"Von Kyoto nach Quito" - Teil 3

keine Kopie 20.07.2007 08:37 Themen: Biopolitik Globalisierung Weltweit Ökologie
Manifest aus Italien zum "Quitovorschlag", siehe: http://de.indymedia.org/2007/07/188274.shtml
und:  http://de.indymedia.org/2007/07/188303.shtml
Aufruf zur Unterstützung an Frau Merkel und Frau Wieczorek-Zeul
Teil 3:Teil drei:
3.a - Il Manifest, Italien: Ölförderungsmoratorium. Neue
Perspektiven aus Lateinamerika
3.b - Ein paar abschliessende Fakten aus dem laufenden Newsletter
der ecuadorianischen Projektseite zum Quito-Vorschlag und ein
Brief an die Damen Merkel und Wieczorek-Zeul



3. a - Ölförderungsmoratorium. Neue Perspektiven aus Lateinamerika
18. Juni 2007
Il Manifest, Italien
KLIMAGERECHTIGKEIT UND ÖKOLOGISCHE SCHULD GEMÄSS CORREA (Präsident Ecuadors)

Wenn etwas in den Botschaften der Kommuniques, Artikel und offiziellen Erklärungen des kürzlichen, deutschen Scheitelpunkts G8, weder zu hören noch lesen war, dann der Terminus "Klimagerechtigkeit" oder "Ökologische Schuld". Während, bei wenig Umsetzungsmöglichkeiten, weiterhin argumentiert wird, dass notwendigerweise weit über das Kyoto-Protokoll hinausgegangen werden muss, ist die Realität, die vor den Augen der Öffentlichkeit erscheint, dass die Zentralität des globalen ökonomischen Wachstums gegenüber dem Überleben des Planeten Priorität erhält.

Dieser Bereich muss jedoch in Zusammenhang mit allen, den jetzigen und den künftigen Generationen, gesehen werden. Die Schlussfolgerungen der IPCC (Klimakomission der Vereinten Nationen) sind ein durch das Entwicklungsmodell verursachter Klimawandel und geschätzte Verluste von mehr als 20% des weltweiten PIL/BIP. Eine dramatische Ziffer für die Wachstumstheoretiker, die sehr gut verstehen, dass dieses Szenario auf die eine oder andere Weise das Ende des Kapitalismus markiert und die, wie bei jedem anderen Modell auch, unfähig sind, eine strukturelle Krise diesen Ausmaßes zu überwinden.

Die aus einigen G8-Staaten und der Europäischen Union stammenden Kommuniques, die proklamieren, der Frage des Klimawandels müsse auf entschiedene und entschlossene Weise begegnet werden, sind nicht die Frucht eines Willens zum Erhalt der Umwelt sondern entstammen der Überzeugung, welche die (un)sichtbare Hand des Marktes prägen wird; nämlich die der Märkte der Emissionsgenehmigungen oder von Mechanismen einer ausgefeilten Entwicklung, die eine Frage verhindern wird, die offensichtlich den Händen der Regierenden der Weltordnung entgleitet.

In diesem Sinne ist der sichtliche "Authismus" Bush´s tatsächlich die glatte Konsequenz der Unmöglichkeit des aktuellen Paradigmas, der Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen zu entkommen und der Dringlichkeit, sich die Kontrolle über diese Ressourcen zu sichern, und sei es unter Einsatz militärischer Mittel. Nicht nur Washington zeigt sich besorgt; dehalb ist es gewiss, dass die NATO, einschliesslich Italien, darüber diskutiert, wie sie im Fall des Ausnahmezustands zum Schutz der strategischen Öl-Routen und Pipelines intervenieren kann.

Unter diesen Voranschlägen kein Abkommen, war weit über den blossen Anschein hinaus, am Scheitelpunkt des G8 möglich. Es wird keine Klimagerechtigkeit geben, wenn der Bezugsrahmen in dem man sich bewegt ist, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu “lindern”, ganz nach dem Muster "Methadon ist die definitive Heilung vom Heroin". Und es gibt noch jemanden, der dies gerade probiert. Dabei handelt es sich nicht um einen Multi auf der Suche nach einem neuen, grünen Image oder um beschränkte Gruppen von “neuluddistischen” Ökologen, sondern um ein Netz von Assoziationen und Bewegungen, die beschlossen haben, die Frage anzugehen indem sie Idee die teilen, dass der Emissionshandel und die Mechanismen der ausgefeilten Entwicklung erwünscht ausgearbeitete Formulierungen sind, um nicht mit den Interessen der Öl-Multis, den Hauptverantwortlichen für die Erderwärmung, zu kollidieren.

Es ist jedoch genau der Emissionshandel, der die Verantwortung und die Einführungen auf den Süden der Welt abwälzt, indem er sich aneinanderreihende Bedrohungen schafft und "die verschiedenen Süden" weiterhin zwingt, den Preis für die verschwenderische Entwicklung des opulenten Nordens zu bezahlen, der weiterhin um jeden Preis und ohne Änderung seines Lebensstils, Energie verkonsumieren will. Tatasächlich bietet der Emissionshandel genau den für die Klimaveränderungen verantwortlichen Konzernen einen legitimierten Ersatz und er ist Anreiz für die Länder, die mehrheitlich Öl verkonsumieren, das aktuelle Modell weiter aufrechtzuerhalten. In der gegenwärtigen Situation können wir dies nicht weiterhin zulassen.

Öl ist einer der Hauptfaktoren des Teibhauseffekts und deshalb bedeuten alle auf Öl ausgerichteten Unternehmungen eine klimatische Schuld. Seit Jahren ist die Rede von Moratorien, vom Ausschluss und Abzug der Öl-Konzerne aus den wichtigsten Biodiversitätszonen des Planeten. Es waren die Sozialen Bewegungen Lateinamerikas, die in diesen Jahren den Impuls zu dieser Idee gaben, indem sie sich in das Konzept der Verschuldung einmischten und neue Schlüssel der Lesart einführten, um so das Konzept der Entwicklung und wirtschaftlichen Effizienz zu abzumildern. Genau gesagt definierten die Bewegungen und Länder des Südens sich dank der Analyse und der neuen Instrumentarien der Lesart des Konzepts der "Ökologischen Schuld" zum erstenmal als “Gläubiger” und nicht als dem Norden gegenüber verschuldete Länder. Eine kulturelle prospektive Einmischung, die einen starken Vorschlag artikulierte, der durch die Aufteilung des "gemeinsam"-im Wie-sich-den-grossen Fragen unserer Tage-stellen", allen westlichen Regierungen unterbreitet wurde.

Heute wurde dieser Vorschlag von der Regierung Rafael Correa´s, Präsident eines Erölproduzierenden Landes, das von seinen Ölexporten abhängig ist, wieder aufgegriffen und neu angeregt. Alberto Acosta (zu diesem Zeitpunkt Energieminister) hat - nicht ohne Konflikte und Schwierigkeiten mit Petroecuador- den Vorschlag unterbreitet, die Ölvorkommen in den Zonen mit hoher Biodiversität, wie im Fall des Nationalparks Yasunì, nicht auszubeuten. Er verfolgt damit drei Ziele: Die Respektierung der Rechte der Naturvölkergemeinschaften; den Erhalt der Biodiversität und die Kontrolle der klimatischen Veränderungen. Es wäre an den "reichen" Ländern, einen Ausgleich von 50% der Einnahmen, die Ecuador im Falle der Förderung hätte, zu leisten; ein wahrhaftes Entgegenkommen im Hinblick auf das Prinzip der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten für die Klimaveränderungen.

Es ist legitim, dass ein Land des Südens, das die Verantwortung für die Umwelt und alle anderen Völker der Erde zum zentralen Punkt seiner Politik gemacht hat, für seine Anstregungen und den durch dieses Verhalten entstehenden Gewinnausfall zumindest einen Ausgleich erhält. Dies ist eine Art und Weise der Anerkennung der Ökologischen Schuld unseres Konsum,- und Entwicklungsmodells.

Wir hoffen, dass nach den Unterstützungserklärungen einiger europäischer Länder, wie Spanien und Norwegen, auch Italien die Gelegenheit ergreifen wird, konkret einen wirklichen Richtungswandel zu praktizieren, der in authentischer Weise auf der Ökologischen,- und Umweltgerechtigkeit basiert.
Giuseppe De Marzo
Francesco Martone

Sekretariat der Kampagne:
Amazonia por la Vida
( Amazonien für das Leben )
Esperanza MARTÍNEZ
Alejandro de Valdez n24-33 y La Gasca, Quito
+593 2 254 7516
 info@amazoniaporlavida.org

3.b - FAKTEN
ABRAUM"ENTSORGUNG" IM RAHMEN DES ITT

Die Abwässer und Festabfälle des ITT-Projekts sollen laut einem Vorschlag der vermeintlich künftigen Ölförderer nach Shushufindi gebracht werden. Den LeserInnen wird dieser Ortsame vielleicht noch von der Textstelle her in Erinnerung sein, in der es heisst: "Die Wassermengen würden unvermeidbar in die Umwelt des Yasuní abgegeben oder im Ölfeld Shushufindi, wo durch das bei der Produktion anfallende Wasser bereits eine Überbelastung vorherrschend ist".
Der Kanton Shushufindi ist nach Lago Agrio der dichtbesiedelste Teil der Provinz Sucumbíos. Es gibt dort bereits fünf Abraumlager ( im Zentrum, dem Norden, Süden und im Südosten sowie in Aguarico), eine Raffinerie, einen gasverarbeitenden Betrieb, eine Gaspipeline und mehr als 100 teilweise bedeckte, teils offene Abwasserbecken. Shushufindi dürfte der Kanton sein, der am meisten unter den Auswirkungen der Ölförderungsaktivitäten zu leiden hat: Es tritt dort am häufigsten Tuberkulose auf; die Gewalt ist aufgrund des Handels mit Chemikalien und Benzin, die für den Drogenhandel benötigt werden, am grössten. In Shushufindi geschehen die meisten Morde in der Region. Die Umweltgefährdung ist durchschnittlich 3,8 mal höher als für die restlichen Pfarrgemeinden des Amazonasdistrikts; das Konflikrisiko ist vergleichsweise 6,5 mal höher und die Häufigkeit auslaufenden und nicht wieder eingesammelten Rohöls liegt 2,5 mal über dem Durchschnitt der Region.

ITT-PROJEKT UND VERSCHULDUNG

Das Öl führte zu einer Explosion der Auslandsverschuldung; in dem Jahr in dem wir mit seinem Export begannen, stieg die Verschuldung auf das 22fache. Die Schulden waren der Vorwand für die Überausbeutung des Öls, denn sein Export brachte die Devisen für die Begleichung dieser Schulden.
Es gab viele Anstregungen dieser Enteigung, welche die Verschuldung quasi darstellt, zu entkommen. Positionen die von einer Verweigerung der Zahlungen bis zur Wiederaufnahme von Verhandlungen reichen... und darunter befindet sich auch der Ausgleich. Ausgleiche der Schulden waren markiert von erzwungenen Auflagen der Ländern des Nordens und dem Auftreten von Zwischenhändlern, die diesen Mechanismus begünstigt haben.
Ist also ein Ausgleich im Fall des ITT ohne Aufzwingungen und Zwischenhändler und ohne Einschränkungen der künftigen Souveränität Ecuadors möglich?

KLIMAWANDEL: EINE DOPPELTE STRAFE FÜR LÄNDER WIE ECUADOR

Einerseits sind die biophysischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels, besonders auf die Ökosysteme, für die Länder des globalen Südens hochgradig, da in ihnen überdies kaum die Bedingungen und das Geld vorhanden sind, um sich den Veränderungen anpassen zu können. Andererseits handelt es sich um eine doppelte Bestrafung, weil viele der sogenannten Lösungen, d.h. Projekte des Emissionshandels, Plantagen, Experimente mit Umwelttechnik auf Galapagos oder der Verkauf von Kanalisationszubehör, Probleme auf lokaler und nationaler Ebene aufwerfen, indem sie die Souveränität der betreffenden Länder mindestens beeinträchtigen, bzw. auf lange Sicht gefährden.
 http://correo.amazoniaporlavida.org/mailman/listinfo/yasuni
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Freie Übersetzungen: tierr@


BRIEFVORSCHLAG (der jedenfalls dazu dienen kann, zu demonstrieren dass der "Quito-Vorschlag" hierzulande allegemein bekannt ist und befürwortet wird)

An das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
Postfach 12 03 22
53045 Bonn
Telefon- und Faxnummer: 0228-99 535 35 00
E-mail:  info@bmz.bund.de,  heidemarie.wieczorek-zeul@bundestag.de

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel, sehr geehrte Frau Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul,

die jüngsten Berichte des ICC-Panels haben gezeigt, das ein weltweiter Klimawandel mit dramatischen Folgen für die Menschheit im vollen Gange ist. Hauptverursacher des Klimawandels sind die Verbrennung fossiler Energieträger, allen voran Erdöl, sowie die Regenwaldzerstörung, die enorme Mengen des in der Vegetation gespeicherten Kohlenstoffs freisetzt.

In Ecuador steht die Regierung kurz davor, eine Entscheidung über die Förderung von besonders umweltschädlichem Schweröl im bisher noch unberührten östlichen Teil des Yasuni-Nationalparks imAmazonasgebiet zu treffen. Im dortigen ITT-Ölfeld lagern die größten noch verbliebenen Erdölreserven des Landes.

Aus den Einnahmen der Ölförderung werden seit den 70er Jahren der größte Teil der öffentlichen Ausgaben des Landes gedeckt, darunter auch der Bildungs- und Gesundheitssektor.

Auf der anderen Seite hat die Ölförderung im Amazonasgebiet zu einer dramatischen Regenwaldzerstörung, Vergiftung der Ökosysteme einschließlich der lokalen Bevölkerung sowie zum Genozid von indigenen Völkern geführt.

Der ecuadorianische Präsident Rafael Correa hat sich deshalb gegen die Ausbeutung der Ölreserven im ITT-Ölfeld ausgesprochen, doch die Regierung kann kurz- und mittelfristig kaum auf die Öleinnahmen verzichten. Alberto Acosta, bis vor Kurzem Energieminister und zahlreiche nationale und internationale NGOs aus dem Umwelt- und Sozialbereich haben einen Ausweg ausgearbeitet:

Das Schweröl im Regenwaldboden zu lassen und stattdessen eine Kompensationsfond als Ausgleich für einen Teil der nicht erzielten Öleinnahmen einzurichten. Daraus soll die Hälfte des jährlichen Gewinns, das dem Land entgeht, wenn es auf die Schwerölförderung verzichtet, kompensiert werden
Der Kompensationsfond kann auf verschiedene Weise finanziert werden, so etwa durch Tausch und Erlass der bilateralen (Pariser Club) und multilateralen (IDB, WB) Auslandsschulden Ecuadors in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar, direkte Zahlungen durch Regierungen, Spenden der Zivilgesellschaft, von internationalen NROs und Firmen sowie die Anlage in einem zu schaffenden internationalen Markt für nicht gefördertes Öl.

Das norwegische Außenministerium hat bereits Interesse gezeigt, das Projekt zu unterstützen. Folgen Sie dem Beispiel Norwegens. Treten Sie in Kontakt mit der ecuadorianischen Regierung und unterstützen Sie diese bei ihren Bemühungen und der Einrichtung des Fonds.
Damit wäre dem Weltklima, dem Land Ecuador und den im Regenwald lebenden Indigenen, Tieren und Pflanzen geholfen.

hochachtungsvoll (?)

Datum Ort, Unterschrift

WISSENSCHAFTLICHE KLIMA-LINKS:

A Sudden Change of State
A new paper suggests we have been greatly underestimating the impacts of climate change – and the size of the necessary response.
By George Monbiot. Published in the Guardian 3rd July 2007
 http://www.guardian.co.uk/commentisfree/story/0,,2117235,00.html

James Hansen et al, 2007. Climate Change and Trace Gases. Philiosophical Transactions of the Royal Society – A. Vol 365, pp 1925-1954. doi: 10.1098/rsta.2007.2052.  http://pubs.giss.nasa.gov/docs/2007/2007_Hansen_etal_2.pdf

Intergovernmental Panel on Climate Change, February 2007. Climate Change 2007: The Physical Science Basis – Summary for Policymakers. Table SPM-3.
 http://www.ipcc.ch/SPM2feb07.pdf

Centre for Alternative Technology, 10th July 2007. ZeroCarbonBritain: an alternative energy strategy. This will be made available at
www.zerocarbonbritain.com

Engl.; span. :Globalisiere dich...
 http://www.globalizate.org/monbiot060707.html
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Ergänzungen