Friedensprozess stockt, gab auch Zapatero zu

Ralf Streck 07.09.2006 18:32 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Dass der Friedensprozess mit den Basken an einem toten Punkt steht, wurde schon mit der Warnung der Untergrundorganisation ETA klar. Einen Monat später hat nun erkennt dies auch der spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero anerkannt. Batasuna hat erklärt, das Stocken hänge damit zusammen, dass Spanien darauf aus ist, die linke Unabhängigkeitsbewegung in die Knie zu zwingen. Derweil hat Zapatero gegenüber DER ZEIT Kontakte mit der ETA "in den nächsten Wochen" angekündigt, weil aus den angekündigten Kontakten im Sommer wegen der Politik der Sozialisten nichts wurde.
Intern, vor der Führung seiner sozialistischen Partei (PSOE) gab auch Zapatero zu, dass der Friedensprozess "zäh" verliefe und man sich in einer "Sackgasse" befände. Der Prozess entwickele sich nicht wie erwartet, weshalb er "Geduld" von seinen Mannen einforderte. Ändert sich die Lage nicht bald, wird der Auftritt seines Innenministers einsilbig ausfallen, wenn der Ende des Monats das Parlament über den Verlauf der Kontakte mit der ETA unterrichtet. Ob die für den Sommer angekündigten Kontakte stattfinden, ist nicht mehr fraglich, es gab sie schlicht nicht.

Trotz allem tragen die PSOE-Führer weiter vor, alles verlaufe wie geplant. Man habe stets erklärt, es werde ein "langer und schwieriger Prozess". Um wieder etwas in die Offensive zu kommen, verkündete Zapatero nun in einem Interview mit DER ZEIT, dass es in den nächsten Wochen Kontakte zur ETA geben werde. DAs ist wieder einmal eines der Notmanöver, wie man schon einige erlebt hat. Zum Beispiel als der Richter Marlaska trotz Friedensprozess einen Teil der Batasuna-Führung einknasten wollte.

Doch wenn alles so weiter geht, könnte die Regierung Ende des Monats nun vor einem Scherbenhaufen stehen. Seit mehr als einem Monat führt der Gefangene Iñaki de Juana im Hungerstreik für seine Freilassung, sein Zustand ist ernst. Nach Verbüßung von 18 Jahren Haftstrafe wurde er letztes Jahr erneut in Untersuchungshaft genommen. Statt Ex-Mitglieder der ETA frei zu lassen, werden immer wieder Vorwände gesucht, um ihre Freiheit zu verhindern. Juana kündigte an, bis zum Letzten zu gehen. Sein Tod könnte zum Ende der Waffenruhe führen, welche die ETA seit fast sechs Monaten einhält. Der militante Straßenkampf von Jugendlichen flammt erneut auf. Gestern wurde überall im gesamten Land zur Unterstützung von Juana demonstriert und eine große Demonstration gibt es am Sonntag auf der alljährlichen Demonstration für die Rechte der Gefangenen während der Regatta in Donostia.

Die Regierung hat nicht einmal mit der Annäherung der 700 Gefangenen ans Baskenland begonnen, was als Geste erwartet wird, weil sogar das Strafrecht eine heimatnahe Strafverbüßung vorsieht. Die Angehörigen fordern die Rechte der Gefangenen zu garantieren, ob mit oder ohne Friedensprozess. Die Regierung ebnet der Partei Batasuna (Einheit) auch keinen Weg zurück die Legalität, die den Prozess angestoßen hat. Sie war 2003 von der rechten Vorgängerregierung verboten worden. Erwartet wurde, dass dies im September geschieht, damit sich die Partei an den kommenden Wahlen beteiligen kann. Stattdessen sollen am Samstag erneut eine Demonstration und eine Versammlung verboten werden, weil Batasuna dahinter stehe.

Statt das Gesetz zu schleifen, das von der Volkspartei (PP) extra für das Verbot geschaffen wurde, fordert die Regierung, Batasuna müsse es einhalten. Der Batasuna-Sprecher Arnaldo Otegi erklärte heute, der Friedensprozess stocke, weil die Sozialisten darauf aus sind die "Kapitulation" der linken Unabhängigkeitsbewegung aus seien.

Er fragte die Sozialisten, "wo" der Prozess gut verlaufe. Was die Gefangenen zum Beispiel angehe, "jedenfalls nicht". Schon kürzlich hatte Otegi erklärt, die PSOE halte sich an dem Punkt nicht an die getroffenen Absprachen.

Das Ex-Führungsmitglied der Partei, Karmelo Landa, rief nun die europäischen Institutionen auf, sich in den Friedensprozess einzumischen, um ihn zu entblockieren. Er hofft, dass die Debatte im Europaparlament über den Friedensprozess - für Ende des Monats geplant - dazu beiträgt, Europa in die Suche nach einer Friedenslösung einzubinden.

Mit der Neuaufnahme der des Massenprozess gegen fast 60 Personen nach der Sommerpause ist die Spannung diese Woche wieder angestiegen. Seit neun Monaten zieht sich der Prozess zäh in Madrid hin. Der Beweis, dass Organisationen und eine vor acht Jahren geschlossene Zeitung zur ETA gehören, gelingt nicht. Stattdessen begleiten ihn viele Anomalien, der Verteidigung wurden ganze Aktenberge vorenthalten, die meist die Anschuldigungen entkräften. Internationale Beobachter, darunter auch die deutsche Anwältin Petra Schlagenhauf, kritisierten immer wieder, dass vor dem Sondergericht elementare Rechte verletzt werden.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián, den 07.09.2006
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Ergänzungen

Gara vom Tag danach

Ralf 07.09.2006 - 21:33
Viele Leute, war wohl ganz gut.

Iñaki de Juana Chaos on hunger strike for his

Euskal Herria askatu ! 09.09.2006 - 16:35
Iñaki de Juana Chaos on hunger strike for his right to be released

On August 7, Basque political prisoner Iñaki de Juana Chaos began a hunger strike to demand his right to be released.

Iñaki de Juana should have been released on October 25, 2004, after serving his sentence in full and having spent 18 years in jail. However, the Magistrate at the First Penal Court of the Spanish Audiencia Nacional, Gómez Bermúdez, issued a decision dated October 22, attempting to contest the remission Iñaki was entitled to and to prevent his release [1]. In view of the impossibility to maintain this line of argument, the judge decreed his remand in custody for an alleged crime of membership of an armed group and terrorist threats. The basis for the accusations were two opinion articles the prisoners sent to the daily Gara [2]. It is impossible to find any rational basis in the articles to sustain such charges. Precisely, on June 14, 2006 the decision whereby Audiencia Nacional judge Santiago Pedraz rejected the charges was published. Judge Pedraz considered that, in the said articles, the prisoner expressed his support for the Basque National Liberation Movement –BNLM- which “is not comparable to ETA”. He added that “this movement is not defined as a terrorist organisation” and therefore the crime of issuing terrorist threats was not proven. At that point a media campaign was unleashed against the judge’s decision. The Minister for Justice stated “we shall build new charges so that they are not released!” The State General Prosecutor, Cándido Conde Pumpido, said “we shall continue to oppose his release insofar as it is legally possible” and appealed Pedraz’s decision. This climate impelled the Third Section of the Audiencia Nacional Penal Court to rectify judge Pedraz’s decision, arguing that De Juana “boasted of and extolled” his membership of ETA in the two articles, the content of which, according to this decision” clearly displays a possible terrorist threat”. Therefore there was a new request for a 96 year prison sentence.

During recent times we have witnessed a brutal initiative supported by the Spanish government and the special antiterrorist court, the Audiencia Nacional, to prevent the release of prisoners who were entitled to immediate release from prison, over and above all basic the principles of law. The Spanish State, for reasons to do with a political revenge, considers that Iñaki de Juana and other political prisoners in a similar situation have not served enough time in jail. Therefore, the Zapatero administration is attempting to instate this situation of de facto life imprisonment against the Basque Political Prisoners’ Collective, violating the universal right to release of those who have served their sentences in full. Furthermore, at this delicate political moment, when there is a possibility to open up a resolution process for the conflict that has confronted the Basque People and the Spanish state for years, the executive is using the prisoners, making a democratic solution to the political conflict more difficult.

In these circumstances, Iñaki believes he as no other way forward but to go on an open ended hunger strike, even if he it takes him to his death. Therefore, we are asking for active solidarity towards Iñaki and we are issuing a call to international public opinion to denounce the lack of consistency of the new charges against him and to demand his right to be released.

HELP SAVE IÑAKI’S LIFE!!

(1) Iñaki was tried on the basis of the 1973 Francoist Penal Code, whereby the maximum time in prison is 30 years. Remission (i.e. time deducted from the sentence for reasons such as good behaviour, attending workshops, studying…) was calculated on that maximum serving time. The 1995 amendment of the Penal Code eliminated remission and, later on, the limit to effective sentence-serving time for prisoners convicted of “terrorism” was extended to 40 years.
(2)You can find the articles in Spanish at  http://www.kalera.org/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=495

08 / 09 / 2006

 http://www.boltxe.info/berria/?p=2797

2,000 PEOPLE IN THE RALLY TO DEMAND IÑAKI DE JUANA BE RELEASED

 http://www.kalera.org/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=481&mode=thread&order=0&thold=0




The figures in relation to the policy of dispersing prisoners

 http://www.gara.net/english/basqueprisoners/index.htm

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