[B]: Transgenialer CSD - Ein Kurzbericht

[SCHWARAB] 23.06.2012 20:27 Themen: Antifa Antirassismus Freiräume Gender Medien Repression
Mehrere tausend Teilnehmer*innen auf dem Transgenialen CSD +++ deutliches Zeichen gegen Homophobie, Nationalismus und Rassismus gesetzt +++ Polizisten beleidigen Teilnehmer*innen homophop
Bei aller schönstem Wetter folgten mehrere tausend Teilnehmer*innen dem Aufruf des Orga-Teams „Transgenialer CSD“ durch die Straßen Berlins. Anfänglich mit mehreren huntert Teilnehmer*innen im Berliner Stadtteil Treptow zur Mittagszeit gestartet, zog die buntgekleidete Masse mit vielen selbstgemalten Schildern, Transparenten unter dem Leitmotto „Lasst es glitzern: Antifaschistisch – Queerfeministisch – Antirassistisch – Solidarisch“ zum Kreuzberger Heinrichplatz. Auf den verschiedenen Lautsprecherwagen, aus denen Techno, „orientalische Klänge“ sowie queere Partyclassics erklangen, wurden ebenfalls Redebeiträge verlesen. So wurde unter anderem die Situation des alternativen Kulturprojektes „Tacheles“ thematisiert, als auch deutliche Kritik an der inzwischen stark kommerzialisierten Ausrichtung des „großen“ Christopher-Street-Days, der heute ebenfalls durch die Straßen Berlins zog, geübt. Auch das 15-jährige Jubiläum des transgenialen CSD, der im Jahr 1997 auf Grund polizeilicher Repression und der ausbleibenden Kritik des „großen“ CSDs sich durch die Straßen Kreuzberg bewegte, wurden in weiteren Redebeiträgen thematisiert.
Auch die „AG Schwule in der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin “ [SCHWARAB] beteiligte sich erstmalig mit eigenem Aufruf, Flugblatt und Transparent an der Demonstration und verteilte mehrere hundert antikapitalistische Flugblätter (im Folgenden dokumentiert) an das interessierte Publikum.

Einzig die Berliner Polizei bot mal wieder ein Bild des Grauens für das eigentlich durchaus feuchtfröhlich gelaunte Publikum: Begleitet durch die einschlägig bekannten 23. und 24. Einsatzhundertschaften ließen es sich die Zivilbeamten des Landeskriminalamtes „Politisch motivierte Straftaten – Links“ nicht nehmen und beleidigten Teilnehmer*innen des tCSD homophob.
Trotzdem lässt sich in Gesamtheit durchaus von einer gelungenen Demonstration gegen Homo&Transphobie, sowie Nationalismus und Rassismus sprechen.



Flugblatt der [SCHWARAB] – Text:

„Brüder und Schwestern, ob warm oder nicht, Kapitalismus bekämpfen ist unsere Pflicht“!

Obwohl der Christopher-Street-Day (CSD) ursprünglich an das militante Aufbegehren sogenannter sexueller Minderheiten im Juni 1969 in der New Yorker Christopher Street erinnerte, wo sich Lesben, Schwule und Transexuelle erstmals militant gegen eine Serie brutaler Polizeiübergriffe und Razzien zur Wehr setzten, ist von dem Widerstandsgeist der Regenbogen-Community aus den früheren Tagen nicht viel übrig geblieben.

Gegen Kapitalismus…

Vielerorts wurde der CSD schnellen Schrittes von einer politischen Demonstration zu einer bestenfalls karnevalesk anmutenden Parade transformiert, die einigen Großkonzernen nicht wenig Platz einräumt, damit diese um die angeblich finanzstarken Lesben und Schwulen buhlen können. So bewirbt im offiziellen diesjährigen Berliner CSD-Magazin etwa der Autohersteller Ford seine Produkte ganz zielgruppengerecht unter der Überschrift „Weißer Lack – schwarzes Leder“ und das „HIV-Team“ des Pharmariesen Abbot wünscht den potentiell Infizierten „einen schönen CSD“.

Rassismus…

Während homophobe Verhaltensmuster in der deutschen Mehrheitsgesellschaft vor allem bei jungen Menschen wieder zunehmen, kommt es auch innerhalb der schwul-lesbischen Community seit Jahren verstärkt zu rassistischen Ausfällen und aggressiver Stimmungsmache gegen Migranten, denen eine nahezu qua Geburt vorhandene Feindlichkeit unterstellt wird. Die rassistischen Hasskampagnen der Mehrheitsgesellschaft wie auch die der rechten Schreihälse in der schwul-lesbischen Community werden auf unseren entschlossenen Widerstand stoßen! Wir sind solidarisch mit den oftmals von Mehrfachdiskriminierung Betroffenen!

Menschenrechtsimperialismus…

Vielfach wurde das Thema Menschenrechtspolitik in der Vergangenheit als Begleitmusik zu aggressiver Kriegspolitik zu missbraucht. So wurde etwa der Angriffskrieg gegen Afghanistan etwa mit der Befreiung der Frauen begründet. In den vergangen Jahren kommt es zunehmend dazu, mangelnde Rechte für Schwule, Lesben und andere marginalisierte Sexualitäten und Lebensformen zu missbrauchen, um Stimmungsmache wie aktuell etwa gegen Russland zu machen. Wir stehen auf der Seite der linken Transsexuellen, Lesben und Schwulen weltweit. Wir werden uns jedoch nicht am Menschenrechtsimperialismus von BRD, USA und EU beteiligen, die selbst mehr als genug Leichen im Keller haben. So wurde etwa der Paragraph 175, der männliche Homosexualität in der BRD unter (Haft)Strafe stellte und über Jahre in einer „verschärften“ Nazi-Variante existierte, erst 1994 (!) und einzig aufgrund der Rechtsangleichung der beiden deutschen Staaten in der BRD abgeschafft.

Homonationalismus…

Auch das „Pinkwashing“, mit Hilfe dessen sich Israel als einzige Demokratie im Nahen Osten zu inszenieren versucht, während es Palästinenserinnen und Palästinenser brutal unterdrückt, stößt auf unseren entschlossenen Widerstand. Wir werden auch zukünftig nicht dulden, dass rassistische und bellizistische Organisationen wie etwa der „BAK Shalom“ in ihrer Funktion als deutsche Täterenkel und in „deutscher Michel“-Manier Jüdinnen und Juden vorzuschreiben versucht, wie sie zu denken und zu leben haben und die Nahostfrage für ihre rassistischen Ausfälle und Kriegstreiberei missbrauchen und dafür versuchen, die Lesben- und Schwulenbewegung in politische Geiselhaft zu nehmen. Derlei Organisationen sprechen nicht in unserem Namen!

… und religiösen Fanatismus

Auch in Sachen Religionskritik müssen wir nicht auf islamische Länder verweisen, sondern kritisieren das verbrecherische Wirken der katholischen Kirche und des deutschen Papstes ebenso, wie die evangelikalen Fundamentalisten, die sowohl in Deutschland als auch den USA ihr Unwesen treiben und Menschen mit alternativen Lebensentwürfen das Leben immer mehr zur Hölle machen.

Während immer mehr Ehen wieder geschieden werden und immer mehr Menschen nach neuen Formen des Zusammenlebens suchen und Alternativen zur kleinbürgerlichen monogamen Familie leben, wiederholt das Gros der schwul-lesbischen Berufsfunktionäre gebetsmühlenartig die Forderung, die Ehe für Lesben und Schwule zu öffnen. Wir lehnen das ab! Wir wollen nicht die gescheiterten und unrealistischen Lebenskonzepte der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft übernehmen, sondern eine rechtliche wie auch gesellschaftliche Gleichstellung aller Lebensweisen!

Wir hingegen wollen mit allen fortschrittlichen Lesben, Transen und Schwulen nicht in den Arsch der Herrschenden kriechen, sondern eine offensive radikal linke Politik betreiben und nicht nur heute gemeinsam mit Euch gegen Ausbeutung, Rassismus und Krieg und für unsere Rechte auf die Straße gehen!

AG Schwule in der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin (SCHWARAB)
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

picz und bericht!

duliddle 23.06.2012 - 21:06
hier gibt es einen weiteren bericht und bilder.

 http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157630254131124/

Transpi-Aktion für Basak

ARAB 24.06.2012 - 08:42
Vom Gebäude des „Zentrum Kreuzbergs“ machten Mitglieder der ARAB mit einem Transparent und Flugzetteln auf den Fall von Basak Sahin Duman aufmerksam, die seit dem 29.Mai in Kroatien in Haft sitzt und an die Türkei ausgeliefert werden soll, wo ihr über 7 Jahre Haft wegen ihres politischen Engagements an der Univerität drohen. Mehr Infos zu dem Fall auf

 http://www.freebasak.blogsport.de

No XOXO

gossip girl 24.06.2012 - 16:51
Die Ankündigung der ARAB bzw. ihrer AG "Schwarab" war überraschend, da doch die stark männlich-makerhaft dominierte Gruppe, seit ihrem Bestehen weder durch besondere Kritik am Sexismus oder der Heteronormativität aufgefallen ist. Nun gut: besser spät als nie.
Der Auftritt auf dem TCSD wirkte etwas gewollt, lief man doch mitten im Zug mit einem Fronttransparent, wollte dort ein Statement setzen, das aber keinen an sich interessierte (außer Leute aus der Szene und das PMS). Es wirkte so als dachte die ARAB, alle würden auf sie warten. Doch aus der ARAB selbst waren wenige zu sehen. Hauptsächlich Kerle, wenig Frauen trugen das Transparent durch Treptow, Neukölln und Kreuzberg, das doch für diese Ankündigung wenig offenbarte: Außer dass die ARAB jetzt auch öffentlich zu ihren schwulen Mitglieder*innen steht, bzw. ihnen eine AG gibt. Warum, liebe ARAB, eigentlich SCHWARAB? Weil ihr die Anlehnung an die Schwusos so lustig findet, oder vielmehr doch, weil ihr die antisexistische Debatte nicht ernsthaft führt. Anstatt als Gruppe aufzutreten, geht ihr in eine Nische, die es im linksradikalen so nicht geben sollte. Erstmal ist doch der Begriff "queer" als Bezeichnung für die verschiedensten Lebensweisen Konsens. Mit eurem Namen schließt ihr doch viele Teilnehmerinnen eines TCSD aus - und warum?
Und warum braucht es die SCHWARAB? Homophobie auf allen Ebenen ist scheiße - emanzipatorischer Standart, doch was erzählt ihr uns? Dass sich die Schwulen bei euch in der Gruppe jetzt zusammentun, um gemeinsam das Label "ARAB" auch in die queere Szene zu tragen und damit die Hegemonie im Aktionismus in der Berliner Szene auszubauen? Oder können wir von Euch Kritik erwarten? Kritik an der mackerhaften Gruppenstruktur, homophoben Äußerungen eurer Mitglieder*innen, einem Hang zum heteronormativen Lifestyle, einem Musikgeschmack (ERfahrungen bei den verschiedensten ARAB-Lautis), der homophobe bzw. strukturell sexistische Rapper auch mal nicht ausschließt, eure fehlende Auseinandersetzung mit sexistischen Vorfällen in Gruppe und Szene und null Statements zur queeren Politik überhaupt.
Zu eurem Text, er ist wie das Heft "Perspektive": Oberflächlich, faktenarm, tendenziös und flach. Ihr habt recht mit Eurer Erkenntnis, dass Fundamentalismus und religiöser Fanatismus, wohl sogar die Religion an sich ausgrenzend ist - deshalb der alte Sprechchor "Kein Gott, kein Start, kein Patriachat". Was verkauft ihr uns? Eine Neuigkeit? Nein, nur Balsam für die antiimperialistische Seele, gilt doch der TCSD als Veranstaltung, die von vielen Antideutschen und Antinationalen besucht wird - ein Mitglied eurer Gruppe nannte jene mal bei einer Party "Carhatt-Schwuchteln". Daher gleich der Verweis auf die USA, das Christentum, Deutschland. Aber wenn es euch um die Sache geht, müsst ihr doch auch gesellschaftliche Entwicklungen sehen. Im Iran gibt es die Todesstrafe für Homosexuelle, in Palästina auch, nur wird sie nicht angewandt, doch viele queere Palästinenser*innen leben eben nicht in den Autonomiegebieten, sondern z.B. in Israel. Und Israel hat doch im Vergleich zum anderen Scheiß der Gesamtscheiße für queere People eine Liberalisierung, die in Europa und Nordamerika seines gleichen sucht. Toll ist es auch nicht, und "Vorzeigedemokratie" ist einzig "echte Demokratie" sollte für eine linksradikale Bewegung keine Begrifflichkeit in Bezug auf die herrschenden Verhältnisse sein. Also, wo bleibt die Kritik am tödlich-homophoben Regime in Teheran oder auch an die Marginaliserung der queeren in Palästina. Da ihr euch als klar pro Palästina positioniert(in Zeiten, in denen große Teile der linken Szene Nationen komplett ablehnen, auch als Übergangsmodell sollte es keine Lösung sein) erklärt doch mal eure vorausgesetzte queere Haltung zu einem Palästina, das von einer homophoben Hamas bis Fatah geprägt wäre? Wo bleibt die Kritik, wenn es eben auch "islamische" Staaten betrifft? Wo bleibt eurer Engagement gegen die Gewaltattacken gegen queers in Rußland?

Eure typischen Vereinfachungen, der fehlende Blick aufs Ganze. Denkt doch mal weiter, aber die erwartbaren Phrasen, für die ihr Papier verschwendet, sind konformistisch und nicht sonderlich emanzipatorisch. Wohl ein Problem in der Gruppe.

Ihr macht viel in Berlin, und der Ansatz oft und viel Stellung zu beziehen, ist bei euch das Beste. Ihr seid präsent und macht. Aber wie, da sind wir eben beim Problem.

Die Erkenntnis, das Homophobie überall gelebt wird, ist doch die erste. Und in einer Kritik daran müssen auch alle benannt werden: Sexisten in der PKK, Macker am Fronttranspi,keine politische Korrektheit, reines Mainstreamdenken.

Besonders in Erinnerung bleibt die Anti-Papst-Demo. "What-the-fuck" und "Not welcome" in einem Block - und das bereitete doch etlichen am Startpunkt der Demo erhebliche Bedenken: Aus der Jugendgruppe hörte man " Schlampe" und ähnliches, jemand rief "Todesstrafe für Kinderschänder" und der arab-dominierte erste Teil im linksradikalen Block war alles andere als antisexistisch. Was an dem Tag zu hören war, hat sogar einige eurer Mitglieder derart in Verlegenheit gebracht, dass diese nur noch dafür sorgen wollten, dass die Kidz mal leise sind, und die Macker einfach nur böse gucken.

Und liebe "Schwarab" warum geht es für euch doch noch nur um die Veränderungen der Bedingungen, aber nicht ihre Abschaffung. All die Energie für Volksbefreiungskämpfe und die Kämpfe für ein Baskenland und Kurdistan werden doch am Ende nicht außer - etwas besser, vielleicht etwas schlechter, doch niemals das was wir als Emanzpiation begreifen? Oder was ist denn für euch dieses Leben?

Es wäre schön, wenn ihr euch auch mal auf eine Diskussion einlassen würdet - nur bei euch gibt's ja immer noch knappe, nichtssagende Platitüdenstatments!

Und solange ihr mit dem ZK zusammenarbeitet, sollte ihr eh die Fresse halten. Das ist nicht links, das ist keine Emazipation, was die Gewaltmackergruppe betreibt. Neben unglaublicher Unwissenheit und Dummheit, wurden Menschen wiederholt angegriffen. Und ja, auch auf Grund von Sexualität und Geschlecht in Kombi mit politischer Haltung.

Wer mit "Zusammen kämpfen" in ein Bett steigt, in einer Kneipe abstürzt oder beim Al-Quds-Tag gemeinsam Anti-Ds kloppen will, sollte einfach die Fresse halten oder sich anders positonieren.



»Erst einmal vor der eigenen Haustür kehren!«

jW von Morgen 24.06.2012 - 17:54
 http://www.jungewelt.de/2012/06-25/041.php

Zehntausende Teilnehmer am Christopher Street Day in Berlin – Tausende bei der Alternativveranstaltung.

Ein Gespräch mit Dirk Höffner

Interview: Markus Bernhardt

Dirk Höffner ist Mitglied der »Arbeitsgemeinschaft Schwule« in der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin [ARAB] arab.blogsport.de

Sie haben am Samstag am sogenannten transgenialen Christopher Street Day (CSD) in Berlin teilgenommen. Warum nicht am weitaus größeren und gleichzeitig stattfindenden CSD, an dem Zehntausende betiligt waren?
Gemeinsam mit mehreren tausend Lesben, Schwulen und Transen haben wir für die rechtliche Gleichstellung aller Lebensformen demonstriert und uns zugleich gegen Krieg, Rassismus und Kapitalismus positioniert. Das wäre auf dem bürgerlichen CSD verlorene Liebesmüh gewesen, da dort eher seichte Unterhaltung und weniger politische Meinungsäußerung im Vordergrund steht.

Uns war es außerdem wichtig, an die politischen Ursprünge des CSD zu erinnern. Also daran, daß sich im Juni 1969 in der New Yorker Christopher Street Lesben, Schwule und Transexuelle zum ersten Mal militant gegen eine Serie brutaler Polizeiübergriffe und Razzien zur Wehr setzten. Und da wären wir auf dem bürgerlichen CSD, wo Schwule von CDU bis Linkspartei gemeinsame Sache machen, falsch gewesen.

Man darf ja auch nicht vergessen, daß der Paragraph 175, der männliche Homosexualität in der BRD unter Strafe stellte und über Jahre in einer verschärften Nazivariante existierte, erst 1994 – und nur aufgrund der Rechtsangleichung der beiden deutschen Staaten! – abgeschafft wurde. Wir wollen daher keine gemeinsame Sache mit Behörden oder der Polizei machen, die auch an dem CSD teilnehmen.

Aber beim Teilnehmerspektrum des »transgenialen« CSD herrschen doch auch verschiedene Meinungen vor …
Das bringen große Veranstaltungen natürlich mit sich. Es ist aber so, daß sich die Organisatoren des transgenialen CSD deutlich gegen Rassismus und Nationalismus – auch in der eigenen Community – positioniert haben. In Zeiten des zunehmend grassierenden westlichen Kulturrassismus ist uns das besonders wichtig.

Man darf ja beispielsweise nicht vergessen, daß schwule Migranten oder lesbische Migrantinnen oft einer Fülle von Diskriminierungen ausgesetzt sind. Schon aufgrund ihrer Herkunft, aber auch wegen ihrer Homosexualität.

Das Thema Homosexualität wird oft genau so instrumentalisiert wie die Frage der Frauenrechte. Formiert sich dagegen Widerstand?
Ja, viele Lesben und Schwule haben mittlerweile erkannt, daß die Frage ihrer Gleichstellung oft mißbraucht wird und als Begleitmusik für Kriegspropaganda dient. Aktuell erleben wir das ja bei der Stimmungsmache gegen Rußland.

Israel etwa nutzt das Thema Homosexualität, um sich als einzige Demokratie im Nahen Osten zu inszenieren und von der Unterdrückung der Palästinenser abzulenken. Mittlerweile ist es jedoch so, daß nur noch wenige Menschen dieser Propaganda auf den Leim gehen. So gibt es in der Berliner Homobewegung einige linke, jüdische Lesben und Schwule, die sich gegen die staatliche Propagandamaschinerie Israels positionieren und wichtige Aufklärung leisten.

Auch für uns ist es wichtig, uns eindeutig gegen die zunehmende Kriegspolitik der selbsternannten »westlichen Wertegemeinschaft« zu positionieren, und das haben wir am Wochenende beim CSD auch getan.

Aber es ist doch nicht zu leugnen, daß es in Europa besser um die Rechte von Lesben und Schwulen bestellt ist als anderswo …
Das mag ja sein. Trotz alledem muß man gar nicht auf islamisch geprägte Länder verweisen, um religiösen Fanatismus zu entdecken. Ich will nur an die Verbrechen der katholischen Kirche, ihre Stimmungsmache gegen Lesben und Schwule oder auch an ihr Frauenbild erinnern. Oder an die sich zunehmend ausbreitenden evangelikalen Fundamentalisten, die sowohl in den USA als auch verstärkt in Deutschland ihr Unwesen treiben und Menschen mit alternativen Lebensentwürfen das Leben zur Hölle machen.

Ich finde daher, daß wir in der BRD gut beraten wären, in Sachen Menschenrechten erst einmal vor der eigenen Haustür zu kehren und endlich eine tatsächliche Trennung von Staat und Kirche einzufordern, die hier bestenfalls auf dem Papier besteht.

@femme

garnix 24.06.2012 - 18:19
Die DDR kehrte 1950 formal zur "alten" entschärften Fassung § 175 aus der Weimarer Republik zurück, beharrte gleichzeitig auf Anwendung des hier wichtiger erachteten § 175a - Sex zwischen Männern über 18 Jahren mit unter 18 strafbar, während in der BRD die unter den Nazis komplett verschärfte Variante weiter galt (allein der Austausch von mann-männlichen Zärtlichkeiten reichten für eine Verurteilung).

Während es in der BRD gerade in den 1950er und Anfang der 1960er Jahre Zehntausende Verurteilungen gab, wurde in der DDR bereits ab Anfang 1950er Jahre Homosexualität unter Erwachsenen wegen "Geringfügigkeit des Vergehens" in der Regel NICHT MEHR geahndet, obwohl der "Weimarer" § 175 noch ein Weilchen rechtsgültig bestehen blieb.

1968 erhielt die DDR ein eigenes Strafgesetzbuch, das in § 151 homosexuelle Handlungen mit Jugendlichen SOWOHL für Frauen ALS AUCH für Männer unter Strafe stellte. 1988 wurde in der DDR auch dieser Paragraph ersatzlos gestrichen. Wenngleich es bis heute für die DDR keine genauen Zahlen der Verurteilungen gibt, kann mensch von sehr wenigen Tausend - vor allem wegen 175a im Auftrage des Jugendschutzes - ausgehen (Schätzungen: 1.500 bis 6.000.

Währenddessen gab es in der BRD allein zwischen 1950 und 1969 mehr als 100.000 Ermittlungsverfahren (mit U-Haft usw.) und etwa 45.000 rechtskräftige Verurteilungen zu teils jahrelangen Gefängnisstrafen. Oft gesprochen von Nazi-Blutrichtern. Bis zur ersatzlosen Streichung der in der BRD 1969 und 1973 entschärften Version des § 175 im Jahr 1994 gab es nochmals mehrere Tausend Verurteilungen, wenngleich die Gefängnisstrafe kaum noch angewendet wurde.

Man kann es auch einfacher sagen: In der DDR gab es keine strafrechtliche "Homoverfolgung als Staatsräson" wie in der BRD. Dies soll gesellschaftliche Diskriminierungen keineswegs in Abrede stellen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 17 Kommentare an

chapeau.... — bambam geröllheimer

unter stalin... — femme & proud

... — ...

die schwarab — panther

@xyz und die anderen Hater — Warmer Bruder

ja — ja

transgender — heiner

bereicherung! — antifa

@antifa — ...

Wie sagte schon... — Farid Bang:

orientalismus — what?

Scheiß egal — Scheißegal

Jaja — Yippie-Yeah!

Das Bürgerliche — Anmerkender

liebe ARAB Basher*innen — ihr macht ja Mut...