Erneut Generalstreik in Italien - erste Fotos

FotoFix 18.10.2002 21:42 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Bereits zum zweiten mal in diesem Jahr findet heute in Italien ein Generalstreik statt. Nach der Pleite des FIAT-Konzerns fanden bereits die ganze Woche über Proteste statt. Während die Industrie von 30% Streikenden berichtet, Nennt die Gewerkschaft CGIL etwa 80%, was realistischer klingt. In einigen Branchen wurde zu 100% gestreikt. Gleichzeitig mit dem Streik demonstrierten in ganz Italien mehrere Millionen Menschen in 120 Städten gegen die Politik der Regierung und die politische Ökonomie. Weiterhin kam es zahlreichen Aktionen des zivilen Ungehorsams, sowie Blockaden und Besetzungen. In zwei Wochen beginnt in Florenz das ESF (Eropean Social Forum), gegen das die Regierung und die Medien bereits jetzt massive Repression ankündigen. Wie beim G8-Gipfel in Genua wird die Polizei direkt dem faschistischen (Partei: Alleanza Nazionale - AN) Innenminister Fini unterstehen. Eine Strategie der Spannung wird aufgebaut, seit dem die Regierung des rechtspopulistischen Medienmoguls Berlusconi - welcher mittlerweile alle elektronischen Medien des Landes kontrolliert - an der Macht ist.
Weiterer Text bei Indy.de: Generalstreik in Italien
Hier einige Zahlen zu den Demonstrationen (Gewerkschaftsangaben):
(12 von mehr als 100)

- Milano: 250.000
- Firenze: 200.000
- Torino: 200.000
- Roma: 150.000
- Bologna: 85.000
- Napoli: 85.000
- Genova: 70.000
- Palermo: 50.000
- Venezia: 50.000
- Udine: 12.000
- Ferrara: 10.000
- Bergamo: 4000

Bilder:


Milano


Milano


Milano


Milano


Napoli - Nachts bei FIAT


Napoli - Nachts bei FIAT


Napoli - Nachts bei FIAT


Napoli - Nachts bei FIAT




Torino


Torino


Torino


Lucca


Bari


Bari


in der Toscana


Perugia vor dem staatl. Sender


Perugia


Perugia


Ferrara


Bergamo


irgendwo anders in Italien


irgendwo in Italien

Überblicksseite

Laut BBC "sprechen Beobachter" (wer immer das sein soll) davon, daß der Streik aber weniger Effekt als der Generalstreik im März hätte. So wurden den Beobachtern zufolge nur 40% des öffentlichen Transports lahmgelegt. Die Gewerkschaften sprechen dagegen von wesentlich mehr Teilnehmern. Interessant dabei die Tatsache, daß die Berlusconi-Medien (und die meisten Tageszeitungen) den Generalstreik im Vorfeld weitestgehend verschwiegen haben und es dennoch eine so starke - laut Gewerkschaften stärkere - Beteiligung gab.
Unterdessen sieht die Nachrichtenagentur Reuters nur: "Hunderttausende Italiener folgen Generalstreik-Aufruf", während AFP von 2 Millionen allein bei den Domonstrationen sieht. Allgemein wird das Thema in den deutschen Medien bisher klein gehalen. (Foto von AP, welche sich mit Zahlen zunächst bedeckt hielten). Von dpa habe ich bilslang keine Meldung gefunden.
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Ergänzungen

Was noch interessant ist...

Surfer 18.10.2002 - 22:05
hab mal per Paperball in Schweizer und Österreichischen Medien (Kurier und Standard) gestöbert. Denen zufolge hat wohl nur eine einzige Gewerkschaft (im Gegensatz zum März, wo es alle waren) zum Streik aufgerufen und trotzdem hätten mehr Menschen teilgenommen...
(Mich würde mal interessieren, was passiert wäre, wenn die Medien berichtet hätten und wenn alle Gewerkschaften aufgerufen hätten...)

Was Gewerkschafen angeht...

The Who 18.10.2002 - 22:13
Es gibt auch eine große liberale und eine große christdemokratische Gewerkschaft. Beide haben diesesmal nicht aufgerufen, da ihrer Meinung nach der Generalstreik ein italienisches Ritual sei und nur der Verhandlungstisch etwas bewirken könne.
Hat nicht mal wer Lust, eine Medienschau zusammenszustellen?

CISL und UIL

infofix 18.10.2002 - 22:38
Die beiden "gelben" Gewerkschaftsbünde haben - (wie übrigens auch verschiedene Mitglieder der sog. "Oppositionsparteien") - sich gegen den Generalstreik ausgesprochen. Beim Streik im Frühjahr sind die Führungen von CISL/UIL erst dann auf den fahrenden Zug aufgesprungen, als sie von ihrer Mitgliederbasis Feuer bekamen. Auch heute sind wohl wieder viele von deren Mitgliedern dabei gewesen. Auch von Massenaustritten bzw. Übertritten in die CGIL war schon die Rede.

Revolutionär?

18.10.2002 - 22:51
Naja, revolutionär sind die meisten Gewerkschaften wohl nicht. Ansonsten müsste es doch möglich sein mehr zu bewegen. Wo bleibt die radikale Kapitalismuskritik und das revolutionäre Potentzial?

Die einen reden die anderen machen

M 18.10.2002 - 22:54
In Deutschland begnügen sich die Leute mit dem Reden. Das finden sie ganz doll revolutionär. (Sind sozusagen religiöse)

Reden ist in Deutschland vorerst auch besser!

Lotti 18.10.2002 - 23:46
Zuerst einmal darf in Deutschland (bei Strafrecht)keiner zum Generalstreik aufrufen, und zweitens kneift es ja noch nicht so Stark wie in Berlusconi Italien, so des es besser ist, voerst nur Solidarität zu üben, und drittens wenn die Deutschen erst mal los rasen?

bzgl. Reden ist in Deutschland vorerst auch b

Kommentar 19.10.2002 - 00:58
Also erstens, es ist absolut legal zum Generalstreik aufzurufen, da dieser keine straftat darstellt. Und zweitens tät es in Deutschland auch Not, oder besser direkt mal 'ne richtige Revolution.

Generalstreik

Rechtsberater 19.10.2002 - 01:17
Sogenannte "politische Streiks" sind in Deutschland nicht erlaubt. Und es gibt die Notstandsgesetzte.

Revolutionen?

Anmerker 19.10.2002 - 03:17
Ich glaube, daß ist einer der großen Irrtümer der linken in den letzten beiden Jahrhunderten. Eine Revolution, nach der alles besser ist, ist eine Illusion. Die Welt ist so wie sie ist, weil wir sie alle zu dem machen was sie ist. Wenn, dann wird es stückweise besser werden. Evolution als Stichwort - alle paar Jahrzehnte gibt es große Bewegungen und hin und wieder gelingt es diesen Bewegungen die Geschichte voranzubringen. Vielleicht ist es aber alles auch ganz anders - wer weiss. Die idee von der rettenden Revolution, wie sie hier mehrmals geäussert wurde (18.10.2002 21:51 oder Kommentar)
Zu Lotti: Gibts da ein Gen, was Deine Behauptung stützt? Schon mal Faschismusanalyse beschäftigt?

Revolution??

Warhead 19.10.2002 - 04:13
Wie sagte Trotzki"Es braucht mehr für eine Revolution als unzufriedene Massen,es benötigt den Hunger nach Aufbruch und Abenteuer und eine Stimme die diesen Hunger artikuliert".
Der Hunger ist zu klein

Nachtgedanken

nighthawk 19.10.2002 - 04:43
Revolutionen sind der Motor der Geschichte, hieß es mal. Dann entsann man sich der Opfer, der blutigen Fehlschläge. Man versank in Selbstzerfleischung und Melancholie. Man begann denen zu glauben, die das Ende der Geschichte verkündeten. Ein anderer hatte mal das Ende der VORgeschichte der Menschheit mit einer Revolution verknüpft. Revolutionen, so haben wir aus der Geschichte - nicht nur - des 20. Jahrhunderts gelernt, sind blutig und erfolglos.

Vielleicht stehen wir am Ende der Vorgeschichte der Menschheit, ohne je bei jener von Marx gemeinten bewusst gestalteten Geschichte anzukommen. Oder, wie der späte Heiner Müller mal sagte, die Alternative bestehe nicht mehr in Rosa Luxemburgs "Sozialismus oder Barbarei", sondern in der zwischen Barbarei und Untergang.

Eine Revolution ist kein Schalter, den jemand umlegen kann, und danach ist alles Licht, wo vorher Dunkelheit herrschte. Es wird auch kein Einzelner und auch keine Gruppe oder Partei diesen Schalter finden. Die Oktoberrevolution war ein - gutgemeinter - Putsch einer Minderheit, die im Augenblick der Tat die moralische Mehrheit auf ihrer Seite hatte. Als es darum ging, den Alltag der Revolution zu organisieren, schlugen die alten gesellschaftlichen Kräfte zurück, und die Antwort darauf war die Proklamation des "roten Terrors" - das Land stürzte in einen Abgrund von Terror und Gegenterror, bis es sich schließlich unter dem Eispanzer von Parteidiktatur und Stalinismus "stabilisierte". Ökonomisch und militärisch relativ erfolgreich, aber unter unsäglichen Opfern. Die Ermordung der Utopie des Kommunismus wurde zum Kollateralschaden des Überlebenkampfs des "Vaterlands der Werktätigen".

Lenins berühmte Köchin sollte in der Lage sein, die Staatsgeschäfte zu führen, eines Staates, der somit beginnen würde, nicht mehr die Gewaltmaschine einer Minderheit über die Mehrheit der Gesellschaft zu sein, sondern die der Mehrheit über die Minderheit der ehemals herrschenden Klasse. Immer noch Gewaltmaschine, somit Staat, aber als solcher absterbend - denn die Unterdrückung Weniger (von denen sich vielleicht noch manche freiwillig "bekehren" würden) durch Viele kostet nicht mehr soviel Kraft (Hebelgesetz): ergo, Staat kann man allmählich vergessen. Sozialismus wird zu Kommunismus, und endlich sind auch die Anarchisten zufrieden.

Soweit, so gut gedacht und so schlecht gemacht. Die Praxis der Oktoberrevolution erhält von der Stiftung Weltverbesserungstest das Prädikat "nicht empfehlenswert".

Ds Problem bleibt also immer noch. Irgendwer hat mal gesagt: "Ich weiß nicht, ob die Verhältnisse besser werden, wenn wir sie ändern - aber ich weiß genau, dass die Verhältnisse geändert werden müssen, wenn sie besser werden sollen."

Bella Ciao!

viva la dolce vita

grau 20.10.2002 - 17:03
mich wundert dass diese stolze menschenmenge in bergamo mit nur 4000 beziffert wird - na ja, in italien fällt solch eine null schon gar nicht mehr ins gewicht. wird berlusconi jetzt gestürzt? oder stürzt er italien in eine spirale aus gewalt und betroffenen grabenkämpfen? fini - terroristo!

irgendwo anders

irgendwer anderes 21.10.2002 - 16:01
irgendwo anders in italien ist uebrigens Neapel (beide bilder)