Antifaproteste gegen das NPD-Open-Air in Gera

Left Press 09.07.2005 21:41 Themen: Antifa
Am heutigen Samstag demonstierten mehrere hundert AntifaschistInnen gegen ein Konzert der NPD mitten in der Geraer Innenstadt. Unter dem Titel "Rock für Deutschland" wollten Nazis an vergangene Konzerte wie das "Rock gegen Krieg", aber auch das "Fest der Völker" im vergangenen Juni anknüpfen.
Dagegen formierte sich zeitig Protest. Einerseits rief die Zivilgesellschaft - verschiedene Parteien von PDS bis CDU, Gewerkschaften, Gewerbetreibende und ortsansässige Vereine, die einen "runden Tisch" gegen rechts bildeten - zu einem Bürgerfest in der Geraer Innenstadt auf. Andererseits mobilisierten die Antifaschistische Aktion Gera (AAG), der Antifaschistische Aufstand Köpenick (AAK) und weitere linke Gruppen aus dem Bundesgebiet zu einer Demonstration unter dem Motto "Der Provinz einheizen. Drittes NPD-Openair verhindern - Standortnationalismus angreifen".

An der Antifademonstration, die sich mittags in Bewegung setzte, nahmen mehrere hundert Personen teil. Schätzungen der Polizei belaufen sich auf 250 bis 300 TeilnehmerInnen, Anwesende sprechen von 350 bis 400 DemonstrantInnen. Die Demonstration verlief lautstark durch die Innenstadt. Es kam dabei zu keinen nennenswerten Zwischenfällen, abgesehen von einzelnen Nazis, welche die Route der Demonstration hin und wieder kreuzten, und aberwitzigen Auflagen, die bewirkten, dass Antifas, die mit Basecap und Sonnenbrille ausgestattet waren, mit Festnahme gedroht wurde.

Auf etwa der Hälfte der vorgesehenen Route wurde die Demonstration nach einer Zwischenkundgebung in Höhe des parallel stattfindenden "Bürgerfests" seitens der VeranstalterInnen aufgelöst. Der "Park der Jugend", in dem die NPD-Veranstaltung stattfand, befand sich an diesem Punkt in Sichtweite. Aufgrund massiver Polizeipräsenz - es waren mehrere Hundertschaften von Polizei und BGS vor allem aus Thüringen und Sachsen im Einsatz - gelang den Demonstrierenden allerdings kein Durchbruch.

Zeitgleich begann das "Bürgerfest", bei dem nach Angaben der Polizei 350 Menschen "Gesicht gegen rechts" zeigten. Ihr Protest bestand aus mehreren Infoständen und Bratwurstbraten. Wie weit es mit der zivilgesellschaftlichen Courage aussah, zeigte sich, als wiederholt kleine Gruppen von Nazis das Bürgerfest passierten. Augenscheinlich störte sich niemand an T-Shirt-Aufdrucken wie "White Power", "Landser" oder "Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten". Die Polizei, die im Vorfeld zusagte, rechte Provokationen zu unterbinden, schritt nicht ein. Überhaupt war es den Nazis möglich, sich frei im gesamten Stadtgebiet zu bewegen. Als AntifaschistInnen einige der Nazis angriffen, taten sich eine Reihe von BürgerInnen dadurch hervor, mutmaßliche "linke Gewalttäter" bei der Polizei zu denunzieren. Schon am Vormittag versuchten einige Nazis, die Antifas zu provozieren, indem sie in der Nähe des Antifatreffpunktes auf dem "Platz der Demokratie" versuchten, Antifas abzufotographieren. Dies konnte jedoch unterbunden werden.

Das NPD-Openair konnte letztlich leider ohne weitere Störungen durchgeführt werden. Erwartet wurden 500 bis 1000 Nazis. Die Presse spricht im Nachhinein von rund 700 Nazis, die Polizei vor Ort jedoch von "deutlich unter 500 Nazis". Dies deckt sich auch mit Schätzungen von AntifaschistInnen, die von etwa 400 Nazis ausgeht. Das Spektrum reichte von typischen "Dorfglatzen" über vor allem jugendliche NPD-AnhängerInnen bis hin zu Fans von Rechtsrock- und NSBM- (NS-Black-Metal) Musik. Grund dafür ist, dass das Aufspielen von einschlägig bekannten Nazibands wie Kraftschlag, Eugenik, Legion of Thor und Radikahl angekündigt wurde. Deutlich unterrepräsentiert war jedoch das Spektrum so genannter "freier Nationalisten" und Kameradschaften.

Das "Rock für Deutschland" galt zudem als Ersatzveranstaltung für das Pressefest der "Deutschen Stimme", des publizistischen Organs der NPD. Zu einem solchen Pressefest reisten im vergangenen Jahr zwischen 6000 und 7000 Nazis ins sächsische Mücka. Dieses Jahr muss das Pressefest jedoch aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl ausfallen, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. Damit besaß das "Rock für Deutschland" auch Wahlkampfcharakter. Unter anderem sollten der Bundesvorsitzende der NPD, Udo Voigt, und weitere NPD-Kader Reden halten.

Die Proteste gegen die Naziveranstaltung waren begleitet von Polizeirepression. Personen wurden willkürlich kontrolliert und nach dem Ende der Demonstration bzw. im Verlaufe des Nachmittags systematisch an alle nicht aus Gera stammenden Antifas Platzverweise (die Polizei spricht von 72 - es waren nachweislich wesentlich mehr) erteilt, die für das gesamte Geraer Stadtgebiet gelten. Damit war es vielen weder möglich, sich zum Bürgerfest zu begeben, noch an der Antifakundgebung am Nachmittag teilzunehmen. Damit erzwang die Polizei die Abreise auswärtiger Linker, während den Bussen aus Berlin die geplante Abfahrt versagt wurde - rechtswidrig, wie die Initiative "BürgerInnen beobachten die Polizei" betonte. Die Polizei bildete zudem mehrfach "Kessel" um missliebige Personen und führte willkürlich langwierige Identitäsfeststellungen durch - trotz Vorhandensein von Personalausweisen. Weiterhin wurde versucht, gezielt Personen festzunehmen, die als "Rädelsführer aus Berlin" gelten.

Die angebliche "Deeskalationstaktik" der Polizei bestand daher vornehmlich in der Toleranz der Naziaktivitäten, während antifaschistischer Protest unterbunden wurde. Bis zum späten Nachmittag wurden mindestens fünf Antifas in Gewahrsam verbracht bzw. vorläufig festgenommen, Presseinformationen zu Folge allesamt wegen Sachbeschädigung. Auf Seiten der Nazis landeten sieben Personen in Gewahrsam, jeweils wegen Tragens von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Es konnten auch mehrere Tonträger mit verbotenen Inhalten beschlagnahmt werden.

- LeftPress, 9. Juli 2005 -
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Ergänzungen

Bilder von dieser Demo

jimmy 09.07.2005 - 22:10
gibt es auf  http://www.adf-berlin.de

aber die sind in nicht so guter qualitaet.

Fotos

antifa 09.07.2005 - 22:16
Erste Fotos zur Antifa-Demo in Gera finden sich unter  http://www.adf-berlin.de .

nazis sind lächerlich

... 09.07.2005 - 22:25
wenn die nazis nicht von der polizei geschützt worden wären, hätten die gut eingesteckt. auf den adf-fotos seihst meiner meinung nach, nach mehr als 400 demonstranten aus.

man was für ein scheiss

schanki 10.07.2005 - 04:07
da reist man extra aus bawü an um dann angepöbelt zu werden weil 2 von uns palis trugen. auf der demo ging auch überhaupt nichts und man hat schön vor den grünen gekuscht. die nazis konnten scheinbar ihr ding ungestört durchziehen. ich als unverbesserlicher optimist komme sicher auch nächstes jahr wieder um gegen faschos zu demonstrieren aber unsere 2 leute mit pali haben die schnauze gestrichen voll, ihr solltet mal überlegen was ihr mit dem antideutschen kram für eine scheisse baut!

Presse

Zeitungsleser 10.07.2005 - 10:48
VIDEO
Gera wehrt sich gegen NPD-Konzert
Mit einem Bürgerfest und einer Demonstration haben hunderte Menschen in Gera gegen eine Veranstaltung der NPD protestiert (THÜRINGEN JOURNAL, 9.7.2005).

 http://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/2041534.html

Gera
Hunderte protestieren gegen NPD

Mit einem Bürgerfest und einer Demonstration haben mehrere hundert Bürger in Gera gegen eine Veranstaltung der rechtsextremen NPD demonstriert.



Mehrere hundert Menschen demonstrierten gegen die NPD in Gera

Nach Angaben der Polizei beteiligten sich etwa 300 Menschen an der Demonstration, zu der mehrere linke Gruppen aufgerufen hatten. Etwa 700 NPD-Anhänger waren nach Angaben der Polizei nach Gera gekommen.

Bis zum Nachmittag verliefen die Veranstaltungen ohne Zwischenfälle. Drei NPD-Anhänger wurden wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz festgenommen. Zwei linke Demonstranten wurden wegen Sachbeschädigung in Gewahrsam genommen.

zuletzt aktualisiert: 09. Juli 2005 | 19:44
 http://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/2041439.html

Gera auf dem Weg zur Großstadt

Ewo 10.07.2005 - 13:44
Gera ähnelte gestern der Großstadt Berlin.
Allerdings nur in einer Hinsicht. Der Anzahl der kleinen braunen Haufen.

Gera hatte gestern genausoviele kleine braune Haufen wie Berlin und das bei einer wesentlich geringeren territorialen Größe.

Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied in der Herkunft dieser Haufen. Während sie in Berlin aus dem südlichen Ende eines nach

Norden ziehenden Hundes stammen, gehörten sie in Gera zur Spezies Homo Sapiens, auch wenn man es einigen nicht auf den ersten Blick ansah.

Gera liebt seine kleinen braunen Haufen und lädt sie alle zu sich ein. Berlin bekämpft sie permanent.

Gera verschaffte ihnen einen süßen kleinen Park, damit sie dort spielen und Musik hören können. Es gab auch noch ein kleines Fest am Rande,

knapp ca. 500m entfernt, mit Bratwurstessen, 'ner komischen Bimmelbahn für Groß und Klein und für die etwas intellegenteren Geraer Schach und
ein winziges Kulturprogramm.

Ach Entschuldigung, jetzt hab' ich was verwechselt.

Dieses Fest am Rande war ja der Protest Gera's GEGEN die kleinen braunen Häufchen und vor allem diese lauten und so unordentlich bekleideten
wilden Horden, die gekommen waren, um mit diesen fangen zu spielen.

Na dafür hatte Gera auch was. Die durften mit den unzähligen auch aus anderen Bundesländern (Leipzig) angereisten grünen Häufchen fangen
spielen. Sie hatten aber sehr schnell keine Lust mehr und hielten die wilden Horden einfach bis zum Abend fest.

Und die Stadt Gera ? Nun die schaute belustigt zu und freute sich, daß sich alle so lieb hatten.

Ein Sprecher der Antifa-Gera rief über Lautsprecher: NIE WIEDER GERA ! Dem kann ich mich nach diesem Tage nur anschließen !

Die besonders "Wilden" aus Berlin wurden sogar bis zur Abfahrt Leipzig mit einer sehr umfangreichen Polizeieskorte nach Hause geschickt, damit
sie sich auch ja nicht im braunen Thüringer Land verfahren.

NIE WIEDER FASCHISMUS ! NIE WIEDER GERA !

NIE WIEDER GERA

ejal 10.07.2005 - 16:51
Das war das aller letzte mal,dass ich nach Gera gefahren bin. So eine Schweinerei. Habe schon lange nicht mehr gesehen, wie man so vor den Grünen kuschen kann. Ich spuck auf Gera. Ich spuck auf das beschissene Bürgerfest mit seiner lustigen Bimmelbahn, ich spuck auf das dumme geseiche mit dem abnehmen von Pali- Tüchern und ich spuck auf alle scheiss Bullen, die sich an diesem Tag ein zweites Loch gefreut haben. Nazis waren glücklich, Bullen und Bürger auch. Habe mit zwei weiteren Leuten versucht über das Asylheim an die Nasen ran zu kommen. Da sitzen doch tatsächlich Gera èr Anti- deutsche mit einigen Afrikanern rum und haben uns gehindert unsere Aktion durch zu führen. Ich war pappensatt und so wütend, dass ich mich ins Auto gesetzt habe und bin wieder nach Hause gefahren. Der Osten ist für mich Tabu. Kommt selber klar mit euren scheiss problemen- sofern sie das wirklich für euch sind. NIE WIEDER GERA!

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versagt! — raf

schade — rebeka

Richtigstellung — lala

@Trollie — Gegen Kapital, Volk und Nation.

@ über mir — ich

@ich — gegen völkisches Denken, denn das ist doof

23.07. — Erfurter

lächerlich — redzora