[B] Informationen zur erfolgreichen juristischen Auseinandersetzung um die Rigaer94

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Größtenteils unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit finden seit einiger Zeit kontinuierlich Prozesse gegen die Rigaer94 aufgrund von Räumungsklagen seitens der selbsternannten “Eigentümerin” statt. Kein Wunder, denn die Lafone Investments Limited verliert jede einzelne dieser juristischen Auseinandersetzungen – sofern ihre Rechtmäßigkeit angezweifelt wird. Und welche Presse berichtet schon gerne abseits eines Spektakels davon, dass eine unversöhnliche Haltung und ein langer Atem vor Gericht sich lohnen kann? Dass selbst die Berliner Justiz einem undurchsichtigen Geflecht von Briefkastenfirmen kein Recht gibt?

*english below*

 

Ein erster Überblick kann in unserem im Juni 2022 veröffentlichten Text “Darf’s ein bisschen mehr sein? Bürokratie, Räumungsklagen und Brandschutz” nachgelesen werden.

Die besetzten Räume Kadterschmiede und Keimzelle vor dem Kammergericht

Nachdem das Landgericht am 21. März die Räumungsklage gegen die Kadterschmiede und Keimzelle als unzulässig erklärt hatte, war der Anwalt der Lafone – Markus Bernau – in Berufung gegangen. An dieser Stelle lassen wir unsere Anwält*innen im juristischen Ton sprechen, die dem Kammergericht auf die vorgetragenen Behauptungen Bernaus erwiderten:

Die Klage sei unzulässig […] Auch werde der Mangel der Vollmacht weiterhin gerügt. Die Klägerin sei bereits vor dem Brexit nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Seit dem 01.02.2020 habe die Klägerin ihre Rechts- und Parteifähigkeit verloren. Auf sie sei nunmehr deutsches Gesellschaftsrecht anzuwenden. Ein Herr Robert Mark Burton (Anm.: der sogenannte “director”) sei nicht befugt, die Klägerin zu vertreten. Die Klägerin sei, nachdem sie sich nicht zur Anzeige ihrer Gesellschafter geäußert habe, auch nicht als GbR parteifähig. Sei nur eine Person an der Limited beteiligt, trete zivilrechtlich nicht identitätswahrend der bisherige Alleingesellschafter als natürliche oder juristische Person an die Stelle der Limited. Jedenfalls sei die vom director der Limited abgeleistete Vollmacht spätestens mit dem Brexit erloschen […]“

Zusammengefasst geht es also ständig um die Frage, ob es eine wirksame Prozessvollmacht durch eine dafür berechtigte Person überhaupt gibt und welche Auswirkungen der Brexit auf die Handlungsmacht einer britischen Limited außerhalb der britischen Grenzen hat. 

Am 01.12.2022 beschloss der 8. Zivilsenat des Kammergerichts als höchstes Gericht dieser Stadt in einem schriftlichen Verfahren nun, dass sie beabschichtigen, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen, 

[…] weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.”

Und ganz zum Schluss:

Es wird daher angeregt, dass die Klägerin – auch im Kosteninteresse – die Fortführung ihrer Berufung überdenkt.” 

Ein Funfact ist, dass Bernau zwar ein neues Original einer Prozessvollmacht vorgelegt hatte, diese jedoch von der Lafone Investment (ohne “s” am Ende und somit im Singular) Limited erteilt wurde. Sie stimmt also nicht mit der eigentlichen Klägerin und selbsternannten “Eigentümerin” Lafone Investments Limited überein. Ein Fehler, den unsere sorgfältig prüfenden Anwält*innen nicht durchgehen ließen.

Mit dem Beschluss widerspricht das Kammergericht auch der eigenen, in einem Eilverfahren getroffenen Entscheidung zum Brandschutz 2021, dass die selbsternannte “Eigentümerin” befugt wäre, diesen zu prüfen. Somit kann diese ganze Geschichte nach geltendem Recht getrost als illegal bezeichnet werden. Die Quittung gabs auf der Straße.

Die Mietwohnungen vor dem Amtsgericht Kreuzberg

Auch vor dem Amtsgericht kann von einer Serie von klageabweisenden Urteilen der Räumungsklagen gegen die seit 1992 bestehenden Mietverträge als auch gegen Personen, die durch die Razzia vom Oktober 2021 hinzugefügt wurden, gesprochen werden. In sechs Prozessen wurde die Klage bereits als unzulässig abgewiesen. Der Beschluss des Kammergerichts vom 01.12. kann für die folgenden Prozesse als richtungsweisend gelten.

Lediglich gegen unseren Sportraum erging ein Urteil, das die Räumungsklage durchwinkte. Dies aber auch nur, weil wir in diesem Verfahren nicht die Prozessvollmacht rügten. Gegen das Urteil sind unsere Anwält*innen jedoch in Berufung gegangen.

Einladung zum 13.12.

Wieder einmal zeigt sich, dass der Kampf um die Rigaer94 noch lange nicht entschieden ist. Nachdem der Brandschutz als Vorwand scheiterte, uns zu räumen, führt nun auch das Abzielen auf die bestehenden Mietverträge nicht dazu, dass wir, als die hier lebende und kämpfende Gemeinschaft, herausgedrängt werden können. 

Am 13.12. laden wir euch herzlich zu Feierlichkeiten in der Kadterschmiede ein. Es ist zwar kein Grund zu feiern, wenn das Gericht in unserem Sinne entscheidet. Kapitalismus und seine Logik von Privateigentum ist Grund für existenzelle Not und Zwangmittel zur Lohnarbeit. Wir wissen, dass der Kampf dagegen nicht in den Gerichtssälen dieser Welt gewonnen wird. Stattdessen wollen wir an diesem Tag in Wertschätzung von militanten Kämpfen zusammen kommen, gegen die kapitalistische Ausbeutung, die Institution Polizei, den Staat und seine patriarchale und kolonial-rassistische Gewalt und gegen Gentrifizierung und die Welt, die es erhält. 

Ab 15 Uhr könnt ihr euch in der Kadterschmiede aufwärmen, es wird Gebäck & warme Getränke geben. Für Kinder und motivierte Ältere (auch über 30!) gibt es die Möglichkeit eigene Kekse zu backen und zu dekorieren. Ab 19 Uhr gibt es dann Pizza. Wie immer ist alles vegan und es gibt eine glutenfreie Option. Rauchen ist diesmal diesmal nur draußen erlaubt, dafür gibt es aber eine Feuertonne zum warm bleiben! Damit es auch ums Herz warm wird, zeigen wir einen kleinen Video-Zusammenschnitt von Juni 2021.

Eure Rigaer94

 

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Information on the successful legal dispute about Rigaer94

Largely unnoticed by a broader public, lawsuits against the Rigaer94 have been continuously taking place for some time due to eviction suits on the part of the self-proclaimed “owner”. No wonder, because Lafone Investments Limited loses every single one of these eviction trials – if their legality is doubted. And which press likes to report apart from a spectacle that an irreconcilable attitude and a long breath in court can be succesful? That even the Berlin judiciary does not approve an intransparent network of letterbox companies?

A first overview can be found in our text published in June 2022 “Darf’s ein bisschen mehr sein? Bürokratie, Räumungsklagen und Brandschutz“.

The squatted rooms Kadterschmiede and Keimzelle in front of the Chamber Court

After the regional court had declared the eviction action against the Kadterschmiede and Keimzelle as impermissable on March 21, the lawyer of the Lafone – Markus Bernau – had appealed. At this point, we let our lawyers speak in legal tone, who replied to the Chamber Court on Bernau’s presented claims:

“The action is inadmissible […] Also, the lack of power of attorney is still complained. The plaintiff had not been legally represented already before the Brexit. Since 01.02.2020, the plaintiff has lost its legal ability and party ability. German company law is now applicable to it. A Mr. Robert Mark Burton (note: the so-called “director”) was not authorized to represent the plaintiff. The plaintiff was also not capable of being a party as a GbR, since it had not made a statement on the lawsuit of its shareholders. If only one person holds an interest in the limited company, the previous sole shareholder does not take the place of the limited company as a natural or legal person, thereby preserving its identity under civil law. In any case, the power of attorney held by the director of the Limited expired at the latest with the Brexit […]”.

In summary, it is therefore constantly a question of whether there is an effective power of attorney by a person authorized to do so at all and what effects the Brexit will have on the power of action of a British Limited outside the British borders. 

On 01.12.2022, the 8th Civil Senate of the Chamber Court as the highest court in this city now decided in written proceedings that they plan to reject the appeal against the judgment of the Regional Court, 


“[…] because it is unanimously of the opinion that the appeal obviously has no prospect of success, the case also has no fundamental importance, neither the further development of the law nor the safeguarding of a consistent  jurisdiction requires a decision by the court of appeal, and the holding of oral proceedings on the appeal is not required.”

And at the very end:

“It is therefore suggested that the plaintiff – also in the interest of costs – reconsider the continuation of its appeal.” 

A fun fact is that while Bernau had submitted a new original power of attorney for legal proceedings, it was given by Lafone Investment (without an “s” at the end and thus singular) Limited. Thus, it does not match the actual plaintiff and self-proclaimed “owner” Lafone Investments Limited. A mistake that our carefully checking lawyers did not let pass.

With this decision, the Chamber Court also contradicts its own decision on fire security 2021, made in an urgent proceeding, that the self-proclaimed “owner” would be authorized to check it. Thus, this whole story can be confidently described as illegal under current law. The consequences happened in the streets.

The rented flats in front of the Kreuzberg District Court

Also in front of the district court one can speak about a series of rejecting judgements of the eviction suits against the rent contracts existing since 1992 as well as against persons, who were added by the raid of October 2021. In six lawsuits, the lawsuit has already been dismissed as inadmissible. The decision of the Chamber Court of 01.12. can be considered as directional for the following processes. 

Only against our sports room there was a verdict issued that accepted the eviction trial. However, this was only because we did not challenge the power of attorney in this proceeding. However, our lawyers appealed against the verdict.

Invitation for 13.12.

Once again it shows that the fight for Rigaer94 is far from being over. After the fire security failed as an excuse to evict us, now also the targeting of the existing rent contracts does not lead to the fact that we, as the community living and fighting here, can be pushed out. 

On 13.12. we hereby invite you to celebrations in the Kadterschmiede. Nevertheless it is not a reason to celebrate, if the court decides in our favor. Capitalism and its logic of private property is the reason for existential misery and essential to force people into wage labor. We know that the struggle against it will not be won in the courtrooms of this world. Instead, we want to get together on this day in appreciation of militant struggle, fought by so many people against capitalist exploitation, the institution of police, the state and its patriarchal and racist-colonial violence and against gentrificiation and the world that sustains it.

Starting at 3pm you can come warm yourself up in Kadterschmiede, there will be cake and warm drinks. For kids and motivated older people (also above 30) there will be a possibility to bake and decorate your own cookies. From 7pm on we will serve pizza. As always everything is vegan and there will be gluten-free option. Smoking will only be welcome outside but there’ll be a fire bin to stay toasty. To warm up our hearts as well we’ll show a little video summary of June 2021.

Yours, Rigaer94

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