G8: Minister lädt Anti-G8-Bündnis Potsdam ein

Anti-EURATOM 15.03.2007 16:07 Themen: Atom G8 G8 Heiligendamm Ökologie
Da erschrak Lutz Boede vom Anti-G8-Bündnis in Potsdam ein wenig:
"Wir kommen mit einer ungewöhnlichen Nachricht", ließ die Polizei ihn am
Montag per Telefon wissen. Der Bundesumweltminister hat den InitiatorInnen
der Jubeldemo gegen die G8 Umweltministertagung in Potsdam am 17. März ein
Gesprächsangebot gemacht.
Dazu der Sprecher des Bündnisses, Holger Zschoge:

"Es gibt immer noch Überraschungen! Da hat doch der Bundesumweltminister
Herr Gabriel tatsächlich angeboten, mit uns reden zu wollen!? Zugegeben, der
Kommunikationsweg ist etwas außergewöhnlich, er hat den Einsatzleiter der
Polizei gebeten, mit uns Kontakt aufzunehmen. Immerhin hat er unsere ganze
Kreativität und Satire herausgefordert, um eine Antwort zu formulieren. Wir
gehen aber nicht den geheimen Weg über die Polizei, sondern den eines
"Offenen Briefes". Ansonsten sehen wir uns am Samstag zur Jubeldemo!"

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Offener Brief an Herrn Sigmar Gabriel (SPD), Bundesumweltminister

Lieber Herr Gabriel!

Wir wollen uns mit diesem Schreiben recht herzlich für die liebe Einladung
bedanken, sich mit uns, dem Anti-G8-Bündnis Potsdam unterhalten zu wollen!

Bei der schweren Aufgabe, die Welt endgültig zerstören zu wollen, braucht
man viele, viele Verbündete. Vielleicht bringen Sie auch noch ein paar
Freunde von der deutschen Autoindustrie oder der Leipziger Strombörse mit,
dann können wir nach dem fruchtbaren Gespräch noch eine tolle Party feiern.
VW, BMW und Mercedes werden es sich doch bestimmt nicht nehmen lassen, diese
genauso zu sponsern wie den gesamten G8-Prozess in Deutschland dieses Jahr.

Auch die anderen Umweltminister können Sie gern mitbringen. Wir haben schon
ein kleines Modell eines Atomkraftwerkes für die kommende Jubeldemo
gebastelt, dass schenken wir gern den Umweltministern aus Russland oder
Frankreich. In diesem Zusammenhang wollen wir Ihnen noch einmal unsere
Hochachtung für die taktische Meisterleistung deutlich machen, mit der Sie
so tun, als ob Sie aus der Atomkraft aussteigen wollen und gleichzeitig
Atomtechnologie und Atommüll weltweit exportieren. Aus diesem Grund haben
Sie wohl auch die Umweltminister der Schwellenländer eingeladen. Den aus
China würden wir zu gerne kennen lernen. Wir haben gar nicht gewusst, dass
es dort überhaupt einen gibt.

Zeit und Anlässe zu einem Treffen mit uns werden Sie während Ihres Besuchs
in Potsdam sicher genug finden. Lustig wäre es, wenn Sie uns zum Gala-Diner
in der Potsdamer Biosphäre einladen könnten. Symbolträchtiger geht es
tatsächlich kaum: Lass uns die Urwälder in den Tropen zerstören und deren
Landschaften hier künstlich nachbauen. Der Umweltminister aus Brasilien wird
sich aber freuen! Wir können ihm ja dafür eine Erhöhung des Imports von
Tropenhölzern und Sojamehl in Aussicht stellen?!

Mit der Biosphäre dokumentiert Ihnen Ihr Gastgeber Brandenburg gleich auch
seine Klimapolitik: Mit Biosphäre, Tropical Island und vielen Thermen haben
wir viele schöne und große Energieverschwender, die aber durch die CO2-
freundliche Braunkohleverstromung genial wieder ausgeglichen werden.

Ja, Herr Gabriel, wir würden ja wirklich gern ... Haben aber leider keine
Zeit. Es ist soviel zu tun, bei unserer Aufgabe, einen kleinen eigenen
Beitrag zur Zerstörung der Erde zu leisten. Vor allem müssen wir Ihren
Urlaubsaufenthalt in Potsdam vor den Chaoten, Atomkraftgegnern und
Umweltaktivisten schützen. Lassen Sie sich nicht stören, Sie wissen genauso
gut wie wir, dass Sie uns nichts zu sagen haben.

Viel Spass bei Ihrer PR- Show!

Wir sehen uns in Heiligendamm im Kempinski!

Anti-G8-Bündnis Potsdam

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Auf  http://www.anti-g8-buendnis-potsdam.de/node/16 gibt es weitere Infos zu der Jubel-Demo jetzt Samstag 14:00 Uhr in Potsdam.

Ob nun die Demonstrierenden künftig auch in Berlin, Rostock und Heiligendamm mit höchst-ministeriellen Einladungen zu rechnen haben ?

Die nächste Gelegenheit ist am Wochenende drauf in Berlin:

Inzwischen rufen sehr verschiedene Gruppen und Kreise mit eigenen Aufrufen dazu auf, am Sonntag, dem 25.März in Berlin gegen die EU-Geburtstags-Feierlichkeiten zu demonstrieren.
Dies sei eine sinnvolle Zwischenstation Richtung Heiligendamm, da sich in ihren Konzepten und Auswirkungen EU- und G8- Politik kaum getrennt sehen lasse.

Treffpunkt ist am Sonntag, 25.März, 14:00 Uhr Alexanderplatz

Presse und Polizei malen bereits ein Horror-Szenario mit Ausschreitungen und so weiter.
Tatsächlich findet die Demonstration erst zu einem Zeitpunkt statt, wo das Treffen der EU-Staat-und-Regierungschefs bereits beendet ist.
Diese haben Ihr Programm ( Philharmonie, Essen mit Horst Köhler etc.) bereits Samstag und bis Sonntag mittag.
Dieser Umstand könnte sicherlich noch zu unangemeldeten Protestaktionen führen.
Interessant wäre z.B. zu wissen, wo die dänische Delegation übernachtet ?

Aber jetzt zurück zur Demonstration am Sonntag, 14:00 Uhr.
In Redebeiträgen sollen verschiedene relevante EU- und G8-Themen angeschnitten werden:
Militarisierung, Kriegsgefahr, Repression, Soziale Frage, Energie"Sicherheit"/EURATOM, Migration/Flüchtlinge, Jugend (z.B. Ungdomshuset) etc.

Infos zur Demo, Anlaß, Hintergrund und zu verschiedenen Demo-Aufrufen finden sich hier
 http://www.anti-eu.info

Der Demonstrations-Zug führt dann durch Berlin-Mitte und soll nahe dem "großen Europa-Fest" am Brandenburger Tor enden, wo sich Demonstrierende, die es brauchen, dann Joe Cocker und Gianna Nannini anhören können.
Oder an den vielfältigen Informationständen den Meinungsaustausch suchen.
Neben NGOs (amnesty international, BUND, Greenpeace) sind dort allerdings auch Rüstungsfirmen wie EADS, das Verteidigungsministerium und Ländervertretungen (z.B. Dänemark) mit Informationsständen vertreten.
siehe Lageplan :
 http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/Anlagen/europafest-lageplan,property=publicationFile.pdf

Laut Programm-Ablauf endet der Abend mit einem großen Feuerwerk.
 http://www.bundesregierung.de/nn_169266/Webs/Breg/DE/Europa/Europafest/OpenAirVeranstaltung/Programmablauf/programmablauf.html

Es gibt also an diesem und am nächsten Wochenende verschiedenste Ansätze in Potsdam und Berlin Aktivitäten zu entfalten.
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Ergänzungen

Gabriel

Oli 15.03.2007 - 16:48
Der offene Brief ist gelungen, würde ich sagen, volle Breitseite! Nur: Warum trefft ihr euch nicht mit dem Dicken? Das wäre doch DIE Gelegenheit ihm mal die ganzen Punkte direkt aufs Brot zu schmieren und zu sehen, was er dazu zu sagen hat. Es wird doch ein paar kompetente Leute geben, die sich von ihm nicht einlullen lassen würden und gut Kontra geben könnten. Ich würde so eine intime Diskussion spannend finden. Möglicherweise kommt am Ende nichts raus, OK, damit ist zu rechnen. Aber zu verlieren hat man ja auch nichts.

Brandanschlag auf Bürogebäude

auch egal 16.03.2007 - 15:00
Mitte
Heute früh gegen 2 Uhr 30 brannten zwei Eingangstüren eines Bürogebäudes am Märkischen Ufer in Mitte. Ein Zeuge bemerkte den Brand, versuchte bereits zu löschen und alarmierte Feuerwehr und Polizei. Die Einsatzkräfte löschten den Brand. An der Fassade über dem Eingangsbereich entdeckten die Beamten Farbeierwürfe sowie an der Hauswand Schriftzeichen. Verletzt wurde niemand. Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, hat der Polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.
Eingabe: 16.03.2007 - 09:30 Uhr

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sinnvoll?

egal 15.03.2007 - 17:48
Klar die meißten Linken wollen Staaten am liebsten abschaffen und zucken schon zusammen wenn sie nur das Wort Reformismus hören. Aber ist es wirklich sinnvoll solche Gesprächsangebote auszuschlagen. Klar Gabriel will sich profilieren und die Proteste in eine "systemstabilisierende" Richtung ändern. Aber ist es nicht einer der Grundfehler der Linken, dass man keine konkreten kurzfristigen Ziele hat die sich in der jetzigen Gesellschaftsordnung verwirklichen lassen und man alles auf "nach der Revolution" verschiebt.
So verspielt sich die Linke als ernsthafte Opposition wahrgenommen zu werden. Man kann der Bevölkerung so oft man will erzählen wie toll es irgendwann mal nach der Revolution sein wird, aber die meißten Leute wollen eben wissen was wir konkret ändern wollen in den nächsten paar Jahren und nicht auf irgendwann mal vertröstet werden. So wie Marx die Religion als ruhigstellendes Opium fürs Volk hingestellt hat so ist der Revolutionstraum vielleicht das ruhigstellende Opium für die Linke. Alles gute wird aufs Paradies bzw. die befreite Gesellschaft verschoben. Konkrete Verbesserungen sind Reformismus und daher unerwünscht.
Denn alles in allem muss man immernoch bedenken die BRD ist nicht faschistisch. Man genießt hier schon noch einen mit anderen Ländern vergleichbar hohen Grad an Freiheit. Ab und zu zeigt der Staat zwar seine Fratze, aber er ist auch nicht unveränderbar.
Eine Linke die das Leben jetzt konkret verbessert und ihren Idealen treu bleibt, wäre das was wir jetzt brauchen.
Vielleicht hätte man da doch zum Gespräch mit Gabriel gehen sollen?

@egal

nichtegal 15.03.2007 - 18:16
kleiner literaturtip für dich:

Johannes Agnoli, Die Transformation der Demokratie

dann würdest du auch nicht mehr so einen quatsch reden:

Johannes Agnoli beschreibt in seiner berühmten Schrift den Prozess der Involution demokratischer Staaten, Institutionen und Parteien in antidemokratische Formen, eine Rückbildung der bürgerlichen Demokratie zu mehr Herrschaft, Unterwerfung und Kapitalabhängigkeit des Staats, die Entwicklung zu einem autoritären Staat. „Agnolis Traktat ist ein kleines Meisterwerk – bei aller Bedrücktheit und Erbitterung lacht man bei der Lektüre oft hell auf über die Präzision und Eleganz, mit der er wieder ins Schwarze trifft“, urteilte Sebastian Haffner 1968 in der Zeitschrift „Konkret“.
Die „Transformation der Demokratie“, Johannes Agnolis erstes Hauptwerk, das er 1967 zusammen mit Peter Brückner im Voltaire Verlag vorlegte, war die einflussreichste und nachhaltigste Staats- und Parlamentarismuskritik für die außerparlamentarische Opposition. Agnoli beschreibt darin den Prozess der Involution demokratischer Staaten, Institutionen und Parteien in antidemokratische Formen, eine Rückbildung der bürgerlichen Demokratie zu mehr Herrschaft, Unterwerfung und Kapitalabhängigkeit des Staats, die Entwicklung zu einem autoritären Staat. Die liberale repräsentative Demokratie ist für Agnoli allenfalls liberal im Sinne der Befreiung kapitalistischer Interessen, sie war nie demokratisch im Sinne der Beteiligung aller oder auch nur ihrer angemessenen und verlässlichen Repräsentation. „Agnolis Traktat ist ein kleines Meisterwerk – bei aller Bedrücktheit und Erbitterung lacht man bei der Lektüre oft hell auf über die Präzision und Eleganz, mit der er wieder ins Schwarze trifft“, urteilte Sebastian Haffner 1968 in der Zeitschrift „Konkret“. Agnolis Analyse des Staats, der den „objektiven Zwangscharakter der Reproduktion“ garantiert, und das überzeugende Ergebnis seiner Studie haben auch heute noch nichts an Aktualität verloren: „Die Involution ist perfekt geworden. Man kann sagen, dass die berühmt-berüchtigte Transformation der Demokratie derart realisiert worden ist, dass sie überflüssig geworden ist“, so Agnoli 1999. Ergänzt wird die „Transformation der Demokratie“ durch verwandte Texte sowie ein Namens- und Sachregister.

Kritik muss erlaubt sein - auch an Linken

Kritiker 15.03.2007 - 21:19
Warum, bitte, ist die sinnvolle Kritik von 'egal' verschoben worden zu den nicht-inhaltlichen Ergänzungen? Ich will ja nicht 'Zensur' schreien, liebe Mods, aber was soll das?

@kritiker

(keineinhaltlicheergänzung) 15.03.2007 - 22:06
liebe kritiker, egal wurde wohl als 'grauer' kommentar gewertet weil indy ein nachrichtenportal ist und die kommentiermöglichkeit nicht dazu gedacht ist, meinungen über nachrichten auszutauschen, sondern bloss die nachricht inhaltlich zu ergänzen.

@egal

egal und die wilden räuber 16.03.2007 - 10:24
schreib endlich dein eintrittgesuch für die "ernsthafte opposition"...