Werden auch baskische Kommunisten verboten?

Ralf Streck 05.04.2005 11:35 Themen: Repression Weltweit
Die baskischen Kommunisten mischen derzeit die Politik im spanischen Staat auf. Euskal Lurraldeetako Alderdi Komunista (EHAK) heißt diese Partei, was auf Deutsch „Kommunistische Partei der Baskischen Territorien“ bedeutet. Es handelt sich um eine neue und alte Partei. EHAK ist zwar bei Wahlen nie angetreten, wurde aber schon vor drei Jahren gegründet, als gerade ein neues Parteiengesetz geschaffen wurde, um die linksnationalistische Partei Batasuna (Einheit) zu verbieten. Im Wahlregister der drei Provinzen der „Baskischen Autonomen Gemeinschaft“ (CAV) ist sie seit März 2002 registriert und im spanischen Wahlregister seit Juli 2002. Jetzt tut sich die spanische Regierung schwer mit einem neuen Verbot. Es wäre offensichtlich, dass man letzte Woche die falsche Liste verboten hat.
Das ist einer der Gründe, warum es für die großen spanischen Parteien schwer ist, auch diese Partei vor den Wahlen in der CAV am 17. April auszuschließen und so erstmals nach dem Ende der Diktatur Francos die linke Unabhängigkeitsbewegung aus dem Parlament zu drängen. Um das zu erreichen, und die Chancen für eine Mehrheit der spanischen Nationalisten im baskischen Parlament zu erhöhen, wurde letzte Woche die neue Liste „Aukera Guztiak“ (AG/Alle Optionen) auf Antrag der Regierung illegalisiert, weil sie angeblich ein Nachfolger von Batasuna sei, die im März 2003 mit extra geschaffenen Parteiengesetz verboten worden war. Auch das Verfassungsgericht bestätigte das Urteil der Sonderkammer am Obersten Gerichtshof in Madrid, der „Hinweise“ für eine Batasuna-Nachfolge sah. ( http://de.indymedia.org//2005/03/110431.shtml)

Bei AG wurden Kontakte zur linksnationalistischen Gewerkschaft LAB als Begründung für ihr Verbot angeführt, zudem befänden sich unter den 32.000 Unterstützungsunterschriften 6000 Anhänger der linken Unabhängigkeitsbewegung. Batasuna-Mitglieder sollen in abgehörten Gesprächen von einer Doppelstrategie mit zwei Listen gesprochen haben. Die Partei wollte selbst antreten, und im Fall des absehbaren Ausschlusses, gäbe es noch eine „saubere“ Liste.

Das mit „Hinweisen“, deren Herkunft nicht überprüft werden konnte, in Spanien eine Wahloption verboten wird, ist obskur genug. Doch so könnte man nun auch gegen die baskischen Kommunisten vorgehen. Die haben nicht nur Kontakt zu der Gewerkschaft LAB, sondern die Kandidaten stammen zum großen Teil aus der Gewerkschaft. Die Zeitung El Mundo behauptet sogar, der LAB-Chef Rafa Diéz habe EHAK gegründet. Zum Beispiel führt Nekane Erauskin die Kommunisten in der Provinz Gipuzkoa an. Sie ist die Verantwortliche für Gesundheit bei LAB. Somit ist die Partei Teil der linken Unabhängigkeitsbewegung. Bei AG reichte für das absurde Verbot aus, dass die linke Unabhängigkeitsbewegung mit ihr sympathisiere. Zu erinnern bleibt, dass die Sozialisten zudem zu den Europaratswahlen 2004 eine Liste verboten haben, nur weil sie sich an die selben Wähler wie Batasuna wandte. ( http://de.indymedia.org//2004/05/84456.shtml)

Doch die sozialistische Regierung in Spanien will hier keine Verbindung der baskischen Kommunisten zu Batasuna sehen. Das Verbot der neuen Liste AG hatte sie aber schon gefordert, als weder deren Programm noch deren Kandidaten bekannt waren. Plötzlich meint der Justizminister Juan Fernando López Aguilar: „Es wäre absurd all die zu illegalisieren, für die Batasuna um Stimmen bittet“, denn die PSOE will EHAK nicht einmal verbieten, wenn Batasuna sich für deren Wahl ausspricht. In unzähligen legalen Versammlungen wird die „illegale“ Basis der Partei in den nächsten Tagen EHAK wohl ihr Plazet geben und damit zudem einen Ruck nach links verabschieden.

Doch dieses kuriose Verhalten der Sozialisten (PSOE) ist erklärbar: Würden sie nun auch das Verbot von EHAK beantragen, wäre klar, dass man mit AG ein Bündnis besorgter Bürger verboten hat, die sich zudem klar von Untergrundorganisation ETA distanziert hat, wie es das neue Parteiengesetz fordert. ( http://de.indymedia.org//2005/03/110503.shtml) Es wäre damit auch deutlich, dass die spanische Justiz auf allen Ebenen Entscheidungen der Regierung exekutiert, statt auf Basis von Beweisen zu urteilen.

Der rechtsradikalen Volkspartei (PP) ist das ohnehin egal, denn die hat dieses System geschaffen. Sie fordert vehement das Verbot der baskischen Kommunisten fordert. Das verwundert ohnehin nicht, denn während der Diktatur hatten die Vorfahren der PP Kommunisten noch massakriert. In den acht Jahren der PP-Regierungszeit wurde dafür gesorgt, leider mit Hilfe der PSOE, ein einigermaßen unabhängiges Rechtssystem zu schleifen. Sondergerichte wurden mit dem Parteiengesetz geschaffen oder die Kompetenz des Nationalen Gerichtshofs ausgebaut. Die Gerichtshöfe wurden mit PP-Anhängern besetzt, Richter geschasst, die nicht im Sinne der PP urteilten. ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/11/11795/1.html). Selbst vor derlei Stilblüten schreckte man nicht zurück, dass der Präsident der Sonderkammer für die Parteiverbote, gleichzeitig dem Generalrat für Justizgewalt vorsteht und sich damit selbst kontrolliert. Nach dem Vorbild Berlusconis hatten die auch die Medien unter die Fittiche der Regierung gebracht ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/14/14913/1.html), damit das ganze Vorgehen auch propagandistisch abgesichert werden kann.

Da EHAK aber schon unter der PP gegründet wurde, können die Sozialisten nun der ultrarechten den Schwarzen Peter zuschieben, dass die Partei nicht sofort nach der Gründung verboten wurde. So erinnert der Organisationssekretär Jose Blanco daran, dass die Partei von der PP legalisiert wurde und zwei Jahre lang unter deren Regierung unbehelligt blieb.

Dem progressiven Teil der PSOE sagt es ohnehin zu, dass die linke Unabhängigkeitsbewegung mit EHAK wieder im Parlament vertreten wäre. Erstens wird damit die absolute Mehrheit der moderaten Nationalisten unwahrscheinlich und zweitens braucht man sie als Vermittler für den möglichen Friedensprozess, wie ihn die baskische Linke seit langem offeriert. ( http://de.indymedia.org/2004/11/99236.shtml) Batasuna hatte der PSOE im November ein Friedensangebot ( http://de.indymedia.org/2004/11/99240.shtml) unterbreitet, dem sich auch die bewaffnete ETA angeschlossen hat. ( http://de.indymedia.org//2005/01/104711.shtml) Die hat sich am Wochenende erneut zu Wort gemeldet und offiziell bestätigt, dass sie Kontakt zur spanischen Regierung sucht.
Obwohl sich die Vereinte Linke (IU) zwar verbal gegen den Ausschluss der linken Unabhängigkeitsbewegung bei den Wahlen ausgesprochen hat, reagiert sie nun vergrätzt auf die Kandidatur von EHAK. Dass die baskische Linke sich ausgerechnet zum Kommunismus bekennt, den die IU längst begraben hat, bringt sie in Not. Sie erklärt nun, EHAK stehe nicht in der Traditionen der kommunistischen Geschichte in Spanien. Die IU hatte insgeheim gehofft, einen Teil der Stimmen der illegalisierten baskischen Linken einzuheimsen.

Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 05.04.2005
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Ergänzungen

Allgemeines zum Thema der Verbote

Ralf 05.04.2005 - 12:05

Spanien = Folterstaat

antifa 05.04.2005 - 17:54
Ähnlich wie in der Türkei werden in Spanien politische Gefangene systematisch gefoltert um zum einen Informationen zu erpressen und zum anderen die politischen Aktivisten physisch und psychisch zu brechen. Sie sollen sich von ihren Idealen distanzieren, ihre Meinungen und Positionen verraten und möglichst viele Namen und Strukturen preisgeben.

Während sich die neue sozialdemokratische Regierung unter Zapatero Irak-Krigs-kritisch und fortschrittlich gibt (Homo-Ehe, ...) gibt esheute in Spanien mehr baskische politische Gefangene als unter der faschistischen Diktatur des General Franco.

Fuck Spain !

und sonst...

Molly 05.04.2005 - 18:21
Was ich von dieser KP da halten soll, weiß ich nicht (hört sich aber nicht so spannend an) aber die Repression des Spanischen Staates und insbesondere der PP-Opposition/Franco-Nachfolge-Partei ist echt scheiße.
Allerdings steht da was von der Distanzierung gegenüber der ETA einer anderen Partei die schon als Batasuna-ersatzpartei verboten wurde, aber nichts über die Position der EHAK der ETA gegenüber, was ich schon (Verbot hin oder her) nicht uninteressant finde, weil ich die ETA echt scheiße finde (die ETA echt scheiße ist).
Die ETA brachte schon allerhand unwichtiger Provinzpolitiker usw. um - manchmal nur weil diese sich (berechtigter Weise) gegen die ETA äußerten, nehmen zivile Opfer in Kauf, sind schon sehr Nationalistisch und auch sonst nicht besonders emanzipatorisch, solidarisieren sich mit z.B. palestinensischen Terrororganisationen und arbeiten mit denen auch zusammen, ...

@Hannes

Molly 05.04.2005 - 18:48
Ach ja...
Überall auf der Welt verhungern Kinder.
In Kuba ist zwar eine scheiß Diktatur ... aber immerhin mit der oder einer der geringsten Kindersterblichkeit in Amerika (auch geringer als in den USA).

orain ehak!

etarra 06.04.2005 - 18:13
die partei heisst: EHAK - nicht ELAK!
EHAK = Euskal Herrialdeetako Alderdi Komunista (Partido Comunista de las Tierras Vascas)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

Danke! — Der die baskische Europa-Karte kritisiert hat

Kapialismus verbieten — Anti-Hannes

@Hannes — Molly