Täterschutz in der Berliner Szene - Kritik

Regionen: 

Wir sind eine kleine Gruppe von FLINTAs die selbst betroffen sind. Und wir haben die Schnauze voll davon wie Täter:innen immer mehr geschützt und die Betroffenen immer weiter unterdrückt werden.

 

In diesem Text üben wir Kritik an dem Umgang mit Täter:innen in der Berliner Szene.

Dazu eine Content Warnung: Wir sprechen über Sexualisierte Gewalt, Täterschutz und Gewalt an Betroffenen.

Wir sind eine kleine Gruppe von FLINTAs die selbst betroffen sind. Und wir haben die Schnauze voll davon wie Täter:innen immer mehr geschützt und die Betroffenen immer weiter unterdrückt werden.

 

In diesem Text üben wir Kritik an dem Umgang mit Täter:innen in der Berliner Szene.

Dazu eine Content Warnung: Wir sprechen über Sexualisierte Gewalt, Täterschutz und Gewalt an Betroffenen.

 

Seit einiger Zeit hat sich die Einstellung der Berliner Szene zum Umgang mit Täter:innen nicht wirklich verändert. Bei vielen Leuten hat man immer noch das Gefühl, dass die Unschuldsvermutung einen höheren Wert hat als deren eigene Prinzipien.

Betroffene werden immer wieder dazu aufgefordert die Taten zu beweisen, da sie sonst unglaubwürdig seien oder werden gleich als Lügner:innen abgetan.

Auch beobachten wir häufiger wie sich Gruppen aus unreflektierten Täter:innen und Mackern bilden, in denen Aufarbeitung gar nicht erst Thema ist. Innerhalb dieser Gruppen wird dann so stark gegen die Betroffenen gewettert, dass wir in manchen Fällen schon fast von einer Hetz-Kampagne reden können.

Was uns aber am meisten überrascht, ist dass andere FLINTA, die selbst betroffen diese Mackerverbände teilweise unterstützen oder sich ihnen sogar anschließen.

 

 

Feminismus als Ausschlusskriterium für Gewalt? 


 

Es fällt immer wieder auf, dass Täter:innen sich als krasse Feminist:innen bezeichnen und dies als Vorwand benutzen um ihr eigenes übergriffiges Verhalten zu leugnen. Als ob eine feministische Einstellung ausschließen würde, dass Menschen überhaupt in der Lage wären übergriffig zu handeln.

Doch leider trifft dieses Pseudo-Argument bei vielen immer noch auf fruchtbaren Boden. So wird die einfache Aussage, dass jemand feministisch sei, genutzt um dessen Übergriffigkeit unter den Teppich zu kehren. Wie diese feministische Einstellung aussieht wird ebenfalls nicht hinterfragt.

 

 

Die vermeintliche "Resozialisierung" von Täter:innen:


 

In der Berliner Szene hat man das Gefühl, dass die Resozialisierung von Täter:innen wichtiger ist als die der Betroffenen. Auch wir sind der Meinung, dass Täter:innen in ihrem Transformativen Prozess nicht komplett sozial isoliert werden können, aber die Berliner Szene hat das Konzept von "Täterarbeit" wohl nicht wirklich verstanden.

Wenn es mal dazu kommt, dass Täter:innen aufgefordert werden Täterarbeit zu leisten, dann genügt ein "Ja ich arbeite das gerade auf" scheinbar als Freifahrtschein um von vielen wieder mit offenen Armen empfangen zu werden.

Täter:innen werden sogar dafür gelobt, als ob das nicht das absolute Minimum wäre. Wie diese Täterarbeit aussieht und welche Stellen/Gruppen herangezogen werden scheint meistens nicht wichtig zu sein. Immer wieder täuschen Täter:innen einen Aufarbeitungsprozess vor, da sie wissen dass sie so fast ungehindert wieder  am Szene Leben teilhaben dürfen.

 

 

Rausschmiss und Hausverbote ... oder auch nicht:


 

Wo einige Szene Orte und Gruppen direkter gegen Täter:innen vorgehen, fehlt bei anderen Komplett das Verständnis.

Wir reden über den Umgang mit Täter:innen auf Veranstaltungen.

Manche Orte und Gruppen sind da zum Glück ziemlich fortschrittlich und schmeißen Täter:innen raus, sobald diese auftauchen/das Kollektiv darauf angesprochen wird oder erwirken gleich ein Hausverbot, um den Raum sicherer zu gestalten.

Das ist aber längst nicht überall so. Es gibt immer noch Orte und Gruppen in Berlin die Täter:innen dulden oder gleich mit ihnen zusammenarbeiten. An Szene Orten, die Täter:innen dulden, wird entweder nach Beweisen für die Tat verlangt oder die Täter:innen sind hoch angesehen wenn nicht sogar Stammgäste und ein Rausschmiss würde da ja unsolidarisch sein.

Bei Veranstaltungen wird entweder die Täterschaft geleugnet oder so getan, als wäre dies gar nicht bekannt. Diese Ausrede hören wir immer wieder nach einer Veranstaltung mit Täter:innen in der Orga. Wobei meistens die Outcalls öffentlich sind und das Orga-team schon lange im voraus damit konfrontiert wurde.

Als ob dieses Verhalten nicht schon abstoßend genug wäre. Nein, es wird noch einer obendrauf gesetzt, indem teilweise Betroffene von Veranstaltungen verwiesen werden, da deren Täter:innen sich mit ihrer Anwesenheit nicht wohl fühlen.

 

 

Deswegen ist das so gefährlich:


 

Dieser Umgang mit Täter:innen ist super gefährlich, da zum einen Betroffene aus dem Fokus geholt werden.

Linke Räume sollten primär Orte sein an denen sich Betroffene und marginalisierte Personen sicher fühlen und keine Orte an denen sich unreflektierte Täter:innen "resozialisieren".

Mit diesem laschen Umgang wird Betroffenen die Handlungsfähigkeit abgesprochen und über die erlebten Taten gewertet.

Zum anderen können sich so Täter:innen weiterhin in der Szene aufhalten, vernetzen und erneut übergriffig werden ohne Konsequenzen erwarten zu müssen.

Dies war bei einigen Mehrfachtäter:innen in der Vergangenheit der Fall.

 

 

Warum tut sich die Berliner Szene so leichtsinnig mit Täter:innen ab?


 

Uns ist aufgefallen, dass es schon seit längerem kaum Strukturen gibt die sich mit Täterarbeit auseinandersetzen bzw. dies auch transparent tun. Somit wissen viele auch nicht wie ein Aufarbeitungsprozess vonstatten geht oder wie mit Betroffenen umzugehen ist.

In vielen Punkten und Situationen ist es schlich und einfach das fehlende Wissen, was zu so einem Umgang führt. Dazu kommt die Loyalität zu Freund:innen die bei manchen so stark ist, dass sie über deren Täterschaft hinwegsieht.

Alle sind sich irgendwie einig dass Täterarbeit geleistet werden muss, wie das dann genau aussieht wissen aber die wenigsten.

 

 

Was sich ändern muss:


 

Um es mal ganz grob zu sagen: Es muss sich die gesamte Einstellung zu Täterschaft ändern.

  • Leute und teilweise ganze Strukturen müssen sich sensibilisieren dafür, was es heißt betroffen zu sein, wie mit Betroffenen richtig umgegangen wird und wie ein Aufarbeitungsprozess abläuft.
  • Es muss mehr Aufklärung über Gewalt, Täterschaft und Täterarbeit geben und mehr Bereitschaft solche Workshops etc. zu besuchen.
  • Kommt weg von der Vorstellung, dass Täter:innen sich nur reflektieren müssen und dann ist alles Friede Freude Eierkuchen. 
  • Hört auf Täterschaft als einen Konflikt zwischen Täter:innen und Betroffenen darzustellen, bei dem beide Seiten gleichgestellt werden.
  • Informiert euch über Sexualisierte Gewalt und deren strukturellen Hintergrund. Nehmt Betroffenen die Aufklärungsarbeit ab. 
  • Sprecht Gewalt an wenn ihr sie seht. Auch und vor allem in eurem Freundeskreis.
  • Solidarisiert euch mit Betroffenen.

 

Wir sehen von der Nennung der Orte und Veranstaltungen von denen die Rede ist ab, nicht weil wir andere nich davor schützen wollen, sondern weil wir die Befürchtung haben so bestimmte Betroffene in noch größere Schwierigkeiten zu bringen.

 

 

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen