Baskische Kommunistinnen zeigen die Zähne

Ralf Streck 18.05.2005 12:58 Themen: Weltweit
EHAK verhinderte, dass der Konservative Juan María Atutxa erneut zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde. Weder am Montag noch am Dienstag konnte sich deshalb das Parlament ordentlich bilden. Derweil hat die spanische Regierung den Weg frei gemacht für Verhandlungen mit der ETA.
Dass es schwierig im baskischen Regionalparlament wird, war nach dem guten Abschneiden der baskischen Kommunisten bei den Wahlen im April klar. In den ersten Parlamentssitzungen zeigten die acht Parlamentarierinnen und der Parlamentarier der „Kommunistischen Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) den moderaten Nationalisten die Zähne. EHAK verhinderte, dass Juan María Atutxa erneut zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde. Weder am Montag noch bei der außerordentlichen Sitzung gestern erreichte Atutxa eine einfache Mehrheit, die im zweiten und dritten Wahlgang genügt hätte.
Im Parlament ergab sich deshalb ein Patt. Denn der bisherigen Regierungskoalition aus moderaten Nationalisten und der Vereinten Linken (IU) fehlen nach dem guten Abschneiden von EHAK  http://de.indymedia.org/2005/04/112300.shtml die Stimmen, um die spanischen Nationalisten zu überstimmen. So summieren die Sozialisten (PSOE) und die ultrakonservative Volkspartei (PP) 33 Stimmen. Nur mit Unterstützung der kleinen linksnationalistischen Partei Aralar erreicht auch die bisherige Regierungskoalition 33 Stimmen. Beide Blöcke können nur mit EHAK eine Mehrheit erreichen, wobei die Kommunisten ihre Stimmen nicht mit denen rechtsradikalen PP vereinen wird. Dass EHAK den sozialistischen Kandidaten Miguel Buen zum Parlamentspräsident wählt, der zum rechten Flügel seiner Partei gehört, und nicht einmal Baskisch spricht, ist auch unmöglich.
Doch die moderaten baskischen Nationalisten wollen bisher nicht wahrhaben, dass sie Macht an die baskische Linke verloren haben und Konzessionen machen müssen. Da EHAK grundlegende Veränderungen will, um den seit Jahrzehnten schwelenden bewaffneten Konflikt mit Spanien zu lösen, setzt die Partei die Brechstange bei Atutxa an.
Der gehört zum rechten Flügel der großen Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV), die Kommunisten werfen ihm auch vor, den „Weg für die Verbote“ geebnet zu haben, mit denen die baskische Linke seit 1998 von Spanien aus überzogen wird. Es war Atutxa, der 1992 die These aufgestellt hat, es gäbe Verbindung zwischen baskischen Parteien, Kommunikationsmedien und Gewerkschaften zur ETA. Bis auf die Gewerkschaft LAB, aus der sich EHAK speist, wurden alle Erwähnten verboten.  http://de.indymedia.org/2005/04/111933.shtml
Die EHAK-Chefin Nekane Errauskin machte klar, dass die PNV die Präsidentschaft stellen muss, weil sie die „meistgewählte Partei“ sei. Jeden anderen PNV-Kandidaten werde man wählen, sagte sie. „Atutxa sucht nicht den Dialog, um zum Konsens zu kommen, deshalb erfüllt er für uns nicht die Kriterien als Parlamentspräsident“. Ein Dialog unter allen Beteiligten, zur Lösung des Konflikts, hat sich EHAK zum Ziel gesetzt.
Nun haben die Parteien bis zum Donnerstag Zeit, eine Lösung dafür zu finden, dass sich das Parlament bisher nicht ordentlich konstituieren kann. Eine Pattsituation ist im Reglement nicht vorgesehen, weshalb es nur drei Möglichkeiten: Neuwahlen, Atutxa zieht sich zurück oder die PNV einigt sich mit den spanischen Sozialisten. Das wiederum würde aber deren gesamte Regierungsbildung auf den Kopf stellen.
Auch wenn im Parlament die Situation festgefahren ist, gibt es reichlich Bewegungen, um den von der baskischen Linken angestrebten friedlichen Lösungsweg zu gehen. Gestern haben sich die in Spanien regierende PSOE vom Parlament das Plazet geholt, um mit der baskischen Untergrundorganisation ETA zu verhandeln. Schon in der Generaldebatte letzte Woche hatten alle Parteien, mit Ausnahme der PP, dem Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, das Vertrauen dafür ausgesprochen. Die baskische PNV zog gestern sogar einen eigenen Antrag zurück, um den der Sozialisten zu unterstützen. Nur die ultrarechte PP setzt weiter auf die militärisch-polizeiliche Strategie zur Zerschlagung der ETA und der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung. Die fordert von Zapatero weiter das Verbot der baskischen Kommunisten, die schon wieder ein Nachfolger der verbotenen Partei Batasuna  http://de.indymedia.org//2005/03/109326.shtml sein soll  http://de.indymedia.org/2005/03/110236.shtml . Der Oppositionsführer Mariano Rajoy nannte Zapatero in der Generaldebatte einen „Verräter“, weil er EHAK nicht verbieten ließ und mit der ETA verhandeln will.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 17.05.2005
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

interessant ... — bergistani