzte. Wir wissen nicht, ob er noch weitere Menschen – teilweise Freund_innen des Jungen, die sich in der Nähe befanden – angegriffen und ermordet hätte, wenn diese ihn nicht festgehalten hätten.

 

Wir wissen aber, dass wir Rassismus als Tatmotiv nicht ausschließen können. Und wir wissen auch, dass es sein kann, dass weder polizeiliche Ermittlungen, noch ein Prozess, dies aufklären werden. In den Medien ist bisher davon die Rede, der Täter habe Arkan „zufällig“ attackiert, da dieser gerade vorbei fuhr. Dass der Täter wohl Arkan nicht kannte, heißt nicht, dass er „zufällig“ ihn ermordete. Wenn weiße Deutsche im öffentlichen Raum von Rassismus betroffene Menschen töten, sollten wir uns fragen, ob Parallelen zu NSU und Hanau „zufällig“ sind. Unzählige andere rassistische Angriffe und Morde auf deutschen Straßen bleiben in der Öffentlichkeit oft unsichtbar. Diese rassistische Stimmung in Deutschland, getragen von einem nationalen „Wir“, ist für viele lebensbedrohlich – egal ob die Täter_innen „im echten Leben“, digital oder gar nicht miteinander vernetzt sind. Bullen und Medien werden ihre Aufmerksamkeit eher nicht in diese Richtung lenken, sondern vielmehr rassistische Diskurse und Verharmlosungen befeuern. Sichtbarmachung und Solidarität drohen durch Verunsicherung oder Wegschauen viel zu lange viel zu leise zu bleiben.

 

 

 

Am 19. Februar 2020wurden in Hanau neun Menschen von einem rassistischen Täter in zwei Shisha Bars, einem Kiosk und auf der Straße erschossen. Sechs weitere Menschen wurden (schwer) verletzt.Danach spekuliertenJournalist_innen, ob es eine Tat im sogenannten „Milieu“ gewesen sein könnte und erzeugten damit rassistische Bilder, die die Betroffenen von Opfern zu Täter_innen machen. Scheinbar haben sie aus dem NSU rein gar nichts gelernt. Einige Wochen später wurde versucht, die Morde von Hanau von einem rassistischen Attentat zur Tat eines psychisch Kranken zu machen.

 

 

 

Wir wissen: Rassismus tötet. Sogenannte psychische „Verwirrtheit“ kann dies nicht wegwischen. In der Pathologisierung rassistischer Täter_innen sehen wir zum einen eine Verharmlosung und Unsichtbarmachung von Rassismus. Zum anderen werden Menschen in psychischen Krisensituationen mit rassistischen Mörder_innen gleichgesetzt.

 

 

 

Am 17. März 2020 wurde in einer Shisha Bar in der Hannoveraner Nordstadt eingebrochen und ein Brand gelegt. Zum Glück wurde niemand verletzt. Auch hier ist weiterhin unklar, wer die Täter_innen und was ihre Motive waren. Unabhängig davon wissen wir, dass so ein Anschlag, nur einen Monat nach dem rassistischen Attentat von Hanau, Fragezeichen und Angst verursacht. Rassistischen Angriffen folgt die Heroisierung der Attentäter_innen in rechten Szenen, aus denen heraus Nachahmungstaten begangen werden. Diese finden oftmals wenig Beachtung. So wurde kurz nach dem Attentat in Hanau u.a. auf eine Shisha Bar in Stuttgart geschossen.

 

 

 

Unsere Antwort kann nur sein, genau hinzusehen und diese Ereignisse öffentlich sichtbar zu machen. Unsere Antwort ist Solidarität mit den Betroffenen! Das heißt, gegen Rassismus in all seinen Formen, einzustehen. Dazu gehört für uns auch, heute hier auf der Straße zu sein, gegen jeden Rassismus!

 

 

 

Wir gedenken den Ermordeten des NSU und aller rassistischen Morde in Deutschland und weltweit. Wir gedenken den in Hanau Ermordeten:

 

 

 

Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kalojan Welkow, Fatih Saraçoğlu, Said Nessar El Hashemi, Vili Viorel Păun.

 

#saytheirnames

 

 

 

Wir gedenken Arkan Hussein Khalaf. Viel Kraft den Angehörigen und Freund_innen.

 

 

Nach Schreiben dieses Textes erreicht uns die Nachricht, dass in Bad Zwischenahn (Nähe Oldenburg) nur wenige Stunden nach dem Mord an Arkan Hussein Khalaf ein Êzîde in Bad Zwischenahn (Nähe Oldenburg) ermordet wurde. Er wurde von Rettungskräften mit mehreren Stichverletzungen in seinem Auto vorgefunden. Sofort eingeleitete Reanimationsmaßnahmen blieben erfolglos, der 31-jährige Friseurladenbesitzer starb noch vor Ort.

 

 

 

 

 

 

 

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