Im Land der Demokratien

Eine Broschüre über die Verwendung des Konzepts "Terrorismus" von Seiten der Herrschenden.

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Im Land der Demokratien

„Die Frage ist doch“, sagte Alice, „ob du den Worten
einfach so viele verschiedene Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty,
„wer die Macht hat – und das ist alles.“

Alice, als etwas naive Idealistin, fragt sich in diesen Tagen, den historisch-etymologischen Diktionär in den Händen, ob es denn wirklich möglich ist, dass das Wort “Terrorismus” eine andere Bedeutung erhält. Humpty Dumpty, als etwas grober Materialist, antwortet ihr, dass, da es der Staat ist, der befielt, und da die Sprache Eigentum von dem ist, der befielt, “Terrorismus” somit genau das bedeutet, was der Staat will. Das ist alles.
In den 70er Jahren gewährte der Staat die Anrede “Terrorist” einem jeden, der ihm das Monopol der Anwendung von Gewalt streitig machte, das heisst, Schusswaffen oder Sprengstoffe einsetzte, vor allem den Beteiligten von kämpfenden spezifischen Organisationen, vor allem, wenn jene Organisationen Ausdruck einer breiteren Protestbewegung waren, vor allem, wenn dieser Protest darauf abzielte, in einer Revolution zu münden. “Terrorist” war für den Staat vor allem derjenige, der ihn mit bewaffneter Hand angriff.
Heute, da die spezifischen bewaffneten Organisationen fast vollständig verschwunden sind, da die subversiven Arsenale trostlos leer sind, da die Protestbewegungen selten beträchtliche Dimensionen annehmen, da sie (fast) nie die revolutionäre Frage stellen, würde Alice daraus folgern, dass der Staat auf den Gebrauch von diesem Begriff verzichtet hat, ihn, abgesehen von vereinzelten Fällen, für unverständlich haltend. Bereits die Definition von “Terrorist”, die an jene gerichtet war, die Gendarmen und Richter ins Visier nahmen, anstatt an jene, die Massaker an Pendlern und Passanten verübten, war unausstehlich für sie, aber schliesslich... ihr wisst ja wie die Leute sind, wenn sie Blutvergiessen sehen, kriegen sie Angst und geraten durcheinander. Man muss annehmen, dass es schliesslich nicht allzu schwierig für die Propaganda war, die Leute in das Missverständnis fallen zu lassen, den Königsmord zu dämonisieren, und nicht den Tyrannen. Aber heute, komm, nachdem man in den letzten Jahrzehnten einem so traurigen Rückgang von institutionellen Begräbnissen beigewohnt hat, machen wir Schluss mit dem Schreckgespenst des “Terrorismus”!
Aber nein. In dieser Zeit, die so ohne glaubwürdige “äussere Feinde” ist, aber der es gleichzeitig an soliden Konsensen ermangelt, wo rund herum niemand mehr übrig ist, um ihm zu applaudieren, hat es der Staat für gut befunden, vorzeitig zu spielen und nicht auf das Auftauchen von irgendeiner subversiven Bedrohung zu warten, um die Kriegsmaschine der anti-terroristischen Rhetorik aufbieten zu können: lieber zuvorkommen als niederzuschlagen. Aber wem zuvorkommen, von was zu tun? Wie ein tiefer Kenner der Kunst des Regierens behauptete, « während die Individuen, angetrieben von ihren Egoismen, zum sozialen Atonismus neigen, stellt der Staat eine Organisation und eine Begrenzung dar. Das Individuum neigt dazu, ständig zu entfliehen. Es neigt dazu, den Gesetzen nicht zu gehorchen, die Steuern nicht zu bezahlen, den Krieg nicht zu führen. Es gibt wenige – Helden und Heilige –, die das eigene Ich auf dem Altar des Staates aufopfern. Alle anderen befinden sich in potenziellem Zustand der Revolte gegen den Staat. »
Soll dies der Grund sein, weshalb der Staat sich die Erlaubnis genommen hat, jeden als “Terroristen” zu definieren, der ihn kritisiert, der ihn anficht, der sich ihm entgegenstellt, ohne allzu viele Unterscheidungen zwischen der Bedeutung der Worte und der Natur der Tatsachen zu machen? Aufgrund der Tatsache, dass, abgesehen von den anzubetenden Heiligen und den zu zierenden Helden, alle anderen potenzielle Rebellen sind?
„Aber das macht keinen Sinn!“. Gewiss nicht, liebe Alice, aber halte dir stets bewusst, wer befielt. Das ist alles.

Wie es begann

2001 ist ein Jahr, das, aufgrund der Wende, die es markiert hat, schwer zu vergessen sein wird. Und sei es nur, weil die Ereignisse von jenem Sommer, in der Spanne von wenigen Wochen, dazu beigetragen haben, das alltägliche Leben von Millionen von Leuten zu verändern. Nach den hitzigen Tagen von Ende Juli in Genua, als die Demonstrationen gegen den regelmässigen Gipfel der Grossen der Erde von einer generalisierten Prügelorgie in Blut getränkt worden sind, hat man einen zweiten Septembermittwoch gehabt, der das unglaublichste Attentat gegen Orte der wirtschaftlichen und militärischen Herrschaft gesehen hat, das jemals auf dem Boden der Vereinigten Staaten erfolgt ist. Auf der einen Seite von sozialen und radikalen Bewegungen theoretisch und praktisch kritisiert, auf der anderen von integralistischen Gruppen militärisch angegriffen, ist es nicht überraschend, dass die westlichen Regierungen in ihrer Gesamtheit beschlossen haben, Hand an ihre gesetzlichen Formalismen anzulegen und sie zu modifizieren, um ihre Gegner leichter neutralisieren zu können.
Von Ende 2001 bis heute haben wir in vielen Ländern einem Anwachsen der repressiven Gesetze beigewohnt, einer regelrechten Restrukturierung im Bereich des Rechts, imstande, wenn nicht den Frieden auf den Märkten, so zumindest die Ruhe auf den Strassen zu garantieren. Wenn die Bedrohung des “Terrorismus” das bevorzugte Schreckgespenst bleibt, womit eine immer durchdringendere Kontrolle des sozialen Lebens, sowie eine unaufhörliche Begrenzung der individuellen Freiheit gerechtfertigt werden kann, so stellt sie dennoch nicht das einzige Instrument dar. Egal, was die Motivation ist, die zu ihrer Umsetzung angewandt wird, es zeigt sich deutlich, dass die unterschiedlichen legislativen Vorkehrungen dazu tendieren, sich nicht bloss an eine einzige allgemeine Direktive zu halten, sondern in jedem Bereich eingesetzt zu werden, der für sensibel gehalten wird. Die administrative Blockierung von Internetseiten, beispielsweise, hat mit dem Kampf gegen “Pädopornographie” begonnen, aber wird bald überall auf den “anti-terroristischen” ausgeweitet werden. Die spezifischen Sicherheitsmassnahmen, die ergriffen wurden, beschränken sich ihrerseits nicht darauf, einer Sorte von Verbrechen zuvorzukommen (der jüngste Kauf durch das französische Eisenbahnwesens von zahlreichen, entlang der Gleise zu verteilenden Drohnen wird zwar, wie offiziell deklariert, darauf ausgerichtet sein, eventuelle Kupferkabeldiebstähle abzuwenden, aber wird sich zweifellos auch zur Prävention von Sabotagen als nützlich erweisen). Und so weiter und so fort.
Nun, so interessant es auch sein mag, es macht hier nicht viel Sinn, ein Inventar der verschiedenen Massnahmen aufzulisten, die in Europa im Bereich des Kampfes gegen den Terrorismus ergriffen worden sind. Auch, weil wir, von der Inkriminierung einiger italienischer Basissyndikalisten 2001, schuldig, nicht versucht zu haben, den Black Block aufzuhalten, über die Anklageerhebung gegen ein englisches Erwachsenenpaar 2007, die in Besitz von Büchern mit anarchistischen Rezepten gefunden worden sind, bis schliesslich zur Verurteilung zu 7 Jahren Haft eines französischen Islamisten 2014, der von einem kurzen Aufenthalt in Syrien zurückgekehrt ist – nur um ein paar einzelne Beispiele zu nennen –, Gefahr laufen würden, uns in einem Labyrinth zu verlieren, dessen Zweck es wäre, uns alle in Richtung des einzigen Auswegs zu treiben: ein unumgänglicher blinder und passiver Gehorsam. Es scheint uns interessanter, uns anzustrengen, um zu verstehen, was in den Köpfen der Verteidiger der sozialen Ordnung schwirrt, und im Gegenlicht aus ihnen die grössten Sorgen herauszulesen.

Der Staat rüstet sich

Zuallererst sollte es uns gelingen, uns eine ebenso einfache wie bequeme Idee aus dem Kopf zu schlagen. Und zwar, dass das, was am geschehen ist, in Sachen Beraubung von Freiheit, beispiellos ist, dass wir vor einer nie dagewesenen Kriminalisierung stehen, die explizit gegen kämpferische Bewegungen gerichtet ist. Das stimmt nicht. Wir stehen vor der gängigen Praxis von jeglicher Regierung, gegen jeden gerichtet, und auf die erzwungene Normalisierung des Lebens abzielend, auf seine institutionelle Kodierung, auf seine technologische Standardisierung. Der Libertäre kann und soll nicht mehr frei sein, zu protestieren, ebenso wie der Libertin nicht mehr frei sein kann und soll, sich aufzuregen: Protest und Aufregung müssen kontrolliert werden, dürfen nicht aus vorgefertigten Schemen heraustreten. Es sind die modernen technologischen Instrumente, worüber der Staat heute verfügt, die diese Aufzwingung möglich, und somit denkbar, und deshalb erreichbar, und schliesslich alldurchdringend machen. Und es ist bloss unser kurzes Gedächtnis, das sie als erstaunlich und beeindruckend erscheinen lässt. Nichts mehr, nichts weniger.
Der “Patriot Act” und die verschiedenen Guantanamos überall auf der Welt können nicht verwundern, wenn man bedenkt, dass im fernen April 1917, als die Vereinigten Staaten gegen Deutschland in den Krieg zogen, eine der dunkelsten Perioden der Geschichte der Vereinigten Staaten anbrach, in der ein jeder aufgespürt und verfolgt wurde, der nicht einen bedingungslosen patriotischen Eifer zeigte. Damals entfesselte sich eine regelrechte Hexenjagd, die zwischen dem November 1919 und dem Februar 1920 ihren Höhepunkt erreichte, eine Periode, in der die Polizei in die Behausungen von tausenden Personen einfiel und jeden, der sich darin befand, verhaftete. Die Razzien wurden durchgeführt, ohne im Geringsten die Gesetzesbegriffe zu befolgen. Männer und Frauen wurden ohne Haftbefehl verhaftet, brutal auf den Strassen verprügelt, für Wochen und Monate in Haftzentren geschleift und eingesperrt, ohne die Möglichkeit zu haben, Eltern oder Anwälte zu benachrichtigen. Manchmal wurden selbst diejenigen, welche die Gefangenen besuchen gingen, hinter Gitter gesperrt, gemäss der bekannten Theorie, dass nur ein Subversiver sich um das Schicksal eines Subversiven sorgen kann. In diesen vier Monaten wurden die Verfahren zur Deportation von dreitausend Immigranten eröffnet. Davon wurden letzten Endes etwa 800, worunter sich viele Anarchisten befanden, effektiv abgeschoben, obwohl fast keiner von ihnen dafür verurteilt worden ist, irgendein Verbrechen begangen zu haben. Ein bekannter Rechtsdozent von damals erklärte: « Wenn du versucht, die Gemeinschaft gegen moralische Ratten zu schützen, musst du manchmal mehr an die Effizienz der Falle als an ihre gesetzestreue Konstruktion denken. »
Mit einem Jahrhundert Distanz, worin besteht der wesentliche Unterschied? Die moralischen Ratten der Vereinigten Staaten kreuzen sich mit der racaille von Frankreich, oder mit den Zecken von Italien, in einer perbenistischen Verabscheuung, die all diejenigen in einem einzigen Bündel vereint, die vor dieser Welt, in der die einzige erlaubte Freiheit jene des ungezügelten Konsums von Waren ist, nicht auf die Knie gehen. Gegen sie befindet sich der Staat im Krieg, nicht seit heute, sondern seit jeher. Und der “Anti-Terrorismus” ist zweifellos eine seiner hauptsächlichen Waffen, die frei nach Belieben eingesetzt werden kann, ohne sich allzu viele Probleme von historischer Kohärenz zu stellen. Um dies zu verstehen, können wir auch hier im alten Europa bleiben.
Der Spanische Staat zum Beispiel hat keineswegs auf den 11. September 2001 warten müssen, um das gängigste Konzept von “Terrorismus” – jenes, das die Präsenz einer spezifischen bewaffneten Organisation erfordert – auf eine Reihe von Akten auszuweiten, die während sozialen Unruhen geschehen. Der Artikel 577 des im Land der “incommunicados”-Einkerkerungen herrschenden Strafgesetzes traf sie bereits im Jahr 1995. Man geht von den Körperverletzungen bis zu den Drohungen, von der Brandstiftung bis zur Sachbeschädigung, und all dies ohne mehr einer eigentlichen bewaffneten Bande angehören zu müssen. Es genügt, « die Absicht zu haben, die konstitutionelle Ordnung umzustürzen, oder die öffentliche Ordnung ernsthaft zu stören », oder diese Ziele dadurch zu verfolgen, dass nicht nur die Bewohner einer städtischen Gemeinschaft, sondern auch « die Mitglieder von sozialen, politischen oder professionellen Gruppen » in Angst versetzt werden. Ebenso sah die iberische Gesetzgebung bereits die Bestrafung von “Verherrlichung des Terrorismus” durch jedwelche Form von öffentlicher Äusserung vor, das heisst, von jeder Anregung oder “Rechtfertigung”, um Akte zu begehen, die als terroristisch betrachtet werden, sowie von jedem Applaus gegenüber denjenigen, die sich dafür verantwortlich machen. Verfolgbar, abgesehen von den Drohungen, sind seit Langem auch « die Beleidigungen und die ernsthaften Störungen der Funktion der lokalen Versammlungen », bewirkt von Leuten, die ihre Unterstützung an Gruppen von “Terroristen” demonstrieren. Wie man sehen kann, handelt es sich um Definitionen, die derart elastisch sind, dass sie auf jede auch nur ein bisschen kämpferisch Bewegung angewendet werden können. Es wäre genug, in einen Gemeinderat einzudringen und die Politiker zu beleidigen, die dabei sind, für ein schädliches Projekt abzustimmen, oder Blockaden von Strassen zu machen, um deren Arbeiten aufzuhalten, um unter diese Kategorie zu fallen. Und wir sprechen  vom selben Staat, der im Verlaufe der 80er Jahre, unter einem sozialistischen, also einem linken Regime, eine Todesschwadron kreiert hat, die 28 Morde zu Schaden von angeblichen Militanten der ETA begangen hat.
Wir sprechen hier nicht von einem kleinen und fernen Land in Südamerika, sondern vom grossen und nahen europäischen Spanien, welches seit Kurzem ein “Gesetz über die Bürgersicherheit” verabschiedet hat, das eine einfache administrative Strafe gegenüber einer oft komplizierten richterlichen Repression privilegiert. Die Bussen werden in drei Stufen unterteilt sein und auf jeden niederregnen, der die öffentliche Ruhe “stört”.
Kommen wir zu heute und werfen wir einen Blick auf das Land der Menschenrechte, auf das Vaterland der Revolution, auf die Wiege der Aufklärung: Frankreich. Hier ist die Regierung dabei, neue Anti-Terrorismus-Gesetze zu verabschieden, die bedeutende Neuerungen vorsehen. Beispielsweise wird mit einem Hindernis aufgeräumt, worüber die Untersuchungen oft gestolpert sind, die notwendige Präsenz einer Assoziation. Durch die juristische Institution des “individuellen terroristischen Unternehmens” wird man auch die einsamen Wölfe ohne Schwierigkeiten im Käfig einsperren können (bis zu 10 Jahren Gefängnis, neben der Bezahlung von ebenbürtigen Bussen von 150‘000 Euro). Sie werden nicht einmal in flagranti bei irgendwelchen Verbrechen erwischt werden müssen, denn es genügt, dass einzelne Individuen potenzielle Mittel besitzen oder suchen (wie die Substanzen, um den Kamin anzuzünden, oder Zucker?), mögliche Ziele suchen oder kontrollieren (wie vor Banken oder Kasernen vorbeigehen?), oder verdächtige Internetseiten lesen (wie die Gegeninformationsseiten?), um sich beschuldigt zu sehen. Die französischen Gesetzgeber nennen das “präventive gerichtliche Neutralisierung”. Was die verfolgten Akte betrifft, so wird ein einsamer Wolf nicht soweit gehen müssen, irgendjemanden zu zerfleischen, denn für ihn wird es ausreichen, schlichte “Sachbeschädigungen” zu verursachen, um sich als “Terrorist” verfolgt zu sehen. Die neue französische Gesetzgebung in diesem Bereich sieht auch vor, die Strafen gegen die “Verherrlichung von Terrorismus” zu verschärfen, ob diese in privaten Räumen eingegrenzt bleibt (3 Jahre Haft und 45‘000 Euro Busse), oder ob es in öffentlichen Räumen geschieht (5 Jahre Haft und 75‘000 Euro Busse). In diesem letzteren Fall wird der Gebrauch des Internets als ein erschwerender Umstand betrachtet (bis zu 7 Jahren Haft und 100‘000 Euro Busse). Natürlich ist die “administrative Blockierung” der Seiten vorgesehen, welche direkte Aktionen begrüssen oder gewisse Kämpfe unterstützen, da sie der “Verherrlichung von Terrorismus” schuldig sind.
Dies sind Massnahmen, die bereits vor dem Massaker an der Redaktion von Charlie Hebdo zur Diskussion standen, wonach sie nur noch schlimmer werden können. Mit der Welle der Empörung aufgrund des Blutbades haben sich nicht nur die Strassen von Paris mit uniformierten Männern auf der Jagd nach Verdächtigen gefüllt, sondern hat man zwischen Gleichgültigkeit und Verlegenheit (mit einigen schwachen Protesten) einer Repression beigewohnt, die die Denk- und Redefreiheit angriff. Es gibt nicht wenige, gegen die ermittelt wurde, und einige sind bereits zu Haftstrafen verurteilt worden, nur weil sie ihre nicht gerade trauernde Ansicht bezüglich der Opfer geäussert haben.
In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, dass im vergangenen Mai 32 Länder das diesbezügliche europäische Protokoll ratifizierten, jenes CECPT, dessen Artikel 5 die “Verherrlichung von Terrorismus” definiert als « das öffentliche Verbreiten oder sonstige öffentliche Zugänglichmachen einer Botschaft mit dem Vorsatz, zur Begehung einer terroristischen Straftat anzustiften, wenn dieses Verhalten, unabhängig davon, ob dabei terroristische Straftaten unmittelbar befürwortet werden, die Gefahr begründet, dass eine oder mehrere solcher Straftaten begangen werden könnten. » Zu unterdrücken ist schliesslich jegliche Botschaft, die, auch ohne das Begehen von Verbrechen direkt zu unterstützen, zu dem Risiko Anlass gibt, dass jemand gegen die Macht handgreiflich werden könnte. Ausserhalb der unterwürfigsten Propaganda, die Stille oder der Knast.
Was hingegen die Informatikpiraterie betrifft – das heisst den « illegalen Zugriff auf ein automatisches Datenbearbeitungssystem, Hinderung seiner Funktion und Einschleusung, Unterdrückung oder illegale Veränderung der Daten » –, so wird in der neuen französischen Gesetzgebung der erschwerende Umstand von “organisierter Bande” vorgesehen sein. Das bedeutet, dass beispielsweise die Aktivisten von Anonymous einer Verurteilung von 10 Jahren Haft und 1‘000‘000 Euro Busse entgegengehen. Ausserdem wird, geplant, um die grenzübergreifende Zirkulation von anstrebenden Märtyrern des heiligen Krieges zu hindern, aber anwendbar auch auf die Unterstützer des sozialen Krieges, für alle bereits fichierten Hitzköpfe ein administratives Verbot eingerichtet werden, das Land zu verlassen, mit Passport- und Identitätskartenentzug für eine Zeitspanne von 6 Monaten, die unbegrenzt erneuerbar ist.
Und da die Normen in diesem Bereich dazu tendieren, auf europäischer Ebene vereinheitlicht zu werden, ist leicht anzunehmen, dass es nicht viel braucht, bis wir uns etwas überall wie im Haus von Marianne fühlen. Die italienische Regierung hat seit wenigen Tagen einen Gesetzeserlass gutgeheissen, der nicht nur die Abschaltung der Seiten, die den Krieg (den heiligen oder den sozialen? Eine blosse Frage von Nuancen) gegen diese Welt verfechten, sondern auch die Haft für jene vorsieht, die ins Ausland kämpfen gehen (wie es gegenwärtig einige Islamisten tun, oder wie es vor allem in der Vergangenheit viele Revolutionäre taten?). Vielleicht könnten wir uns in die zivile und neutrale Schweiz begeben, ein bizarres Land, wo die Polizei die DNA der Subversiven direkt von den geklebten Plakaten oder den verteilten Flugblättern abnimmt.
Zuvorkommen, zuvorkommen, und nochmals zuvorkommen.

Konsens und Gehorsam

Es gibt einen tiefen Unterschied in der Art und Weise, wie Demokratie und Totalitarismus, Linke und Rechte die Frage betrachten, wie die Macht aufrechterhalten werden soll. Die Linke sucht nach dem Konsens, und bevorzugt deshalb die guten Manieren. Die Rechte fordert Gehorsam, und greift deshalb auf die Gewalt zurück. Die erstere ist herzlich, flösst gerne Vertrauen ein, ist heuchlerisch. Die zweitere ist roh, oft verhasst, aber ehrlicher. Da es sich um siamesische Zwillinge handelt, um zwei Gesichter desselben Organismus, ist es, um die wahre Natur zu kennen, am besten, sich an jene zu wenden, die kein Blatt vor den Mund nehmen. Es ist ausreichend bekannt, dass es keine ehrlichen Freunde gibt, ehrlich sind nur die Feinde.
 Deshalb ist es nutzlos, den Diskursen der Schöngeister, die den Rechtsstaat vor dem Abgrund seiner Ausnahmen retten möchten, allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Ihre weitverbreiteten Klagen, so voraussehbar, die kennen wir mittlerweile auswendig. Doch, um zu verstehen, wo die gegenwärtigen Herren der Welt hin wollen, ist es besser, die Luft anzuhalten und das Ohr an den Mund ihrer Wachhunde zu halten. Einer von diesen ist der deutsche Jurist Günther Jakobs, der seine humanitären Kollegen in Entsetzen versetzte, indem er offen die Gründe verteidigte und darlegte, weshalb « Terroristen keine Rechte haben ». Gemäss Jakobs kann der Bruch des sozialen Paktes, die Übertretung des Gesetzes, das Individuum seinen Status als Bürger verlieren lassen. In der Vergangenheit ist eine solche These bereits in den Fällen von Hochverrat (von Hobbes), oder in den Fällen von konstanter Bedrohung der Sicherheit (von Kant) verfochten worden. Das Strafgesetz geht stets auf zwei verschiedenen Schienen vor, auf der einen Seite die Dialog führende und einschliessende, und auf der anderen Seite die neutralisierende und ausschliessende. Wenn jemand, der das Gesetz bricht, für rekuperierbar gehalten wird, betrachtet ihn der Staat als einen schlichten Delinquenten, dem dennoch alle Rechte als Bürger zustehen. Auch wenn er eine Norm verletzt hat, so negiert er das Gesetz nicht radikal. Aber gegenüber dem Gesetzesbrecher aus Überzeugung, gegenüber demjenigen, der sich ausserhalb der sozialen Ordnung stellt und sie konstant bedroht, womit er nicht bloss ein gelegentlicher Ungehorsamer, sondern ein regelrechter Gegner des Staates wird, kann nicht dieselbe Behandlung angewandt werden. Und zwar, weil, laut dem teutonischen Richter, jemand, der keine ausreichende “kognitive Garantie”, das heisst keine Fähigkeit und Bereitschaft zeigt, die institutionelle Ordnung anzuerkennen, nicht ein zu bestrafender Delinquent, sondern ein zu eliminierender Feind ist. In diesem Sinne wird er nicht einmal als eine “Person”, das heisst, als ein Subjekt betrachtet, gegenüber dem von Seiten des Staates noch immer ein Dialog möglich ist, und deshalb muss ein Krieg gegen ihn geführt werden. Gleich wie gegen einen Feind (oder gegen Schwärme von moralischen Ratten, oder von Zecken).
Mit tadelloser logischer Kohärenz präzisiert Jakobs, dass, falls ein Individuum keine Garantie einer möglichen Einsicht zeigt, « der Staat dieses nicht als Person behandeln muss, da er andernfalls das Recht auf Sicherheit der anderen Personen schädigen würde ». Gegenüber Individuen, welche die rechtliche Ordnung nicht anerkennen, soll der Staat das Strafrecht des Feindes anwenden: ein Recht, dass in die Zukunft blickt (um Gefahren zu neutralisieren), und nicht in die Vergangenheit (um die Gültigkeit einer Norm zu bekräftigen).
Herr Jakobs spricht klar und erklärt, weshalb wir, im Bereich des Rechts, einer allmählichen Entkoppelung zwischen geurteilter Tat an sich und sanktionierter Strafe beiwohnen. Nachdem einige Beteiligte an Strassenkonfrontationen mit der Polizei im Jahr 2001 zu mehr als 10 Jahren Knast verurteilt worden sind, braucht man sich nicht darüber zu wundern, wenn heute auch jemand Gefahr läuft, im Knast zu landen, der, im Verschlossenen seines Zimmers, durch einen ans Netz angeschlossenen Computer, seinen Dissens gegenüber dem Staat kommuniziert. Entlang von diesem Abhang wird es somit quasi zu einer unvermeidlichen Konsequenz, dass 2014 ein Demonstrant von einer Granate getötet wird. Nicht in der gefährlichen Wüste Syriens, sondern in einer ruhigen Landschaft Frankreichs.
Denn, wenn der Staat in die Zukunft blick, was sieht er? Wirtschaftszusammenbrüche, Massenarbeitslosigkeit, Erschöpfung der Ressourcen, internationale kriegerische Konflikte, Bürgerkriege, Umweltkatastrophen, Exodus, Überbevölkerung... Er sieht schliesslich eine Welt, die immer kleiner, immer ärmer wird, sich freisetzende Verzweiflung, die sich in ein enormes Pulverfass verwandelt, geladen mit Spannungen aller Art (sozial, ethnisch, religiös). Eine Welt, in der nicht toleriert werden darf, dass sich der geringste Funke entfacht, was auch immer er sei. Wenn er die Ordnung aufrechterhalten will, wenn er seine Sicherheit schützen will, bleibt dem Staat nur ein Weg: jeden Bewegungsspielraum zu schliessen, jede Form von Freiheit zu überwachen, jedes einzelne Individuum zu fichieren. Auch wenn er nicht von einer gegnerischen Kraft bedroht wird, kann der Staat nicht anders als totalitär werden. Eine Notwendigkeit, die durch die moderne Technologie einfach wird, zu befriedigen, Technologien, die es ihm erlaubt, es nicht mehr nötig zu haben, die Strassen mit dem Widerhall der Stiefel zu füllen. Millionen von Leuten werden auf Zehenspitzen im Gleichschritt marschieren, in der Stille der Pantoffeln, sie den demokratischsten Anschein aufrechterhalten lassend. Auch weil der Staat sich stets auf jene innere Hörigkeit verlassen kann, die den Individuen auferlegt, jedes polizeiliche Vorgehen mit eigener Zustimmung, quasi mit Erleichterung zu akzeptieren (wie es in manchen Vergewaltigungsfällen geschieht, wobei ganze Gemeinschaften sich freiwillig der DNA-Abnahme unterziehen, um es zu vermeiden, verdächtig zu erscheinen).
Wenn es wahr ist, dass das Recht nicht die sozialen Verhältnisse bestimmt, sondern diese widerspiegelt, dann brauchen wir uns zu fragen, was aus dem Menschen geworden ist, was aus uns allen geworden ist. Und damit beginnen, die Konsequenzen daraus zu ziehen, ohne uns in die Tradition oder in die Mythopoeia zu flüchten.

Welche Konsequenzen

Ende 19. Jahrhunderts wurde in Frankreich eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, die darauf ausgerichtet waren, eine anarchistische Bewegung zu zerschlagen, aus der eben erst Ravachol und August Vaillant, Emile Henry und Sante Caserio hervorgegangen sind. Strafvorkehrungen, die so hart waren, dass sie als die “abscheulichen Gesetze” in die Geschichte eingingen. Ein Begriff, den man sich leicht merken kann, vor allem, weil er leicht verständlich ist. Abscheulich sind die hässlichen, bösen, übertriebenen Gesetze. Jene, die nicht mit den schönen, guten, gerechtfertigten Gesetzen verwechselt werden dürfen. Mit den normalen Gesetzen, schliesslich. Mit den gerechten Gesetzen, könnte man fast sagen.
Schaut, da stehen wir. Wenn wir einmal ehrlich wären, vielleicht alleine, vor einem Spiegel, ohne jemanden, um Rede und Antwort zu stehen, könnten wir doch zugeben, dass wir, sosehr wir den Staat kritisieren, sosehr wir unseren Hass auf seine Brutalität und seine Gewalt herausschreien, diesen Worten von uns nicht durch und durch glauben. Wir sind die ersten, die unseren Ideen nicht glauben. Ja, in Theorie, in grossen Linien, im Allgemeinen... aber dann, in der Praxis, komm schon… oft handelt es sich um Übertreibungen!
In der Theorie sind wir artig darin, zu verfechten, dass es zwischen Totalitarismus und Demokratie keine wesentlichen Unterschiede gibt, dass dies zwei alternierende Formen von Macht sind, die ein Regime je nach Umständen annehmen mag. Wir sind geschickt darin, zu observieren, dass sich die Reduzierung des Menschen auf eine blosse Nummer sowohl in der Armtätowierung der Gefangenen des Nazismus, wie auch in den Kodexen über die Praktiken der Gefangenen der Bürokratie konkretisiert. Wir sind fähig, über die Ähnlichkeit und die Kontinuität zwischen den alten Blockposten und den modernen Videoüberwachungskameras zu diskutieren. Wir sind bereit, zu bemerken, dass die Biometrie oder die DNA-Datenbanken der SS Freude bereitet hätten. Aber, in der Praxis, wie sehr glauben wir daran und wie konsequent sind wir? Wir sehen unsere Kühlschränke voll (für wie lange noch?), wir schauen im Sessel das Fussballspiel, wir ziehen unsere blutfleckenlosen Kleider an, und, während wir uns aufmachen, zur Bar zu gehen, sagen wir uns: nein, das ist nicht dasselbe.
So, wenn wir sehen, wie ein Staat seine Gesetzgebung verschärft, um sich vor denjenigen zu schützen, die ihm nicht gehorchen, verschwindet all unser radikales theoretisches Bewusstsein und fällt man direkt in die eingeübte demokratische Empörung zurück. Dann macht man sich dazu auf, im Recht zu wühlen, in jenem Recht, dessen reine Lüge man bis zum vorherigen Tag beleuchtet hat, auf der Suche nach phantomhaften verratenen oder ausser Kraft gesetzten Wahrheiten. Man prangert Ausnahmezustände an, um die Wiedereinrichtung von Rechtszuständen zu fordern.
Denken wir, auf einer anderen Ebene, an das grosse Gerede, dass seit einiger Zeit rund um einen NATO-Bericht gemacht wird, der auf das Jahr 2003 zurückgeht, ein Bericht, der den Einsatz der Armee in urbanen Operationen bis 2020 in Erwägung zieht. Es gibt Leute, die ihn sachverständig gelesen, analysiert, studiert und auseinandergenommen haben, um dann die verblüffenden Resultate zu proklamieren: die Armee wird auch in unseren Strassen eingesetzt werden! Nicht nur in der Vergangenheit und in der Gegenwart, sondern auch in der Zukunft. Und die Neuheit, worin besteht sie? Gewiss nicht darin, dass sie in Situationen mit möglichen aufständischen Mündungen eingesetzt wird. Einmal abgesehen von den englischen Panzern in Belfast, die ja immer noch Besatzungstruppen sind, was ist mit den Raupenfahrzeugen von Bologna 1977 (oder in der viel ruhigeren Voghera 1983, im Verlaufe von einer Demonstration, die auch von den Ledernacken niedergeschlagen wurde)? Und die Soldaten, die seit Jahren, Maschinengewehr angelegt, an den “sensiblen” Orten einiger Metropolen patrouilliren?
Mag sein, dass es bloss um eine Frage des informativen Ansatzes geht. Mag sein, dass als selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass der beste Weg, um mit den anderen zu kommunizieren – jenen anderen, die keine Subversiven sind – derjenige ist, ihre legalitäre Sprache, das humanitäre Erstaunen, die reformistischen Forderungen, die demokratischen Fesseln zu teilen. Als ob man, zu dem Zweck, die Massen mitzureissen, zuerst versuchen würde, sie zu harpunieren, sich in ihr Inneres durchzuschlagen, um sie fest anhaken zu können. Aber damit tut man nichts anderes, als ihnen Illusionen einzutrichtern, ihre Halluzination zu bestätigen, ihre Phantasmen zu bestärken.
Für die modernen Schlafwandler ist es Zeit für brüske Erwachen, nicht für schmeichelnde Zuflüsterungen oder erleuchtete Führungen innerhalb ihrer Gemeinplätzen. Wenn es noch immer etwas zu kommunizieren gibt, wenn man nicht schweigen will, um nicht mit dem eigenen Gekreische zum zeitgleichen Getöse beizutragen, dann bleibt uns nur, unsere unbequeme Wahrheit aus dem Leib heraus zu schreien.
Und zwar, dass es kein totalitäres Abdriften gibt, sondern nur einen doppelten Geschwindigkeitsgang in dem, was der Staat – jeder Staat – als den rechten Weg der Machtausübung betrachtet.

Die empfindlichen Punkte

Vergangenen Sommer hat Anthony Glees, Dozent in Sicherheit und Intelligence an der Buckingham University, eine Erklärung abgegeben: « wir haben versucht, den Extremismus zu etwas zu machen, wofür es die Mühe nicht wert ist, Risiken einzugehen, aber trotz alledem generieren wir offensichtlich weiterhin Dschihadisten. Ich bin zur Schlussfolgerung gelangt, dass wir zu sensibel für die Lobby der zivilen Freiheiten gewesen sind – Leute, die behaupten, dass wir eine multikulturelle Gesellschaft sind, und dass zwei Gesamtheiten von fundamentalen Werten glücklich nebeneinander im Vereinten Reich bestehen können. Wir haben es erlaubt, dass Personen im Land umherziehen, um den Extremismus und die Gewalt zu predigen, mit der Entschuldigung der Religion und der Redefreiheit ».
Der wenig sympathische englische Dozent hat nicht völlig unrecht. Es stimmt, trotz der Drohung der Repression produziert diese miserable Welt weiterhin Unzufriedene, Wütende, Rebellen, bereit, aus den unterschiedlichsten Gründen in Aufstand zu treten. Es stimmt, zwei verschiedene Gesamtheiten von fundamentalen Werten (wie die an die Autorität oder an die Freiheit gebundenen) können nicht glücklich nebeneinander bestehen. Es stimmt, man kann es nicht mehr erlauben, dass es Leute gibt, die umherziehen, um die Gewalt (des Kapitalismus) zu predigen, mit der Entschuldigung der Redefreiheit. Wir werden beginnen müssen, dem Abhilfe zu schaffen.
In der bürokratischen Sprache, die man in den Glaspalästen von Brüssel sprechen hören kann, verbirgt sich hinter dem Sigel EPSKI das « Europäisches Programm für den Schutz kritischer Infrastrukturen“. Seit Jahren aktiv, ist der EPSKI-Aktionsplan in drei verschiedene Arbeitsabläufe untergliedert: der erste Arbeitsablauf umfasst die strategischen Aspekte und die Ausarbeitung von horizontalen Massnahmen zum Schutz kritischer Infrastrukturen (SKI); der zweite bezieht sich auf den Schutz kritischer europäischer Infrastrukturen (KEI) zur Reduzierung ihrer Schwachstellen; der dritte erfolgt im nationalen Rahmen und ist auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Schutz ihrer kritischen nationalen Infrastrukturen (KNI) ausgerichtet. Dieser Aktionsplan ist entwicklungsfähig und sollte regelmässig überprüft werden. »
Der Grund für diese permanente Rücksprache unter europäischen Regierungen ist schnell gesagt: « Die betroffenen Akteure sind gehalten, Informationen über den SKI auszutauschen, insbesondere zur Sicherheit kritischer Infrastrukturen und geschützter Systeme, zu Studien über Abhängigkeiten, Schwachstellen im Zusammenhang mit dem Schutz kritischer Infrastrukturen sowie zur Bewertung von Bedrohungen und Risiken. Ferner ist darauf zu achten, dass die ausgetauschten exklusiven, sensiblen oder persönlichen Daten nicht verbreitet werden und dass alle Personen, die mit vertraulichen oder sensiblen Daten umgehen, eine angemessene Sicherheitsüberprüfung durch die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats durchlaufen haben. » Dies, weil « aufgrund der Verbindungen und Abhängigkeiten, die heutzutage in Wirtschaft und Gesellschaft bestehen, die Störung oder Vernichtung einer kritischen europäischen Infrastruktur nachteilige Auswirkungen auf die Länder ausserhalb der EU und umgekehrt zur Folge haben könnte. Die Förderung der internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet durch sektorspezifische Vereinbarungen ist daher unbedingt notwendig. »
Bleibt also, zu verstehen, was mit “kritischen Infrastrukturen” gemeint ist. Es sind: « die materiellen und informationstechnologischen Einrichtungen, Netze, Dienste und Anlagegüter, deren Störung oder Vernichtung gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohlergehen der Bürger sowie auch auf die Regierungsarbeit in den Mitgliedstaaten hätte ». Die Wichtigkeit festgehalten, solche Infrastrukturen zu schützen, haben die europäischen Bürokraten sich sofort an die Arbeit gemacht und eine erste Direktive verbreitet, die sich, in ihrer ersten Phase, « explizit auf die Bereiche Verkehr und Energie bezieht ».
Energie und Verkehr: dies sind die sensiblen Punkte der Herrschaft. Denn sie sind es, die technisch die Reproduktion des Bestehenden ermöglichen, darunter hebt sich die Produktion, die Zirkulation und der Konsum von Daten und Waren ab, sowie das Funktionieren jeder Sorte von Maschine. Ohne Energie und ohne Transporte würde das alltägliche Leben, so wie wir es kennen – jenes zu Diensten des Staates – ins Stocken kommen, sich verlangsamen, stehenbleiben. Eine Unterbrechung dieser Flüsse, vor allem wenn sie ausgedehnt und weitläufig ist, könnte, wie diese Berichte behaupten, einen Dominoeffekt mit unvorhersehbarem Ausgang provozieren.
In dem Moment, wo nichts mehr wäre wie zuvor, würde alles möglich werden. Welch schreckliche Perspektive!

    Finimondo.org
Februar 2015

Einige Neuheiten
in Spanien

Mit der Reform des “Knebelgesetzes” [“Ley mordaza”]

Sehr Schwere Vergehen (von 30‘000 bis 600‘000 Euro)

– Nicht-autorisierte Demonstrationen gegen die Funktion von kritischen Infrastrukturen (Atomkraftwerke, Flughäfen)
– Illegale Herstellung oder illegaler Besitz von Waffen und nicht-konformer Gebrauch von Sprengstoffen (z.B. Feuerwerk)

Schwere Vergehen (von 1‘000 bis 30‘000 Euro)

– Störung der öffentlichen Ordnung im Verlaufe von öffentlichen, sportlichen, kulturelle, religiösen Anlässen oder anderen Versammlungen
– Demonstrationen vor Sitzen des Abgeordnetenkongresses, des Senats und der Parlamente der autonomischen Gemeinden
– Vorsätzliche Konfrontationen und Brandstiftungen auf den öffentlichen Strassen (von Containern, etc.)
– Hinderung der unterschiedlichen öffentlichen Mächte, zum Beispiel im Verlaufe von Räumungen durch offizielle Zwangsverwalter
– Nichtbefolgung des Auflösungsbefehls auf Aufforderung der Polizei bei Ansammlungen
– Nicht-Kollaboration mit den Ordnungskräften, um ein Verbrechen zu verhüten
– Konsum und Gebrauch von Drogen
– Gebrauch oder nicht-autorisierte Publikation von Bildern oder Videos der Ordnungskräfte oder der Autorität

Leichte Vergehen (von 100 bis 1‘000 Euro)

– Nicht-autorisierte Demonstrationen oder Versammlungen
– Zurschaustellung von gefährlichen Objekten mit der Absicht, einzuschüchtern
– Beleidigung oder Bedrohung von Polizeibeamten, auch während Demonstrationen
– Besetzung von gemeindlichen, öffentlichen oder privaten Räumen
- Graffiti und Vandalismus an städtischer Einrichtung, etc.
- Beklettern von Gebäude oder Monumente

Einige Neuheiten
in Griechenland

Restrukturierung der Gefängnisse, jetzt unterteilt in die Kategorien: A, B und C.

Das Typ-C-Gefängnis ist den für Terrorismus oder kriminelle Organisation Verurteilten und den rebellischen und unruhestiftenden Häftlingen vorbehalten.
Die für mehr als 12 Jahre für Terrorismus Verurteilten gehen direkt in den Typ C. In anderen Fällen wird ein Staatsanwalt je nach Gefährlichkeit des Häftlings über das Regime entscheiden, das angewandt werden soll, etc.
Die Dauer: 2 Jahre Typ C für die Widerständigeren; 4 Jahre für die für Terrorismus und kriminelle Organisation Verurteilten. Verlängerungsmöglichkeiten.
Das Typ-C-Regime: begrenzte Besuchsstunden (einige Stunden im Monat), keine Aktivitäten, noch Genehmigungen, eine Stunde Hofgang pro Tag, Postzensur.
Erhöhung der Befugnisse der Wärter im Innern und Polizisten, die den Aussenbereich der Gefängnisse überwachen. Für den Typ C wird die Überwachung einer Spezialeinheit der Polizei übertragen.
Einführung der elektronischen Fussfessel für diejenigen, die von der bedingten Freilassung oder einer Genehmigung profitieren, Einführung der Domizilhaft.
Das neue Gesetz sieht die DNA-Abnahme im Falle von Verbrechen vor, die eine Verurteilung von 3 Monaten oder mehr vorsehen. (Im Unschuldsfall soll die DNA beseitigt werden, will man zu glauben geben).
Der Typ C ist ein Gefängnis innerhalb des Gefängnisses. Das Gesetzt greift jetzt in einen besonderen Kontext ein: Isolierung und Vernichtung der Erfahrungen von “urbaner Guerilla”, Drohung an die revolutionäre Bewegung in ihrer Gesamtheit.
Der Staat hat eine Sektion des Hochsicherheitsgefängnisses von Domokos geleert, um dort die erste C-Sektion einzurichten. Ab Ende 2014 sind bereits die ersten Verlegungen erfolgt.

Allgemeiner sind die “Neuheiten” in Griechenland folgende:
Massenhafte Hausdurchsuchungen (wie nach der Nicht-Rückkehr aus einer Genehmigung von Xiros, Ex-“17. November”, circa 100 Durchsuchungen in ganz Griechenland). Anklage von Terrorismus und Zugehörigkeit zur “CCF” für jeglichen brandstiftenden oder explosiven Angriff. Verwendung der DNA als absoluten Beweis.

Neustes aus der Welt,
aber in ständiger Evolution

Italien
Das neue Gesetz sieht Änderungen des Strafgesetzes vor, indem für jemanden, der in den Kriegsszenarien den Dschihad kämpfen geht oder die Kämpfenden unterstützt, indem er Propaganda organisiert, finanziert und macht, auch via Web, eine Strafe von drei bis sechs Jahren Haft eingeführt wird. Bis zu 10 Jahren Gefängnis für die einsamen Wölfe, die sich selbst den Gebrauch von Waffen beibringen. Es wird ausserdem eine Blacklist von Internetseiten eingerichtet, die den Terrorismus unterstützen, und es wird möglich sein, sie auf Verfügung der richterlichen Autorität abzuschalten. Es wird bei der nationalen Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft eine zentrale Koordination eingerichtet und die Intelligence, die verdeckten Operationen und die funktionale Gewähr für die Infiltrierten wird verstärkt.

Kanada
Mit dem Gesetzesprojekt C-51 werden die Befugnisse der verschiedenen nationalen Sicherheitsunternehmen ausgeweitet. Von der schlichten Sammlung von Informationen (die anschliessen der wirklichen Gendarmerie von Kanada zu übergeben sind), werden sie heute direkt intervenieren können. Es wird ein Verbrechen der “Anstiftung” eingerichtet, dass für jeden, der dazu anstiftet, “Angriffe gegen Kanada zu führen”, eine Maximalstrafe von fünf Jahren Gefängnis vorsieht. Es wird leichter sein, zu Verhaftungen überzugehen. Die Präventionshaft dauert drei bis sieben Tage. Das Gesetzesprojekt zielt auch darauf ab, die Massnahmen auszuweiten, welche die Deplazierungen für jene verbieten, die verdächtigt werden, eine Bedrohung darzustellen.

Belgien
Auch das belgische Parlament wird Mitte Februar die neuen anti-terroristischen Gesetzesvorschläge untersuchen müssen. Es handelt sich um 12 Massnahmen, die unter anderem die Ausweitung der “terroristischen Vergehen” und der Mittel, um sich ihnen entgegenzustellen, den Entzug der Nationalität als fakultative Sanktion, den zeitweilige Entzug der Identitätskarte und des Passes, die Blockierung der Girokonten, die Differenzierung in den Gefängnissen und den Rückgriff auf die Armee für spezifische Überwachungsmissionen vorsehen.

Spanien
Anfangs Februar haben die beiden politischen Hauptkräfte – die amtierende Volkspartei, und die sozialistische Partei in der Opposition – einen neuen Gesetzesvorschlag präsentiert, der die Einführung der lebenslänglichen Strafe für Personen vorsieht, die als schuldig verurteilt werden, ein Attentat begangen zu haben, das zum Tod von jemandem geführt hat. In Spanien war die Höchststrafe, die bis heute vorgesehen war, 40 Jahre Haft, da die lebenslange Haft 1975 nach dem Ende des Regimes von General Franco abgeschafft worden ist. Normen, auch um die Verbreitung von Botschaften via Internet und die Reisen ins Ausland in Richtung von Kriegszonen zu hindern. Die Justiz- und Polizeiressourcen werden verstärkt, um sich jeder Sorte von “Terroristen” entgegenzustellen, einschliesslich den “einsamen Wölfen” ausserhalb jeglicher Organisation.

England
Der Premierminister Cameron ist dabei, das legislative Arsenal gegen die subversive Bedrohung zu verstärken. Unter den zur Diskussion stehenden Massnahmen befindet sich der Entzug der Bürgerschaft für die verdächtigen Dschihadisten, die aus Kriegsgebieten zurückkehren, mit der darauffolgenden Verbannung aus dem britischen Territorium für eine Zeitspanne von zwei Jahren. Dies wird sie zu Staatenlosen machen, denen es verunmöglicht ist, legal anerkannt zu werden. Den Versicherungen wird verboten werden, Islamisten irgendeine Einlösung auszubezahlen. Ausserdem wird den Bildungsinstitutionen, von den Asylen bis zur Universität, die Aufgabe zugewiesen, die möglichen Hitzköpfe zu identifizieren und zu melden. Es ist auch eine Verschärfung bezüglich dem Internet vorgesehen.

Kamerun
Unterdessen sind in diesem afrikanischen Land Mitte Januar zwei Gewerkschaftsführer verhaftet worden, nachdem sie eine Streikankündigung unterzeichnet haben, mit der Anklage von “Verherrlichung von Verbrechen, Aufruhr und terroristische Aktivität”. Es wird sich um eine “administrative Haft” von der Dauer von 15 Tagen handeln, die jedoch einmal erneuerbar ist.

Neuseeland
Neue vom Parlament verabschiedeten Gesetze erlauben eine Videoüberwachung von 24 auf 24 Stunden ohne Mandat und den Entzug des Passes für drei Jahre für Personen, die verdächtigt werden, in Terrorismus verwickelt zu sein.

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