Protest im Vorfeld des Online-Demo-Prozesses

Libertad! Frankfurt 13.06.2005 20:56 Themen: Antirassismus Netactivism Repression
Kundgebung und Demonstration vor der Abschiebe-Airline Aeroflight in Oberursel.

Heute, am 13. Juni, beteiligten sich rund 60 Abschiebegegner/innen an einer Protestkundgebung und -demonstration gegen die Fluglinie Aeroflight in Oberursel.
Sowohl die Demonstrant/innen als auch die Bürger/innen Oberursels waren von dem massiven Polizeiaufgebot überrascht. Das nahegelegene Gleisbett des S-Bahnhof sicherten mehrere BGS-Beamten mit Schäferhunden. Unter ihnen befand sich auch der hauptbeschuldigte BGS-Beamte im Verfahren wegen der Tötung von Amir Ageeb. Es kam zu intensiven Vorkontrollen. Bereits im Auflagenbescheid wurde das Tragen von Seitentransparenten verboten.

Aeroflight steht exemplarisch für das schmutzige Geschäft mit Abschiebungen. Im September 2004 wurden auf Anordnung der Hamburger Innenbehörde 17 Menschen von 70 Bundesgrenzschutzbeamten in mehrere afrikanische Staaten deportiert. Die Geschäftsführung des Unternehmens hat auf Nachfrage jede Stellungnahme zu ihrer Beteiligung an Abschiebungen verweigert. Sie hat sich außerdem gegenüber der Polizei jede Übergabe einer Protestresolution oder eines offenen Briefes ausdrücklich verbeten. Zudem hat Aeroflight ihre Belegschaft heute frühzeitig nach Hause geschickt, um jegliche Kommunikation zwischen Protestierenden und Angestellten zu verhindern.

Für den angekündigten Krach vor Aeroflight sorgten die beiden Noise-Musiker Christoph Korn und Lasse-Mark Riek mit Erfolg. Nach Beginn ihres Auftritts wich die Polizeikette vor dem Aeroflight-Gebäude entsetzt mehrere Meter zurück.

Die Kundgebung ist nicht der erste Besuch bei Aeroflight in Oberursel. Bereits Anfang April kam es im Rahmen des europaweiten Tages gegen Abschiebung zu Farbbeutelwürfen gegen das Gebäude der Abschiebeairline. Auch heute machten die Demonstranten deutlich, dass sie nicht locker lassen werden. In Redebeiträgen wurde auf die Bedeutung der Charterabschiebung hingewiesen. In diesem Geschäft mischt nicht nur Aeroflight mit, sondern auch die LTU und die afganische Fluglinie Ariane, die nach Informationen der deportation.class die geplante Abschiebung von tausenden afganischen Flüchtlingen durchführen soll.

Nach der Kundgebung zog der Demonstrationszug durch die Oberurseler Innenstadt in die Fußgängerzone und endete dort mit einer kurzen Abschlusskundgebung. Libertad!-Sprecher Hans-Peter Kartenberg resümiert: „Zweiflos war diese Kundgebung ein guter Auftakt für den morgigen Prozessbeginn. Wir haben deutlich gemacht, dass der Protest im virtuellen Raum und auf der Straße zusammengehören und sich nicht von Repression einschüchtern lässt.“
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Ergänzungen

Abschiebungen stoppen

# 14.06.2005 - 01:12
Weiterer Bericht mit Fotos und offenem Brief an Aeroflight:
 http://de.indymedia.org/2005/06/120349.shtml

Wir werden wieder in die Lessingstraße nach Oberursel kommen. Versprochen.

Redebeitrag vor der Aeroflight-Zentrale

Aeroflight-Image-Schäder 15.06.2005 - 11:17
"Planen Sie eine Reise mit einzigartigem Charakter? Suchen Sie einen
maßgeschneiderten Flug zu einem besonderen Anlaß? Dann chartern Sie doch
ein komplettes Flugzeug der Aeroflight-Flotte!"
So lautet die Werbung für Sonderflüge auf der Webseite von Aeroflight,
einer relativ kleinen jungen Fluggesellschaft, vor deren Hauptsitz wir
heute stehen und die überwiegend im Charterbereich tätig ist.
"Einzigartiger Charakter ..., maßgeschneiderter Flug ..., besonderer
Anlaß...", davon hat sich offensichtlich auch der Bundesgrenzschutz (BGS)
und die Ausländerbehörde in Hamburg eine optimale Kundenbetreuung
versprochen - und hat sie bekommen!
Vor mittlerweile genau 9 Monaten, in den Morgenstunden des 13. September
2004, startete ein Aeroflight-Flieger vom Flughafen in Hamburg, nicht nur
der Anlaß, auch die Flugziele waren in der Tat besonders: es ging nach
Westafrika, oder genauer: nach Burkina Faso, Togo und Benin.
"Einzigartiger Charakter"? 70 BGS-Beamte waren an Bord, sie hatten zuvor
mindestens 16 Menschen afrikanischer Herkunft zum Teil mit Handschellen
und sogenannten Antibeißhelmen zwecks Abschiebung in das Flugzeug
verfrachtet.
Als "beispielhaft und zukunftsweisend im Kampf gegen Kriminalität und
illegale Einwanderung" hat die verantwortliche Hamburger Innenbehörde
diesen Charterflug später bezeichnet, einen brutalen Akt von
Abschiebeterror nennen wir das. Und so etwas ist nur möglich - und deshalb
stehen wir heute hier! - weil Fluggesellschaften wie Aeroflight mitmachen,
kollaborieren, profitieren.
Vor wenigen Tagen haben wir hier bei den Aeroflight-Verantwortlichen
angerufen, um sie zu fragen, wie sie zu dem Fall vom 13. September und zu
ihrer Verwicklung in Charterabschiebungen insgesamt stehen. "Kein
Kommentar, keine Stellungnahme" war die einzige Antwort, die deutlich
macht, dass Aeroflight kein Interesse hat, ihre Beteiligung an
Abschiebungen zum Thema werden zu lassen, und dass sie sich offensichtlich
weitere Profite mit dem Abschiebegeschäft offen halten wollen. Davor
können wir den Aeroflight-Vorstand nur warnen und jetzt schon ankündigen,
dass Aeroflight verstärkt zum Zielpunkt der Deportation-Class-Kampagne
gemacht wird, wenn sie sich nicht aus diesem Geschäft zurückziehen.
Morgen früh beginnt der Online-Demo-Prozeß, in dem es ja um Proteste gegen
die Lufthansa ging. Ich möchte den Zusammenhang nochmal kurz genauer
erläutern.

Lufthansa (LH) war und ist die Airline, mit der die meisten Abschiebungen
aus Deutschland durchgeführt werden. Nach dem Tod von Aamir Ageeb und im
Laufe vielfältiger Proteste und Aktionen der vor allem gegen LH
gerichteten Deportation-Class-Kampagne hatte der LH-Vorstand erklärt, dass
niemend mehr gegen "seinen erkennbaren Widerstand" von LH transportiert
würde. Doch "erkennbarer Widerstand" war nie genauer definiert: wie laut
muß jemand schreien, wie stark an den Handschellen zerren? Deshalb war und
bleibt unsere Forderung an LH bestehen, das "willing to travel", die
jeweils konkrete Nachfrage, ob jemand fliegen will oder nicht, zum
minimalen Kriterium einer Beförderung zu machen.
Vor wenigen Wochen sorgte der Fall von Zara Khameli für Schlagzeilen,
einer iranischen Frau, deren Abschiebung durch vielfältige Proteste in
letzter Sekunde gestoppt wurde und die mittlerweile ein Bleiberecht
erhalten hat. Zara Khameli sollte mit LH abgeschoben werden, und letztlich
war entscheidend, dass der Pilot den Transport angesichts des öffentlichen
Drucks verweigerte.
Dieses Beispiel, wie auch einige weitere Erfahrungen der letzten Monate,
zeigt zunächst zweierlei:
1. Abschiebungen mit LH werden mittlerweile öfters und schneller
abgebrochen, zweifellos ein Erfolg unserer Kampagne und der Tatsache, dass
LH sich schwerlich weitere skandalöse Situationen mit Verletzten oder gar
Toten auf Abschiebeflügen leisten kann oder will.
2. Doch es gibt keinerlei Garantien, dass nicht doch jemand mit LH gegen
seinen Willen ausgeflogen wird. Es hängt immer wieder an Öffentlichkeit
und direkten Protesten sowie vor allem auch daran, dass sich die
Betroffenen selbst im entscheidenden Moment, nämlich an Bord und wenn
weitere Passagiere eine gewisse Öffentlichkeit bieten, laut genug wehren
und protestieren.
Angesichts dieser Situation kann und muss die Deportation-Class-Kampagne
auch gegen LH weitergeführt bzw. immer wieder aufgegriffen werden.
Der Fall von Zara Khameli verweist zudem nochmal auf das zentrale Problem
der Abschiebebehörden und des BGS, dass nämlich Abschiebungen in
Linienflügen immer die Gefahr des Aufsehens und der Solidarisierung von
Passagieren mit sich bringen, oder jedenfalls Ärger und Skandale
angesichts einer in den letzten Jahren doch stärker dafür sensibilisierten
Öffentlichkeit. Vor diesem Hintergrund versuchen die Behörden, die von
jeder Öffentlichkeit ausgeschlossenen Charterabschiebungen zu etablieren,
also kleine oder auch größere Flugzeuge zu mieten, in denen dann nur die
Abzuschiebenden sowie entsprechende BGS-Begleitung und ein Arzt
mitfliegen.
Zum anfangs beschriebenen Aeroflight-Flug vom September letzten Jahres
hatte die Hamburger Behörde nicht zufällig betont, dass sich einige der 16
Abgeschobenen zuvor bis zu vier mal ihrer Abschiebung per Linienflug
erfolgreich widersetzt hatten. Charterabschiebungen dienen also auch vor
allem dazu, den Widerstand der Flüchtlinge und MigrantInnen zu brechen.
Tarom, die rumänische Airline, war vor einigen Jahren das bekannteste
Beispiel für Charterabschiebungen in die Türkei. Doch schon nach einigen
Aktionen und Protesten der Deportation-Class-Kampagne hat Tarom diese
Abschiebecharter eingestellt.
Mittlerweile ist LTU in die Bresche gesprungen und trotz einiger Aktionen
bis heute im Abschiebechartergeschäft aktiv. Und das mit offensiver
Begründung: Abschiebegewinne würden Arbeitsplätze sichern!
Daneben gibt es kleine, zum Teil sogar auf Abschiebungen spezialisierte
Charterfluggesellschaften, wie die Firma Silverbird in Bremen. Sie bietet
sog. "Kleincharterrückführungen" in den Kongo an und ist offensichtlich
sogar im Stande, entsprechende Verbote des kongolesischen
Außenministeriums zu umgehen.
Es steht zu befürchten, dass auch Aeroflight diesen Weg weitergeht und
versucht, sich mit "maßgeschneiderten Flügen" Anteile im Abschiebegeschäft
zu sichern. Zumal schon mit dem Flug vom 13. September auch Abzuschiebende
aus der Schweiz und aus Belgien transportiert wurden und EU-Behörden für
2005 und 2006 30 Millionen Euro bereitgestellt haben, um logistisch die
Weiterentwicklung von Abschiebechartern auf europäischer Ebene
voranzutreiben.
Auch vor diesem -internationalisierten- Hintergrund hatte die hiesige
Zentrale von Aeroflight vor einigen Wochen erstmals ungebetenen Besuch
bekommen. Rund um den 2. April dieses Jahres fand ein europaweiter
Aktionstag statt, in über 50 Städten quer durch Europa wurde für das Recht
auf Bewegungsfreiheit und gegen Abschiebungen und Lager demonstriert. In
diesem Rahmen fand am 1. April hier in Oberursel eine erste Aktion statt.
Dutzende von roten Farbbeuteln verzierten anschließend die Silberfassade
und den Eingangsbereich, hier wurde Aeroflight also schonmal mit
unübersehbaren Argumenten aufgefordert, ihre Beteiligung am
Abschiebegeschäft einzustellen.
Und das können wir heute nur nochmal bekräftigen: Aeroflight soll keine
Ruhe bekommen bis sie aus dem Abschiebegeschäft aussteigt.
Wir werden weiterprotestieren und mobilisieren, gegen alle Abschiebungen.
Hier, im Netz oder auch am Frankfurter Flughafen, trotz und gegen alle
Hausverbote der Fraport; bei LH, LTU oder auch -um das abschließend kurz
zu erwähnen - bei Ariana, der afghanischen Fluglinie. Denn mehrere tausend
afghanische Flüchtlinge sollen in den kommenden Monaten abgeschoben
werden, und aller Voraussicht nach überwiegend mit Ariana und über den
Frankfurter Flughafen.
"Deportations are a crime" - Abschiebungen sind ein Verbrechen! So
formulierten es Flüchtlinge schon lange und zu recht.
Der Widerstand gegen Abschiebungen muss weitergehen und weiterentwickelt
werden, wir waren da in den letzten Jahren ja durchaus öfters erfolgreich.
In diesem Sinne: Streuen wir weiter Sand in die Abschiebemaschinerie - No
Deportations!

Hurra, ein zweites Foto

photographer 15.06.2005 - 11:28
Die Abschlusskundgebung:

Hurra, ein drittes Foto

photographer 15.06.2005 - 11:30
Für Musik und Krach sorgten die beiden Frankfurter Musiker.
"Gibts das auch auf CD?"

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Ein wenig geschwindelt — Ehrlicher Bürger

@"ehrlicher Bürger" — antirassistin