Der Moskauer Doppelmord
Am letzten Freitag, dem 23. Januar, wurden Stanislav „Stas“ Markelov und Anastasia „Skat“ Baburova beigesetzt. Der Menschenrechtsanwalt und die regierungskritische Journalistin waren am Montag, dem 19. Januar, in Moskau auf offener Straße erschossen worden. Sie kamen von einer Pressekonferenz auf der Markelov seinen Unmut über die vorzeitige Freilassung von Juri Budanov, einem russischen Offizier, der in Tschetschenien ein Mädchen vergewaltigt und ermordet hatte, kundgetan hatte. Dort hatte er auch mitgeteilt, dass er in Erwägung zöge vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gegen Budanov vorzugehen.
Vermummte Täter erschossen ihn auf der Prechistenka-Straße in Moskau. Anastasia Baburova, die mit ihm befreundet war, versuchte die Täter zu fassen und wurde dabei ebenfalls erschossen. Sie verstarb wenig später im Krankenhaus. Der Mord fand außerhalb der Sichtweite von Überwachungskameras statt und wurde mit hoher Professionalität verübt. Eine Trauerfeier für die beiden am Donnerstag wurde von russischen Neonazis unter den Augen der untätigen Ordnungskräfte mit Holzknüppeln angegriffen.
Stanislav Markelov wurde nur 34 Jahre alt. Er war in den 90er Jahren in anarchistischen Organisationen aktiv und verteidigte später als Rechtsanwalt AntifaschistInnen. Ebenfalls engagierte er sich gegen die radikale Rechte und brachte einige Neonazis hinter Gitter, indem er die Ermittler mit Informationen versorgte. Markelov schaffte es zum ersten Mal die Verurteilung eines russischen Offiziers wegen Kriegsverbrechen in Tschetschenien herbeizuführen. Er vertrat die Familie von Elsa Kungajewa, die im Alter von 18 Jahren vom russischen Oberst Juri Budanov misshandelt und ermordet wurde. Budanov wurde 2003 zu zehn Jahren Haft veurteilt, jedoch Anfang 2009 bereits wieder freigelassen. Markelov wollte dagegen vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ziehen. Ebenfalls vertrat er die Familie von Zelimkhan Murdalov, der von Sergei Lapin, einem Polizisten der Spezialeinheit OMON, gefoltert und verschleppt wurde. Lapin wurde schuldig gesprochen und zu 11 Jahren Haft verurteilt. Der Fall wurde von der im Oktober 2006 ermordeten Journalistin Anna Politkovskaya an die Öffentlichkeit gebracht, deren Rechtsbeistand Stanislav Markelov war. Politkovskaya wurde wahrscheinlich wegen ihrer regierungskritischen Berichterstattung über Tschetschenien ermordet, die wirklichen Hintergründe sind bis heute nicht aufgedeckt. Dass der russische Staat ein Interesse an ihrem Tod hatte, steht jedoch außer Frage. Markelov war Gründer der NGO „Institut für die Vorherrschaft des Rechts“, eine Vereinigung von AnwältInnen, die Rechtshilfe für die 'einfachen Leute' leistete, und arbeitete auch immer wieder mit der radikalen Linken zusammen, insbesondere mit der antifaschistische Bewegung. Mit seinem Engagement machte sich Markelov viele Feinde in den Reihen russischer Faschisten und Nationalisten, sowie bei der russischen Regierung. Seine Addresse wurde auf Neonazi-Websites veröffentlicht, er bekam SMS mit Drohungen und Nazis lauerten ihm auf der Straße auf.
Aus welchem Spektrum die Mörder aber nun kamen ist vollkommen unklar. Der tschetschenische Ombudsmann für Menschenrechte Nudri Nukhazhiev sagte: „Es gibt zur Zeit keine Fakten oder Beweise für die direkte Beteiligung von Budanov an diesem Verbrechen, aber ich bin mehr als sicher, dass es von seinen Anhängern mit seiner Zustimmung begangen wurde.“
Anastasia Baburova war freie Journalistin, die ein Praktikum bei der regierungskritischen Zeitung Nowaja Gaseta angefangen hatte, für die auch Anna Politkovskaya gearbeitet hatte. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie 25 Jahre alt. Sie war mit Stanislav Markelov befreundet und war seit kurzem auch seine Assistentin. Baburova war Anarchistin, setzte sich für die Rechte von kaukasischen Flüchtlingen ein und war auch Umweltaktivistin. Auf ihrem Weblog schrieb sie auch über link(sradikal)e Demos in anderen europäischen Ländern. Hauptsächlich schrieb sie aber Artikel über die russische Neonazi-Szene. Wie bedroht JournalistInnen in Russland sind, zeigt, dass es über 200 Morde an JournalistInnen seit 1991 gab. In den letzten fünf Jahren wurden allein drei JournalistInnen der Nowaja Gaseta ermordet, sodass ein Teilhaber der Zeitung jetzt sogar die Bewaffnung von JournalistInnen fordert.
Am Dienstag, dem 21. Januer gab es eine Demonstration gegen die Morde an den beiden. Ca. 300 Leute aus dem linksradikalen Spektrum zogen durch die Moskauer Straßen und waren dabei einer hohen Polizeirepression ausgesetzt. Direkt zu Anfang der Demonstration gab es 12 Festnahmen, wenig später vier weitere, darunter auch ein russischer Fernsehjournalist. Die DemonstrantInnen warfen dem Staat vor die Mörder zu decken. Wie wenig Interesse der russische Staat an der Aufklärung dieses Verbrechens hat, zeigt, dass sich weder Präsident Putin, noch Ministerpräsident Medwedjew bisher dazu geäußert haben. Den Mord an Anna Politkovskaya bedachte Putin 'immerhin' noch mit der Äußerung, der Tod Politkovskayas füge dem Staat mehr Schaden zu als ihre Artikel über Tschetschenienen. Gemeint war der Schaden durch die Verdächtigungen, der Staat könnte in den Mord verstrickt sein. Das russische Außenministerium treibt nun alles auf die Spitze: Es ließ verlautbaren, man solle die Morde an Markelov und Baburova nicht künstlich politisieren. Das dürfte wohl ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen sein, die sich für die Freiheit, die körperliche Unversehrtheit und die Rechte von MigrantInnen, tschetschenischer Zivilbevölkerung, oder linken AktivistInnen engangien in einem Land, in dem es 2006 62 Nazimorde gab und 2007 sogar 76. Jede Woche gibt es in Russland politische Morde und die Regierung will davon nichts wissen. Kein Wunder, viele dieser Taten sind auch in ihrem Interesse und niemand weiß, wie sehr sie in den ein oder anderen Mord verstrickt ist.
Als Zeichen der transnationalen Solidarität mit denen die in Russland Opfer sind, mit den MigrantInnen, mit der terrorisierten Bevölkerung Tschetscheniens und auch mit Antifas und anderen Linksradikalen wird es in Düsseldorf eine Demonstration geben. Diese beginnt um 13 am DGB-Haus in der Friedrich-Ebert-Straße, in Sichtweite des Hauptbahnhofs und wird von da aus über die Innenstadt vor russische Konsulat ziehen.
Stoppt den Terror!
Gegen rechten Terror und staatliche Repression!
Solidarität mit der Linken in Russland!
Antifaschistische Jugend Bochum (ajb.blogsport.de)
Azzoncao, ein Polit-Café (www.nadir.org/azzoncao)
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/medien/1663895_Gewehre-fuer-Russlands-Journalisten.html
http://www.rferl.org/Content/Anastasia_Baburovas_Funeral_/1374019.html
http://www.robertamsterdam.com/deutsch/2009/01/nach-attentat-ermordeter-anwalt-in-moskau-beigesetzt.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/Russland-Mord;art771,2713883H
http://www.robertamsterdam.com/2009/01/grigory_pasko_rip_stanislav_markelov_1974-2009.htm
http://www.robertamsterdam.com/2009/01/stanislav_markelov_shot_dead.htm
http://www.robertamsterdam.com/2008/05/stanislav_markelov_defending_the_victim_in_russia.htm
http://www.robertamsterdam.com/2007/04/stanislav_markelov_russias_fil.htm
http://www.robertamsterdam.com/deutsch/2009/01/russische-behorden-haben-kein-interesse-an-der-aufklarung-von-mord-an-markelow.html
http://russlandonline.ru/schlagzeilen/morenews.php?iditem=46306
http://www.robertamsterdam.com/deutsch/2009/01/das-schweigen-der-wolfe.html
http://www.nytimes.com/2009/01/20/world/europe/20chechnya.html?_r=1&ref=world
http://amnesty.org/en/news-and-updates/news/prominent-human-rights-lawyer-murdered-moscow-20090119
http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1232692722811
http://www.welt.de/politik/article3078863/Erschossener-Anwalt-in-Moskau-beigesetzt.html#reqRSS
http://jungle-world.com/artikel/2009/05/32537.html
Stanislav Markelov wurde nur 34 Jahre alt. Er war in den 90er Jahren in anarchistischen Organisationen aktiv und verteidigte später als Rechtsanwalt AntifaschistInnen. Ebenfalls engagierte er sich gegen die radikale Rechte und brachte einige Neonazis hinter Gitter, indem er die Ermittler mit Informationen versorgte. Markelov schaffte es zum ersten Mal die Verurteilung eines russischen Offiziers wegen Kriegsverbrechen in Tschetschenien herbeizuführen. Er vertrat die Familie von Elsa Kungajewa, die im Alter von 18 Jahren vom russischen Oberst Juri Budanov misshandelt und ermordet wurde. Budanov wurde 2003 zu zehn Jahren Haft veurteilt, jedoch Anfang 2009 bereits wieder freigelassen. Markelov wollte dagegen vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ziehen. Ebenfalls vertrat er die Familie von Zelimkhan Murdalov, der von Sergei Lapin, einem Polizisten der Spezialeinheit OMON, gefoltert und verschleppt wurde. Lapin wurde schuldig gesprochen und zu 11 Jahren Haft verurteilt. Der Fall wurde von der im Oktober 2006 ermordeten Journalistin Anna Politkovskaya an die Öffentlichkeit gebracht, deren Rechtsbeistand Stanislav Markelov war. Politkovskaya wurde wahrscheinlich wegen ihrer regierungskritischen Berichterstattung über Tschetschenien ermordet, die wirklichen Hintergründe sind bis heute nicht aufgedeckt. Dass der russische Staat ein Interesse an ihrem Tod hatte, steht jedoch außer Frage. Markelov war Gründer der NGO „Institut für die Vorherrschaft des Rechts“, eine Vereinigung von AnwältInnen, die Rechtshilfe für die 'einfachen Leute' leistete, und arbeitete auch immer wieder mit der radikalen Linken zusammen, insbesondere mit der antifaschistische Bewegung. Mit seinem Engagement machte sich Markelov viele Feinde in den Reihen russischer Faschisten und Nationalisten, sowie bei der russischen Regierung. Seine Addresse wurde auf Neonazi-Websites veröffentlicht, er bekam SMS mit Drohungen und Nazis lauerten ihm auf der Straße auf.
Aus welchem Spektrum die Mörder aber nun kamen ist vollkommen unklar. Der tschetschenische Ombudsmann für Menschenrechte Nudri Nukhazhiev sagte: „Es gibt zur Zeit keine Fakten oder Beweise für die direkte Beteiligung von Budanov an diesem Verbrechen, aber ich bin mehr als sicher, dass es von seinen Anhängern mit seiner Zustimmung begangen wurde.“
Anastasia Baburova war freie Journalistin, die ein Praktikum bei der regierungskritischen Zeitung Nowaja Gaseta angefangen hatte, für die auch Anna Politkovskaya gearbeitet hatte. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie 25 Jahre alt. Sie war mit Stanislav Markelov befreundet und war seit kurzem auch seine Assistentin. Baburova war Anarchistin, setzte sich für die Rechte von kaukasischen Flüchtlingen ein und war auch Umweltaktivistin. Auf ihrem Weblog schrieb sie auch über link(sradikal)e Demos in anderen europäischen Ländern. Hauptsächlich schrieb sie aber Artikel über die russische Neonazi-Szene. Wie bedroht JournalistInnen in Russland sind, zeigt, dass es über 200 Morde an JournalistInnen seit 1991 gab. In den letzten fünf Jahren wurden allein drei JournalistInnen der Nowaja Gaseta ermordet, sodass ein Teilhaber der Zeitung jetzt sogar die Bewaffnung von JournalistInnen fordert.
Am Dienstag, dem 21. Januer gab es eine Demonstration gegen die Morde an den beiden. Ca. 300 Leute aus dem linksradikalen Spektrum zogen durch die Moskauer Straßen und waren dabei einer hohen Polizeirepression ausgesetzt. Direkt zu Anfang der Demonstration gab es 12 Festnahmen, wenig später vier weitere, darunter auch ein russischer Fernsehjournalist. Die DemonstrantInnen warfen dem Staat vor die Mörder zu decken. Wie wenig Interesse der russische Staat an der Aufklärung dieses Verbrechens hat, zeigt, dass sich weder Präsident Putin, noch Ministerpräsident Medwedjew bisher dazu geäußert haben. Den Mord an Anna Politkovskaya bedachte Putin 'immerhin' noch mit der Äußerung, der Tod Politkovskayas füge dem Staat mehr Schaden zu als ihre Artikel über Tschetschenienen. Gemeint war der Schaden durch die Verdächtigungen, der Staat könnte in den Mord verstrickt sein. Das russische Außenministerium treibt nun alles auf die Spitze: Es ließ verlautbaren, man solle die Morde an Markelov und Baburova nicht künstlich politisieren. Das dürfte wohl ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen sein, die sich für die Freiheit, die körperliche Unversehrtheit und die Rechte von MigrantInnen, tschetschenischer Zivilbevölkerung, oder linken AktivistInnen engangien in einem Land, in dem es 2006 62 Nazimorde gab und 2007 sogar 76. Jede Woche gibt es in Russland politische Morde und die Regierung will davon nichts wissen. Kein Wunder, viele dieser Taten sind auch in ihrem Interesse und niemand weiß, wie sehr sie in den ein oder anderen Mord verstrickt ist.
Als Zeichen der transnationalen Solidarität mit denen die in Russland Opfer sind, mit den MigrantInnen, mit der terrorisierten Bevölkerung Tschetscheniens und auch mit Antifas und anderen Linksradikalen wird es in Düsseldorf eine Demonstration geben. Diese beginnt um 13 am DGB-Haus in der Friedrich-Ebert-Straße, in Sichtweite des Hauptbahnhofs und wird von da aus über die Innenstadt vor russische Konsulat ziehen.
Stoppt den Terror!
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Ergänzungen
englischsprachiges aus Russland dazu:
links auf texte von den beiden
Gefährliche Berufe in Russland
Weiterlesen auf:
Mord im toten Winkel
Mord an Markelow und Anastasia Baburowa
Kundgebung in Berlin
Solidarität mit den sozialen Bewegungen!
Kundgebung in Berlin:
Samstag, 7. Februar 2009, 12.00 Uhr
Vor der Russischen Botschaft, Unter den Linden 6
aufruf
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Unzufriedene gehen auf die Straße — Leser
foto — ...
Foto — ultrà bal