Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung in Saarbrücken

Event Datum: 
Mittwoch, Oktober 17, 2018 - 09:00
Stadt/Region: 
Prozess gegen kurdische Aktivist*innen und Unterstützer*innen in Saarbrücken eröffnet. Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung am 17.10.2018, um 09:00 Uhr im Amtsgericht Saarbrücken!

 

Prozess gegen kurdische Aktivist*innen und Unterstützer*innen in Saarbrücken eröffnet

 

 

Am Morgen des 15.09.2015 führten wir mit Genoss*innen und den kurdischen Kampf unterstützenden Aktivist*innen in der Zentrale der Sparkasse Saarbrücken eine Sitzblockade durch. Dies taten wir, um gegen die Kündigung des Spendenkontos der Kampagne „Initiative Solidarität mit Rojava“ zu protestieren. Diese Initiative unterstützt die Bevölkerung der Region Rojava im Norden Syriens in ihrem Kampf gegen den islamischen Staat. Der Sitzstreik stellte eine gewaltfreie Form des zivilen Ungehorsams dar, mit dem Ziel, am Ort des Geschehens ein politisches Zeichen zu setzen.

 

 

 

Die Bevölkerung der Region Rojava wehrte sich zum Zeitpunkt des Sitzstreiks bereits seit Monaten gegen die Angriffe des IS. Es ist den kurdischen Volksbefreiungsstreitkräften zu verdanken, dass tausende Menschen der ethnischen Minderheit der Yesiden vor den Angriffen der faschistischen Mörderbanden des sogenannten IS gerettet werden konnten. Die Stadt Kobane erlangte durch den wochenlangen heldenhaften Widerstand gegen die IS-Faschisten weltweite Berühmtheit. Der schlussendliche Erfolg wurde von den kurdischen Kräften jedoch teuer mit dem Leben vieler Kämpfer*innen bezahlt.

 

 

 

Grundlage des Widerstandes gegen die anfängliche Übermacht des IS war die volksdemokratische Revolution in Rojava. Im Rahmen dieser revolutionären Umwälzung errichtete die kurdische Bevölkerung inmitten des syrischen Bürgerkrieges eine basisdemokratische Gesellschaft, die Gleichberechtigung und Frauenrechte stärkte und Menschen die Möglichkeit gab, ihr Leben in einem Ausmaß selbst zu bestimmen, dass unter dem Despoten Bashar al-Assad undenkbar gewesen wäre. Was die Bevölkerung von Kobane anspornt und eint, ist nicht nur die bloße Verteidigung von Leib und Leben gegen die Mörderbanden von Assad und des IS. Es ist auch die Perspektive, eine Gesellschaft jenseits von ethnischer und religiöser Feindschaft, abseits von patriarchaler Gewalt und ökonomischer Ausbeutung zu errichten.

 

 

 

Das Leben des freien Menschen zu verteidigen, dessen Kraft des Verstehens eine vielleicht unendliche Schönheit besitzt, bedeutet zu kämpfen“

 

 

 

Diese brennende Überzeugung schuf das Wunder von Kobane, welches um die Welt ging und den kurdischen Widerstand berühmt machte. Der revolutionäre Befreiungskampf von Rojava wurde nicht nur zum Hoffnungsschimmer für die Kurden und Kurdinnen, eine Selbstverwaltung zu erlangen, sondern eine strahlkräftige alternative politische Organisationsform für den gesamten Nahen und Mittleren Osten. Die Selbstverteidigungseinheiten der YPG und die Frauenverteidigungseinheiten der YPJ verteidigen alle Menschen der Region, ihre Solidarität endet nicht an ethnischen oder nationalen Konfliktlinien. Die Revolution Rojavas ist der Versuch einer ganzen Region, ein Leben in Freiheit und Würde zu führen und dies gegen Mörder wie Assad, Erdogan und den IS zu verteidigen. Dieses ebenso ehrenwerte wie notwendige Unterfangen verdient die Unterstützung aller, die ihre demokratischen Werte ernst nehmen.

 

 

 

Über 400 Personen, darunter viele aus Kunst, Journalismus und Kultur, unterzeichneten einen Aufruf zur Unterstützung der Selbstverteidigungskräfte Rojavas, der im Oktober 2014 gestartet wurde. Gleichzeitig sind Spenden für die Kräfte in Rojava gesammelt worden – bis Anfang April 2015 kamen über 106.000,00 Euro zusammen. Diese Spenden sollten dem Projekt Rojava zur Unterstützung gereichen. Sie stellen lediglich einen kleinen Beitrag zum demokratischen Widerstand in Rojava dar- jedoch einen, den die Sparkasse Saarbrücken gedenkt, zu unterbinden.

 

 

 

Der Verwaltungsrat der Sparkasse Saarbrücken entschied sich, das Spendenkonto der Kampagne ohne eine juristische Grundlage zu kündigen. Als Begründung diente die Einstufung der kurdischen Arbeiterpartei PKK als terroristische Organisation. Diese Einstufung geht zurück auf eine Anschwärzung durch den türkischen Staat, der sowohl seine faschistoide Politik als auch seine ethnische Unterdrückung mit derlei Vorwürfen tarnt. Die autoritäre Regierung der Türkei fordert hierbei auch von ihren Partnern und Erfüllungsgehilfen, zu denen auch der deutsche Staat zählt, politische Deckung und Gefolgsamkeit. In der Protestaktion sollte nicht nur Unterstützung für den Befreiungskampf von Rojava eingefordert werden, sondern auch diese skandalöse Kooperation deutscher Regierung und Firmen mit der türkischen Regierung, welche sich immer offener autoritär aufstellt, benannt werden. Wir werden weiterhin offen auftreten mit unserer Forderung, dass revolutionäre Projekt Rojava zu einem Teil einer demokratischen Lösung für die vielen Konflikte des Nahen Ostens zu machen. Unser Kampf ist nicht vorbei, und die Unterstützung der Freund*innen und Aktivist*innen, welche sich aufgrund der Anzeige der Sparkasse Saarbrücken nun vor Gericht verantworten müssen, ist nur ein kleiner Teil davon.

 

 

 

Der Prozess gegen die Freund*innen beginnt nun nach dreijähriger Pause. Ein einhalb Jahre nach der Aktion versandte die Polizei Saarbrückens an die Aktivist*innen Strafbefehle in der absurden Höhe von 1400 Euro pro Person, gegen diese wurde Einspruch eingelegt. Wir laden alle, die solidarisch mit unserem Kampf sind, ein, den Prozess zu begleiten und durch ihre Präsenz ihre Ablehnung der Kriminalisierung der internationalen Solidarität klar zu zeigen. Der Prozess beginnt am Mittwoch, den 17. Oktober 2018, um 09:00 Uhr im Amtsgericht Saarbrücken.

 

 

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