Bremen: Wir wählen den Angriff!

Bremen: Wir wählen den Angriff!

Randale und Fußball am Eck: Brennende Reifen, Stein- und Flaschenwürfe auf Bullen und klirrende Scheiben.

Angriffe auf Bulleninfrastruktur mit Farbe, Steinen und Hämmern:

Wache am Wall

Wache in Gröpelingen

Wache in Woltmershausen

 

 

Die Polizei muss in Bremen wieder die schlagkräftigste Familie werden!“ (FDP Bremen, Bürgerschaftswahlkampf 2019)

Der Polizeiapparat kann auf unterschiedliche Weise wirken. Zum einen als konstante Drohung gegenüber der Bevölkerung. Als mögliche Konsequenz bei Gesetzesverstößen, Auflehnung, Verschuldung oder Unachtsamkeit sind polizeiliche Maßnahmen permanent präsent. Dass Menschen im Supermarkt bezahlen, Mieterhöhungen dulden oder sich bei der Arbeit von der Chefetage erniedrigen lassen – all das passiert nicht einzig aus Konditionierung, sondern weil eine materielle Gewalt im Hintergrund droht, die jederzeit zuschlagen kann.

Überall dort, wo Disziplinierung, erlernter Gehorsam und neoliberale Stadtgestaltung nicht ausreichen, um regelkonformes Verhalten herzustellen, wirken Polizei und Ordnungsamt durch direkte und alltägliche Zwangsmaßnahmen. Mittels massiver Präsens und Null-Toleranz-Konzepten soll abweichendes Verhalten konsequent unterbunden und die Delinquenten mittelfristig aus dem Stadtbild vertrieben werden. Im Bremer Viertel ist genau dies der Fall. Hier wirkt die Polizei nicht als Drohung im Hintergrund, sondern als unmittelbares Ordnungsprinzip. Mit dem vordergründigen Ziel, illegalisierten Drogenkonsum zu verdrängen, werden Schwarze Menschen willkürlich kontrolliert, schikaniert und gedemütigt. Mit dem Ziel, Gesetzesverstöße zu unterbinden, wird bei kleinsten Anzeichen von Protest ein Großaufgebot der Bullen zusammen gezogen. Mit dem Ziel, Verkehr und Partybetrieb störungsfrei und befriedet zu halten, werden am Eck immer wieder Bälle eingesammelt und Leute kontrolliert, um das abendliche Fußball-Spielen auf der Kreuzung zu verhindern.

Die Polizei angreifen – aber warum?

Wenn wir die herrschenden Eigentumsverhältnisse, die rassistische Diskriminierung oder die patriarchalen Strukturen hier im Viertel in Frage stellen wollen, kommen wir um die Konfrontation mit der bewaffneten Staatsmacht nicht herum. Anstatt unsere Protestformen an die Allgegenwart der Polizei anzupassen, zu zähmen und uns auf einen legalen Ausdruck zu beschränken, wählten wir den Angriff. Anstatt der Ohnmachtserfahrung des Alltags wählten wir ein paar kurze Momente der Offensive. Jeder laufende Bulle, jedes zerstörte Einsatzfahrzeug und jede eingeworfene Wache wird uns noch einige Zeit lang ein Lächeln auf die Lippen zaubern.

Dennoch nimmt der Krawall nicht das gesamte Panorama unserer Vorstellung davon ein, wie wir diese Welt ins Wanken bringen können, sondern ist Ausdruck von Ideen, die auch in anderen Formen tagtäglich gelebt werden.

Der Abend vor den Wahlen war der richtige Moment, um uns und dem Rest der Stadt ins Gedächtnis zu rufen: Radikale soziale Bewegungen haben immer auch auf der Straße gekämpft. Die Polizei stand bisher noch jedem emanzipatorischen Anliegen im Weg. Die Ohnmacht gegenüber Staat und Wirtschaft kann nur durch eigenes Handeln überwunden werden. Und ein Stein trifft die herrschende Ordnung besser als jeder Wahlzettel.

Für eine befreite Gesellschaft! Für eine aufständische Perspektive!

Autonome Gruppen

 

 

 

 

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Ergänzungen

 

Mit den FDP-Politiker*innen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Gerhart Baum stand die FDP früher für Grund- und Bürgerrechte. Davon scheint heutzutage wenig übrig geblieben zu sein.

 

 

 

https://www.deutschlandfunkkultur.de/sabine-leutheusser-schnarrenberger-...