Zweites Treffen des Hamburger Sozialforums

Oskar (Mülltonne) 13.08.2004 01:10 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Am Donnerstag Abend den 12. August fand in Hamburg die zweite konstituierende Sitzung eines Hamburger Sozialforums statt. Unter anderem wurde die sofortige Aufnahme von Montagsdemonstrationen beschlossen.
Das zweite Treffen für ein Hamburger Sozialforum war gut besucht: ca. 150 Leute drängten sich auf den Stühlen in der Aula des Wirtschaftsgymnasiums in der Budapester Strasse.

Sehr große Wut war den Besuchern anzumerken, der Mitorganisator und Diskussionsleiter Andreas Grünwald hatte es nicht einfach. Eigentlich waren Workshops mit Inputs zu verschiedenen Themen des Sozialabbaus geplant gewesen, die auch stattfanden, aber der größte Teil der Anwesenden wollte auf ein entsprechendes Angebot verzichten und lieber diskutieren. Nicht jedoch über die Hintergründe der Agenda 2010, sondern darüber, wie man möglichst schnell einen breiten Protest auf die Strasse bringen kann. Mit großen Augen wurde auf Städte wie Magdeburg geblickt, wo letzten Montag spontan 15,000 Menschen gegen den Sozialabbau auf die Strasse gingen. Dass dies auch aufgrund der Geschichte der Ostdeutschen und durch die immens hohe Arbeitslosigkeit in diesen Gebieten motiviert ist, und dass in Westdeutschland das Mobilisationspotential wesentlich geringer ist, wurde angemerkt. Die in letzter Zeit durch die Medien gegangene Unsicherheit, ob es auch in Hamburg Montagsdemonstrationen geben wird, wurde einhellig als kontraproduktiv bewertet und beschlossen, möglichst schnell den Menschen eine Gelegenheit zu geben, ihrer Wut Ausdruck zu verleihen.
Vergangenen Montag hatte es bereits eine von einer Privatperson angemeldete und von ca. 50-100 Personen besuchte Demonstration gegeben, die durch fehlende Absprachen und Teilnahme von einer Gruppe Nazis vielfältige Diskussionen auf den Mailinglisten ausgelöst hatte.

Nun wird es bereits am kommenden Montag, 16.08. eine Montagsdemonstration in Hamburg geben: Start ist um 18:00 am Gerhard-Hauptmann-Platz.

Wie mehrere TeilnehmerInnen bemerkten, sind in der derzeitigen Situation Unterschriftensammelaktionen und Demonstrationen kein Weg, um tatsächlich Druck auszuüben. So wurde der Hamburger Volksentscheid gegen den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser vom Senat nicht gewürdigt. Zwar soll man der Regierung Spuren von Panik aufgrund der Demonstrationen letzten Montag anmerken können; um jedoch Druck auszuüben, sei "ziviler Ungehorsam" wie die Besetzung und Aktionen vor Arbeitsämtern notwendig.
Weitere Beschlüsse, die das Plenum fasste, ist die Unterstützung selbstbestimmten Lebens und somit des von Räumung bedrohten Wagenplatzes "Wendebecken" im Stadtteil Barmbek, sowie die unbedingte Unterstützung der Hamburger Frauenhäuser, die zur Zeit in ihrem Bestehen existenziell bedroht sind.

Wer sich über das Hamburger Sozialforum informieren möchte, findet Informationen auf  http://www.sozialforum-hh.de. Hier besteht auch die Möglichkeit zu Kontakten zu der Vielzahl sich gerade konstituierender Stadtteilforen.
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Ergänzungen

Printausgaben bei Montagsdemo verteilen?

jemand, der ab und zu Printausgaben macht 13.08.2004 - 01:46
Lohnt es sich eigentlich bis Sonntag abend eine Printausgabe zu erstellen und bei Indy hochzuladen, damit diese dann bei der Montagsdemo verteilt wird? Wenn ja, würd ich mich mich mit ein, zwei Leuten vielleicht am Wochenende (soll ja regnerisch sein) hinsetzen und eine zusammenstellen.
Für Berlin könnte ich ein bischen Geld zusammenkratzen und ein paar Kopien zum verteilen machen.

Noch was zum Thema: In Berlin gibts bis heute kein richtiges Sozialforum (eher eine Initiative, die seit einem Jahr ein SF gründen will), weswegen es ein Sozialbündnis und andere Netzwerke gibt, die zusammen die Montagsdemo planen.

@ jemand wg. Printausgaben

cptjens 13.08.2004 - 09:48
hallo, ich halte es für sinnvoll eine Printausgabe zu erstellen, damit Menschen, die an der Demo teilnehmen, erklärt wird, worum es geht. Es gibt leider immer wieder Menschen, welche demonstrieren und nicht wissen warum eigentlich.

viele betroffene haben auch kein internet...

pro print 13.08.2004 - 11:16
eine printausgabe ist immer gut, macht zwar ein bischen arbeit übers wochenende...

LBK nicht verloren geben

Bodo 13.08.2004 - 11:28
Ich möchte zu den hamburgakuten Themen den LBK nicht verloren wissen. Ich gehe davon aus, dass das Schmierenstück des hamburgischen Senats zum LBK noch ernsthafte Folgen haben wird. Also dranbleiben, noch ist nix verloren.

Montags nie!

ichag237 13.08.2004 - 13:41
Unter dem Slopgan "Wir sind das Volk" gegen Hartz? Besser nicht! Statt "Sonntags nie" empfehle ich "Montags nie". In Hamburg an die Montagsdemos anzuknüpfen hat sich jetzt leider durchgesetzt. Inhaltlich ein Totalschaden. Hier ging Populismus vor Kritik. In einigen Monaten wird sich das ganze Brimborium gelegt haben und diejenigen die jetzt Montagsdemo schreien werden sich wieder enttäuscht zurücklegen. was übrigbleiben wird, ist außer politischen Korrekturen, ein "die da oben", dass übersieht, dass "wir da unten" längst Teil der Verhältnisse sind und entsprechend heftig wird sich das ganze zerlegen. Eine Indy Print Ausgabe? wenn dann als antifaschistische Aufforderung zur Selbsthilfe gegen Worch und Co!

an jedem anderen Tag bin ich dabei aber Montags Nie!



Demobeginn nicht 18, sondern 17 Uhr

Stefan 14.08.2004 - 23:49
Laut  http://www.sozialforum-hh.de/inhalt/Nachrichten/detail.php?nr=530&kategorie=Nachrichten ist jedoch nicht erst um 18, sondern bereits um 17 Uhr Demobeginn.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten

Cottbus 13.08.2004 - 18:21
Die folgenden Aspekte haben bisher geringe oder keine Berücksichtigung gefunden, in allem was sich Sozialforumsmäßig und Montags so tummelt, und das Podiumstranspi spricht Bände:
Verkürzte Kapitalismus-Kritik gründet sich im Wesentlichen auf zwei falschen und gefährlichen Erklärungsmustern: Erstens wird der Herrschaft konstituierende Kern des Kapitalismus im (abstrakten) "Finanzkapital" gesehen, während (konkrete) kapitalistische Arbeit und Produktion unkritisiert bleiben bzw. positiv verklärt werden. Diese unterschiedliche Bewertung von "schaffendem und raffendem Kapital" (wie dies in der NS-Ideologie ausgedrückt wurde) ist vor allem deshalb falsch, weil kapitalistische Ökonomie auf dem Zusammenspiel von kapitalistischer Zirkulation und kapitalistischer Produktion basiert und insofern (Lohn-) Arbeit und "Produktionskapital" genauso Teil des Problems sind wie "das Finanzkapital". Das zweite Erklärungsmuster versteht Kapitalismus vereinfachend als konkrete Form von Herrschaft einer relativ kleinen Gruppe von bösartigen (und nicht arbeitenden) Menschen - den vermeintlichen VertreterInnen des Kapitals - über "das arbeitende Volk". In dieser Personalisierung wird das relativ komplexe gesellschaftliche Verhältnis, das der Kapitalismus darstellt, heruntergebrochen auf ein einfaches gut-böse-Bild von den bösen UnterdrückerInnen "da oben" und dem guten unterdrückten "Volk". Dieses vereinfachende personalisierende Erklärungsmuster greift vor allem deshalb zu kurz, weil es nicht erklären kann, warum "das arbeitende Volk" bei dem ganzen Spiel so unnachgiebig mitspielen will.
Gefährlich werden diese beiden verkürzenden Erklärungsmuster in ihrem Zusammenspiel. Denn dann ergibt sich, dass es im Kapitalismus immer eine kleine Gruppe von Menschen geben muss, die Schuld ist an allem Übel, das die kapitalistische Ökonomie so hervorbringt; nämlich gerade diejenigen, die als VertreterInnen des "Finanzkapitals" identifiziert werden und deren Prototyp "der Spekulant" ist. Welcher Gruppe von Menschen - die meist als außerhalb des "Volkes" stehend konstruiert wird - nun in scheinbar antikapitalistischer Motivation diese Rolle der Schuldigen zugesprochen wird, hängt vom historisch-kulturellen Zusammenhang ab. Vor dem Hintergrund, dass die Gleichsetzung des Judentums mit dem "Finanzkapital" seit Jahrhunderten fest im abendländischen Denken verankert ist, bietet diese verkürzte Kapitalismus-Kritik stets das Angebot, das Judentum für die Auswirkungen der kapitalistischen Gesellschaftsform verantwortlich zu machen. In diesem Sinne kann gesagt werden, dass eine solche verkürzte Kapitalismus-Kritik immer eine offene Flanke zum Antisemitismus hat, da es in dieser Form der Welt-Erklärung stets eine Gruppe vom Menschen geben muss, die gerade diejenigen Eigenschaften besitzen, die "den Juden" seit Jahrhunderten nachgesagt wurden: Nämlich die sog. "Spekulanten" zu sein, die "das Volk" "auf hinterlistige Weise ökonomisch aussaugen" und dadurch "die ganze Welt beherrschen".
Aus: The Good and the Evil -Diskussionspapier der Roten Flora zu Antisemitismus

"Wir können uns die Reichen nicht..." (2)

Cottbus 13.08.2004 - 18:33
Uns ist klar, dass derjenige Teil der Linken, in dem die oben aufgeführten antisemitischen und antizionistischen Ressentiments offen zum Weltbild gehören, zwar wieder zunimmt, sich letztlich aber wohl in der Minderheit befindet. Die Schwierigkeit ist jedoch, dass Ignoranz und Nichtreagieren auf konkrete Vorfälle im Zusammenhang mit dem Thema Antisemitismus zur Tagesordnung gehören. Es ist zu vermuten, dass dies auch mit einer Tabuisierung (statt der Bewusstmachung) des antisemitischen Ressentiments zu tun hat. Wer beispielsweise befürchtet, dass antikapitalistische Politik dadurch behindert oder gar unmöglich gemacht würde, dass „Spekulanten nicht mehr kritisiert werden dürfen”, gibt zu erkennen, dass auch das eigene Verständnis der Gesellschaft ohne solche verkürzte Kapitalismuskritik nicht auskommt. Alles, was die grundsätzliche Hinterfragung dieses Verständnisses erfordern würde - nämlich zum Beispiel die Problematik der Aussage und ihre Nähe zu antisemitischen Vorstellungen -, muss dann ausgeblendet werden. Hinweise auf diese Ausblendung erzeugen Abwehr und werden so zum Anlass für die Tabuisierung von antisemitischen Ressentiments.
Aus: Hamburger Erklärung gegen Antisemitismus in der Linken

@ Cottbus

Oh weh 13.08.2004 - 19:04
Was willst Du mit Deinem unsinnigen Posting sagen? Etwa "Wer nicht die Dogmen und Lehren meiner Autisten-Sekte übernimmt und als alleinige Wahrheit stehen lässt, ist auf dem falschen Weg und damit böse"? Wenn das Deine Aussage ist, warum hast Du dann dafür 50 Zeilen sinnlos Bandwurmsätze aus Allgemeinplätzen aneinaderreihen müssen? Hast Du nichts zu tun?