Protestwoche an der Uni Hamburg

sören streik 22.04.2009 15:37 Themen: Bildung Weltweit
Seit Montag ist an der Uni Hamburg an der Fakultät für Erziehungswissenschaften, Sport und Psychologie eine Aktionswoche. Diese wurde nach dem Motto "think global, act local" in die globale Aktionswoche für eine emanzipatorische Bildung gelegt, um so im globalen Kontext ihre eigenen Kämpfe gegen dramatische Kürzungen und Missstände an ihrer Fakultät lokal fortzusetzen.
"Die Ungeheuerlichkeit der staatlichen Zumutungen an die Studierenden und Professoren wird nur noch übertroffen von der Bereitwilligkeit, mit der sich die Betroffenen alles gefallen lassen. Ohne diese Bereitwilligkeit der Betroffenen wäre die Umwandlung der Universität in eine Tretmühle und Lernfabrik gar nicht möglich." (Zitat eines Lernenden)

Das sich nicht alle die Verschlechterungen an den Unis gefallen lassen sieht mensch an der Uni-Hamburg. Seit Montag veranstalten die Studierenden der Fakultät Erzie-hungswissenschaften, Sport und Psychologie eine Prostwoche, da sie seit Januar zusätzlich zur Grundlegenden Unterfinanzierung der gesamten Uni nun als Fakultät noch mal mit 11% Finanzkürzungen betroffen ist.

Diese Kürzungen des Etats wird die Qualität des Studiums in einem starken Maße verschlechtern. Mehr noch befürchten die Studierenden, dass durch diese Einspa-rungen die historisch gewachsene wissenschaftliche Substanz insbesondere der Er-ziehungswissenschaft und der Lehrerbildung zerstört wird.

Typisch ist in diesem Zusammenhang, dass die Uni Präsidentin Monika Auwetter-Kurtz – von Studierenden aufgrund ihrer Verflechtungen mit Rüstungskonzernen und Rüstungsforschung auch Raketenmoni genannt, meint, dass man die Finanzlöcher die durch die Finanzkürzungen entstehen doch mit Studiengebühren stopfen sollte. Doch das ist eindeutig ein Verstoß gegen das Hamburger Hochschulgesetz. In dem Gesetzestext steht, dass Studiengebühren nur als Mittel für eine zusätzliche Verbes-serung von Studium und Lehre verwendet werden dürfen - nicht um den regulären Uni-Betrieb aufrechtzuerhalten.
Und in der Tat ist es ziemlich dreist, erst öffentliche Gelder zu kürzen und dann zu fordern diese durch Studiengebühren wieder schließen zu wollen.

Doch was bedeuten die Finanzkürzungen konkret: Es wird immer weniger kleine Seminare geben (bei denen in kleineren Gruppen diskutiert werden kann) stattdes-sen immer mehr Massen- Vorlesungen. Im Fachbereich Erziehungswissenschaft muss man sogar mit einer Streichung von deutlich über 10 Professuren rechen.

„Wir verstehen diese Protestwoche nicht als ein isolierten Protest, der getrennt von der gesamten Situation an den Hochschulen betrachtet werden kann, sondern sehen diesen eingebettet im gesamtgesellschaftlichen Kontext. Denn nicht nur an dieser Fakultät gibt es einige Probleme sondern an der gesamten Universität sind die der-zeitigen Zustände und Entwicklungen nicht weiter hinnehmbar! Es herrscht eine an-dauernde Unterfinanzierung, demokratische Mitbestimmungsrechte werden einge-schränkt und eine Strukturreform wird durchgerückt, bei der Bildung nicht mehr am Gemeinwohl orientiert ist, sondern nur noch den so genannten Gesetzen des Mark-tes unterworfen werden soll“ meint Stefan Streik. „Die Ergebnisse dieser Umstruktu-rierungen – und das haben wir hier an der Uni HH auch erleben dürfen - sind die Er-hebung von Bildungsgebühren, das verschulte Bachelor- und Mastesystem und eine zunehmende Privatisierung der Hochschulen.“

Das alles wirft Fragen auf:
Warum trotz aller Notenkritik durch Bachelor wieder Noten und Creditpoints einge-führt wurden?
Warum auf einmal der Master ein zweit- Studium sein soll, und ihn nicht alle aus dei-nem Fachbereich machen dürfen könne sollen?
Warum das gesamte Hochschulsystem seid Dekaden Unterfinanziert und Banken die pleite gehen auf einmal mit Milliarden unterstützt werden?

Aber nicht nur in Hamburg und Deutschland wird die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Bildung, jenseits von wirtschaftlicher Verwertbarkeit geführt.
So gab es auch in vielen anderen Ländern z.B. in Mexiko, Spanien, Italien, Frank-reich und Griechenland massive Proteste gegen die die treibenden Kräfte und Zwän-ge, welche die Privatisierung und Kommerzialisierung von Bildung vorantreiben.
„Deswegen ist es höchst erfreulich, dass es in der gleichen Zeit wo wir hier an der Uni Hamburg eine Protestwoche veranstalten auch eine Globale Aktionswoche mit dem Namen: ‚Reclaim your Education’ stattfindet.“
In dieser globalen Woche werden sich zahlreiche Menschen zusammenfinden, um sich für freie Bildung und demokratische Strukturen im Bildungsbereich stark zu ma-chen. Studierende aus über 30 Ländern (z.B. Japan, Kanada, Liberia, Guatemala, Kroatien und Vereinigten Staaten von Amerika) werden gemeinsam Aktionen für freie Bildung durchführen.
In Deutschland dient die Aktionswoche vielen Gruppen, auch dafür um auf den an-stehenden bundesweiten Bildungsstreik im Juni aufmerksam zu machen, der zurzeit von Studierenden und Schülern in ganz Deutschland vorreitet wird. Das heißt also, dass die Bildungsproteste sich in Zukunft noch steigern werden.

Campus Army, Alternativ Seminare, Seminare auf dem Rathausmarkt, Vokü

Seit Montag finden alternative Seminare statt, die sich mit Themen wie „Bildung als öffentliches Gut“ in den verschiedensten Facetten aber auch Plakat-Druck-Seminare, die direkte praktische Ergebnisse produzieren und diese in der Universität aufhän-gen. Der Fakultät entsprechend finden auch kritische Themen wie „Anti-Pädagogik“, „Anti-Autoritäre Pädagogik“ bis hin zur AG „Freie Schulen – für welche Schule lernen wir eigentlich?“ ihren Platz.

Um den Protest auf dem Campus auch sichtbar zu machen und Studierende aus ih-rer Lethargie zu lösen hat sich eine Campus Army gegründet und zieht seit dem weiß maskiert durch die Seminare – die Studierenden mit verschiedenen Theaterein-lagen dazu auffordernd, sich ja nicht an den Protesten zu beteiligen, sondern lieber brav weiter den Lernstoff zu konsumieren und nicht selbstständig zu denken. (Vor allem nicht, sich dem linken Mob anzuschließen!)

Bald schon klassisch ist die Verlegung von Seminaren in den öffentlichen Raum – was jedoch für die Polizei kein Anlass ist, diese inzwischen doch bekannte Aktions-form zu tollerieren:
Auf dem Rathausmarkt wurde ein Seminar der Professorin Liesner zum Thema „Grundbegriffe, Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft“ von der Polizei aufgelöst, 6 Studierende haben eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen die Bannmeile bekommen, ein Transparent wurde beschlagnahmt. (Siehe auch Artikel in der Taz:  http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/?dig=2009%2F04%2F22%2Fa0181&cHash=5542336464 )

Zur mentalen und physischen Stärkung gibt es überdies täglich eine vegane / vege-tarische Volksküche, die direkt vor dem Haupteingang bei strahlendem Sonnen-schein leckeres Essen unter dem Motto „Bildungshunger?“ an hungrige Studierende verteilte. Seit das Wetter heute schlechter geworden ist, musste die Vokü in das Cafè Knallhart umziehen.
Wie es weiter geht:
Morgen findet vor und im Cafe Knallhart ein Campus-Festival statt mit Live-Musik, Capoeira und weiteren kleinen Aktionen. Freitag ist dann eine hamburgweite De-monstration angemeldet unter dem Motto „Bildung in der Krise“ an der sich auch Studierende anderer Fakultäten und Bildungseinrichtungen in Hamburg beteiligen wollen. Start ist 14 Uhr am Bahnhof Dammtor.
„Jeden Abend um 18 Uhr gibt es ein gemeinsames Plenum – wir freuen uns auch immer über Unterstützung von Außerhalb unserer Fakultät. Schließlich kämpfen wir hier nicht nur für unsere Fakultät sondern für den Erhalt einer breitgefächerten Uni-versität, für die Abschaffung des Bachelor/Master Systems, für die Abschaffung von Überwachungsmaßnahmen wie dem Computersystem Stine, für die Wiedereinfüh-rung der Gebührenfreiheit… kurz: für ein emanzipatorisches, ganz anderes Ganzes. Und das geht uns alle an!“ meint Stefan Streik. Und mit solidarischen Grüßen an die Protestierenden auf der ganzen Welt beendet er unser Interview: „Lasst es krachen in Belgien!“

Mehr Infos gibt’s auf der Internetseite der Fachschaftsräte Erziehungswissenschaft der Uni-versität Hamburg: www.fsr-erzwiss.de
Aufruf zur Protestwoche:  http://de.indymedia.org/2009/04/247029.shtml
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Ergänzungen

Soli-PM der GEW HH

Antihumakapitalist_innen 22.04.2009 - 15:58
20.04.2009: Uni-Präsidentin spart pädagogische Ausbildung kaputt

GEW unterstützt Protestwoche an der Universität Hamburg

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft unterstützt die heute beginnende Protestwoche der Studierenden des Fachbereichs Erziehungswissenschaften. Bei der Auftaktveranstaltung (Montag 20.04.,10.00 Uhr, von-Melle-Park 8) wies die stellvertretende Vorsitzende der GEW Hamburg, Sigrid Strauß, auf die Gefahr einer "ausgedörrten Lehrerausbildung" hin: "Hamburg braucht gut ausgebildete PädagogInnen, die Uni-Präsidentin aber lässt den Fachbereich am langen Arm verhungern. 'Raketen-Monis' Vorliebe für Technik und Drittmittel-Forschung gefährdet weite Teile der Uni-Landschaft."

Nach jahrelanger Unterfinanzierung stehen dem Fachbereich bzw. der Fakultät Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft erneut Kürzungen bevor, diesmal rund 9,5 Prozent (1,5 Millionen Euro) Sach- und Personalkosten. Die Hochschulpräsidentin will die Löcher mit Studiengebühren stopfen, was gegen das Hamburger Hochschulgesetz verstoßen würde. Vor diesem Hintergrund rufen die Fachschaftsräte Erziehungswissenschaft an der Uni Hamburg zu einer Protestwoche vom 20.-24. April 2009 auf.
Die GEW Hamburg beteiligt sich außerdem am Aufruf zur Demonstration „Bildung in der Krise“ am Freitag, den 24. April 2009, 14.00 Uhr ab Dammtor.

Bildung in der Krise!

Hansel 22.04.2009 - 16:08
Fakultätsweite Protestwoche der EPB-Fakultät (20. – 24.04.09) und
Demonstration, Freitag, 24.04.09, 14.00 Uhr, Bahnhof Dammtor

Die derzeitigen Zustände und Entwicklungen an den Hochschulen und im gesamten Bildungssystem sind nicht weiter hinnehmbar! Es herrscht eine andauernde Unterfi-nanzierung, demokratische Mitbestimmungsrechte die erkämpft wurden, werden ein-geschränkt und eine Strukturreform wurde durchgedrückt, bei der Bildung nicht mehr am Gemeinwohl orientiert ist, sondern nur noch den so genannten Gesetzen des Marktes unterworfen werden soll.

An der Universität Hamburg stehen außerdem der gesamten Fakultät Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft im Januar 2009 zusätzliche Finanzkürzungen bevor. Unter dem Vorwand eines „gerechteren“ Verteilungsmodells hat die Präsidentin der Hamburger Universität, Raketen-Moni (Frau Auweter-Kurtz) eine Formel gefunden, welche zu dem Ergebnis führt, dass das Budget der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften um 17% gesteigert wird, das der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sogar um über 20%, während die Geisteswissenschaften und die Juristen weniger Geld erhal-ten und die Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswis-senschaft mit 11% Budgetkürzung am härtesten getroffen wird.

Um diesen Maßnahmen etwas entgegen zu setzten, die Öffentlichkeit zu informieren und StudentInnen für mehr Widerstand zu organisieren, wird vom 20. - 24. April eine fakultätsweite Protestwoche stattfindenden. Es wird im Laufe der Woche verschie-denste Workshops und Seminare zum Thema geben. Zudem soll es einige Aktionen geben: Zum Beispiel Donnerstag, den 23.04. eine Art Campus Festival und als Ab-schluss am Freitag, den 24.04. eine Demonstration um 14 Uhr ab Bahnhof Dammtor. Die Demonstration steht gleichzeitig im Zusammenhang der Globalen Aktionswoche „Reclaim your education“ und der Mobilisierung für den Bundesweiten Bildungsstreik, welcher im Juni 2009 (www.bildungsstreik2009.de) stattfinden wird.

Du bist also herzlich dazu eingeladen, dich an der Protestwoche zu beteiligen und/oder dort mitzuwirken. HochschullehrerInnen, Technisches u. Verwaltungsper-sonal und Akademisches Personal sind natürlich auch herzlich eingeladen!!


- Festival: Donnerstag, 23.04., ca. 16 Uhr, PI Foyer

- Demonstration "Bildung in de Krise": Fr., 24.04., 14 Uhr, Bahnhof Dammtor

Infoveranstaltung zum Bildungsstreik

an der Uni HH 22.04.2009 - 17:08
Infoveranstaltung an der Uni HH: Was ist eigentlich Bildungsstreik?
Mittwoch: 29.04, 18:30 Uhr Cafe Knallhart

www.bildungsstreik-hamburg.de

Besetzung Hauptgebäude

Studi 23.04.2009 - 11:38
Im Rahmen der Aktionswoche besetzten heute morgen ca. 40 Studierende das Sekretariat der Präsidentin Universität Hamburg. Nach Vermittlungen durch die herbeigerufene Partei wurde sich darauf geeinigt, dass die Studierenden das Sekretariat verlassen, wenn dafür ein Gespräch mit der Präsidentin erfolgen würde. 4 VertreterInnen wurden kurzerhand gewählt, die dieses Gespräch führen sollten, der Rest ließ sich in der Zwischenzeit im Gang vor dem Büro nieder. Das besagte Gespräch wurde geführt, jedoch bereits nach wenigen Minuten (drei oder vier) von der Präsidentin abgebrochen.
Die Studierenden halten nun den Gang vor dem Büro besetzt und wollen dies auch bis zur morgigen Demonstration weiter besetzt halten. Polizei ist in geringem Ausmaß vor Ort, momentan wird die Räumungsgefahr als nicht sonderlich hoch eingeschätzt.
Kommt vorbei, schaut es euch an, macht mit!

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