Blockade von Kreuzfahrtschiffen auf der Kieler Förde – Aktivist*innen demonstrieren gegen Kreuzfahrttourismus

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smashcruiseshit@riseup.net
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Kiel, 07.07.2024 – Seit 16:30 Uhr blockieren 10 Aktivist*innen der Aktionsgruppe „Smash Cruiseshit“ mit Kajaks die „Mein Schiff 7“ und die „AIDAbella“ am Ostseekai. Zudem befinden sich 4 Aktivist*innen auf dem Dach der Landstromanlage. Zeitgleich findet eine Banneraktion an der Kiellinie statt. Der Protest ist Teil von europaweiten, direkten Aktionen gegen die Kreuzfahrtindustrie, die über das European Cruise Activist Network (ECAN) organisiert wurden. Das Bündnis kritisiert die Auswirkungen auf das Klima, die Arbeitsbedingungen an Bord und macht auf bestehende koloniale Ausbeutung aufmerksam.
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Vereint gegen Ausbeutung und Greenwashing

In Kiel boomt die Kreuzfahrt. Von Jahr zu Jahr steigt die Anzahl der Passagier*innen. „Wir haben es satt! Ständig sind diese schwimmenden Hotels und ihr Dreck hier mitten in der Stadt.“, äußert sich Aktivist*in Kim. „Und davon profitieren allein die Kreuzfahrtunternehmen und ein paar feste Vertragsfirmen.“

Der Großteil der Schiffe wird mit hochgiftigem Schweröl betrieben, so auch die AIDAbella. Diese wurde 2023 durch den Inselrat der Balearen als das umweltunfreundlichste Schiff kritisiert, welches die Inseln anläuft. 5 Tonnen CO2 stößt sie pro Seemeile aus. Umgelegt auf die Menschen an Bord ist das so viel, als wären alle mit jeweils 10 Autos gleichzeitig unterwegs.

Auch das Umweltbundesamt hat mehrfach betont, dass Kreuzfahrten eine der emissionsreichsten Arten zu reisen sind. „Sie befeuern den Klimawandel, der bald genau die Orte zerstört, die die Touris heute besichtigen.“, so Kim weiter. Die klimaschädlichen CO2-Emissionen sind nicht das alleinige Problem. Aus dem Schornstein kommt ein ganzer Cocktail an Schadstoffen, darunter Feinstaub, Stickoxide und Schwefelverbindungen. Zurück bleiben Rückstände, die als Giftmüll gelten. Auch der TUI-Neubau „Mein Schiff 7“ fährt mit fossilem Marinediesel.

Die Reedereien haben gerade erst ihre Emissionsziele um 10 Jahre auf 2050 aufgeschoben. Nach außen gibt sich die Kreuzfahrtbranche dagegen viel Mühe grün zu wirken: Landstromanlagen und neue Kraftstoffe sollen nachhaltig wirken. Aber nur die Hälfte der Schiffe nutzt den Landstrom in Kiel, in meisten Häfen liegen die Kreuzfahrtschiffe immer mit laufendem Motor vor Anker. Treibstoffe wie LNG, Bioethanol und Wasserstoff sind zum einen nicht in ausreichenden Mengen vorhanden und zum anderen machen sie neue Probleme. Wasserstoff beispielsweise wird aus Ländern importiert, in denen Energiearmut nicht selten ist, Wasserknappheit und Ungerechtigkeiten verstärkt werden. LNG ist extrem energieaufwändig in Herstellung und Nutzung und es ist unvermeidbar, dass das hochpotente Treibhausgas Methan in die Atmosphäre gelangt.

„Es wird immer lukrativer Fracking zu nutzen, um LNG zu gewinnen. Dadurch werden in den USA, Kanada oder Argentinien, Landschaften und indigene Lebensweisen zerstört. Der moderne Kapitalismus bedient sich hier Strukturen, die durch Kolonisierung gewaltvoll geschaffen wurden! Lösungen sind diese Kraftstoffe alle nicht, sie legitimieren nur ein Weiter-so.“, äußert sich Kim empört.

Massentourismus und Kreuzfahrten sind Ausdruck eines Systems, dass nie nachhaltig werden kann. „Der Anstieg des Kreuzfahrttourismus in Europa verläuft zeitgleich mit einer deutlichen Verschärfung mehrerer Krisen: Klima, Energie, Ressourcen und Biodiversität. Wir können diese Krisen nicht unabhängig von dem Wirtschaftsmodell betrachten, welches den Kreuzfahrttourismus ermöglicht, legitimiert und propagiert.“, heißt es dazu im Manifest des ECAN. Es fordert in sieben Punkten eine scharfe Regulierung der Kreuzfahrt mit dem Ziel, sie einzustellen.

Der heutige Protest reiht sich ein in vergangene Blockaden: in Marseille, in Venedig und Warnemünde. Im letzten Monat veranstaltete ECAN den internationalen „Anti-Kreuzfahrt-Tag“, u.a. mit einer Demonstration in Kiel. Gestern (Samstag, den 6. Juli 2024) wurde in Concarneau ein Kreuzfahrtschiff daran gehindert, in den Hafen einzulaufen. Der Widerstand ist jedoch breiter. So kam es erst kürzlich in spanischen Städten zu großen Demonstrationen mit tausenden Teilnehmenden gegen den Massentourismus.

An Bord herrscht Ungleichheit

Die Werbung verspricht vielfältigen Urlaub in einem entspannten Miteinander. Doch für den Komfort der Urlauber*innen arbeiten die Crew-Mitglieder min. 10 Stunden täglich, an 7 Tagen die Woche. Die Belastung für die häufig schlecht bezahlten Arbeiskräfte aus dem globalen Süden sind enorm, zumal es für sie kaum private Rückzugsräume gibt. Die Art, wie der Internationale Seeverkehr geregelt ist, verschlimmert die Situation. Auf Schiffen gelten die Regeln des Staates, unter dessen Flagge sie fahren. AIDA hat sich für Italien entschieden, wo es keinen Mindestlohn gibt und Reedereien keine Lohnsteuer abführen müssen. In Malta, unter dessen Flagge TUI fährt, sind sie von der Einkommenssteuer befreit.

„Ausbeutung von Umwelt und Arbeitskraft, Ressourcenverschwendung und Klimaauswirkungen. Das nehmen wir nicht weiter hin! Kreuzfahrten gehören abgeschafft – hier und überall. Seenotrettung im Mittelmeer, statt Kreuzfahrtschiffe in jedem Meer.“, fordert Aktivist*in Kim.

Kontakt allgemein:

015781446527

Email: smashcruiseshit@riseup.net

Kontakt zu den Aktivist*innen auf dem Wasser:

015219604637

Link zum ECAN-Manifest: https://stop-croisieres.org/wp-content/uploads/Barcelona-Manifesto-MAJ-2024-Stop-Cruises-EN-ES-FR-DE-IT-GR-clean.pdf

 

Smash Cruiseshit
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