Der spanische Richter Garzón und die Paras

AHA 16.02.2006 22:21 Themen: Repression Weltweit
In seiner eben erschienenen Autobiographie enthüllt das Ex-Mitglied
der spanischen Paras, GAL, die in dem Auftrag standen, ETA- Aktivisten
zu ermodern, die konspirative Operation von Entscheidungsrichter
Garzón, per der GAL die Sozialistische Regierung zu Fall zu bringen ...
EINE SPANISCHE GESCHICHTE ÜBER ANTI - TERRORISMUS
( publiziert von La Jornada, Mexiko )

Die Amtsführung Baltasar Garzón´s als Entscheidungsrichter des Nationalen Gerichtshofes Spaniens steht in Frage. Der durch den Prozess 1999 gegen den chilenischen Diktator Pinochet, zu internationaler Anerkennung gelangte und für seine unerbittliche Schärfe gegenüber mutmasslichen Terroristen berühmt-brüchtigte Garzón steht aufgrund der Publikation eines Buchs am öffentlichen Pranger der Konspiration.
Es handelt sich um die Autobiographie des Ex-Unterkomissars der Nationalpolizei, José Amedo, der zugleich als aktiver Teil der in den 90er Jahren von den regierenden Sozialisten eingesetzten Geheimpolizei, GAL, fungiert hatte. Laut Amedo hat Garzón den Prozess über das letze Attentats der spanischen Paramilitärs aufgrund persönlicher politischer Interssen manipuliert. Die Anti-Terroristischen Befreiungsgruppen (Grupos Antiterroristas de Liberación / GAL ) wurde von der damaligen Regierung, angeführt von der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (PSOE), geschaffen, um die Mitglieder der baskischen, bewaffneten Untergrundorganisation ETA (Euskadi Ta Askatasuna) zu stoppen, anzugreifen und zu ermorden. Später waren die GAL, die auch innerhalb der Gefängnisse aktiv waren und dort versuchten, unpolitische Gefangene teils durch Versprechungen, teils durch gewaltsamen Druck, zu instrumentalisieren, d.h. für sich morden zu lassen, häufig wegen Folter und Mord angeklagt. Einige ihrer Mitglieder, darunter José Amedo, standen wegen Verbrechen vor Gericht, die den Skandal auslösten, der dazu führte, dass die PSOE 1996 die Wahlen verlor und der damalige Präsident, Felipe González, des öffentlichen Vertrauens verlustig ging.

In seiner Autobiographie, über welche die Zeitung El Pais einen Text von Espejo de Tinto ( Spiegel aus Tinte ) publiziert hat, beschreibt Amedo, dass Garzón 1994 an einer von der Rechten Spaniens dirigierten Verschwörung teilhatte, mit der die höchsten Spitzen der sozialistischen Regierung von Felipe González, in die Untersuchungen über die GAL verwickelt werden sollten...
Im Dezember des Jahres 1994 habe Richter Garzón damit begonnen, auf ihn selbst und den Polizeibeamten Michel Domínguez, der ebenfall wegen Mitgliedschaft bei den GAL verurteilt war, Druck auszuüben, mit dem Ziel, dadurch bestimmte, sozialistische Regierungsbeamte in den Fall zu verwickeln, damit diese später nicht von González ins Kabinett berufen werden könnten. Während irregulärer Treffen in seinem Büro, habe der Richter ihm etwa damit gedroht, seiner Ehefrau - die überhaupt nichts mit alledem zu tun hatte - den Prozess zu machen, wenn er nicht gegen den damaligen Sekretär der Staatssicherheit, Rafael Vera, aussagen würde. Konkret habe Garzón ihm genaue Instruktionen darüber erteilt, mit welchen Aussagen vor Gericht, er Vera in die Finanzierung der GAL-Aktivitäten aus staatlichen Reservefonds, verwickeln sollte. Kurz gesagt, Garzón habe die Zeugenaussage Amedos vorbereitet und geleitet.

Der Ex-Polizist behauptet, für seine Falschaussagen zudem hohe Geldbeträge von Pedro J. Ramírez erhalten zu haben, dem Eigentümer der grossen, spanischen Zeitung El Mundo und einer der vermeintlichen Konspirativen, neben dem damaligen Generalsekretär der Rechtspartei Partido Popular (PP ) und dem Präsidentschaftsnachfolger von Felipe González, José María Aznar ( PP ) ( der auf ebenfalls recht spektakuläre Weise, wegen seiner Pro-Irak-Krieg-Haltung und der Behauptung, die Attentate in Madrid seinen von der ETA verübt worden, die Macht an den jetzigen, sozialistischen Präsidenten Zapatero verlor ).

Obwohl die Angaben über das Buch noch viele Inkognitos offen lassen, versetzt die Aufdeckung über die Teilhabe des Richters an der Konspiration, Garzón´s Image einer - selbstdefinierten- Person der Linken und eines unerschütterlichen Verteidigers der Menschen - und der universalen Rechte einen gewaltigen Schlag. Denn stattdessen muss Garzón nun als Beamter angesehen werden, der aus persönlichen, politischen Motiven heraus handelt, die im Widerspruch stehen, zu den fundamentalen Prinzipien, welche das von ihm bekleidete Amt des Richters zu bestimmen haben, so etwa Neutralität bei der Verhandlung eines Falles.
Garzón war bereits durch den Druck aufgefallen, den er auf die Regierungen anderer Länder ausgeübt hat, wie der Mexikos, um die Auslieferung von sechs baskischen Gefangenen zu erreichen.

Der Präsident der rechten PP, Mariano Rajoy, versuchte in einer ersten Reaktion auf Amedos Buch, den Autor zu disqualifiziren. "Es handelt sich um einen Herrn, der von der PSOE an die Front der GAL gestellt worden ist, eine Gruppe die beschlossen hatte Personen zu ermorden, auch wenn es Terroristen waren. Dieselbe Partei, die zu ihrer Zeit die GAL aktivierte, will heute Verhandlungen mit der ETA vorantreiben. Es ist dramatisch."

Die damalige Konspiration, dirigiert von der spanischen Rechten, um an die Macht zu gelangen, war ein jedoch ein offenes Geheimnis. Dennoch hat bis jetzt niemand gewagt, das Gesetz des Schweigens zu brechen, das in solchen Fällen regiert und auf direkte Weise die Protagonisten zu benennen.

Aber auch das spanische Justizsystem gerät in Widersprüchlichkeiten, da die Handlungsweise seiner Richter offensichtlich auf ausserrechtlichen, politischen Interessen beruht. So könnte Amedos Buch das Ende von Garzón´s politischem Atem bedeuten und sowohl die Glaubwürdigkeit des Nationalgerichts, wie jene der Partido Popular ( PP ) ins Wanken bringen.
ARMANDO G. TEJEDA
La Jornada, Mexiko
11 Februar 2006
 http://www.jornada.unam.mx/2006/02/11/edito.php

Artikel in Spanisch mit detaillierter Beschreibung der Vorgehensweise Garzóns:
 http://www.jornada.unam.mx/2006/02/11/048n1mun.phh
 http://barcelona.indymedia.org/newswire/display/237221/index.php

Zapatist@s, Eta und Garzon
 http://de.indymedia.org/2002/12/37537.shtml
 http://de.indymedia.org/2006/02/138465.shtml
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Ergänzungen

Wirklich ernst

Paul 17.02.2006 - 09:59
Siehe zum Kommentar auch:  http://de.indymedia.org/2006/02/138888.shtml
Ein Garzón Opfer.

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Garzon faxistak — Ernst