[HRO] Antifaschistischer Spaziergang in Gedenken an Mehmet Turgut

 

Rostock – Dutzende Menschen erinnerten am Samstag mit einem Gedenkspaziergang im Rostocker Nordosten an den von Neonazis des „NSU“ ermordeten Mehmet Turgut. Nur äußerst vereinzelt kam es am Rande der Aktion zu Pöbeleien von RassistInnen.

 

Das Konterfei Mehmet Turguts schmückt die Laternen und Stromkästen des Rostocker Viertels Toitenwinkel nachdem Antifas am Samstag durch die Straßen spazierten und unzählige Gedenkaufkleber und -plakate anbrachten. Auch zahlreiche Flyer, die auf den rassistischen Mord im Jahre 2004 im Viertel hinweisen, fanden ihren Weg in die Briefkästen. Etwa 40 AktivistInnen sorgten dafür, dass das Gedenken an Turgut auch lokal wahrgenommen wird. Über dies entfernten sie Unmengen rechter Propaganda längs der Route. Nur äußerst vereinzelt kam es am Rande der Aktion zu Pöbeleien von RassistInnen, Angriffe auf die Gruppe blieben jedoch aus. Vermutlich ist den Neonazis im Viertel noch allzu gut im Gedächtnis, was passiert, wenn man versucht Antifas anzugreifen (https://de.indymedia.org/2011/07/312095.shtml). Toitenwinkel deshalb aber als Nazikiez zu bezeichnen geht fehl. Zwar wohnen einige ProtagonistInnen der hiesigen rechten Szene in der Wohnsiedlung, die noch in der DDR gebaut wurde, die politische Hoheit über die Straße haben sie jedoch nicht. Nichts desto trotz fällt ihre Propaganda in dem massiv abgewerteten Viertel am Stadtrand auf fruchtbaren Boden. Die wirtschaftliche Lage vieler BewohnerInnen ist schlecht und der Stadtteil dient durchaus als Auffangbecken für Menschen mit geringem Einkommen, die aus Teilen der Stadt mit hoher Lebensqualität ausgeschlossen sind. Die gesellschaftliche Spaltung nach Klasse und Verwertbarkeit wird hier besonders deutlich. Rassistischer Argumentation zur Erklärung der sozialen Lage ist hier durch kapitalistische Stadtpolitik der Boden bereitet.

Die Aktion ist Teil des Gedenkens zum 14. Todestag Mehmet Turguts, welcher 2004 vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ in einem Imbiss im Neudierkower Weg erschossen wurde. Nach wie vor sind die regionalen Helfer der Neonazigruppe, die unter anderem auch in Stralsund Banken ausraubte, unbekannt. Die Regierungsparteien in Mecklenburg-Vorpommern sträuben sich seit bekannt werden des „NSU“ und seiner Taten vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Sie verhindern so die Einsicht in möglicherweise Klarheit bringende Akten des Verfassungsschutzes. Die Angst vor Leichen im eigenen Keller scheint massiv zu sein.

Eine weitere antifaschistische Aktion in Bezug auf den Mord an Mehmet Turgut wird die jährliche Gedenkkundgebung am 25. Februar – Turguts Todestag – sein. Sie beginnt um 14 Uhr an der Gedenkstätte im Neudierkower Weg. Zudem gibt es zahlreiche weitere Veranstaltungen, wie beispielsweise das dokumentarische Theater „Die NSU-Monologe“ ebenfalls am 25. Februar um 19 Uhr in der Compagnie de Comedie, sowie am 26. Februar der Vortrag „Der NSU-Prozess – Eine Bilanz mit den Opferanwälten“ im LiWu um 18 Uhr und das Böll-Montagskino mit dem Film „Aus dem Nichts“ im Anschluss daran.

Weitere Fotos findet ihr hier: https://www.flickr.com/photos/145027352@N06/albums/72157665867851448

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