"Die spanische Justiz müßte auch die UNO anklagen"

Ralf Streck 14.02.2006 17:01 Themen: Repression Weltweit
Am vergangenen Samstag demonstrierten etwa 10.000 Menschen im baskischen Donostia - San Sebastian gegen die Folter und Misshandlungen im spanischen Staat. Anlass war der 25. Todestag von Joseba Arregi, der 1981 zu Tode gefoltert worden war. Noch immer wird nichts gegen die Folterer unternommen. Bestes Zeichen dafür ist die Einstellung des Verfahrens von Unai Romano Igartua gegen die Militäreinheit Guardia in der letzten Woche. Unai Romano hatte schwere Folter während der Kontaktsperre 2001 angeklagt. Er war als angeblicher Unterstützer der baskischen Untergrundorganisation ETA verhaftet worden, kam aber danach ohne Auflagen wieder frei. Wir sprachen am Rande der Demonstration mit ihm. Dokumentation des Berichts von Unai Romano über die Zeit der Kontaktsperre.  http://de.indymedia.org//2003/06/53696.shtml Die Ermittlungen werden stets massiv behindert.  http://de.indymedia.org//2005/12/135805.shtml
Warum wurde zum zweiten Mal das Folterverfahren eingestellt?

Auch die zweite Instanz  http://de.indymedia.org//2005/07/122324.shtml folgte den Angaben der Guardia Civil, wonach ich mich angeblich selbst verletzt habe. Das Anschwellen meines Kopfs, wie es auf dem Foto zu sehen ist, sei die Folge eines frontalen Stoßes gegen eine Wand. Das Gericht ignoriert alle medizinischen Gutachten. Besonders ist das des Universitätsprofessors Francisco Etxeberria zu nennen, ein bedeutender forensischer Mediziner. Der hatte etliche Hämatome auf ganzen Kopf festgestellt, die von keinem Frontalschlag gegen die Wand rühren können. Ich hatte auch keine Verletzung dort, wo ich aufgeschlagen sein soll. Tatsächlich haben sie mir Hunderte Male auf den Kopf geschlagen, mir Elektroschocks verabreicht, mich mit einer Tüte nahe an den Erstickungstod gebracht und so weiter. Es ist unglaublich, wenn sie jetzt erklären, dass es keine Indizien für ein Delikt gäbe.

Die Richterin dreht den Spieß um und droht nun Ihnen mit einer Anklag.

Sie behauptet, ich hätte einen medizinischen Bericht gefälscht und in das zentrale Computernetzwerk von Mercedes eingespeist, wo ich hier arbeite. Dabei ließe sich das leicht klären. Wir hatten schon im ersten Verfahren gefordert, den ärztlichen Dienst von Mercedes zu befragen, was aber bis jetzt nicht geschah. Trotzdem wurde auch deshalb das Verfahren eingestellt, weil ich unglaubwürdig sei.

Sie wurden nach der Verhaftung ohne Anklage frei gelassen, doch nun sollen Sie plötzlich wieder Unterstützer der ETA sein.

Neben der angeblichen Fälschung gibt es drei weitere Vorwürfe: Falsche Beschuldigung, Falschaussage und eben die Unterstützung der ETA. Die weise ihre Mitglieder an, nach der Verhaftung Folter anzuzeigen. Mit meiner Anzeige hätte ich sie unterstützt, wird argumentiert. Ich finde das unglaublich.

Die Richterin müsste aber auch den UNO-Sonderberichterstatter für Folter anklagen. Der hat Spanien immer wieder, sogar vor der Generalversammlung, Folter vorgeworfen und auch ihren Fall benannt.

Neben Theo van Boven müsste sie auch Amnesty International, das Komitee für Folterprävention des Europarats und andere anklagen. Es ist klar, dass im spanischen Staat gefoltert wird. Wer das nicht sieht, will es nicht sehen.

Wie bewertet Theo van Boven die Vorgänge, der sich gerade im Baskenland aufhielt?

Er ist sehr besorgt, dass nun sogar die angeklagt werden, die Folter anzeigen. Das zeige, dass nicht konsequent gegen die Folter vorgegangen werde.

Er hatte in seinem Bericht Vorschläge gemacht, wie man die Folter bekämpfen kann: Abschaffung der Kontaktsperre, wo man tagelang keinen Kontakt zur Außenwelt, nicht einmal zu seinem Anwalt hat, lückenlose Videoaufzeichnung der Verhöre...

Doch Boven hat gerade erklärt, sein Bericht und seine Vorschläge seien bei der spanischen Regierung sofort im Mülleimer gelandet. Es habe sich nichts geändert.

Neu ist aber die Strafverfolgung derer, die Folter anzeigen.

Das stimmt. Das hängt wohl mit der Öffentlichkeit zusammen, die mein Fall und der von Martxelo Otamendi, Direktor der geschlossenen Tageszeitung Egunkaria, erzeugt haben. Deshalb gehen sie nun gegen uns mit Anklagen vor, früher wurde nichts unternommen.  http://de.indymedia.org//2003/10/63953.shtml

Was werden Sie nun machen?

Ich lasse mich nicht mundtot machen und werde weiter die Folter anklagen. Am Montag werden wir Widerspruch gegen die Einstellung beim Verfassungsgericht einreichen. Wenn der auch abgelehnt wird, ziehen wir vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
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Ergänzungen

Samstag, 15.00 uhr

Ernst 15.02.2006 - 13:55
18TE FEBRUAR, SAMSTAG , 15:00 UHR VOR DER SPANISCHEN BOTSCHAFT IN BERLIN.
KUNDGEBUNG , Lichtensteinallee 1 10m vom S-Bhf Tiergarten


+++++++++AUFRUF++++++


In der ganzen Welt ist die Dynamik der Kriminalisierung gegen die
politische Bewegungen unter der Rhetorik des Antiterrorismus bekannt.
Jedesmal wird die Einschränkung der Freiheit, mit Begründung der Sicherheit als oberste Priorität, offensichtlicher. Diese repressive Initiative betrifft die AktivistInnen und militanten Kräfte, ihre oppositionelle Bewegungen gegen den Staat und letztendlich die ganze Gesellschaft, die Freiheiten und Rechte verletzt sieht, die Jahre zuvor hart erkämpft wurden.


Konkret hat sich im Baskenland ein wahres Experiment an Repression
entwickelt, diese Erfahrungen können auch noch andere europäische oder
weltweite Kontexte betreffen. Es ist notwendig die Situation zu stoppen.


Deshalb rufen wir, gleichzeitig mit der Groß-Demo am 18ten Februar in
Bilbao, zur Mobilisierung in der ganzen Welt auf. Der mobilisierende
Vorschlag kommt, definiert durch die eigene Philosophie, von der aufrufenden Plattform, der Gruppe 18/98+. Das bedeutet all jene Personen zu erreichen,die erkennen, dass das was in diesen politischen Prozessen passiert eine Ungerechtigkeit, ja Willkür basierend auf politischen Interessen ist und aufzurufen ihren Protest in einer aktiven, praktischen und effektiven Form kundzutun.



· Für zivile und politische Rechte!

· Für die Einstellung des Makroprozesses!!
· Freiheit fuer alle politischen Gefangenen!!!

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Danke — Dschugan Rosenberg