[Kolumbien] Die Wahlen zwischen Frieden und Krieg
Nach einer Studie der Stiftung „Paz y Reconciliación“ wurden ein Rückgang der bewaffneten Aktionen im kolumbianischen Konflikt und eine Dynamik festgestellt, in der die FARC-EP im Rhythmus der Verhandlungen militärisch aktiv werden. Bis Ende Mai gab es im Jahr 2014 382 bewaffnete Aktionen.
Insgesamt sind die Aktionen zwischen Januar und Mai dieses Jahr um 58% zurückgegangen im Vergleich zum Vorjahr 2013 (907 Aktionen) und 2012 (fast 1000). Der Rückgang wird unter anderem damit begründet, dass sich die FARC-EP mit jeder ihrer Aktionen in den Zeiten der Friedensgespräche vor der Öffentlichkeit rechtfertigen müssen. Immer wenn die Verhandlungen stockten, gab es einen Zuwachs an bewaffneten Aktionen, während in Phasen des Fortschritts keine nennenswerten Angriffe zu verzeichnen waren. Ein Teil der Angriffe bezieht sich immer noch auf die Infrastruktur von Erdöl und Energie.
Man darf aber nicht vergessen, dass im Zeitraum 2014 bereits zwei unilaterale Waffenstillstände von der FARC-EP ausgerufen wurden. Die 23 Tage der Waffenruhe beziehen sich auf zwei Wochen im Januar, dem Waffenstillstand von Weihnachten und Neujahr, sowie auf eine Woche, die im Zuge der Präsidentschaftswahlen im Mai vereinbart wurde. Eine Waffenruhe seitens der Regierung konnte bisher noch nicht abgerungen werden. Die Militäraktionen werden auch während der Friedensgespräche unvermindert fortgesetzt.
Auf der anderen Seite steht der Friedensprozess aktuell auf wackeligen Beinen. Dies hat jedoch nicht mit der aktuellen Regierung oder der aufständischen Bewegung zu tun, sondern viel mehr mit den Präsidentschaftswahlen, in der sich in der zweiten Runde am 15. Juni Santos und sein ultrarechter Gegenkandidat und Spitzenreiter der ersten Runde Óscar Iván Zuluaga gegenüberstehen. Auch wenn die Aussagen von Zuluaga zum Friedensprozess ungenau sind, so gilt er doch nicht als Freund von Gesprächen und so betonte er bereits mehrmals, den bisher in der Geschichte Kolumbiens am weitesten fortgeschrittenen Friedensprozess sofort zu beenden.
Gezeichnet ist auch der Wahlkampf zwischen Frieden und Krieg. Auf der einen Seite haben wir Santos, rechtskonservativer Kandidat, der die Friedensgespräche fortführen will und dadurch Unterstützung der Linken erhält. Auf der anderen Seite Zuluaga, gesteuert von Ex-Präsident Uribe, der für Krieg und Paramilitarismus steht. Deswegen erscheint es irrational, wenn linke Parteien und Bewegungen für Santos votieren, der ebenfalls in Skandale wie den „falsos positivos“, der Ermordung von „falschen“ Guerilleros gegen Prämien, sowie weiteren Menschenrechtsverletzungen verwickelt war. Eine weitere Aufgabe dürfte sein, die mehr als 60% Nichtwähler zu überzeugen, für den Frieden abzustimmen.
Man spricht in Kolumbien bereits von einer Friedenspädagogik und einer Politik für den Frieden, in der progressive Kräfte, Parteien wie Polo (Linke) und Alianza Verde (Grüne) sowie soziale Bewegungen den Kandidaten Santos unterstützen und Allianzen für die Fortsetzung einer Friedenspolitik gebildet werden. Eindringlich warnen Intellektuelle und viele demokratische Kräfte vor der Rückkehr Uribes in die Regierungspolitik. Derjenige, der das Land wie nie zuvor militarisierte und für eine Politik des Krieges und der Konfrontation steht. Die FARC-EP hingegen haben sich bisher mit Meldungen und Prognosen bezüglich der Präsidentschaftswahlen zurückgehalten.