20 Jahre WAA Wackersdorf
Seit den siebzigerr Jahren machte sich die Bundesregierung ernsthafte Gedanken darüber, neben den in Bau befindlichen AKWs eine zentrale Wiederaufbereitungsanlage für atomare Brennstäbe die Krönung zu errichten. Die Ministerpräsidenten der Länder rissen sich jedoch nicht darum, WAAs in ihren Ländern zu bauen. Sie fürchteteten die Stärke der Atomkraftgegner. In den frühen Achtzigern rückten zwei Standorte in den Mittelpunkt. Das waren Dragahn in Niedersachsen und Wackersdorf in Bayern. Heute vor zwanzig Jahren fiel die Entscheidung für Wackersdorf im Landkreis Schwandorf. Aufgrund der Braunkohlevorkommen in der Region wurde die Gemeinde im Norden von Regensburg im letzten Jahrhundert schon mehrmals umgesiedelt.
Eines der politischen Zugpferde der deutschen Atompolitik war Franz Josef Strauss. Von der Errichtung einer WAA in den Kiefernwäldern Bayerns erhoffte er sich eine "rasche und ungestörte Realisierung des WAA-Projekts". Mit Ausschreitungen, wie man sie aus dem Jahr 1981 aus Brokdorf kannte, rechnete er auf Grund der Abgelegenheit nicht.

Foto: Arnim Reich
Im Sommer 1985 begannen die Rodungsarbeiten im Taxöldener Forst. Das Gelände der WAA wurde abgesteckt und befestigt. Zur Jahreswende 1985/86 kam es auf dem gerodeten Gelände zum ersten großen Polizeieinsatz. Ein Hüttendorf wurde von mehreren tausend Polizisten geräumt. Zwei Besetzungen des Bauplatzes wurden nach 2 bzw. 18 Tagen gewaltsam beendet.

Foto: Arnim Reich
Beim Ostermarsch 1986 zogen 50 000 Menschen an den Bauzaun mit Stacheldrahtsicherung. Die Friedensbewegung hatte auf den Zusammenhang zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Atomkraft aufmerksam gemacht und den Ostermarsch nach Wackersdorf organisiert. Symbolische Ansägeversuche und Würfe mit Erdklumpen wurden erstmals in der Geschichte der BRD mit Wasserwerfern, deren Wasser mit dem völkerrechtlich geächteten chemischen Kampfstoffen CN und CS vermischt war, bekämpft.

Foto: Arnim Reich
Die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl im April 1986 verdeutlichte Gefahr der Atomenergie. Der Protest gegen das WAA-Projekt verstärkte sich. Zu Pfingsten 1986 setzte die Polizei setzte mehrere Hundertschaften mit Wasserwerfern und Räumpanzern gegen Protestierende ein. Der Bundesgrenzschutz setzte Hubschrauber ein und feuerte Gasgranaten ab.Auch Zelte des Roten Kreuzes wurden getroffen. 15000 Menschen protestierten. Über 400 Menschen wurden verletzt. In den westdeutschen Medien wurden sie als vermummte Gewalttäter, paramilitärische Gruppen und Terroristen diskreditiert. Auch SEK-Kommandos aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, ausgestattet mit langen Holzknüppeln, wurden gegen Protestierende eingesetzt. Im Frühsommer und Herbst 1986 kam es zu weiteren Polizei-Großeinsätzen gegen Atomkraftgegnerinnen und -gegner in Wackersdorf.

Foto: Arnim Reich
Im Oktober 1986 verlor die CSU bei der Landtagswahl in Bayern ihr Direktmandat im Schwandorfer Raum an die SPD. Die juristische Auseinandersetzung erlebte ihren Höhepunkt in einem viertägigen Verhandlungs-Marathon im Januar 1988. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mußte den Bebauungsplan aufheben, weil nuklearspezifische Risiken bei der Aufstellung des Planes nicht ausreichend berücksichtigt worden waren. Durch den geänderten Bebauungsplan wurde eine Neuauflage des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens notwendig. 81000 Einwendungen wurden eingereicht.

Foto: Arnim Reich
1987 kam es zu den bis dahin schwersten Ausschreitungen. 30.000 Menschen kamen friedlich am 10.Oktober zum festungsartigen Bauzaun der WAA. Eine Sondereinheit aus Berlin prügelte auf die Menschen ein. Unter den Opfern befanden sich auch Journalisten, Bundestagsabgeordnete und Kinder.
Foto: Arnim Reich
FotosImpressionen Wackersdorf II
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Wo warst Du denn Pfingsten 86?
Natürlich gab es auch an Pfingsten die sattsam bekannte Polizeibrutalität und die Gasgranaten auf die Sani-Station. Aber sie haben eine Antwort bekommen und so gibt es eigentlich keinen Grund zum Jammern, außer dass wir diesen Erfolg nicht inhaltlich nutzen konnten, um aus der Atni-AKW-Bewegung eine umfassendere soziale Bewegung zu machen. Nach den Niederlagen in Brockdorf und Wackersdorf im Juni 86 gelang es uns bei den Aktionstagen im Herbst 86 nicht, eine über den Kern der AKW-GegnerInnen hinausgehende Mobilisierung zu erreichen.
Die Schilderung von Oktober 87 deckt sich weitgehend mit meinem Erleben. Hilfloss mussten wir zusehen, wie Sondereinheiten der Polzei Jagd aus hilflose DemonstrantInnen machten und immer wiede auf bereits verletzt am Boden Liegende einschlugen.
Aktuelle Umfrage i.A. des dt. Atomforums
Fazit: Hierzulande will man/frau Atomstrahlenschleuderanlagen/AKWs nicht!
Pfingsten 86
nicht vergessen
wer das geld hat, hat die macht...
Es soll ja sogar ein Bagger
Das waren wirklich Zeiten...
Die ewigen stundenlangen Fahrten von Hamburg in den Taxöldener Forst - sozusagen echt am "Arsch der Welt" - ab Sommer 85. Der gelungene Versuch, die mehrheitlich konservative bayerische Landbevölkerung mit linksradikalen Widerstandsformen vertraut zu machen und sie - spätestens nach den Polizeiexzessen zu Ostern 86 - auch gezielt in diese einzubinden.
Trotz vieler unvergesslicher Erlebnisse in meiner aktiven Zeit der Achtziger - Brokdorf und Sare-Demos, Hafenstraße und IWF, WWG in Bonn und Haig/Reagan in Berlin - bleibt Wackersdorf DAS Ereignis schlechthin.
Warum? Nicht unbedingt primär wegen der gefühlten Intensität der massiven Konfrontation mit der geballten Staatsmacht, diese gab es in ähnlicher Form seinerzeit auch in anderen Orten der Bundesrepublik.
Sondern einfach deshalb, weil in Wackersdorf ein einmaliger Zusammenhalt und ein Gemeinschaftsgefühl von tausenden Menschen unterschiedlichster politischer Herkunft über Monate hinweg uns zusammenhielt!
Das hatte es so nie zuvor - auch nicht im Frankfurter Startbahn-Herbst 81 - gegeben und danach mit der einsetzenden Lethargie der linken Bewegung ab den späten Achtzigern sowieso nicht mehr.
Wenn ich heute an den WAA-Widerstand zurückdenke, muss ich allerdings auch sagen, das dieser immense - auch in seiner Massenmilitanz immense - Zusammenhalt erst mit dem Reaktor-Unglück von Tschernobyl einsetzte, weil wir als radikale Linke erst ab diesem Zeitpunkt wirklich die Massen hinter uns hatten und ohne den sowjetischen Super-GAU der Massenwiderstand zu Pfingsten niemals in dieser Form möglich gewesen wäre.
Wenn ich heute an die angsterfüllten, fast panischen Gesichter der jungen Polizisten zurückdenke in dem Moment, als wir mit unseren Zwillen auf sie zielten, tut es mir fast ein wenig leid.
Heute würde ich sicher nicht mehr so handeln.
Aber vor 19 Jahren war das Fehlverhalten des Staatsapparates vor Ort und in der Politik einfach dermaßen gross, das viele keine andere Möglichkeit mehr sahen als die der offenen Konfrontation.
Tja, damals...
Kommt ein Bagger gefahren....
Für den Bagger gabs dann Wochen später einen verbalen Einlauf,den wollte wohl eine andere Gruppe nutzen,die nicht damit rechnete das sich ein paar Spasspunks mit dem Ding auf den Weg machen
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
viel zu viel coole action — altlinker