Nein zum Krieg gegen den Iran! Freiheit für Palästina – Für einen revolutionären Internationalismus!

„Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts passiert, und Wochen, in denen Jahrzehnte passieren.“

In den letzten Wochen scheint es so als würden Jahrzehnte passieren. Israels Aggression im Nahen- und mittleren Osten nimmt noch nicht dagewesene Ausmaße an und droht die gesamte Region in Krieg und Elend zu stürzen.

Eine knappe Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse

  • Am 13. Juni begann Israel mit Luftschlägen und Raketenbeschuss auf den Iran. Dabei wurden Atomkraftwerke, militärische Einrichtungen aber auch Wohngebiete, Ölraffinerien und zivile Infrastruktur wie Wasserleitungen und Feuerwachen angegriffen. Es wurden ranghohe Militärs, Wissenschaftler:innen und hunderte weiterer Zivilist:innen getötet.

  • Der Iran reagierte darauf mit Raketen- und Drohnenbeschuss auf Israel und traf dabei unter anderem das israelische Verteidigungsministerium in Tel-Aviv. Die palästinensischen Gemeinden in Israel und den besetzten Gebieten sind durch die Angriffe besonders gefährdet. Nur 46% der Palästinenser:innen in Israel haben Zugang zu Schutzräumen (raketensichere Bunker) – ein weiterer Ausdruck des rassistischen Apartheidregimes.

  • Seitdem kommt es immer wieder zu gegenseitigem Beschuss, dem vor allem Zivilist:innen zum Opfer fallen. Das Ergebnis sind hunderte Tote und tausende Verletzte im Iran, Tote im zweistelligen Bereich in Israel.

  • Die G7 einigten sich auf ein knappes Statement, das zwar auf „Deeskalation“ pocht, im gleichen Atemzug jedoch Israels „Recht auf Selbstverteidigung“ betont. Damit zeigen die westlichen Mächte auf wessen Seite sie sich positionieren. Trump ging dabei noch weiter und forderte über X den Iran auf, bedingungslos zu kapitulieren.

  • Am 21. Juni sind die USA in den Krieg eingestiegen und haben drei iranische Nuklearanlagen bombardiert. Trump spricht offen von der Option eines Regime-Changes von Außen.

Seitdem ist die Lage nach wie vor hoch dynamisch und eine weitere Eskalation scheint wahrscheinlich. Wir wollen an dieser Stelle einen kurzen Blick darauf werfen, welche Interessen hinter dem Krieg stehen und was wir hier in Deutschland tun sollten.

 

 

Keine Selbstverteidigung, sondern Machtansprüche!

 

Entgegen der Behauptungen Israels handelt es sich bei diesem Krieg nicht um einen Akt der präventiven Selbstverteidigung der notwendig sei, um die Entwicklung von Atomwaffen durch den Iran zu stoppen. Ob der Iran aktuell überhaupt an Atomwaffen arbeitet, ist zumindest fraglich. Aber auch wenn dies der Fall sein sollte, würde es die Angriffe durch die einzige Atommacht in der Region nicht rechtfertigen. Es geht hier nicht um Sicherheit, sondern um Eskalation: Das iranische Regime hat nach den Angriffen nun erst Recht einen Grund, die Entwicklung von Atomwaffen zu forcieren, da sich dessen konventionelle Abschreckung als wirkungslos erwiesen hat. Und nebenbei haben die Attacken laufende Verhandlungen zur internationalen Kontrolle des iranischen Atomprogramms sabotiuert.

 

Israel geht es in diesem Krieg darum, den Iran als regionalen Konkurrenten anzugreifen und das Regime nach Möglichkeit zu stürzen. Die nun losgetretene Eskalation bildet eine weitere Front im regionalen Neuordnungskrieg Israels. Im Kontext der globalen Krise des Kapitalismus und der brüchigen Hegemonie der USA, hat Israel mit ihrer engen Unterstützung aktuell freie Hand, die westliche Hegemonie in der Region mit einer Kriegs- und Vernichtungspolitik herbeizubomben, die alle militärischen Aggressionen der letzten Jahrzehnte in den Schatten stellt.

 

  • Der Angriff Israels bricht ohne Konsequenzen fürchten zu müssen das Völkerrecht. Sogenannte Präventivschläge ohne konkrete Bedrohungslage, sowie Angriffe auf Wissenschaftler:innen und die Bevölkerung, sind im Völkerrecht definitiv verboten. Klar ist aber ohnehin auch, dass ein siedlerkolonialer Staat der einen Völkermord in Palästina begeht, nicht viel auf das Völkerrecht gibt.

  • Gaza, das Westjordanland, Libanon, Syrien, Irak, Yemen und nun der Iran: Israel eröffnet mit den Angriffen die 7. Kampffront in knapp 2 Jahren. Wenn man sich vor einem Staat in der Region also schützen muss, dann vor Israel.

  • Gezielte Exekutionen von politischen und militärischen Führungspersonen sind schon immer Teil der israelischen Politik. Wie niedrig die Schwelle für solche Operationen mittlerweile ist, zeigt auch, welche neuen Maßstäbe hier gesetzt und normalisiert werden.

 

Rückendeckung vom Westen

Bei seinem völkerrechtswidrigen Angriff bekommt Israel Rückendeckung durch die NATO. Trump forderte das iranische Regime zur bedingungslosen Kapitulation auf und auch die deutsche Politik stellt sich hinter Israel. Die wenigen, vorsichtig kritischen Töne, die sich dabei vernehmen lassen, gehören zur Show.

Merz brachte das Verhältnis mit seiner Behauptung, dass Israel mit dem Angriff auf den Iran die „Drecksarbeit“ für „uns“ mache, ganz gut auf den Punkt. Dabei lügt er natürlich, denn vielleicht macht Israel die Drecksarbeit für das westliche Kapital, aber ganz sicher nicht für die Bevölkerung hierzulande, die von einer weiteren Kriegseskalation im Nahen Osten überhaupt gar nichts hat.

Israel ist eine strategisch relevante Macht zur Wahrung westlicher Interessen in der Region. Und der Westen hat ein Interesse das iranische Regime loszuwerden. Nicht weil es eine Diktatur ist, sondern weil der Iran sich der westlichen Hegemonie widersetzt und dies als Regionalmacht auch über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Das „Islamische Republik“ trat 1979 an die Stelle einer nicht weniger reaktionären pro-westlichen Schahmonarchie und verweigerte westlichen Konzernen fortan den direkten Zugriff auf die reichhaltigen Öl und Gasvorkommen des Landes.

Der nun angestrebte Regimechange, sollte also nicht mit Bestrebungen hin zu einer Demokratisierung oder Befreiung des Irans von reaktionärer kapitalistischer Herrschaft verwechselt werden. Wichtige Verbündete des Westens sind nach wie vor die monarchistischen Überreste des Schahmonarchie, die durchweg pro-zionistisch und pro-USA eingestellt sind. Ein westlich instruierter Regimechange verbunden mit der völligen Öffnung der iranischen Märkte würde sicherlich keine wirklichen Verbesserungen für die iranische Bevölkerung mit sich bringen. Nicht umsonst kämpften iranische Kommunist:innen Ende der 1970er an vorderster Front mit großem Rückhalt in der Bevölkerung für ein Ende der Schahmonarchie.

 

Fallstricke vermeiden

Wir sehen aktuell zwei Tendenzen in linken Debatten, die wir für gefährlich halten.

1) Eine Position des „objektiven Antiimperialismus“

Die Tendenz, sich nun auf die Seite des iranischen Regimes zu stellen, ist vielleicht erst einmal nachvollziehbar. Immerhin handelt es sich bei den israelischen Angriffen um einen Teil eines großangelegten Angriffskrieges der die Souveränität einer ganzen Reihe von Staaten gewaltsam in Frage stellt.

Wesentlich für eine linke Perspektive auf den iranischen Staat ist aber, dass er die Interessen der iranischen Bourgeoisie vertritt. Eine Bourgeoisie, deren Herrschaft mit der massenhaften Verfolgung und Ermordung von Kommunist:innen begann, in deren Kerkern auch heute noch Streikende, Kommunist:innen und andere Linke gefoltert und hingerichtet werden, die in besonderer Weise Frauen und Queers unterdrückt und die große Teile der eigenen Bevölkerung mit einem harten neoliberalen Kurs seit den 90ern in Armut und Unsicherheit hält. Der aktuelle Kriegszustand bedeutet für fortschrittliche Teile der Bevölkerung in erster Linie eine weitere Verschärfung der ohnehin harten Repression und noch höhere Rüstungsausgaben, die an anderer Stelle fehlen.

Eine ganze Reihe an gewerkschaftlichen und feministischen Kräften, politischen Gefangenen und fortschrittlichen Prominenten aus dem Iran bezieht klar Stellung sowohl gegen die israelischen Kriegshandlungen, als auch gegen das Regime. Von beiden Seiten ist kein Ende von Ausbeutung, Krieg und Unterdrückung zu erwarten. Eine lebenswerte Perspektive ist nur denkbar, wenn sich das iranische Volk von seinen Unterdrückern befreit – allerdings ohne Einmischung anderer kapitalistischer Mächte.

2) Befreiungsimperialismus

Die von westlichen Politiker:innen gerne vorgeschobene und in hiesigen Medien unablässig wiederholte Position ist, dass die Angriffe auf den Iran zu befürworten seien, weil der von außen herbeigebombte Sturz des Regimes die Chance für einen demokratischen Wandel eröffne.

Diese Position leugnet, dass Israel eigene Interessen verfolgt und sich um das iranische Volk und dessen Interessen herzlich wenig sorgt. Das zeigen unter anderem die Flächenbombardements auf Wohngebiete Teherans. Ohne gesicherte Lebensmittel- und Energieversorgung und ohne Schutzräume ist die Bevölkerung den Angriffen und Zerstörungen hilflos ausgeliefert.

Der politische Ersatz für das aktuelle Regime soll nach israelischen Vorstellungen mitnichten die iranische Bevölkerung selbst sein. Vielmehr werden Figuren wie der im Exil lebende Israel- und USA-freundliche „Kronprinz“ Pahlavi, der die längste Zeit seines Lebens in Miami verbrachte und keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung hat, jetzt hoch gehandelt.

Für einen demokratischen Umbau der Gesellschaft, für Frauenbefreiung, die Gleichberechtigung ethnischer Minderheiten und eine kollektive Kontrolle über die Reichtümer des Landes braucht es keine israelischen Bomben, sondern kämpfende Bewegungen, die von unten an der Macht rütteln. Dass das im Iran sehr wohl möglich ist, haben Hunderttausende gezeigt, die sich 2022 nach der staatlichen Ermordung Jina Ahminis unter dem Slogan „Jin Jiyan Azadi“ (Frau, Leben, Freiheit) erhoben und gegen das Regime gekämpft haben.

 

Revolutionäre Solidarität aufbauen

Orientierungen für eine proletarisch-internationalistische Position & Praxis:

1) Revolutionäre, proletarische Kräfte sind unsere Verbündeten.

Wir sind nicht unparteiisch. Wir stehen auf der Seite der internationalen Arbeiter:innenklasse und aller unterdrückten Völker. Das bedeutet, dass unsere Verbündeten die revolutionären, linken und kommunistischen Kräfte im Iran sind. In einem aktuellen Statement schreibt ein breiter Zusammenschluss unabhängiger Gewerkschaften und Basisorganisationen: „Dieser Kampf kann nur vorankommen, wenn wir uns auf die eigene Stärke verlassen, an die Bewegungen der letzten Jahre – darunter „Brot, Arbeit, Freiheit“ [2018] und „Frau, Leben, Freiheit“ [2022] – anknüpfen und uns mit der internationalen Arbeiterklasse und allen humanistischen, freiheitsliebenden und gleichheitsorientierten Kräften solidarisieren.“

 

Ebenso stellen wir uns auf die Seite des vielschichtigen palästinensischen Widerstands, der sich dem andauernden Völkermord widersetzt. Dabei orientieren wir uns insbesondere an den Kräften, die darin für eine sozialistische Perspektive eintreten, für eine solidarisch organisierte Gesellschaft verschiedener ethnischer und religiöser Gruppen jenseits vom rassistischen Siedlerkolonialismus des israelischen Staates. Bewegungen, die die Volksmassen ergreifen und sich gegen Fundamentalismus, imperialistische Einmischung und Kapitalismus positionieren, sind unabdingbar der Befreiung der Menschen in der Region von Ausbeutung und Unterdrückung.

Auch diejenigen, die in Israel gegen Kriegspolitik, Besatzung und Rassismus ankämpfen, sind wichtige Verbündete. Obgleich es nur wenige sind, die sich der aggressiven Indoktrination und Repression des israelischen Staates entgegenstellen, machen sie deutlich, dass Zionismus, die israelische Regierung und die Menschen, die in Israel leben eben nicht ein und dasselbe sind.

Wenn wir es schaffen, Solidarität mit diesen Kräften zu organisieren und unsere Kämpfe zu verbinden, dann haben wir schon viel gewonnen.

2) Der Hauptfeind steht im eigenen Land

Hier in Deutschland ist der Ausgangspunkt unserer Arbeit, hier können wir dem Krieg entgegentreten. Der bekannte israelische Historiker Ilan Pappé betont zurecht: Der Genozid und die Kriegseskalationen Israels wären ohne US-amerikanische und europäische Unterstützung nicht möglich!

Und Ansatzpunkte gibt es genug:

Parteien, die die israelische Politik unterstützen und damit Krieg und Völkermord Rückendeckung geben, gibt es in Deutschland zu Genüge. Es ist das gesamte bürgerliche Parteienlager von der SPD bis zur AfD. Machen wir auf ihre Heuchelei aufmerksam, wenn sie von Menschenrechten, Demokratie, oder dem „Recht auf Selbstverteidigung“ sprechen. Entlarven wir sie als das was sie sind: Kriegstreiber und Imperialisten!

Ebenso ist hier eine ganze Reihe an Unternehmen zu Hause, die von Israels Besatzung, Krieg und Völkermord profitieren. Das deutsche Kapital ist Israels wichtigster Handelspartner in der EU. Ob Rüstungsindustrie, IT-Unternehmen oder Banken: Ihre Komplizenschaft offenzulegen, sie zu markieren und anzugehen schadet der israelischen Kriegsmaschinerie. Es ist ein besonders wichtiges Signal der internationalen Solidarität hier vor Ort ihre Finanziers und Quellen für Nachschub anzugreifen.

 

Also: Lasst es uns anpacken: Von Deutschland nach Palästina bis in den Iran: Eine gemeinsame Front für die Revolution!

 

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