Madrid heizt gegen Basken weiter ein

Ralf Streck 21.10.2003 14:02 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Bevor die baskische Regierung am kommenden Samstag den Plan Ibarretxe auf den Weg bringt, nimmt die Konfrontation mit der spanischen Zentralregierung zu. Die will mit allen Mitteln eine Abstimmung der Basken über einen ?freien Anschluss? an Spanien verhindern und spricht nun einer ?feindlichen? Gemeinschaft. Die Verhaftungen gehen weiter und faktisch hat Spanien nun eine Präventivhaft eingeführt.
Die Spannungen zwischen Spanien und dem Baskenland nehmen weiter zu. Sie gipfeln darin, dass Vertreter der spanischen Regierung im Baskenland von einer ?feindlichen? baskischen Gemeinschaft spricht. Die Bezeichnung brachte Enrique Villar in einem Brief an die oppositionellen Sozialisten ins Spiel, um sie weiter hinter den harten Kurs der Regierung gegenüber den Basken zu zwingen.

Vor den Parlamentswahlen im kommenden März zieht Madrid alle Register und versucht die Sozialisten unter Druck zu bringen. So will die Zentralregierung das baskische Parlament ausschalten, um unangenehme Entscheidungen zu verhindern. Auf ihre Initiative läuft ein Verfahren gegen dessen Präsidenten und zwei Parlamentarier wegen ?Ungehorsams?, womit deren Suspendierung angestrebt wird. Die Sonderkammer am Obersten Gerichtshof in Madrid, die mit einem neuen Parteiengesetz im letzten Jahr geschaffenen wurde, hat inzwischen schon fünf Entscheidungen des baskischen Parlaments annulliert. Als Vorwand dient jeweils die Tatsache, dass es die Fraktion ?Sozialistische Patrioten? (SA) nicht auflöst. Die Parlamentarier kandidierten für die Partei Batasuna (Einheit), die im März auf Antrag der Regierung von der Sonderkammer verboten wurde.

Gegen die Annullierung der Beschlüsse und die Verfahren gegen die Parlamentarier hat die Regionalregierung vor dem Verfassungsgericht und gegen das Parteiengesetz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt. Der Parlamentspräsident Juan María Atutxa erklärte, die Sonderkammer maße sich Kompetenzen an, die ihr nicht zustehen. ?Der Oberste Gerichtshof ist nur gegenüber anderen Gerichten die höchste Instanz?, sagte Atutxa. Im Fall eines gesetzgebenden Organs, wie einem Parlament, könne nur das Verfassungsgericht entscheiden. Schließlich würde in die Autonomie des Parlaments und in die Autonomierechte der Basken eingegriffen. Da die Parlamentarier von den Wählern bestimmt werden und nicht von den Parteien, sei die Auflösung einer Fraktion nicht möglich. Schließlich könnten die Parlamentarier mit dem Mandat auch die Partei wechseln.

Konkret will Madrid verhindern, dass im Parlament der Plan des baskischen Regierungschefs Juan José Ibarretxe angenommen wird, den fast 65 Prozent der Basken laut Umfragen unterstützen. In einer Sondersitzung wird am Samstag die endgültige Form der Gesetzesinitiative von den drei Regierungsparteien aus moderaten Nationalisten und der Vereinten Linken (IU) festgelegt, um einen neuen Rahmen für das ?Zusammenleben mit Spanien? zu schaffen. In einem Referendum soll die Bevölkerung dann über den ?freien Anschluss an Spanien? abstimmen. Die Sondersitzung wurde bewusst auf den 24. Jahrestag seit Bestehen der begrenzten Autonomie gelegt. Die Autonomie wurde drei von vier baskischen Provinzen in Spanien nach dem Tod des Diktators Franco gewehrt, ist allerdings bis heute in wesentlichen Teilen nicht umgesetzt worden.

Auch gegen die Sprache und die Kultur der Basken geht Madrid immer schärfer unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Untergrundorganisation ETA vor. Am vergangenen Donnerstag wurden erneut acht herausragende Persönlichkeiten verhaftet, die sich für die baskische Sprache einsetzen. Sie sollen sich der ?Geldwäsche? für die ETA schuldig gemacht haben und zu einem ?Geflecht? um die Tageszeitung Egunkaria gehören. Dabei wurden auch acht Monate nach der Schließung der einzigen Zeitung in baskischer Sprache bisher noch keine Beweise für eine Verstrickung in die ETA vorgelegt. Trotzdem wird auf dieser Basis weiter kriminalisiert. Am Montag Abend wurde auch der Anwalt des Egunkaria verhaftet, als er einem der Verhafteten juristischen Beistand leisten wollte. Gegen die Kriminalisierung und für ihre Sprache demonstrierten am vergangenen Samstag mehrere 10.000 Menschen in Donostia-San Sebastian an der sich sogar die größte spanische Gewerkschaft erstmals wieder beteiligt hat.

Bei einer weiteren Großrazzia am 8. Oktober sei faktisch nun auch eine Art ?Präventivhaft? eingeführt und weitere Rechtsnormen abgeschafft worden. Die Anwälte der Betroffenen beklagten auf einer Pressekonferenz am Samstag die steigende Rechtlosigkeit und Willkür. Insgesamt 34 angebliche Unterstützer der ETA wurden dabei im spanischen und französischen Baskenland festgenommen und 20 in U-Haft genommen. Getroffen soll es dabei den Rekrutierungsapparat der ETA haben. Das musste wohl behauptet werden, da trotz vieler Durchsuchungen weder Waffen noch Sprengstoff gefunden wurden: ?Die einfache Behauptung der Polizei, jemand sei ein ETA-Mitglied, reicht nun für dessen Inhaftierung aus?, resümierten die Anwälte. Nach der üblichen Kontaktsperre erhielten Amaia Izko und Jon Enparantza Akteneinsicht und stellen fest: ?Niemandem wird eine konkrete Straftat vorgeworfen?.

Bestätigt hätten sich damit Ankündigungen von Regierungsvertretern, es handele sich um ?präventive? Verhaftungen. ?Beweise braucht man nicht mehr?, monieren die Anwälte. Als Indizien führe der Ermittlungsrichter Baltasar Garzón bei den in Spanien Verhafteten nur einen Briefwechsel mit politischen Gefangenen an. Sich mit mutmaßlichen oder tatsächlichen Gefangenen der ETA zu schreiben, wobei Garzón ja fast die gesamte linke Unabhängigkeitsbewegung der ETA unter ordnet, wird selbst schon quasi zum Delikt.
Garzóns französische Kollegin Laurence de Vert argumentierte bei den fünf in Frankreich festegenommenen Jugendlichen mit deren Beteiligung an Aktivitäten zur Verteidigung der Rechte von Gefangenen, musste alle aber wieder frei lassen.

© Ralf Streck den 21.10.2003
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Ergänzungen

YA BASTA

selva 22.10.2003 - 00:36
Der spanische Entscheidungsrichter Garzon verfügt seit einigen Tagen , das Angehörige ,Blutsverwandte, Freunde usw. welche in Briefkontakt mit mutmasslichen , inhaftierten ETA-Mitgliedern treten , automa-
tisch selbst in Verdacht stehen, der ETA anzugehören
( Sippenhaft - Erbsünde - Rassismus - Pauschalverurteilung - Dialogunfähigkeit =
Assoziationskette ,Anmrkg )

Ausserdem erhielt indymedia-euskalherria am 14.10.03 per e- mail die polizeiliche Instruktion , zwei
Webseiten zurückzuziehen, die als pro-ETA erachtet werden
Text auf Indy-Euskalherria ( sp.-engl. )
iNDYKIDE BAT, 2003-10-14 17:39
INTENTO DE CRIMINALIZACION DE INDY EH.
Estimado Sr:
Le informo que la Policía Foral de Navarra se encuentra investigando un supuesto delito de
apología del terrorismo. Mientras la autoridad judicial pertinente le remite un escrito oficial,
le solicito que reserve los archivos log del servidor "indymedia.org", correspondientes a las
siguientes noticias publicadas en su página web:

página wev: . Titular: "Eta debería
actuar". ( ETA muss handeln ) Día: 2003-09-16, hora: 11:54.
página web: . Titular: "Agur E.T.A.
Ohore GUDARI gaztea!!" ( ? ). Día: 2003-09-19, hora: 11:00.

Espero que no tenga inconveniente en lo solicitado. Por favor, envíeme un e-mail para confirmar
esta comunicación.
Gracias. Sargento nº 091. Policía Foral de Navarra.  pforal.judicial1@cfnavarra.es
Telf. 848426404.

> Dear Sir:
> I would like to inform you that spanish police Policía Foral de Navarra investigate a
terrorist crime. Even the Spanish Judicial Authority resolves an official request, I invite you
to reserve the files log of yours servers "indymedia.org", correspondieng to the following news
published in yours web pages:
>
> web page: . Heading: "Eta debería
actuar". Date: 2003-09-16, hour: 11:54.
> web page: . Heading: "Agur E.T.A.
Ohore GUDARI gaztea!!". Date: 2003-09-19, hour: 11:00.
>
> I hope that will not incovenience you.
> Send me and e-mail to confirm this comunication.
> I look forward to receiving your prompt reply.
>
> Thanks, sergeant 091. Policía Foral de Navarra.  pforal.judicial1@cfnavarra.es
> 848426404. Spain.

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Anmerkung 24.10.2003 - 12:20
Madrid heizt gegen Basken weiter ein
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