München: Durchsuchungen rechtswidrig

(maximal 45 Zeichen) 12.03.2007 13:44 Themen: G8 Heiligendamm Repression SiKo München
München Die Hausdurchsuchungen im Vorfeld der Siko waren (zumindest zum Teil) rechtswidrig
Am Mittwoch, den 17.01.07 durchsuchten 157 Bullen in Begleitung von 2 Staatsanwälten 11 linke Projekte, Betriebe und Privatwohnungen, verschleppten 9 Menschen zur erkennungsdienstlichen Behandlung und beschlagnahmten mindestens 12 Computer. ( http://de.indymedia.org/2007/01/166564.shtml und  http://de.indymedia.org/2007/01/166337.shtml)Laut der Süddeutschen Zeitung vom 10.03 beurteilte das Landgericht die Durchsuchung als „rechtswidrig“. Der Zeitung zufolge gab die zweite Strafkammer des Landgerichts 2 betroffenen Firmen recht und gab den Bullen einen Schnellkurs in Rechtskunde. Der Durchsuchungsbeschluss war auf Paragraf 102 Strafprozessordnung gestützt, der aber bezieht sich auf Beschuldigte. Die Bullen hätten Paragraf 103 nehmen müssen, der gilt für Durchsuchungen bei Dritten. Aber einerlei, denn die Voraussetzungen für den103er lagen laut Landgericht auch nicht vor. Dafür hätten die gesuchten Gegenstände, die die Cops beschlagnahmen wollten, genau bezeichnet werden müssen. Tatsächlich aber waren sie nur „umschrieben". Außerdem „muss aus Tatsachen zu schließen sein, dass diese Gegenstände aufgefunden werden können", und diese Tatsachen müssten dann auch im Durchsuchungsbeschluss genannt werden. „Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt" werden die Richter in der SZ zitiert .
Als Reaktion auf die Durchsuchungen gab kurz nach der Razzia eine Demo mit 200 TeilnehmerInnen ( http://de.indymedia.org/2007/01/166504.shtml). Für kommenden Samstag, dem Tag der politischen Gefangenen, ist in München eine weitere Antirepressionsdemo angekündigt.
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Ergänzungen

aufruf

v 12.03.2007 - 13:53
Für unkontrollierte soziale Bewegungen - Gegen staatliche Repression

Antirepressionsdemo in München am 17.03.07

Am 17. Januar diesen Jahres führte die Münchner Polizei mit der Begründung „Aufruf zu Straftaten” Hausdurchsuchungen in insgesamt 11 Objekten der Münchner Linken durch. Stein des Anstoßes waren Flugblätter und Broschüren, in denen dazu aufgerufen wird, am 5. Juni in Rahmen der Proteste gegen den G8-Gipfel den Flughafen Rostock-Laage zu blockieren (Im übrigen ein Aufruf, dem wir uns an dieser Stelle nur anschließen können!). Da ein solcher Aufruf laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes völlig legal ist, konstruierten Polizei und Staatsanwaltschaft einen angeblichen Aufruf zur „Stürmung” des Flughafens herbei und begründeten so die umfangreichste Hausdurchsuchungswelle in München seit 15 Jahren. Betroffen waren neben mehreren Privatwohnungen auch das Kafe Marat (ein linkes Zentrum), ein Buchladen, ein Druckereikollektiv, ein Transportunternehmen, und ein Stadtteilladen im Westend. Allein diese Liste der durchsuchten Objekte macht deutlich, dass es den Verantwortlichen bei dieser Aktion vor allem darum ging, die Infrastruktur der Münchner Linken auszuleuchten bzw. Aktivist_innen einzuschüchtern. Ein simpler Blick in die beanstandeten Flugblätter hätte genügt, den Vorwurf des „Aufrufes zu Straftaten” als völlig haltlos zu entlarven.

Dieser erneute, massive Repressionsschlag ist der bislang letzte einer Reihe von skandalösen Hausdurchsuchungen und Gerichtsurteilen gegen Linke in München, die sich wohl ewig fortsetzen ließe: Nur kurz zuvor wurde im Rahmen einer bundesweiten Polizeiaktion das genannte Transportunternehmen unter dem Vorwand „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung”, namentlich der türkischen kommunistischen Partei DHKPC, ebenfalls durchsucht. Als Folge dieser Aktion sitzen bundesweit immer noch vier Leute in Haft. Im Oktober 2005 durchsuchte die Polizei nach einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Antifas und Nazis 6 Wohnungen von Münchner Antifaschist_innen. Den Betroffenen wurden, z.T. in Abwesenheit, willkürlich DNA-Proben entnommen, angeblich um diese mit einer DNA-Spur auf einem im Zuge der Auseinandersetzung geworfenen Aschenbecher (!) zu vergleichen. Unzählige Gerichtsverfahren in den letzten Jahren endeten mit drakonischen Strafen, unzählige linke Demonstrationen und Kundgebungen wurden von einem völlig übertriebenen Polizeiaufgebot begleitet. Unter den lächerlichsten Vorwänden (Tragen von Nietenarmbändern, Schreien gewisser Parolen, usw., usf.) werden Leute verhaftet, festgesetzt und von Münchner Richter_innen zu unverhältnismäßig hohen und immer höher werdenden Geldstrafen o.Ä. verurteilt. Die übermäßige Polizeipräsenz bei jeder sich bietenden Gelegenheit tut ein übriges dazu, den Eindruck einer willkürlichen und generellen staatlichen Repression gegen politisch aktive Linke entstehen zu lassen. Während Münchner Nazis in jüngster Vergangenheit ungestört und in aller Öffentlichkeit den erschossenen Hitlerputschisten gedenken konnten oder die bundesweit einzige genehmigte Kundgebung zum Gedenken an Hitlerstellvertreter Rudolf Hess abhalten konnten, werden engagierte Antifaschist_innen ständig von Polizei in Zivil und Uniform bedrängt und aus den nichtigsten Gründen verhaftet. Auch die Repression gegen die Anti-Sicherheitskonferenz-Proteste im Februar diesen Jahres ist an Lächerlichkeit und Willkür mal wieder kaum zu überbieten: So wurden bereits auf der Anreise eine ältere Dame und ihre 10-Jährige Enkelin wegen dem Mitführen eines Brotzeitmessers in Gewahrsam genommen, ein anderer Anreisender wegen des Mitführens einer medizinischen Armschiene; die unzähligen Polizeiangriffe auf die Demo selbst fallen leider beinahe schon in die Kategorie „Nix Neues”. In Anbetracht der Tatsache, dass die oben genannten Beispiele in der Vergangenheit nicht die Ausnahme, sondern der Regelfall gewesen sind, halten wir es für notwendig, sich öffentlich und mit aller Entschiedenheit gegen diese massive polizeiliche und staatliche Willkür zu äußern sowie unsere Solidarität mit den Opfern dieser Repression zu bekunden.

Denn betroffen sind wenige – gemeint sind wir alle!

Bereits 1923 erklärte die Rote Hilfe den 18. März zum “Internationalen Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen”. Der Faschismus setzte dieser Tradition ein Ende. Wie so vieles andere wurde nach dem Ende der Nazi-Herrschaft der Tag nicht mehr begangen.

Seit 1996 wird der 18. März von der radikalen Linken in Deutschland wieder als Tag für die Freiheit der politischen Gefangenen und gegen Repression und staatliche Unterdrückung begangen. Seitdem werden an diesem Tag bundesweit vielfältige Aktionen und Veranstaltungen durchgeführt, die das Thema Repression und politische Gefangene auf die Tagesordnung setzen. Wir wollen diesen Tag deshalb nutzen, um offensiv die Forderung nach sofortiger Freilassung aller politischen Gefangenen auf die Straße zu tragen: Gerade in der aktuellen Debatte um die Freilassung der Häftlinge aus der ehemaligen RAF zeigt sich mal wieder der ganze Zynismus eines Systems, das Menschen in jahrelange Isolationshaft steckt: Bei dieser als “weiße Folter” geächteten Form der Haft werden die Gefangenen akustisch, sozial und vollkommen von anderen Insassen isoliert. Diese sog. sensorische Deprivation führt zu schweren, aber kaum nachweisbaren körperlichen, geistigen und seelischen Schäden bei den Inhaftierten. Die Isolationshaft sollte und soll den Willen, die persönliche und politische Integrität des Gefangenen brechen. Die politischen Gefangenen aus der RAF waren der totalen Kontrolle des Knastapparats ausgeliefert: Besuche von Freund_innen und Familie wurden mit Trennscheibe durchgeführt, Post, Bücher und Broschüren wurden kontrolliert und ggf. zensiert oder gar nicht ausgehändigt, Anwaltsbesuche überwacht. Nachdem die Gefangenen nun die Isolationshaft und die totale Kontrolle jahrzehntelang über sich ergehen lassen mussten, verlangen nun einige Politiker_innen ernsthaft von ihnen, sich rückwirkend als Kronzeug_innen zu betätigen und „Reue” zu zeigen – Forderungen, die auf keinerlei juristischen Grundlagen fußen. Wir fordern die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen und ein Ende der Isolationshaftfolter!

Eine in sich konsistente und umfassende Analyse des aktuellen Repressionsgeschehens in Deutschland bzw. Europa können wir hier freilich nicht vorlegen. Klar ist aber, dass wir die Repression, die uns als Linke trifft, nicht losgelöst davon betrachten können, dass auch Schwarzfahrer_innen, Dieb_innen, Drogenkonsument_innen aber auch Migrant_innen mit und ohne Aufenthaltsgenehmigung oder Menschen, die „zuviel” Geld vom Staat beziehen, etc. mit immer höheren Strafen rechnen müssen. Es ist zu beobachten, dass das Wohlverhalten bestimmter Teile der Bevölkerung, nicht mehr – wie in den letzten Jahrzehnten – durch soziale Transferleistungen erkauft wird. Das Stillhalten von sozialen oder politischen Risikogruppen soll stattdessen mit verschärfter Repression sichergestellt werden. Damit diese effektiv funktionieren kann, müssen Kontroll- und Überwachungsmechanismen ausgebaut werden. Dies reicht von flächendeckender Videoüberwachung über die totale Speicherung aller Handy- und Internetverbindungsdaten über zwei Jahre, bis hin zum sogenannten „genetischen Fingerabdruck” oder der neuartigen RFID-Technologie. Hier lässt sich ein verhängnisvoller Trend in Richtung Überwachungsstaat erkennen: Die totale Überwachung des Menschen ist technisch kein Problem mehr, nur die Auswertung der riesigen Datenfülle ist bislang nur höchstens punktuell machbar. Die ehemals geltende Unschuldsvermutung („In dubio pro reo”) wird aber bereits jetzt durch einen alle Menschen betreffenden Generalverdacht ersetzt („Wer nix zu verbergen hat, braucht auch nix zu befürchten”). Jedoch werden interessanterweise so gut wie nie tatsächlich Kriminalitätsstatistiken zur Legitimation der Überwachungsmaßnahmen herangezogen, sondern lediglich schwammige Unsicherheitsgefühle und medial erzeugte Ängste.

In vielen Städten Deutschlands wird die aggressive Ausgrenzung sogenannter Randgruppen zur politischen Alltagspraxis. Besonders Obdachlose, Bedürftige und Drogenabhängige, aber auch Migrant_innen oder einfach Menschen die optisch nicht den vorherrschenden Normen entsprechen, stören nach Ansicht von Politiker_innen und Geschäftsleuten, aber auch Konsument_innen das Bild einer modernen, konsumorientierten Stadt. Sie sollen aus den Innenstädten und Metropolen vertrieben werden. Neben dem rein geschäftlichen Aspekt dieses Vertreibungsprozesses, der (angeblichen) Umsatzsteigerung, spielt hier auch ein politischer Faktor mit: Die von sichtbarer Not und Elend gesäuberten Innenstädte bergen nicht mehr das Risiko, die Konsument_innen zur kritischen Auseinandersetzung mit der praktizierten Politik des Sozialabbaus oder gar den kapitalistischen Verhältnissen an sich anzuregen. Die Gefahr hingegen, selbst Teil einer sogenannten sozialen Randgruppe zu werden (z. B. durch Arbeitslosigkeit oder Wohnungsnot), wird für viele Menschen, immer größer. Bis vor nicht allzu langer Zeit wurde noch die Fähigkeit der “soziale Marktwirtschaft” zur Befriedung sozialer Konflikte durch Einbindung propagiert. An diese Stelle tritt eine rein nationalistische Mobilisierungskampagne: auch wenn Du nix hast, bist Du immer noch Deutschland.

Auffallend dabei ist die Gleichzeitigkeit von innerer Aufrüstung und nationalistischer Mobilmachung: Die totale Überwachung wird ideologisch legitimiert durch die Konstruktion eines nationalen Kollektives, dem angeblich alle „Deutschen” angehören; die totale Überwachung des öffentlichen Raumes wird mit angeblich kollektiven Interessen begründet: Feindbilder werden geschaffen („Terroristen”, „Hooligans”, aber auch „Junkies”, „Illegale”, „Kriminelle aus Osteuropa” usw.) und so ein immer stärker werdender Druck erzeugt, sich den kapitalistischen Notwendigkeiten und den herrschenden Verhältnissen anzupassen. Nicht zuletzt ist die innerbetriebliche Repression beispielsweise in Folge eines sogenannten “wilden” (d.h. nicht vom DGB abgesegneten) Streiks in diesen Kontext zu stellen: So wurden die angeblichen „Rädelsführer_innen” des Streiks in den Opel-Werken Ende 2004 schlicht und einfach entlassen. Als ultimative Drohung an diejenigen, die sich nicht einfügen können oder wollen, wartet die Unfreiheit, der Knast – im schlimmsten Fall die jahrelange Isolationshaftfolter.

Repression hat weltweit die Funktion der Herrschaftssicherung, Sie wird ausgeübt vom Staat, der mit seinen Polizist_innen, Sicherheitsdiensten und Soldat_innen, etc. vor allem das kapitalistische Prinzip der Profitmaximierung schützen soll. Die momentanen Eigentumsverhältnisse, also dass wenige immer mehr und viele immer weniger zum Leben haben, werden auch in Form von unzähligen Kriegen, die die Staaten der NATO und der EU überall auf der Welt führen, weltweit abgesichert. Diese Eigentumsverhältnisse und die mit ihnen einhergehenden kriegerischen Auseinandersetzungen zwingen viele Menschen auf dieser Welt zur Flucht. Die organisierten Stürme über die doppelreihigen meterhohen Stacheldrahtzäune der spanischen Enklaven Ceuta und Melilla in Marokko verdeutlichen einmal mehr die durch den Norden verursachte Lebensrealität der Menschen im Süden. Durch rigorose Abschiebungen, weitere Verschärfungen in der Asylgesetzgebung und dem Bau von Auffanglagern noch weit vor den EU-Außengrenzen werden Menschen des Südens systematisch vom Wohlstand ausgeschlossen und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.

Dieses System ist also grundsätzlich auf Repression angewiesen, um sich selbst in seiner Funktionsweise zu erhalten, weswegen es nur folgerichtig ist, dass jeder Widerstand, der auf Systemüberwindung abzielt, mit Gewalt beantwortet wird. Es liegt an uns, das Gewaltmonopol des Staates jeden Tag in Frage zu stellen, um darüber die Perspektive einer befreiten Gesellschaft, die sich an den Bedürfnissen aller Menschen orientiert, zu verwirklichen.

Freiheit für alle politischen Gefangenen weltweit!
Für unkontrollierte soziale Bewegungen!
Für die soziale Revolution!
Für eine befreite Gesellschaft!

Beginn der Demonstration am 17.3.07 um 13.00 Uhr am Marienplatz in München

Dieser Aufruf wird unterstützt von:
Antifa NT
AK Internationalismus
AnaRKomM (AnarchistInnen/RätekommunistInnen München)
FAU München
Fortsetzung Folgt
Libertad Süd
SDAJ München
Anti-G8-Plattform
Betriebsgruppe Amper-Kliniken, Dachau
und freischaffenden Zusamenhängen

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