NS-Relativierung in Hamburg: Femen Germany

e*vibes 30.01.2013 14:11 Themen: Antifa Antirassismus Gender Medien Soziale Kämpfe Weltweit
Im Zuge ihrer Kampagne „Fickt die Sexindustrie“ machten vergangenen Freitag die Femen auf der Herbertstraße in Hamburg auf sich aufmerksam. Der Vergleich zum Dritten Reich ist kaum verkennbar, zieren doch sogar Hakenkreuze einige der Fotos im Internet. Ein ausführliches Statement? Fehlanzeige. Und so häufen sich nun die Fragen.
Femen Germany haben bereits 1.714 sogenannte Facebook-Likes. Die allgemeine Gruppe Femen zählen sogar 80.414.
Grund genug für uns zu fragen wer sind die Femen, wofür stehen sie und welche Botschaften wollen sie uns vermitteln?
Folgenden offenen Brief haben wir formuliert.
Offener Brief an die Femen Germany


Wir, e*vibes – für eine emanzipatorische praxis, sind eine feministische/sexismuskritische Gruppe aus Dresden.
Innerhalb der letzten Wochen sind wir über Facebook vermehrt auf euch als Femen Germany aufmerksam geworden. Vergangenen Montag dann haben wir von eurer Aktion in Hamburg erfahren. Nachdem wir den ersten Schock überwunden hatten, haben wir uns ein Herz gefasst und schreiben euch nun diesen Brief. Ein Brief mit einigen der vielen drängenden Fragen.

Auf eurer Seite verlinkt ihr die internationale Seite Femen.org. Das Selbstverständnis, welches dort zu finden ist, haben wir uns einmal genauer angeschaut. Es hat sich gelohnt, denn bereits hier taten sich einige Fragen auf:

Können Frauen ohne Brüste Femen sein? Wie definiert ihr „Frauen“?
Was ist mit Trans*menschen?

„Activists of FEMEN – are morally and physically fit soldiers“
Was bedeutet „physisch und moralisch fit“? Können „nicht physisch fitte“ Menschen Femen sein?
Warum Soldat*innen?

Welche Symbolik verbirgt sich hinter den Blumen im Haar? Dies wird aus unserer Sicht innerhalb des Selbstverständnisses nicht ganz deutlich.

„hot boobs, cool head and clean hands“
Wie sehen „nicht heiß“e Brüste aus? Muss die Brust einem gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen?
„Kühler Kopf“ steht wahrscheinlich für Intellekt, der auch im Vorfeld schon angesprochen wird. Wie wird Intellekt definiert und was ist mit Menschen, die das gewünschte Maß nicht vorweisen können? Ab welchem IQ darf mensch bei euch mitmachen?
Wofür steht „saubere Hände“? Erste Assoziation: „Ich wasche meine Hände in Unschuld.“

Wie definiert ihr Ideologie, Demokratie und Patriarchat?
Im Selbstverständnis steht, dass sich das Patriarchat auf drei Bereiche begrenzt: Diktatur, Kirche und Sexindustrie. Wie, glaubt ihr, ist es strukturiert?

Unabhängig vom Selbstverständnis auf femen.org haben wir noch ein paar Fragen zu euch als Femen Germany.

Wieso finden die Farben der Nationalflagge Deutschlands (so viel) Verwendung? Inwiefern hängt Nationalismus aus eurer Sicht mit Feminismus zusammen?

Schewtschenko ist eine der ukraininschen Gründerinnen von Femen. In einem Interview mit der Zeit gib sie an, dass sie die Herrschaft der Männer nicht aufheben, sondern umdrehen will. Die einfache Begründung: Schewtschenko glaubt daran, dass Frauen besser mit Macht umgehen können und keine Kriege führen würden. „Warum sonst hat uns die Natur die Fähigkeit gegeben, über die Fortführung von Leben zu entscheiden?“ (vgl.  http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-01/femen-herbertstrasse-protest)
Steht ihr als Femen Germany ebenfalls hinter dieser Aussage?

Wie ihr sehen auch wir, dass Frauen immer noch benachteiligt sind. Dem muss entgegengewirkt werden. Ziel kann dabei aber keine Machtumkehr sein, sondern ebendieses Machtverhältnis muss Gegenstand der Kritik sein.
Auch die biologistische Sicht auf „Mann“ und „Frau“ mit naturgegebenen Eigenschaften teilen wir nicht.

Als wenn das alles nicht schon genug wäre, geht es noch weiter.

Was bitte ist der Inhalt der Kampagne „Fickt die Sexindustrie! – Der Sexindustriefaschismus des 21sten Jahrhunderts“? Wie definiert ihr Faschismus?
Ein Hakenkreuz als Zeichen für das „x“ in „Sexindustrie“?!

Wieso wurde die Aktion auf der Herbertstraße in Hamburg gerade in zeitlicher Nähe zum 27. Januar (Holocaustgedenktag, Befreiung von Auschwitz) durchgeführt? Die Bedeutung des Tages war euch sicher bewusst, da ihr die bekannteste KZ-Toraufschrit „Arbeit macht frei“ an das Eingangstor zur Herbertstraße geschrieben und Sätze wie „Prostitution is genocide“ verwendet habt.

Ihr setzt die Shoa und den Porjamos mit Prostitution gleich – als würden Frauen gezielt und industriell zu Millionen ermordet, weil sie Frauen sind. Das ist wirklich nicht zu fassen und in keiner Weise tragbar.

Faschismus, Genozid und Holocaust werden hier relativiert und verharmlost.
Die unhistorische Verwendung des Satzes „Arbeit macht frei“ erfüllt in Deutschland den Straftatbestand der Volksverhetzung. Zudem werden durch eure Verwendung des Hakenkreuzes und des besagten Satzen diese in feministischer Verpackung, in Deutschland, wieder hoffähig gemacht.

Wir wären nicht überrascht euch am 13. Februar in Dresden zu sehen, mit euren Fackeln, Seite an Seite mit Alt- und Neonazis, in Gedenken an die vielen durch die Alliierten getöteten Frauen.

e*vibes
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

critical whiteness missing

Anarcha Mouse 08.04.2013 - 10:15
Many Muslim feminists have declared that FEMEN's 'topless jihad protests' amounted to the perpetuation of racism, as well as colonial feminist rhetoric that portrays Arab/Muslim women as oppressed. They consider FEMEN's half nude protests outside a mosque as highly disrespectful and xenophobic.

via a Muslim Feminist: Here's the thing. You can say Islam sucks. That's fine. That's an opinion you get to have. However, when you completely deny the fact that a group is using essentially the same racist neocolonist propaganda that the US is?

That's ridiculous. FEMEN had been called out repeatedly for that. It isn't about offending Muslims. I support Amina, and find her protest so much more powerful. However, I don't need a bunch of white women with towels on their heads telling me to take my clothes off for equality.

Cause f*ck the patriarchy. F*ck neocolonialism. And f*ck apologists who'd step on their allies because they don't like their beliefs.

read more:
 http://stream.aljazeera.com/story/201304050033-0022659

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 9 Kommentare

.

. 30.01.2013 - 14:59

Danke

Iceflame 30.01.2013 - 15:09
Ich habe die Kritik von Femen auf meinem Facebook-Profil emotional aufgeladen kommentiert. Ich hätte nicht gedacht auf Indymedia Kritik an der Aktion vorzufinden. Viel mehr hätte ich erwartet dass die Aktion gelobt wird. Dass nun doch ein Artikel die Ideologie der Femen Gruppe in Frage stellt, gibt mir ein kleines Stück Vertrauen dass ich doch noch auch zu einem kleinen Teil innerhalb der Indymedia DE Bewegung mit meiner Meinung einen Platz habe, zurück. Danke!

Was die Aktion angeht, finde ich, beisst sich da eine Katze in den Schwanz. Für mich ist das ideologische System (die Reaktion) von Femen und die Prostitution (die vermeintliche "Emanzipation"*Muss geschaut werden wovon sich diese Frauen befreit haben), ein und das selbe. Ich kann es nicht trennen. Kritik an der Prostitution, besonders an der "Edel-"Prostitution wie auf dem Kiez, ist gerechtfertigt; denn dass es diesen Job geben muss ist ein Verbrechen an der Gesellschaft und der körperlichen Unversährtheit seiner BürgerInnen. (Auch wenn diese dieses Recht "freiwillig" aufgegeben haben; positioniere ich mich persönlich so dazu, dass dieses Recht zu verteidigen ist, auch gegen diejenigen die es nicht haben wollen und somit die Ausrede denjenigen liefern die es angreifen) Ganz besonders schäbig, weil während die Herbertstrasse ihre Traditionen pflegt in St.Georg viel jüngere Frauen gezwungen sind für ein paar EUR alles mit sich machen zu lassen und anderswo auch Minderjährige anschaffen geschickt werden oder aus der Not heraus, zb. weil man sie angefixt hat, meinen sich somit über Wasser halten zu wollen. Prostitution ist ein Anzeichen dafür dass psychologisch etwas falsch läuft und dafür gibt es Ursachen, die man gesellschaftlich, also politisch - ideologisch - zu behandeln hat.

Mit vermeintlichem Feminismus sieht es genauso so aus. Ähnlich wie sich links- mitte- und rechts- Antikapitalisten darum prügeln wer nun die echten Befreier der Menschheit sind; in Wahrheit aber alle drei Strömungen dem selben sozialistischen System zuarbeiten die Demokratie abschaffen zu wollen weil sie gar nicht einsehen sich auf die Bedürfnisse einer Mehrheit einzulassen die keine Lust auf Extreme in denen es Gulags, Geschlossene Psychiatrien oder KZs gibt, hat; handelt es sich hier doch nur um einen "internen" Gang-Fight, wessen Umgang als "Widerstand" (was nichts weiter als ein Eingeständnis der Resignation davor ist) bzgl. sexueller Unterdrückung nun die geeignetere Form ist. Sich dafür bezahlen zu lassen nur ein Fickobjekt zu sein oder sich abfeiern zu lassen von einer Bewegung die das gratis macht. Ich seh da keinen Unterschied!

Wer sowenig SelbstWERTgefühl hat seinen Körper, seine Nacktheit, seine Intimität mit jedem teilen zu wollen anstatt dieses Recht nur bestimmten auserwählten zukommen zu lassen, der lebt in einem anderen System als ich. Der ist nicht gegen Unterdrückung sondern hat sich bereits derart verohen und verwahrlosen lassen, dass er es selbst gar nicht anders aushalten kann als sich vom Opfer zum Täter zu machen und damit alle missionarisch belästigen zu wollen. Natürlich gibts auch die Härtefälle wo jemand aufgrund einer zu verschlossenen, moralistischen, Familie anfängt sich gerne auszuziehen; aber auch hier muss man doch in Frage stellen was diese Aktionen bezwecken wollen.

Die Herbertstrasse ist wirklich der letzte Ort in St.Pauli wo man Politik machen muss. Was in den WGs um die Herbertstrasse herum passiert, stört niemanden. Warum es Besucher aus der ganzen Welt in die Herberstrasse lockt, schaut sich auch niemand an. Niemand spricht mit den Mädchen und Jungs die auf St.Pauli tagtäglich leben, jeden Abend besoffen in einer Kneipe sich durchs Nachtleben pimpern und niemand schaut welche armen Leute sich sexuell versklaven lassen um ihr Koks bezahlen zu können. Und die Vergewaltigungen in einigen Clubs und Kneipen von Frauen die sich da rein verirren schaut sich auch niemand an.

Ein System! Dass man beides, geschlossen, ablehnen und bekämpfen muss. Wenn man es nicht aktiv kann, dann wenigstens passiv, zb. in dem man - so wie ich - noch nie in der Herberstrasse war und die Nutten die sich jahrelang einem an den Hals geworfen haben, besonders in der Zeit wo man auf dem Hans-Alberts-Platz gewohnt hat, die ausgenutzt haben dass man jeden Abend traurig alleine von allen Menschen die man liebte verlassen an ihnen vorbeischlendert, die einen locken in ihr Geschäft einzusteigen wenn die eigene Szene einen vergessen hat, ignoriert.

Es ist keine Befreiung sich von jedem Arschloch ficken zu lassen! - Nur weil man Geld braucht, sonst in seinem Hausbesetzer Kollektiv gemobbt wird, frierend in einem Zimmer alleine liegt, jemand einem einredet es wäre bürgerlich wenn man nicht polygam ist, oder weil man meint man müsste sich so Geborgenheit und die Zuneigung geben lassen die man sonst nirgendwo anders bekommt. Oder sich dafür bestrafen dass man nicht gelernt hat anders mit ihr umzugehen als Menschen die einen lieben immer wegzuschlagen anstatt ihre Zuneigung zu erwidern, wissentlich dass man die Menschen denen man das antut dabei verletzt.

Auch muss man nicht nur weil einige Antisexisten selbst Scheisse bauen oder selbst nicht gefeilt sind vom Feind korrumpiert zu werden bereits bestehende antisexistische Strukturen meiden und glauben das Rad neu erfinden zu müssen. Es gibt eine sehr gute antisexistische Struktur, seit paar Hundert Jahren. Die nennt sich Religion ! Zwar wird die auch durch Einrichtungen wie der Heilsarmee ad absurdum geführt; der Kiez hat sich im letzten Jahrhundert durch alle Systeme erfolgreich am Leben gehalten in dem er sich angepasst hat und zugelassen hat dass die Institutionen installieren, Abwehrmechanismen, die wenn jemand hingeht und was kritisieren möchte man irgend einen bestehenden Verein aus der Kiste holt der sagt "Verpiss Dich , wir waren zu erst da!"; aber auf den Trick muss man ja nicht reinfallen.

Also bitte nicht glauben nur weil die Aktion von Femen scheisse war, dass Prostitution toll sei. Wenn Ihr Studentinnen kennt die anschaffen gehen um ihre Studium zu bezahlen, Freundinnen habt die mit Telefonsex ihr Taschengeld aufbessern, seht sie als das was sie sind: Opfer ! Eines Systems in dem man nur etwas Wert ist wenn man was dafür macht. Oder etwas mit sich machen lässt.

Gegen diese Ideologie steht meine Politische Entscheidung: Lieber alleine zu sterben, anstatt hinzunehmen dass es so bleiben soll. Diesen Kampf daran nicht zu zerbrechen habe ich, führe ich, werde ich überall rund um die Uhr weiterführen.

omg

icke 30.01.2013 - 22:42
ihr seid so verspießt und verbohrte ideologen! wer will denn mit so einer "linken" noch was zu tun haben. hieß es nicht mal high sein frei sein, lebt bunt und gefährlich etc...und ihr versteckt euch hinter euren ideologischen mauern und schlagwörtern...ihr seid einfach verspießerte pc grüne hoch 10! fürchterlich und eigentlich in einer emanzipatorisch anarchischen linken, die auch ma spaß hat: UNERTRÄGLICH!

@omg

öö 31.01.2013 - 23:41
Klappe zu Troll!Spass haben heißt für dich NS Verharmlosen und in den Puff gehen?Bleib in deiner Burschenschaft und verpiß dich hier.OI!

@öö

omg 01.02.2013 - 01:56
hä?

@Iceflame

Antikolektivismus? 01.02.2013 - 08:05
Ich hoffe fuer dich, dass du in deinem totalitaeren Individualismus dir nicht selbst etwas vorgaukelst? Manche Ausfuehrungen deines ellenlangen Elaborates hat verdaechtige Aehnlichkeit mit der "Extremismustheorie"

@omg: Du hast das schon verstanden.

alles klar

omg 01.02.2013 - 10:52
dann bleibt schön unter euch in eurer spaßfreien, sexfreien, wortgesäuberten, selbstkasteienden, straight edge crossgegendertengemainstreamtenultrapc-minihölle. viel spaß dabe! mit linker emanzipatorischer politik und einem freien lebensverständnis hat dat freilich nix zu tun. oioioihihihi

Ach ja?

Hein 01.02.2013 - 13:14
Den "Dienst" von ausgebeuteten Sexarbeiter_innen in Anspruch nehmen hat aber auch nicht viel mit "emanzipierter Politik" (was immer das auch sein soll) zutun und dient ausschliesslich deinem "freien Lebensverhältnis".

oomg

omg 07.02.2013 - 22:39
Hier häufen sich in letzter Zeit überpuritanische und letzthin kontraproduktive Geschichten wie diese hysterische Kampagne um das bescheuerte Boy Label, diese lächerlichen Vorwürfe gegen Femen oder der konzertabbruch in kiel. Anscheinend formieren sich in der Linken irgendwelche überkorrekten, komplett humorfreien Tugendwächter, die den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, oder faschos/"AN"/ BfV/ agent provocateurs schicken ihre U-Boote, um linke ansätze in soner art über-affirmation zu diskreditieren.