TAZ in Berlin besetzt

unterstützerInnen 15.12.2003 11:22 Themen: Bildung Medien Soziale Kämpfe
ICH TAUSCH' NICHT MEHR - ICH WILL MEIN LEBEN ZURÜCK...

Oder: warum Studierende im Dezember 2003 ausgerechnet die TAZ besetzen
ICH TAUSCH' NICHT MEHR - ICH WILL MEIN LEBEN ZURÜCK...

Oder: warum Studierende im Dezember 2003 ausgerechnet die TAZ besetzen

Wir haben uns entschlossen, ab heute die Tageszeitung (TAZ) zu besetzen, um unserem Unmut über die gegenwärtigen Zustände Ausdruck zu verleihen; dabei scheint die TAZ aufgrund des Mythos um ihre Geschichte eigentlich ein traditioneller Bündnispartner zu sein: studentenbewegt waren einige der MitarbeiterInnen ja wohl irgendwann mal, gesellschaftskritische Beiträge werden in jeder Ausgabe unter der Hand mitgeliefert und irgendwie scheint die TAZ immer bereit zur Mobilisierung der kritischen Gegenöffentlichkeit. Wir sehen das ein wenig anders und wollen durch die Besetzung des Verlagshauses auf eine differierende Wahrnehmungsmöglichkeit verweisen: Die TAZ greift im Kampf um Auflage und Mitorganisation der Zivilgesellschaft auf ihre Rolle und Entstehungsgeschichte als ein Zeitungsprojekt zurück, das aus der antiautoritären Bewegung der 60er und 70er entstanden ist; seit den beginnenden Richtungsstreitereien innerhalb des "Redaktionskollektivs" Mitte der 80er Jahre und dem "Wendejahr '89" hat sich die TAZ aber von dem Projekt emanzipatorischer Gesellschaftskritik verabschiedet. Auf der Tagesordnung stehen heute Nachrichtenjournalismus (s. das neue Nachrichtenblatt-Konzept von 1990) mit all' den gesellschaftslegitimierenden Ecken und Kanten (die wir ja trotz allem an der TAZ schätzen - so werden wir davor bewahrt, uns mit dem Rheinischen Merkur vergnügen zu müssen), pseudo-kritisch angereichert mit polemischen Kommentaren zum gesellschaftlichen "state of the art". Damit leistet die TAZ eben ihren Beitrag zur unhinterfragten Reproduktion gesellschaftlicher Verhältnisse, deren Verfasstheit als Verwertungs- und Konkurrenzverhältnis in Debatten um die Reformierbarkeit des Kapitalismus überformt wird und scheinbar nicht mehr als strukturelles Problem hinterfragt werden kann. Die TAZ trägt auf diese Art und Weise zu den gegenwärtigen Zuständen bei, so wie es die ehemaligen "MitrevoluzzerInnen" auf politischer Ebene im leider unwidersprochenen Vollzug des "Auftrages Rot-Grün" tun (geschenkt kriegen wir dabei die unangenehmen Nebenwirkungen, bei denen weder Arzt noch Apotheker helfen, sondern künftig bar kassieren). In Analogie zu den politischen Akteuren, die für die "rot-grünen" oder "rot-roten" Sauereien verantwortlich zeichnen, verstehen wir die TAZ als unsere AnsprechpartnerIn, weil die TAZ als Teil der Medienlandschaft und politische Institution (als die sie nun einmal wahrgenommen wird) wesentlich zur Durchsetzung der Koalition des neuen und "vernünftigen" deutschen Nationalismus a là Gerd und Joschka, oder eben Klaus und Thomas, beigetragen hat und diesen "rational-vermittelt" legitimiert. Herzlich willkommen beim Gerede von der potenten und durchaus wehrhaften Volksgemeinschaft (politisch korrekt: Demokratie oder auch: Gemeinschaft aller demokratischen Kräfte). Unter den Tisch fallen die die neuesten deutschen Schweinereien; die TAZ malt also bunt-klecksend mit am Bild unseres aufgeklärten, geläuterten und friedliebenden Standorts Deutschland. In wiefern Begriffe wie Bürger, Arbeitnehmer, Migrant oder Karrierefrau jenseits der Debatten um die Emanzipation der "Frau" (der Gleichstellungs- und Gleichberechtigungsdiskurs) , der "Auseinandersetzungen" um Integration und Anti-Diskriminierung und der genormten Vorstellungen über das "bürgerliche Subjekt" (die auf die o.g. Begriffe rekurrieren) sowie die Durchsetzung derart institutionierter Zwangsidentitäten über Repressionsapparate (Staat, Medien, Familie) diskutiert gehören, scheint die TAZ auch nicht mehr zu interessieren. Und deshalb sind wir heute hier: wir wollen das nachholen, was die TAZ unserer Meinung nach all zu oft verpasst hat. Also: Texte zum Nachdenken und Losschreien, die sich auf die skizzierten Themen beziehen; unsere Art der Kritik an den "verTAZten" Verhältnissen. Wir wollen, im Anschluss an das Zitat von Wir sind Helden, nicht mehr weitertauschen müssen; nur um am Ende das zu tun, was uns u.a. die TazlerInnen jeden Tag als fertiggebackene gesellschaftliche Wirklichkeit vorsetzen: den Zwang, unser Leben in den Dienst der Aufrechterhaltung neuer deutscher Wirklichkeit stellen zu müssen.

P.S.: im Übrigen sind wir der Meinung, dass das Institut für Soziologie erhalten bleiben sollte.
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Ergänzungen

taz lügt schon länger

streik-aktivist `97 15.12.2003 - 13:50
hier noch mehr futter gegen die taz:

den letzten bundesweiten studi-streik 1997 begleitete die taz mit einer artikel-reihe zu bildung, hochschulen usw. auf der titelseite.

der letzte artikel dieser reihe war der privaten (anthro-)hochschule in witten-herdecke gewidmet. in dieser elite-uni sind alle lehrstühle von unternehmen gestiftet und nach ihnen benannt. die studierendenvertretung dieser uni ist von den privaten trägern zu dem zweck gegründet worden studiengebühren einzutreiben.
nichtsdestotrotz finanziert das land nrw jeden studienplatz dort mit mehr mitteln (pro studienplatz) als es das an öffentlichen unis tut.

die taz fand all das schon 1997 einfach nur super. als abschluss ihrer streikbegleitenden reihe machen sie werbung für gebühren und elitenbildung.

also weiter so, taz lügt halt

Na endlich - die taz ganz ohne Feigenblatt !

Bernd Kudanek alias bjk 15.12.2003 - 14:00
Hi unterstützerInnen,

eine klasse Aktion habt ihr gestartet, die war längst überfällig! Die taz hat längst ihren einstmals guten Ruf als linke sozialkritische und faire Stimme im deutschen Blätterwald verloren. Spätestens seit dem 25jährigen Jubiläum vor ein paar Wochen äfft sie als kleine häßliche Schwester das konservative Edelkampfblatt FAZ á la Frank Schirrmacher nach - und das Ergebnis ist eine miserable Kopie des Originals!

Wenn man dort nur die heutigen tendenziösen Berichte und abfälligen Kommentare von Christian Füller und Felix Lee über die Groß-Demo vom vergangenen Sonnabend hier in Berlin liest, dann meint man, hier hätten entweder der rotrote Bildungsklau-Senat geLiebicht oder geWolft oder die rotgrüne Sozialabbau-Regierung geSchrödert und geFischert! Die taz ist zur willfährigen Regierungskolumne verkommen und seit sie händeringend "Gründer"-GenossInnen als Geldgeber sucht, werden Berichterstattung und Kommentare der neuen Klientel entsprechend immer angepaßter. Was nutzen ein paar geldgebende GründerInnen, wenn die bezahlende Stammleserschaft sich mit Grausen abwendet?

Hier mal einige Kostproben aus der heutigen taz zur letzten Samstag-Demo:
"... Nun donnert ein gewisser Michael Kronewetter von der Rednertribüne herunter (...) Die Marschierer am Potsdamer Platz erdulden sein Geschrei. Sie ziehen nicht machtvoll weiter sondern vergnügt. Freuen sich (...) jammernd: "Wir wollten doch eigentlich Karriere machen!" Aber warum waren nur so wenige da? (...) Sie kritisieren es (das Wetter, bjk) regelrecht, als sei es eine Gemeinheit, die sich die Regierung ausgedacht hat. (...) STUDI-DEMOS: KEIN BREITES BÜNDNIS MIT DEN SOZIALEN GRUPPEN (...) Die Botschaft der Bürgerkinder lautet: laßt uns brav zuende studieren, dann bleiben wir auch friedlich. (...) In Berlin fehlten diese sozialen Gruppen weitgehend - nur ein paar Funktionäre ließen Parolen herabrieseln, die an den Studis abtropften wie der Regen an ihren teuren Windjacken. (...)" - - - soweit Christian Füller.

Etwas konzilianter kommentiert Felix Lee im Berlin-Teil: "Für eine Großdemo gegen Sozialabbau war die Demo am Samstag eher klein, verglichen mit dem 1. November, als 100.000 auf Berlins straßen (...) Immerhin inhaltlich aber war er da, der gesamtgesellschaftliche Überwurf."

Da möchte man doch Felix Lee und den taz-Redakteuren gleich zurufen: "JA, DIE GESAMTGESELLSCHAFTLICHE GEMEINSAMKEIT WAR DA - UND DAS TROTZ EURES STÄNDIGEN VORHERIGEN TOTSCHWEIGENS UND ABQUALIFIZIERENS DIESER BEMÜHUNGEN!

bjk
Forum:  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum

KOMMT ALLE!

BesetzerInnen 15.12.2003 - 14:02
PRESSEKONFERENZ DER TAZ-BESETZERiNNEN

Die TAZ ist besetzt!
Es geht uns darum, die Öffentlichkeit der TAZ zu nutzen, um grundlegende Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen in einer breiten Auflage zu äussern und so nicht nur innerhalb des Studierendenprotests eine Auseinandersetzung um Inhalte anzustossen.

Um 16 Uhr findet vor der besetzten TAZ-Redaktion (Kochstrasse 18) eine Informations- und Pressekonferenz statt. Es geht dabei um folgendes:

1. Warum wurde gerade die TAZ besetzt?
2. Worum geht es bei der Besetzung? Was sind die Forderungen?
3. Wie ist die aktuelle Situation? Was ist im Laufe der Besetzung vorgefallen?

Eingeladen sind alle MedienvertreterInnen, sowie möglichst viele UnterstützerInnen.
ALLE FÜR ALLE - ALLES FÜR ALLE - UND ZWAR UMSONST!

An die bestzer

Unwissende 15.12.2003 - 14:23
Wenn ihr viele unterstützer wollt, solltet ihr auch mal sagen wo ihr seid!!!! (Adresse o.ä.)

Taz Addresse

taz-besetzerinnen 15.12.2003 - 14:40
Kochstr. 18, U-Bahn Kochstr. (Nähe Stadtmitte). Gleich neben Penny.

Tazbesetzen ändert nichts sonst wärs verboten

saul 15.12.2003 - 14:42
Coole Aktion, bringt zumindest Öffentlichkeit, mehr aber nicht. Die Zeitung wirds nicht ändern. Was ist denn die Taz überhaupt? Ein übriggebliebenes Projekt aus dem 80igern die mal Gegenöffentlichkeit schaffen wollte als draußen einiges ablief. Mit dem Ende der Bewegungen und zunehmenden Alter der Beteiligten wurd die Zeitung zu einen Blatt das einfach nur noch verkaufen mußte. Gelegentlich gabs noch Zoff wie die Parolen "Taz lügt" die mal Berliner Brücken und Wände zierten, trotzdem veränderte sich die Taz einfach zu einen "seriösen" Blatt das irgendwie "linke" Inhalte verkaufen mußte. Die Leser nahmens zur Kenntnis, hielten die Klappe oder lasen irgendwann wieder Rundschau oder gleich die Faz (nix gegen die Faz). So läufts eben, wenn ein Bewegungsblatt ihre Bewegung überlebt hat.
PS: Gruß an Stine die Furie vom Dienst.

Temporary Autonomous Zone

inDee 15.12.2003 - 15:14
Versuchts doch mit Indy, da habt ihr mehr als nur die ersten drei Seiten. Und wenn jede/r 3. Student/in drei Stück von der Printausgabe ausdrucken würde und weitergeben würde wäre die Auflage der TAZ auch überschritten.

Gegen VerTAZzzung. Alles selber machen! Keine "alternativen" Eliten anbetteln!


Was eine richtige TAZ ist weiß übrigens Hakim Bey:
 http://www.sterneck.net/cybertribe/bey/
 http://www.t0.or.at/hakimbey/taz/taz.htm

Taz heute heute wie Springer...

allegemeinsam 15.12.2003 - 15:50
Wer heute die taz liest, dem müsste als kritischer Studi das Essen der letzten Wochen hochkommen. Die Artikel zu den Demos vom Wochenende sind allesamt hocharogant und tendenziös niedermachend. Der Kommentar im Bundesweiten Teil ist der Gipfel einer seit länger zu beobachtenden Diskrepanz zwischen Scheinsozialrevolutionärer 68er Romantik und Systemimanenten Denken der Schreiberlinge in der taz. Deren Beobachtungs- und Analysegabe begrenzt sich auf den Horizont von gut situierten Scheinlinken. Da wird über die Studis im allgemeinen polemisierend von den Elitekindern eines "Beamtenadels" gesprochen und die Regenjacken müssen herhalten, um zu beweisen, wie reich wir alle seien. Und was total daneben ist, dass hier nur Studis demonstrieren würden, die doch eigentlich nur schnell ihre Kariere planen und nun, wo dies nicht ginge für ihre Egointeressen protestieren. Irgendwie wollen die Herrschaften in der taz und anderen Medien nicht begreifen, dass viele von uns am Existenzminimum leben und dafür 70% von uns unter Tarif und zum Teil schwarz arbeiten müssen. Wir sind eben oft gar nicht gutsituierte StudentInnen, sondern sich selbst ausbeutende Erwerbstätige, die ohne Mitspracherechte schuften gehen. Viele kennen die Arbeitswelt als ein ständigen Überlebenskampf, in dem mensch sich hin und her schupsen lassen muss, wenn die Existenz nicht gefährdet werden soll. Die taz gehört seit spätestens heute, zu den normalen Zeitungen einer kapitalismus orientierten Medienlandschaft - ohne wenn und aber. Denen gehört auf den Tich geschissen!!!!

taz: The headline is her deadline

floh 15.12.2003 - 17:31
Die taz bringt oft nur Agenturmeldungen und erfindet sich eigene Überschriften dazu, mit deren Scherzhaftigkeit die Redakteure sich dann noch in der nächsten und übernächsten Jubiläumsausgabe (spaßjammervoll)brüsten.

gute aktion-trotzdem kritik an protest!

NN 15.12.2003 - 18:59
Sehr gute Aktion, wie bereits über mir auf den Punkt gebracht:
taz ist ein rotgrünes Fischerblatt!
Dennoch ist Kritk an den Studiprotesten nötig. Ein zumindest in FFM nicht geringer Teil der Studierenden ist tatsächlich an Karriere und SIcherheit interssiert. Die Kritik richtet sich dann meistens gegen Gebühren für Zweitstudium, nicht aber gegen sog. Langzeitstudium. Die Verwertungslogik und Integrationsfunktion der Uni (auch für kritische Theorie) wird so gut wie gar nicht thematisiert. Bisher war der Slogan in HEssen Koch muss weg. Nun hört man öfter Alle müssen weg. Das hört sich schon besser an. Aber ich vermute, der Großteil ist weiter für den (Sozial-)Staat und sog. soziale GErechtigkeit. Es läßt sich also schon noch einiges an Kritik üben und vermitteln.
Die ersten drei taz-seiten wären dafür natürlich super geeignet. Da sollte man aber nicht nur private Unis kritisieren, sondern auch die öffentlichen Eliteschmieden, denn das sind die normalen Unis auch. Und man sollte nicht nur die Kürzungen kritisieren, sondern die weit akzeptierte VErwertung des eigenen Lebens.
Ich tausch nicht mehr - paßt super als headline. leider sind auch die wir sind helden auf konzerten ziemlich anti-amerikanisch, europa-deutsch-tümelnd aufgefallen...trotzdem geiles lied...;-)

Deutsche Welle

aber in English 15.12.2003 - 19:06
Protesting Students Occupy Offices of Berlin Newspaper

About 50 students occupied the editorial offices of the tageszeitung newspaper in Berlin on Monday as part of continuing protests against proposed university budget cuts. The occupying students demanded the front page and other sections of the left-wing paper’s Tuesday edition to display their concerns and protests, according to a source at the newspaper. The negotiations went on for most of the morning while students continued to hold the employees’ computer mice hostage.


Dann ärgert die Taz aber mal bitte nicht zuviel ich möchte auch morgen noch was zu lesen haben. :-)

Keep peacfull

und auch noch von AP

diesmal in Deutsch 15.12.2003 - 19:17
Montag 15. Dezember 2003, 13:04 Uhr
Der «Tageszeitung» die Mäuse geklaut

Berlin (AP) Etwa 50 Studierende haben am Montag die Redaktionsräume der Berliner «Tageszeitung» besetzt. Sie forderten die Veränderung der Seite 1 und anderer Seiten der Dienstagausgabe. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, entwendeten sie die Mäuse der Redaktionscomputer.

Gegen Mittag hatten sich die Studenten über die Redaktionsräume verteilt. Nach Angaben von «Tageszeitungs»-Redakteurin Frauke Schirmbek wurden die Computermäuse inzwischen wieder herausgegeben. Die Redakteure hatten darauf hingewiesen, dass ohne Mäuse keine Umgestaltung der Seiten möglich sei, und angeboten, dass die Studenten Teile der Titelseite sowie einer der hinteren Seiten mitgestalten dürften.



und jetzt?

nachkommer 15.12.2003 - 22:12
wie siehts denn aus?
seid ihr noch drinnen?

Staatstragender Verlautbarungsjournalismus

Kritiker 16.12.2003 - 00:49
zur TAZ und ihrer Politik, ihrem verlogenen Populismus etc
läßt sich sehr viel schreiben

hier ein kleiner Anfang:
Der "Aufstand der Anständigen", wir erinnern uns ?
Das Jahr 2000 - plötzliche allgemeine Betroffenheit.
Ein Paar sehr gute Tittelstories der TAZ, die ausnahmsweise mal nicht oberflächlich über die Neonaziscene berichtete, sondern die Gunst der Stunde nutzte um die damaligen Hauptprotagonisten der NaziScene beim Namen zu nennen und mit Foto zu zeigen.
Jedoch war es ein populistisches Strohfeuer, wie hier aufgezeigt werden soll:

die TAZ gründete damals mit viel Brimborium die
"Aktion "Z steht für Zivilcourage": www.zett.de/
Die von verschiedenen Unternehmen der Werbe-, Unterhaltungs- und Medienbranche gegründete Aktion Z möchte sich als Symbol für alle Gleichgesinnten verstanden wissen, die sich mit Zivilcourage gegen Faschismus und Gewalt wenden. Die Seite befindet sich zur Zeit in der Umgestaltung.  info@zett.de. "
Quelle:  http://www.bpb-aktiv.de/

"Die Seite befindet sich zur Zeit in der Umgestaltung" - dieser Satz steht nun mindestens seit
8.12.2001 da, wie auch die Veranstaltungsankündigung in einen Popup-Fenster aufzeigt.
 http://www.zett.de/
die veraltete Seite mit dem Restposten "Linkliste" bietet so manches erhellenden über die TAZ

So zum Beispiel der Link zum, durch dauernde Skandale in den Medien auftauchenden, reaktionären, geschichtsrevisionistischen "Hanna Arendt Institut für Totalitarismusforschung"

Hier nur eine kleine Polemik zum HAIT:
Man gut, das auch bei der TAZ angekommen ist, das es "zwei deutsche Diktaturen" gab !!!

Industrielle Vernichtung von Menschen in der DDR. Angriffskriege durch die NVA und was da noch alle GLEICH war zwischen NS und RealSoz in der DDR.
Bei soviel Staaträson kann nix mehr schief gehen.

Der sichere Lebensabend der RedakteurInnen ist gesichert.
Ansonsten läßt sich ja dann noch bei anderen staatstragenden Medien Karriere machen wie dutzende von ehemaligen RedakteurInnen bereits bewiesen haben.
Karriere, Konformität, Opportunismus, Verlautbarungsjournalismus.

ein aktuelles Beispiel:
diesen Genossen hab ich mal 1988 beim Uni Streik kennen gelernt,
von TAZ Verkäufer zum Redakteur und nun zum Verteidiger der Bannmeile.
Im Zweifel für die Absperrung
 http://www.taz.de/pt/2003/12/11/a0234.nf/text
so schnell kann`s gehen wenn mit der "rechten Gefahr" argumentiert wird, die ansonsten geleugnet oder nur als Stiefelnazis wargenommen wird.
Mit der Weimarer Republik wird argumentiert, ganz im Sinne der Totalitarismus Doktrin.

Etwas besseres hätte der taz gar nicht passie

Lenny Schulze 16.12.2003 - 00:52
Hey Leute,
was besseres konnte der taz doch gar nicht passieren. Sie ist doch immer so stolz auf ihre Sondernummern und hat jetzt endlich auch eine Studi-Streik-Sonderausgabe. Wieder einmal ist sie selbst zum Thema geworden. Ich hoffe nur, dass die Redaktion das auch gerafft hat. Und die morgige Ausgabe wird bestimmt auch wie die warmen Semmeln vom Tisch gehen.

Ich jedenfalls finde diese Aktion sehr sympathisch. Tazzler: Gebt alles

verwechslung?

stefan alberti 16.12.2003 - 11:50
Sehr geehrte Indymedia-Zuständige,

mit Interesse habe ich in der taz-Besetzungsbegründung einen folgenden Absatz gelesen, der Karrierismus belegen soll und sich offenbar auf mich bezieht, da der erwähnte Kommentar zur Bannmeile von mir stammt.

Die Passage lautet: "ein aktuelles Beispiel:diesen Genossen hab ich mal 1988 beim Uni Streik kennen gelernt,
von TAZ Verkäufer zum Redakteur und nun zum Verteidiger der Bannmeile.
Im Zweifel für die Absperrung
 http://www.taz.de/pt/2003/12/11/a0234.nf/text
so schnell kann`s gehen wenn mit der "rechten Gefahr" argumentiert wird, die ansonsten geleugnet oder nur als Stiefelnazis wargenommen wird.
Mit der Weimarer Republik wird argumentiert, ganz im Sinne der Totalitarismus Doktrin."

Soweit das Zitat. Dazu das probate Mittel der Gegendarstellung.

Der Schreiber ist offenbar einer Verwechslung erlegen. Weder bin ich Genosse noch war ich 1988 bei welchem Uni-Streik auch immer beteiligt (da war ich fernab jeder Uni) noch habe ich jemals die taz verkauft.Tut mir leid, kann ich nicht mit dienen. Nächstes Mal bitte besser recherchieren.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Alberti

Frage an stefan alberti

Frager 16.12.2003 - 12:57
Wen meinst Du den mit Indymedia-Zuständige?
Wusstest Du nicht, daß Indymedia nicht wie die Taz ist? Hier gibt es keine Redaktion, die die Artikel von bezahlten Journalisten schreiben lässt. Alle Texte hier sind von usern selbst geschrieben.

Sektierertum, Taz und die freie Meinung

Nicht-Daniel 16.12.2003 - 13:38
Es gibt - wie man es schon kennt - wieder einmal unter den Linken die Meinung, links zu sein bestünde darin, dem Sektierertum zu fröhnen.

Natürlich ist die taz nicht die junge welt, natürlich stehen in der taz nicht Artikel, die alle der einen indoktrinierten Meinung enstammen und in den meisten aller Fälle mit denselben immergleichen - LANGSAM ZU PHRASEN VERKOMMENDEN - Vokabeln geschmückt sein müssen. Und: Natürlich gehen mir Artikel wie der Kommetar von Christian Füller zu den Berliner Demos auch auf den Geist. Aber: Freie Meinungsäußerung? Wie soll man bitte Positionen, Aktionen und Theorien hinkriegen, wenn man immer nur die gleiche Meinung hat.

Solange jedenfalls das ewig"morgige" Sektierertum nicht aufhört zu existieren wird man Nix gescheites schaffen.

Die "Besetzung" war jedoch auf jeden Fall eine sehr nette Aktion, wenn man von der Begründung der taz als verkappte/oder nicht mal verkappte (Dekmäntelchen??!:) Kapitalisten-Presse absieht. Uns ich habe mich gestern auch auf die heutige taz-Ausgabe gefreut, weil mir zu wenig Positionen zu diesen ganze Studentenaktionen in der Öffentlichkeit kommuniziert werden. Aber man muss dazu sagen, dass die Texte die man heute in der taz lesen kann nicht gerade mit Genialität gesegnet sind (in disem Fall: vor allem inhaltich).

betr. Sektierervorwürfe

recher che 16.12.2003 - 14:36
Klar darf im Moment keine Kritik von Links an herrschenden, womöglich regierenden Verhältnissen stattfinden, denn die verkaufen sich ja selbst als Linke. Sind sie aber nicht. Und den Kram mit den Sekten findet man eher bei den Regierenden, z.B. die Kontakte von SPD und PDS zu Nazi-Sekten die in einem Thread auf www.bildungklau.de enttarnt werden.
Es ist also klar, wer da mit dem "Sektierer"-Vorworf von dem Einfluß welcher Sekten ablenken will.

Der Thread findet sich unter  http://forum.bildungsklau.de/viewtopic.php?t=515

Nicht nur Peinlich, sondern auch bevormundend

Nora 16.12.2003 - 16:51
Meine lieben Freunde,
eure Argumentationen zur TAZ-Besetzung in allen Ehren, aber die Frage bleibt: Warum nicht Springer? Weil die nicht so nett wären und euch per Polizei rausschmeißen würden? Also Feigheit? Nun denn, ihr habt es so gemacht, wie ihr es richtig fandet, nur vielleicht solltet ihr mal kurz nachdenken, bevor ihr Sachen schreibt, wie :
" So ist es widersinnig, ein kapitalistisches System wie die "soziale Marktwirtschaft" zu vertreten, dabei aber gleichzeitig die Unannehmlichkeiten des Neoliberalismus kritisieren zu wollen"
Ich darf euch darauf aufmerksam machen, dass der Sinn und die Idee der sozialen Marktwirtschaft darin besteht Neoliberalismus zu verhindern. Würden durch die momentane Sparpolitik nicht die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft in Frage gestellt und der Weg geebnet für Neoliberalismus, gäbe es sehr viel weniger Grund zu Protesten. Aber ja, ich weiß, euer Anliegen scheint eine grundliegende Kapitalismus-Kritik zu sein. Das sei euch auch unbenommen; ihr dürft auch gerne mit den klassischen, kommunistischen Sloagans aufwarten (nur lernt dann bitte auch eure Vokablen: "Mehrwert" ist ein feststehender Begriff aus dem Kapital und es ist doch recht dumm ihn genau im Marx'schen Sinne zu gebrauchen, das aber zu verschleiern in dem man "mehr Wert" schreibt)Also ich fasse mal zusammen: das ganze war perspektivlose Kapitalismuskritik, kommunistisch angehaucht und damit leicht ideologisch verbrämt, ja? Nur ist es dann extrem Feige, sich um den Begriff "Kommunismus" bzw. "Sozialismus" herumzudrücken und statt dessen von "alternativen gesellschaftlichen Möglichkeiten" zu sprechen. Welche meint ihr denn?
Gefährlich und bevormundend wird das ganze dann aber, wenn man es unter dem Motto Studentenprotest durchzieht. Natürlich habt ihr recht damit, dass unser Protest mehr soziales Verantwortungsgefühl vertragen könnte (bzw. dringend nötig hat), aber ihr solltet vorsichtig sein: Eure Vorstellungen sind nicht die meinigen und auch nicht die der Mehrheit der Studenten, in deren Auftrag ihr ja Handeln wollt. Minderheiten, die Mehrheiten bevormunden, verneinende Kritik an bestehenden Verhältnissen ausüben ohne konkrete Verbesserungsvorschläge zu haben und das ganze dann noch ideologisch verschleiern hatten wir schon zwei mal im letzten Jahrhundert. Also seid mal weniger hitzig und etwas vorsichtiger.

Texte

besetzt 16.12.2003 - 20:28

indymedia besetzen

till we *) 16.12.2003 - 20:54
Die Trennung in "inhaltliche Ergänzungen" und "halb unlesbarer grau geschriebener Müll" ist ein ziemlich fieser Zensurmechanismus -- jedenfalls fand ich die deutlich spannender Ergänzungen (und Kommentare; nicht jeder Kommentar ist ein "Diskussionsbeitrag" a la "kein Dissskussionsforum") dort im Grauen. Insofern, von wegen Zensurvorwurf etc (Seite 1 der taz von heute): Indymedia besetzen.

Ansonsten fand ich die Aktion nett (und die Reaktion der taz macht diese mal wieder sympathisch; Ziel verfehlt?!), die Artikel (in der taz) aber eher langweilig. Selbst Soziologie kann verständlicher sein als das blosse Aneinanderreihen von Bleiwüsten und abgedroschen-langweiligen Phrasen. Ich mag jedenfalls halbswegs lesbare und halbwegs professionelle Artikel, und freue mich drüber, wenn die richtigen Argumente sich nicht zwischen den Zeilen und hundert Jahren Kapitalismuskritik verstecken.

Die Metabotschaft ist angekommen, die eigentliche Botschaft (vermutlich sollte sie wohl in Richtung "taz als böse enttarnt", was dann auf ein relativ einfaches Weltbild schließen lassen würde) kam nicht so ganz rüber ...

Und die allerspannendste Frage beantwortet auch Indymedia nicht: macht ihr weiter und besetzt die taz wirklich? Es gibt ja noch den 17.12., den 18.12., und viele weitere Tage bis Weihnachten ... (und neben der taz noch viele weitere Zeitungen bis Weihnachten ...). Oder bleibt's bei einer einmaligen Aktion, die dann vermutlich genauso als Verkaufstrick der taz-Werbeabteilung (Guerillamarketing oder so) hätte durchgehen können?

Endlich Kapitalismuskritik in der taz!

Y.U.McRiot 16.12.2003 - 21:25
Also erstmal, ich halte die taz-Besetzung für eine klasse Aktion.
Erstens, weil ihr genau das an der taz der letzten Jahre kritisiert habt, was ich auch an ihr bemängele, nämlich dass sie sich von Kapitalismuskritik verabschiedet hat bzw. sich auf oberflächliche Ansätze á la Attac beschränkt.
Zweitens, weil durch die Veröffentlichung eurer Positionen, die ich im großen und ganzen unterstützen kann und im übrigen sehr gut geschrieben finde, endlich mal wieder genau diese weitergehend kapitalismuskritischen, emanzipatorischen Positionen in der taz Platz fanden, und auch die Probleme der "Studentenbewegung" thematisiert wurden. Vielen - nicht allen, hat ja auch niemand behauptet! - ProtestlerInnen geht es sicher in erster Linie um ihre eigenen Vorteile, und es kommt zu selten zu Solidarisierungen mit anderen bzw. wesentlich mehr benachteiligten Gruppen, z.B. Sozialhilfeempfängern.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass man die taz nicht in einen Topf mit der reaktionären Presse (FAZ & Springer) werfen sollte, denn in vielen Punkten üben taz-Autoren schon Kritik an Zuständen, die von diesen Zeitungen als normal angesehen oder gar nicht thematisiert werden. So finde ich es z.B. gut, dass die taz regelmäßig über Abschiebungen oder Abschiebelager berichtet, auch wenn sie diese nicht direkt als staatlichen Rassismus benennt. Das ist für mich in erster Linie ein Problem des Lesers, wenn er solch offensichtlich rassistische Strukturen nicht als solche erkennt. Aber wie schon geschrieben, fehlt natürlich auch mir eine daraus folgende, weitergehende Kritik, die diesen Rassismus als Teil der kapitalistischen Struktur verortet.
Aber wenn die taz nur eine weitere, kleine, linksradikale Zeitung wäre, würde sie auch nicht so viele Leute erreichen... so ist das nunmal. Aber genau deswegen sind solche Aktionen total wichtig, um das breite Publikum mit radikalen Positionen zu konfrontieren.
@Nora
Zu deinem Beitrag möchte ich auch noch ein bisschen meinen Senf zugeben.
Klar hätte man auch Springer besetzen können, und vielleicht hätte man dazu auch noch mehr Grund gehabt. Aber erstmal ist es einfach wahr, dass daraus nie eine vergleichbar öffentlichkeitswirksame Aktion entstanden wäre, weil die Springer-Presse die StudentInnenartikel einfach nicht abgedruckt hätte. Und zum zweiten sehe ich nichts schlechtes daran, auch die linksliberale Presse einmal öffentlich mit Kritik von links zu konfrontieren. Ich kann mir vorstellen, dass einigen taz-AutorInnen und vor allem -LeserInnen diese emanzipatorische Kritik durchaus Denkanstöße geben könnte, dass es auch noch linke Kritik über taz und Attac hinaus gibt.
Zu deiner eisernen Verteidigung der "Sozialen Marktwirtschaft": Wenn diese dazu da ist, Neoliberalismus zu verhindern - wieso leben wir dann seit 40 Jahren (Scheiße, keine Ahnung, wann der Begriff erfunden wurde) im Neoliberalismus - trotz "Sozialer Marktwirtschaft"? Oder bist du der Meinung, dass es bei uns gar keinen Neoliberalismus gibt? Nungut, es gibt Sozialgesetze, die den Liberalismus einschränken. Doch existiert er dadurch nicht? Rechtlich haben deutsche Konzerne überhaupt keine Probleme damit, Menschen in erster Linie in anderen Ländern auszubeuten, um ihre Gewinne zu steigern. Das ist nicht das einzige, aber das offensichtlichste Merkmal des Neo-Liberalismus, in dem wir leben.
Soziale Marktwirtschaft aus linker Sicht zu kritisieren heißt, sich nicht mit ihr zufrieden zu geben. Wir wollen keinen "besseren" Kapitalismus, weil sich an der strukturellen Ungerechtigkeit dadurch nichts, aber auch gar nichts ändert!
Ist Kapitalismuskritik für dich per se perspektivlos? Glaubt du wirklich, mit dem "sozial" ausgeschmückten Kapitalismus ist das höchste Maß an machbarer Gerechtigkeit erreicht? Mit dieser frustrierenden Vorstellung möchte ich mich nicht anfreunden. Solange wir in den westlichen Ländern auf Kosten von Menschen in ärmeren Länden der Welt leben, bin ich der Meinung, dass es sich lohnt, für eine Alternative zu kämpfen.
Diese Alternative muss nicht "Kommunismus/Sozialismus" heißen. Mit deiner Forderung, die Kritik als Forderung nach Kommunismus oder Sozialismus zu benennen, erwartest du in gewissem Maße, dass die Alternative klar vorgegeben sein muss. Das meine ich nicht. Ich meine, die Alternative muss aus einem verändernden Prozess "wachsen". Besonders, da die Begriffe Kommunismus und Sozialismus geschichtlich (zurecht) belastet sind, fände ich es falsch, sie als Ziel der Proteste zu deklarieren, da die realen Systeme, die sich so bezeichneten/bezeichnen, ebenfalls autoritäre Systeme waren/sind (wie es der Kapitalismus auch ist). Ziel sollte jedoch meiner Meinung nach sein, durch eine schrittweise Selbstorganisation der Menschen eine herrschaftsfreie Gesellschaft zu erreichen.
Wahrscheinlich hältst du derartige Ziele für zu hoch gegriffen und womöglich sogar gefährlich. Aber ich frage mich, was gefährlich sein soll, gegen Missstände zu kämpfen und gleichzeitig zu wissen, dass man eine vollständige und keine stückweise Alternative will. Wenn man diese Alternative schon im Kapitalismus anfängt, zu leben und aufzubauen, können die Menschen verstehen, dass sie nicht unmöglich ist.
Der Kapitalismus ist kein natürlicher Zustand - genauso wenig wie die absolute Monarchie, die Sklavenhaltung usw. natürliche Zustände waren. Menschen, die versucht haben, diese als gegeben deklarierten Zustände abzuschaffen, wurden schon immer als radikal und perspektivlos verschrien. Ich bin sicher, dass es etwas besseres als den Kapitalismus geben muss - weil es so nicht mehr weitergeht.

Puh, ganz schön lang, aber hatte das dringende Bedürfnis...

ein sehr wahrer taz-Bericht

tazlese 16.12.2003 - 23:07
protestierende studierende
Die Visionen der Besetzer - sind keine
Gestern wurde die taz besetzt. Was sagt das über die Studentenstreiks?


1. Wer war das?

Nicht einfach zu beantworten. Die protestierenden Studenten sind kein monolithischer Block. Vereinfachend gesagt: Es gibt zwei Fraktionen. Die ideologisch weniger vorgebildete bürgerliche und eine politisch und inhaltlich radikalere Linke, die aus vielen Gruppen besteht. Auf den Protest-Demos war Erstere die Mehrheit, die Wortführer der taz-Besetzung schienen aus der zweiten Fraktion zu stammen. Daher ihre Losung: Weniger Studenten, mehr Protest.

2. Warum die taz?

Die taz verzichtet im Gegensatz zu anderen besetzungswürdigen Objekten auf kräftige Pförtner. Zudem denken viele der bürgerlichen wie der linken Studenten, von der taz lächerlich gemacht zu werden. Die Kritik an den Studentenstreiks wird als Bevormundung durch politisch gescheiterte Alt-68er empfunden. Die taz gehöre wie die Grünen zu einer neuen "alternativen Elite", die ihre alten Ziele verraten habe.

3. Was wollten sie sagen?

Texte zum Losschreien wollten die Besetzer in die taz bringen. Texte zum Langweilen sind es geworden. Inhaltliche Kritik: Sparen bei Unis und Arbeitslosen sind zwangsläufige Folgen des Kapitalismus. Die Vision: Im System ist nichts zu ändern, also ändert das System! Das ist alt. Und nicht falsch. Aber es ist auch gescheitert - 68, DDR. Und die meisten protestierenden Studenten wollen nicht die nächsten Verlierer sein. Deshalb konzentrieren sie sich auf erreichbare Ziele: Keine Uni-Kürzungen. Für mehr fehlt die Vision. Eine mit Aussicht auf Erfolg. Leider hat die niemand anzubieten. Darum war die Besetzung auch ein Ausdruck der Ratlosigkeit. In Ratlosigkeit werden auch die Studentenproteste enden." DANIEL SCHULZ

fragen tut man sich doch.

jo. 16.12.2003 - 23:27
im ganzen mag es zwar sinn machen, die taz zu besetzen, aber irgendwie fragt man sich als kritisch denkender mensch schon, ob manche der besetzenden der meinung waren, daß die taz ihnen etwas schuldig wäre und nun tun muss, was ihr ebenjene besetzer auftragen.

die texte in der zeitung selbst fand ich fragwürdig, weil überfüllt mit phrasen und ansichten, die genauso starr daher kamen, wie ein leitartikel in der faz.

und dann kommt es einem mal wieder so vor, als wenn die äußere linke geradezu krankhaft humor-resistent ist. ich teile nicht in allen fällen die meinung der taz und lese sie durchaus kritisch, nur kann man meines erachtens nach schon sagen, daß im gegensatz zu den meisten deutschen zeitungen die taz so etwas wie einen feinen, subtilen, bisweilen ironischen humor in sich birgt. und damit scheinen einige extrem-linke ein großes problem zu haben.

"Sehr wahrer taz-Bericht"? Lügner und Idioten

wer 17.12.2003 - 13:39
Sehr interessant, was etliche hier für Komplexe haben müssen: Da werden über eine Aktion, mit der man gar nix zu tun hat, die tollsten Mutmaßungen angestellt und Verwünschungen ausgestoßen. Selbstbestätigung, sonst nix. Ziemlich arrogant dazu, manche glauben wohl aus Prinzip, immer Bescheid zu wissen.

Zu diesem hier als "sehr wahr" deklarierten taz-Artikel:

Ich war auch drin, viele von der taz sind echt anders gepolt, glaubt nicht an das Gute in denen!

Zuerst die Arroganz, die Studis in zwei Blöcke zu teilen (bürgerlich und radikal links). Die Besetzer hier gehören offensichtlich zu den Politischen, schwupps, wie einfach.

Dann die selbst zusammengereimte Begründung für die taz-Besetzung: Es gibt ja keine Pförtner!!! ("Seien wir doch mal ehrlich, bei Springer wärt ihr ja nicht mal an den Pförtnern vorbeigekommen", so wiederholt ein Redakteur). Die Studis würden von der taz lächerlich gemacht, also besetzen sie sie eben - man sieht, in welchen Bahnen diese taz-Leute denken, total beschränkt.

Und dann der Hammer zum Inhalt der Besetzertexte: Kapitalismuskritik kennt man als taz-Mensch schon, ist ja langweilig. Da kommt ja gar nix Neues. Und ist sowieso das Gleiche wie wir damals, 68, und wie in der DDR (!!). Dieses bornierte "Ach, schon wieder protestierende Studis, hm, '68 ist doch aber schon vorbei, gebt's auf, lasst euch was Neues einfallen" - Denken zeigt, dass diese Leute schwer von Begriff sind, sie müssen immer alles kategorisieren und vergleichen. Man muss es geradezu dumm nennen, wenn die BesetzerInnen als "selbsternannte (!) Erben Rudi Dutschkes" bezeichnet werden, geistige Armut! Dutschke scheiterte, also wird es den Leuten jetzt und hier genauso ergehen, die machen ja das Selbe...

Ich jedenfalls kenne jetzt das Niveau gewisser Leute dort: Die fragen dich doch glatt nach der Weltrevolution, kein Wunder, dass die Aktion für sie ein Zeichen von "Ratlosigkeit" war.
Dass man nicht immer gleich auf's Ganze gehen muss, mal was Neues versuchen kann, ohne dabei eine Revolution im Kopf zu haben, und v.a. dass etliche taz-Leser selbst mit dieser oberflächlichen Kritik (wie sie in den Texten herauskommt) normalerweise nichts zu tun haben und somit vielleicht doch mit etwas Neuem konfrontiert werden, das kommt ihnen wohl nicht in den Sinn.

Faktenfehler, Stefan Alberti!

JeMand 20.12.2003 - 22:26
Hallo Stefan,

Dein von Dir als "Gegendarstellung" bezeichnetes Posting ist kein solches, weil eine Gegendarstellung nur Fakten enthalten darf und keine Wertungen wie "Tut mir leid, kann ich nicht mit dienen. Nächstes Mal bitte besser recherchieren." Von jemandem, der Journalistik studiert hat, hätte ich mehr erwartet. Und was das recherchieren angeht: in Deinem hier kritisierten Artikel steht, der Bundestag hätte eine Bannmeile wie das Berliner Abgeordnetenhaus, "die Demonstrationen während der Sitzungen verbietet". Das ist falsch. Der Bundestag hat seit dem Umzug nach Berlin lediglich einen "Befriedeten Bezirk", die Regeln sind mit der Berliner Bannmeile nicht vergleichbar (Quellen siehe unten). Vor dem Bundestag sind laut § 5 des "Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes" Demonstrationen - auch während der Sitzungen! - zuzulassen, wenn dadurch der Parlamentsbetrieb nicht gestört wird. Ein Verstoß dagegen ist ausdrücklich keine Straftat mehr, sondern nur noch eine Ordnungswidrigkeit, der entsprechende § 106a des Strafgesetzbuches wurde aufgehoben.

Du schreibst: "Unerträglich ist die Vorstellung, Abgeordnete müssten ihre Entscheidungen treffen, während draußen ein Mob johlt, vielleicht Politikerpuppen verbrennt und hasserfüllt schreit. All das trifft nicht auf die Studierenden zu, die derzeit kreativ und weitgehend friedlich demonstrieren. Doch was wäre, wenn nicht sie, sondern ein Trupp stiernackiger Rechtsradikaler vor dem Parlament stünden? Die Erfahrungen der Weimarer Republik, aber auch der Nachkriegsgeschichte, als 1948 Störer die Stadtverordnetenversammlung sprengten, gelten nach wie vor. Davor muss es einen Schutz geben. Der aber ist generell [...]" - genau das ist falsch. Der Bundestag bekommt es sehr wohl hin, friedliche Demos während der Sitzungen vor seinen Toren zuzulassen und nur die zu verbieten, bei denen eine Störung zu erwarten ist. Man hätte von Dir hier schon erwarten können, Dich kritisch damit auseinander zu setzen, warum das Abgeordnetenhaus eine ungleich schärfere Regelung hat und ob die notwendig ist, statt unkritisch den Studis ihr Recht auf friedliche Meinungsäußerung vor dem Abgeordnetenhaus abzusprechen.

Quellen:
Bundestags-PM:  http://www.bundestag.de/presse/bp/1999/bp9908/9908064b.html
Gesetzestext:  http://dip.bundestag.de/btd/14/011/1401147.pdf

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