Der Bruch der Normalität – Die Krise als Chance
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Corona stoppt die Normalität. Der Alltagstrott ist durchbrochen: Das öffentliche Leben steht still. Die Cafés, Shisha-Bars, Restaurants… alles ist geschlossen. Egal wie wir bisher unser soziales Leben gestaltet haben, wir merken alle die Auswirkungen. Die Online Kommunikation schützt vor der sozialen Isolation, doch der Chat ersetzt nicht die reale Begegnung, das Skypen nicht die Umarmung einer guten Freundin.
Gleichzeitig wächst die Angst. Die Angst um all diejenigen die zu einer der Risikogruppen gehören. Auch das ist etwas das wir fast alle fühlen. Jede_r von uns hat eine Oma mit Vorerkrankungen, einen Freund mit Autoimmunerkrankung, eine Bekannte mit Querschnittslähmung oder fällt sogar selbst in eine der Risikogruppen. Ich habe Asthma und auch wenn ich weiss, dass ich in meinem Alter und mit meiner physischen Verfassung wahrscheinlich überlebe, quält mich schon jetzt der Gedanke an Fieberzustände und Atemnot. Ich habe eine sehr stark gefährdete Oma die mir so sehr am Herzen liegt, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Ich kenne Menschen die psychisch vorbelastet sind, deren Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen gerade drohen die überhand zu gewinnen.
Die Angst ist groß, doch in mir gibt es auch noch einen Funken Hoffnung. Eine kleine Flamme der Menschlichkeit und Solidarität. Die Orientierung am Wohle aller, die Unterstützung und Sichtbarmachung von Pflege- und Sorgetätigkeiten, die Gesangseinlagen auf den Balkonen in Italien, die solidarischen Nachbarschaftsgruppen, die #Nachbarschaftschallenge… An vielen Punkten scheint gerade das Potential der Menschheit auf und ich merke wie sehr ich mich nach einem gesellschaftlichen Umbruch sehne.
Wir könnten als Menschen und als Gesellschaften dieser Welt in den nächsten Wochen lernen was wichtig ist und eine Zukunft erschaffen in denen neue Werte bestimmend sind. Doch es zeigt sich auch ein grausames Zukunftsszenario, eine düstere Zukunftsvision des „Weiter-nach-den-selben-Prinzipien“. Corona spitzt die gesellschaftlichen Zustände zu und zeigt auf dass die weitere Entwicklung zwei Richtungen nehmen kann. Es folgt der Versuch diese zwei Szenarien beispielhaft anhand der Themen: Gesundheitssystem, Technologie, Lohnarbeit, Gewalt gegen Frauen, Pflege und Sorgetätigkeiten, Wohnen, Klimawandel und Migration auszumalen. Dieser Text soll Hoffnung machen, mir selbst aber auch allen Leser_innen. Daher auch der klare Fokus auf die positiven Seiten. Er soll zeigen dass die Möglichkeit besteht Corona als gesellschaftlichen Neuanfang zu nutzen anstatt die Brutalität der momentan herrschenden Verhältnisse weiter zu stützen. Immer wieder wird der Begriff der Vergesellschaftung auftauchen. Dieser bedeutet das z.B. Unternehmen und ihre Technologien nicht mehr den Prinzipien des Marktes unterliegen sollen, sondern von gesellschaftlichen Institutionen der Selbstverwaltung organisiert und damit nach dem Prinzip des gesellschaftlichen Nutzens organisiert werden sollen. Ich spreche nicht von Verstaatlichung, da der Staat zumindest in seiner bisherigen Form nicht der Selbstverwaltung der Menschen sondern der Machterhaltung der herrschenden Gruppen über die Menschen gedient hat.
Am Beispiel Chinas sehen wir das der Ausbau staatlicher Kontrolle eben nicht die Lösung der Probleme darstellt sondern eben ein Machinstrument der dort herrschenden Partei ist. Alle folgenden Forderungen sollen nur ein Beginn sein in einem Prozess der gesellschaftlich ausgestaltet und ausgehandelt werden muss. Sozusagen notwendige Kriseninterventionen um dann in einen möglichst basisdemokratischen und dezentralen Prozess der Ausgestaltung der Zukunft gehen zu können. Unter Weiter so: verstehe ich ein weiter nach den bisherigen Prinzipien, d.h. auch ich gehe davon aus dass die Verhältnisse weiter nach rechts rücken und die autoritären Potentiale weiter ausgebaut werden. Ich beziehe mich auf meines Wissens reale Begebenheiten die recherchierbar sind und Potentiale die mir denkbar erscheinen. Mit Neu denken: will ich Anregungen schaffen, akut realpolitische wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen, wie auch längerfristige Zielsetzungen wie „Gewalt an Frauen beenden“. Diese Ziele habe ich bei unterschiedlichen Initiativen gefunden und versucht auf die aktuelle Situation anzuwenden. Was ihr lest ist also eher eine Sammlung als neue Gedanken. Wo es mir einfällt werde ich Inspirationsquellen benennen.
Gesundheitssystem
Weiter so: Die Krankenhäuser sind überlastet. Es fehlt an Pflege- und medizinischem Fachpersonal, außerdem fehlen teure Geräte wie Beatmungsgeräte. Die Intensivstationen sind überlastet und es gibt erste Gerüchte dass in Italien aussortiert wird, wer noch behandelt werden soll und wer nicht. Die Forschung am Impfstoff passiert durch Unternehmen die am Ende wohl die Rechte darüber haben. Nationalisten wie Donald Trump versuchen sich exklusive Verträge zu sichern. Die Reichen Menschen dieser Welt isolieren sich und besorgen sich hochwertige medizinische Versorgung, während andere in Lagern und Gefängnissen eingesperrt sind und kaum medizinisch versorgt werden. In Italien verbietet ein Unternehmen Krankenhäusern Mundstücke für Beatmungsgeräte zu produzieren, da es das Patent auf die Mundstückproduktion hat. Menschen sollen sterben für das Patentrecht einer Firma.
Neu denken: Die italienischen Krankenhäuser drucken die Mundstücke illegal in 3D-Druckern. Sie stellen Menschenleben über Profitlogik. Das Impfstoff-Unternehmen verweigert den Verkauf an Donald Trump und sagt der Impfstoff solle allen Menschen zugänglich gemacht werden. Der Iran entlässt viele Gefangene in den Hafturlaub um die Zustände in Gefängnissen zu entschärfen. All das sind nur Ansätze, aber sie haben gemeinsam das sie das Wohl von Menschen über den Erhalt des Systems stellen. In diese Richtung sollte weitergedacht werden. Wir brauchen:
· Sofortige Vergesellschaftung der Pharmaindustrie und Forschung
· Aufhebung aller Patente
· Vergesellschaftung des Gesundheitssektors
· Schaffung von Räumlichkeiten (z.B. durch Nutzung von Hotels als Krankenhäuser)
· Übergangsweise massive Finanzielle Unterstützung aller Krankenhäuser und dortiger Mitarbeiter*innen zur Anschaffung von Technologie (z.B. 3D-Drucker) und Sicherstellung der Versorgung von Familien und Kindern
· Pflegecrashkurse für Medizinstudent_innen zur Aufstockung der Pflegekräfte
(Inspiriert u.a. vom Ansatz der Care Revolution)
Technologie:
Weiter so: Neue Technologien werden genutzt um Daten über Personen zu erfassen. Die Bewegungsdaten von Smartphones werden in China in Massen erfasst und werden genutzt um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Gleichzeitig ist davon auszugehen dass der massive Datenfluss vom chinesischen Staat auch anders genutzt wird. Wie im letzten Abschnitt gezeigt können manche Technologien wie 3D Drucker nicht genutzt werden weil Patente fehlen. Die Kommunikation über soziale Medien nimmt massiv zu, gleichzeitig ist klar dass damit eine massive Datenflut bei profitorientierten Unternehmen landet. Wer gerade Onlinedienste nutzt kann sich also sicher sein dass die eigene Privatsphäre darunter leidet. Die Technologien die eigentlich für positive Dinge genutzt werden könnten, haben so meist einen faden Beigeschmack weil wir wissen das wir entweder profitorientierte Unternehmen oder Überwachungsstaaten mit unseren Daten füttern oder eben die Profitorientierung eine menschlich sinnvolle Nutzung unterbinden will.
Neu denken: Messenger wie Signal oder Konferenzplattformen wie Discord schützen die Privatsphäre ihrer Nutzer_innen. Open Source Software verhindert eine Aneignung der Errungenschaften durch kapitalistische Dynamiken. Viele Druckvorlagen für 3D Drucker sind online frei verfügbar. Wir brauchen für eine bessere Nutzung der Technologie:
· Open Source Softwareentwicklung
· Social Media und Smartphone Nutzung ohne Überwachung durch Staaten oder Konzerne
· à Vergesellschaftung von Google, Facebook, Amazon und Co
· Nutzung technologischen Fortschritts für die Menschheit statt für Firmen oder Staaten
(Inspiriert u.a. von der „Keine Zukunft ist auch keine Lösung“ von TOP Berlin)
Lohnarbeit:
Weiter so: Viele Selbstständige und kleine Firmen stehen vor dem Aus. Die Börse stürzt ab. All das bedeutet massive Arbeitsplatzverluste und existenzielle Bedrohungen für sehr viele Menschen. Viele wissen nicht wie sie Kinderbetreuung oder Pflegeaufgaben gleichzeitig zu ihrer Lohnarbeit organisieren sollen. Die Kitas und Kindergärten bleiben geschlossen, die Schule fällt aus, Kultureinrichtung, Cafés und Restaurants sind zu. Die staatlichen Hilfen reichen nicht im Geringsten aus um das aufzufangen. Viele Künstler_innen, kleine Cafés etc. stehen vor dem finanziellen Ruin, es gibt kein Netz um diese Menschen aufzufangen. Auf der ganzen Welt stehen Millionen vor der Angst verhungern zu müssen. Die Losung unserer Zeit „Nur wer arbeitet, soll auch essen“ zeigt wieder einmal ihre grausame Seite. Neben der Sorge um Corona mischen sich immer mehr wirtschaftliche Sorgen und Ängste. Das hat auch Folgen für die (psychische) Gesundheit vieler Menschen.
Neu denken: Es gibt viele Initiative zur finanziellen Unterstützung von anderen Menschen. Es gibt eine Aufmerksamkeit dafür, dass Sorge- und Pflegetätigkeiten enorm wichtig für den Erhalt unserer Gesellschaft sind. Auch hier brauch es gravierende Veränderungen um einen guten Weg anzustoßen:
· Sofortiges Bedingungsloses Grundeinkommen/Grundversorgung für alle Menschen statt Bankenrettungspakete (Existenzielle Sicherheit für alle Menschen, egal ob arbeitsfähig oder nicht)
· Veränderung der Grundlogik unseres Wirtschaftssystems. Kurz: People over Profit!
· Aufbau einer Gemeinwohlorientierten selbstverwalteten Wirtschaft
· Schrittweise Abschaffung des gesamten Arbeitssektors und Arbeitsaufwands rund um Geld. Also Schließung aller Banken, Versicherungen, Arbeitsämter etc.
· Anerkennung und Ausbau aller Sorge- und Pflegetätigkeiten
· Reduzieren des zum Erhalt gesellschaftlicher Bedürfnisse nötigen Arbeitsaufwandes auf so wenig wie möglich Wochenstunden pro Person (erster Schritt: Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden)
(Inspiriert u.a. vom „Manifest gegen die Arbeit“ von der Gruppe Krisis)
Gewalt gegen Frauen:
Weiter so: Jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Partnerin zu töten. Jeden dritten Tag stirbt eine Frau an diesen Versuchen. 114.000 Frauen waren 2018 in Deutschland von häuslicher Gewalt betroffen. Die in den nächsten Wochen oft vorkommende häusliche Quarantäne bedeutet für viele Frauen ein absolutes Horrorszenario. Gleichzeitig ist die Versorgungslage an Anlaufstellen mehr als schlecht. Notrufstellen und vor allem Frauenhäuser sind massiv überlastet und unterfinanziert. Dieser Aspekt der Corona-Krise findet kaum gesellschaftliche Beachtung und ist trotzdem eine riesige Problematik mit kaum absehbaren Folgen. Auch andere Opfergruppen von Gewalt Zuhause, also queere Personen, nicht-binäre Personen aber auch Männer, fehlen Schutzräume in der nächsten Zeit.
Neu denken: In vielen Teilen der Welt formiert sich ein feministischer Widerstand gegen die patriarchale Gewalt. Und auch in Deutschland gibt es mit den Frauenschutzstrukturen und feministischen Gruppen Ansatzpunkte für eine Veränderung dieser Problematik. Wir brauchen:
· Ein Ende der Gewalt an Frauen, nicht-binären und queeren Personen
· Die Thematisierung struktureller Gewalt an Frauen
· Stärkung aller Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen! (Frauenhäuser, Frauen-Notruf etc.)
· Massive Förderung von unabhängigen feministischen Projekten zur Sensibilisierung und Gewaltprävention!
· Konsequentes Vorgehen gegen Frauenfeindlichkeit, auf politischer, ökonomischer, kultureller und individueller Ebene!
(Inspiriert u.a. von der Arbeit der Feministischen Frauengruppe Göttingen zur Thematik)
Wohnen:
Weiter so: Viele Menschen sind wohnungslos, viele sind von Zwangsräumungen bedroht, gerade jetzt wo das Geld für die Miete vielleicht ausbleibt. Das verschärft die gesundheitliche Bedrohung enorm. Gleichzeitig ist es für Immobilienbesitzer oft profitabler Wohnungen und Häuser leerstehen zu lassen und manche Menschen besitzen riesige Villen oder ganze Landstriche. Die Gentrifizierung treibt immer mehr Menschen in kleinere Wohnungen, was gerade in Zeiten von Quarantäne die psychische Belastung massiv verschärft. Viele die gerade versuchen zu migrieren werden in Massen in Lager gesperrt anstatt dezentral in Wohnung untergebracht zu werden. Die Angst vor Obdachlosigkeit und Mietausfällen steigt.
Neu denken: Mietpreisbremsen werden erkämpft, es wird wieder über Enteignungen diskutiert. Im Mietshäusersyndikat schaffen es Gruppen Häuser der Profitlogik weitestgehend zu entziehen und unter Selbstverwaltung der Bewohner_innen zu stellen. Mietproteste halten an und Zwangsräumungen werden durch solidarische Nachbarschaften verhindert. Dies alles weist in die richtige Richtung, wir brauchen:
· Sofortiger Stopp von Zwangsräumungen
· Vergesellschaftung von Wohnraum, sofortige Einstellungen von Mietzahlungen, Enteignung von Immobilienbesitz zur Profiterwirtschaftung
· Ein Grundrecht auf eine menschenwürdige Unterkunft (nach eigenen Maßstäben) und sicheren Boden
· Schaffung von Wohnraum wo notwendig
(Inspiriert u.a. vom Aktionsbündnis gegen Verdrängung & Mietenwahnsinn)
Klimawandel:
Weiter so: Die Corona-Krise hat die andere große Krise unserer Zeit fast in Vergessenheit geraten lassen. Wir stehen immer noch vor der Lösung der Klimakrise. Die Leerflüge von Flugzeugen die gerade stattfinden, weil Unternehmen nicht ihre Start- und Landeslots verlieren wollen, zeigen wie absurd die Profitorientierung gegen jede Vernunft aufrecht erhalten bleibt. Gleichzeitig verhindert Corona gerade offline alle Klimaproteste was höchst problematisch ist, da die Politik sich bis jetzt weltweit verweigert die nötigen Maßnahmen zu Treffen. Wir steuern immer noch sehenden Auges auf eine Klimakatastrophe zu, deren Auswirkungen die Folgen des Corona-Virus bei weitem übertreffen werden. Der Zwang die Wirtschaft am Laufen zu halten wird vermutlich erst dann hinterfragt werden wenn es zu spät ist. Hungersnöte, Naturkatastrophen, Artensterben, Verbreitung von Erregern in neuen Klimazonen.. All das steht prognostizieren tausende renommierte Wissenschaftler und es wird bisher ignoriert.
Neu denken: Überall auf der Welt gibt es Initiativen die sich mit der Möglichkeit eines nachhaltigem Lebens beschäftigen, überall gibt es Gruppen die versuchen ein anderes Mensch-Natur Verhältnis zu entwickeln (oder bei indigenen Gruppen zu erhalten), es werden umweltfreundliche Wege zur Energiegewinnung entwickelt usw. Wieder gibt es vieles an das sich anknüpfen lässt und auch viele politische Forderungen, die ganz konkret Verbesserungen bringen würden.
· Sofortiger Stopp von Leerflügen
· Schnellstmöglicher Ausstieg aus fossiler Energie (Grundeinkommen für Arbeiter_innen nicht vergessen)
· Nachhaltiges Wirtschaften
· Vergesellschaftung von Energiebetrieben
· Fahrradfreundliche Städte schaffen
· Kostenloser öffentlicher Nahverkehr und Zugverkehr, Ausbau des Bus- und Schienennetzes
· Ausbau regenerativer Energien
· Massive Förderung der Forschung zu regenerativen Energien
(Inspiriert u.a. von Ende Gelände und Fridays for Future)
Migration:
Weiter so: Im Mittelmeer ertrinken zehntausende Menschen. Gerade jetzt sind zehntausende Menschen an der griechisch-türkischen Grenze. Menschen, u.a. Kinder werden mit Tränengas beschossen weil sie vor dem Krieg fliehen. Kinder verbrennen bei Bränden in überfüllten Camps. In Deutschland sind Menschen in Lagern untergebracht und so massiv von Corona-Ansteckungen gefährdet. Gleichzeitig ist die medizinische Versorgungslage in Camps und Lagern besonders schlecht. Das europäische Grenzregime fordert schon wieder tausende Tote
Neu denken: Ich kann mich hier nur der PM der Women in exile anschließen:
„Pressemitteilung von Women in exile vom 16.03.:
Die Covid-19-Pandemie und Flüchtlingslager
Öffentliche Veranstaltungen werden im ganzen Land abgesagt, Schulen werden geschlossen, Behörden raten Menschen, sich von überfüllten Räumen fernzuhalten.
Aber diese Informationen und Diskussionen sind in deutscher Sprache. Flüchtlinge, die die deutsche Sprache nur begrenzt verstehen, sind auf soziale Medien oder Freund*innen angewiesen, um sich zu informieren. Die Flüchtlinge aus den Lagern in Eisenhüttenstadt, Wünsdorf, Doberlug-Kirchhain und natürlich aus allen anderen, kleineren Heimen in Berlin/Brandenburg, bekommen den Ernst der Situation so nicht aus verlässlichen Quellen vermittelt.
Es gab bis heute keine Information durch die Behörden zum Umgang mit Covid-19 in den Lagern an die Flüchtlinge. Beim Umgang mit der Pandemie in den Lagern haben die Flüchtlinge weder Mitspracherecht noch erfahren sie Transparenz.
Die Covid-19-Pandemie wird Flüchtlinge in den Lagern massiv betreffen.
Flüchtlinge in Deutschland sind beim Zugang zur medizinischen Versorgung durch das Asylbewerberleistungsgesetz diskriminiert: erst müssen Sozialbehörden konsultiert werden, ob Arztrechnungen bezahlt werden. In Suhl/Türingen wurde die gesamte Erstaufnahmeeinrichtung nach einem bestätigten Fall von Corona-Infektion unter Quarantäne gestellt (ca. 500 Menschen).
Dies wird fatale gesundheitliche Auswirkungen für die Anderen haben.
Wirtschaftliche und gesundheitliche Krisen können Autoritarismus und die Sündenbocksuche steigern – die rassistischen Attacken auf uns Flüchtlinge werden steigen, wenn nicht interveniert wird. Denken die europäischen Regierungen an die Folgen, die sich ergeben, wenn jemand aus diesen verletzlichen Gruppen positiv auf Covid-19 getestet wird?
Flüchtlinge leben europaweit in Massenunterkünften. Trotz der Pandemie finden nach wie vor Abschiebungen in einige europäische Länder statt. Polizei und rechte Gruppen an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland setzen alle Mittel ein, um Flüchtlinge am Grenzübertritt zu hindern.
Regierungspolitiker*innen sprechen statt von der sofortigen Evakuierung der Lager und einem Zugang zur gesetzliche Krankenkasse, über die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Die Europäer*innen beschweren sich, dass Trump ihnen nicht erlaubt, in die USA zu reisen, sondern nur den Warenverkehr zuzulassen. Das ist was wir Flüchtlinge aus dem globalen Süden vom globalen Norden seit Langem erfahren. Die Bewegungsfreiheit wird uns verweigert, aber der freie Warenfluss ist zugelassen.
Es wird Zeit die #Nachbarschafts-challenge zu weiten. Nicht nur weiße, deutsche Nachbar*innen haben Recht auf Fürsorge und Gesundheit, auch Flüchtlinge.
Daher fordern wir von Women in Exile & Friends:
· Mehrsprachige Informationen, Transparenz der Behörden und Mitspracherechte der Geflüchteten in Erstaufnahmen
· Möglichst schnelle, dezentrale Unterbringung und Schließung der Lager
· Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung
· Bedingungsloses Grundeinkommen
All dies würde die jetzige Situation sehr entspannen.
Pressekontakt Women in Exile
Tel.: 01521 3070280 / info@women-in-exile.net“
Aufbrechen in eine neue Welt…
Wir stehen vor der historischen Chance mit dem „Weiter so“ aufzuhören und den Bruch der gerade entsteht zu nutzen um weiterzukommen. Nutzen wir die schon bestehenden feministischen, wohnraumpolitischen, antirassistischen Strukturen und die gerade entstehenden Strukturen zu Nachbarschaftshilfen und –Solidarität. Wenn wir aufhören uns von der Angst lähmen zu lassen, könnte tatsächlich ein Moment gekommen sein an dem Forderungen die die Gesellschaft grundsätzlich in Frage stellen wieder mehr Gehör geschenkt wird. Zusammen und solidarisch können wir als Gesellschaft gestärkt aus dieser Krise gehen, anstatt uns Vereinzelung und Konkurrenz hinzugeben. Kurz gesagt: Solidarität statt Hamsterkäufe! Auf zu einer Gesellschaft der Menschlichkeit, Fürsorge und Pflege!
Das Modell des demokratischen Konföderalismus mit einer starken unabhängigen Frauenstruktur, wie es in Kurdistan erschaffen und erhalten wird kann eine Inspiration sein. Ein Denkanstoß um die Zukunft in die eigene Hand zu nehmen. Es gilt jetzt akute Maßnahmen lautstark zu fordern, um die schlimmsten Katastrophen abzuwenden und sich im nächsten Schritt neu zu organisieren um Hoffnung zu schaffen in einer Zeit die sich kaum aussichtsloser anfühlen könnte.
#riseup4humanity
*Texte schreiben und vor allem sie veröffentlichen fällt mir extrem schwer. Der Text ist natürlich nicht mehr als ein Debattenbeitrag, eine Anregung in die Diskussion zu kommen. Entstanden in der Trostlosigkeit der Quarantäne. Ich versuche mit Fehler- und Selbstkritikbereitschaft die Hürde der Veröffentlichung zu überwinden. Auch in der Hoffnung andere Frauen zum selben Schritt zu ermutigen. Also her mit jeder noch so vernichtenden Kritik, aber gerne auch mit positivem Feedback <3*
