Kampfsport und Sexismus

Event Datum: 
Sonntag, Februar 2, 2020 - 22:15
Wir sind nicht nur Quoten“mädels“, die eure Veranstaltungen spannend machen. Wir sind Trainerinnen*, Ringrichterinnen*, Kämpferinnen*, Moderatorinnen* und Kampfsportfans

"No racism. No sexism. No homophobia" Eine Phrase, die bei jedem linken Veranstaltungstext und jeder Veranstaltung konstitutiv ist und es auch sein soll. Es gibt Menschen, die sich darauf verlassen, dass die Veranstaltung, die sie besuchen dem auch gerecht wird, oder zumindest alles dafür getan wird, dass dies so ist. Gerade Kampfsportevents sollte diesbezüglich ein gesondertes Engagement entgegengebracht werden. Es geht um Vollkontaktsport, physische Gewalt, Anspannung und Körper. Ein durchaus sensibler Themenkomplex für alle, aber in ganz besonderer Form für nicht cis männliche Personen.  Nach einigen Veranstaltungen und Vorkommnissen ergibt sich ein Bild, dass die notwendigen Grundsätze einer jeden linken Veranstaltung zum Lippenbekenntnis werden lassen:  Eine Kampfsportveranstaltung in Berlin wird durch zwei Männer moderiert. Einer der Moderatoren versucht die Stimmung aufzulockern, indem er einen Witz vorliest, dessen Pointe auf Vergewaltigung und Geschlechtslosigkeit beruht. Davor hatte er bereits versucht das Publikum zu erheitern, indem er Witze über Menschen mit körperlicher Behinderung machte.  Der Ringrichter eben dieser Veranstaltung, sowie eines weiteren Events in Hamburg, ist ein alter Bekannter von ostsächsischen Kampfsportveranstaltungen. Er hat mit dem Sponsoring seiner Veranstaltung durch die Marke „Yakuza Premium“, kein Problem. Er schickt Ringgirls trotz aller Kritik auf die Bühne. Als Maximum der politischen Positionierung wird den von ihm mitorganisierten Kampfsportveranstaltungen vorangestellt: „DRESSCODE Kultiviert. Thor Steinar usw. sind nicht kultiviert.“ Natürlich kann man argumentieren, dass diese Positionierung ausreichend ist in einem Teil Sachsens, in dem Nazis völkische Festivals veranstalten, auf Geflüchtetenunterkünfte schießen oder sich Combat18 gern mal trifft. Dann muss man sich aber gleichermaßen fragen, ob eben dieser Verein nicht Teil des Problems ist, wenn er neben den genannten Verfehlungen auch jährliche „Männerfeste“ zum sog. Herrentag ausrichtet, bei denen „die männliche Schöpfung“ als „Evergreen“ beworben wird und das Erscheinen von Frauen (Wiedergabe, daher kein *) mit einer Flasche Sekt belohnt wird.  In Frankfurt am Main kämpft ein Mann, dessen Gewaltproblem bekannt ist und der eben deswegen aus Gruppen und Bündnissen ausscheiden musste. Zu dieser Veranstaltung reist auch ein Team an, in dem zwei Männer trainieren, deren Übergriffe öffentlich gemacht wurden. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Gym scheitert an der Veranstaltungsgruppe, die sich über die Hinweise (auch der Betroffenen) hinwegsetzen. Dass sich Konflikte fernab vom Sport selbst auf der Veranstaltung ergeben, ist logische Konsequenz bei soviel geballter „Männerpower“ und fehlendem Reflexionsvermögen. In einem Gym in Leipzig trainiert ein Mann, dessen körperliche Gewalt gegenüber der Ex-Partnerin den Verantwortlichen bekannt ist. Nach dem üblichen Schuldsuchen bei der Genossin, hat weder die Freundschaft, noch der Trainingsverlauf einen Knick. All die genannten Erfahrungen wurden von Genossinnen* angesprochen und den Verantwortlichen kommuniziert.  Eine Auseinandersetzung fand in keinem Fall statt. Stattdessen wurde sich Rückhalt geholt - bei den Brudis aus dem eigenen Gym. Es wurde versucht zu erklären - uns Frauen* - der Feminismus beispielsweise… Es wurde die Dreifaltigkeit des Kleinredens ausgepackt: Mit dem Mann hat man krasse Sachen erlebt. / Der Mann ist wichtig für die Szene und/oder organisiert. / Man würde dem Mann den Boden unter den Füßen wegreißen. Es wurde geschwiegen und abgewartet bis dann wenig später wieder der gleiche Müll reproduziert werden konnte.  Aus den Erfahrungen von diesen und weiteren Veranstaltungen/Trainings/Sparrings und Gymvernetzungen ergibt sich für uns Nichts, außer dem Wissen, dass jegliches Engagement zur Schaffung eines diskriminierungsfreien Raumes völlig wertlos ist, wenn es letztlich um eine Show von Männern für Männer geht, in denen Körperästhetik, sportliche Konkurrenz und Szenestanding DEN Gewinner des Abends ausmachen. Hört dann aber endlich auf euch (peinlich) zu positionieren und „linksradikalen Lifestyle“ als Unique-Selling-Point für eure Veranstaltungen zu benutzen. Veranstaltet eure Fights nicht mehr in linken Räumen und unter dem Deckmantel einer Veranstaltung, bei der sich alle frei bewegen können. Ihr drängt Menschen aus linken Freiräumen, sorgt dafür, dass sie mit Gewalt außerhalb des Vollkontaktsports (wieder) konfrontiert werden und wertet Menschen bewusst ab.   Der Sport ist wichtig für Genossinnen* - also hört auf daraus eure mackrigen Events zu basteln, in denen ihr euch doch wieder nur auf eure peinliche Männlichkeit reduzieren könnt. Genossinnen* sind nicht nur Quoten“mädels“, die eure Veranstaltungen spannend machen. Sie sind Trainerinnen*, Ringrichterinnen*, Kämpferinnen*, Moderatorinnen* und Kampfsportfans, die euch zu eurer Lieblingsfloskel „no sexism“ noch einiges beibringen könnten. Besser wäre natürlich, wenn ihr patriarchales Verhalten anerkennt, euch gegenseitig konfrontiert und es euren Genossinnen* nicht antut, euch auch noch eure in Ankündigungen kopierte Floskeln erklären zu müssen.  

 

 

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