Klaasohm: Das patriarchale Ritual auf Borkum – Zum Medienecho
In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember wird auf Borkum der Klaasohm gefeiert. Ein Brauch, der nicht nur ein Relikt aus dunklen, alten Zeiten ist, sondern ein krasser Angriff auf die körperliche und seelische Unversehrtheit von Frauen – und das ganz offiziell unter dem Deckmantel der "Tradition".
Es wird Zeit, dass wir als antifaschistische Bewegung in Zeiten des globalen Rechtsrucks diesem Dreck nicht länger tatenlos zusehen. Lasst uns dem patriarchalen System, das hinter diesem Brauch steckt, den Finger zeigen und den ganzen Quatsch lautstark ein für alle Mal beenden!
Was ist Klaasohm?
Klaasohm – das sind sechs Typen, die sich unter Schäfchenfell-Helmen verstecken, als „Männer der Insel“, als „Männer, die von See zurückkommen“. Dabei tragen sie Kuhhörner mit sich und schlagen Frauen damit auf den Arsch. Ja, richtig gehört – Schläge. Man könnte fast glauben, wir sind im 19. Jahrhundert, wenn man sich das ganze Spektakel anschaut. Und das alles wird dann noch als „Tradition“ verkauft, als „kulturelles Erbe“, als „Männersache“. Aber mal ehrlich: In einer Zeit, in der Frauen jeden Tag um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfen müssen, in der fast jeden Tag ein Femizid stattfindet, in der alle 3 Minuten eine Frau Opfer häuslicher Gewalt wird, haben wir keinen Bock auf solche Drecksrituale, die nur die strukturelle Gewalt gegen sie weiter legitimieren!
Kritik: Ein sexistisches, gewaltverherrlichendes Ritual
Der Klaasohm-Brauch ist nichts anderes als patriarchale Gewalt. Punkt. Was passiert da? Ein paar Typen werfen sich in seltsame Kostüme, holen sich die Erlaubnis, Frauen zu schlagen, und das wird dann als „Spaß“ abgetan. Was hier gefeiert wird, ist die Vorstellung, dass Männer über Frauen bestimmen können, dass Männer ihren Körper zur Schau stellen, dass Frauen die "Beute" sind, die es zu „bezwingen“ gilt. Das Ganze ist nichts anderes als ein dreckiges, sexistisches Ritual, das die Gewalt gegen Frauen im Namen der Tradition hochhält.
Auch die Medien beginnen, den Klaasohm kritisch zu hinterfragen. In einer NDR-Reportage vom 26.11. wurde der Brauch als "verstörend" und "gewaltverherrlichend" bezeichnet (s.Links). Opfer dieses Rituals kommen in der Reportage zu Wort und schildern eindrücklich ihre Angst und die erlittenen Verletzungen. Dies müssen sie anonym tun, aus Angst vor Repressionen seitens der Inselgemeinschaft.
Selbst die Medien haben also mittlerweile begriffen, dass es an der Zeit ist, diesen Mist zu hinterfragen. Sie nennen es „verstörend“ und „gewaltverherrlichend“ – aber das ist noch zu diplomatisch. Dieses Ritual ist schlichtweg widerlich, und es ist an der Zeit, dass wir als Gesellschaft sagen: So nicht mehr!
Die Verantwortlichen in der Defensive
Seit der Ankündigung des Inselsturm ist viel passiert und es überschlagen sich die Stellungnahmen. Ein Hinterfragen der frauenverachtenden Kultur bleibt bislang aus, einzig das Frauenschlagen scheint umstritten - ist das doch keine gute PR für die kapitalistischen Profiteure der Tourismusindustrie, welche bereits sowohl mit Absagen als auch unseren Kontaktpersonen zu kämpfen haben. Vorallem scheint die Sorge aber einem angeblichen "Shitstorm" zu gelten welcher "Identität und Integrität der Insel" bedrohe (Statement der Stadt Borkum vom 29.11.). Stadt und Veranstalter ziehen sich zurück in ihre Parallelgesellschaft und verbitten sich Kritik von "Außenstehenden". Dass die verprügelten Frauen, die an die Öffentlichkeit traten erst daraufhin aus der Gemeinschaft ausgestoßen wurden findet hingegen keine Erwähnung.
Wir vertrauen nicht auf Staat und Polizeiapparat
Der Aufruf des kollektiv_inselsturm sorgte augenscheinlich für Furore, ist doch der Tagespresse zu entnehmen, dass das niedersächsische Innenministerium plant die Tradition durch zusätzliche Hundertschaften abzusichern. Es gehe um eine Null-Toleranz bezüglich Gewalt. Zu diesem Zweck eine hochgerüstete Staatsgewalt in den Einsatz zu schicken, deren Sprecher*innen immer wieder betonen von den geschilderten Vorfällen der vergangenen Jahre nichts gewußt zu haben erscheint zynisch. Genauso wenig überzeugend ist die Tatsache, dass ein Protest zum fortführen der gewaltsamen Festspiele der Polizei "nicht bekannt" gewesen sei aber dann dennoch von dieser gegen Widerspruch geschützt wurde. Es bleibt fraglich welche Komopetenzen und Interessen der Staat in dieser Frage verkörpert, wenn die Beamten schlechter informiert sind als unsere Kontakte vor Ort. Die Vorgänge beim diesjährigen Klaasohm werden umso genauer beobachtet und dokumentiert werden und bei Bedarf sollte sich niemand scheuen einzuschreiten und ein Zeichen gegen diesen barbarischen Usus setzen.
Das Problem bleibt unadressiert
Verantwortliche und Medien rotieren und versuchen ihren Frame zu setzen um den Status Quo auf der Insel zu wahren. Es ist ersichtlich, dass ein Hinterfragen der Kultur dieser abgeschotteten Parallelgesellschaft nicht erwünscht ist. Wir fragen die Insel:
WARUM ist Frauen zu schlagen kein Problem?
WARUM weiß die Polizei nicht was dort Jahr für Jahr passiert?
WARUM ist es ein Grund zu feiern, dass Wal-Mörder heimkehren und die häusliche Gewalt zurückbringen?
WAS PASSIERT den Rest des Jahres auf einer Insel auf der Frauen und Mädchen nicht sicher sein können?
Keine Toleranz für patriarchale Gewalt!
Es ist an der Zeit, diesem misogynen Ritual die Stirn zu bieten! Wir rufen alle antifaschistischen und feministischen Gruppen und Genoss*innen dazu auf, am 5. Dezember gemeinsam mit der Fähre nach Borkum zu reisen und dem Klaasohm-Brauch laut und entschlossen entgegenzutreten. Lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen gegen patriarchale Gewalt und für die Rechte und die Sicherheit von Frauen!
Gemeinsam gegen patriarchale Gewalt - für eine solidarische Gesellschaft!
kollektiv Inselsturm
Weitere Details folgen in Kürze
Links:
NDR Reportage:
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_die_reporter/Das-Schweig...
Spiegel Online (2013):Retour ligne automatique
https://www.spiegel.de/reise/deutschland/nikolaus-brauch-auf-borkum-a-93...
Fähre (ab Emden):
https://www.ag-ems.de/fahrplan
Mobi-Grafik: