Welcher baskische Friedensprozess?

Ralf Streck 14.08.2006 11:31 Themen: Weltweit
Obwohl die baskische Untergrundorganisation ETA fast fünf Monaten eine "permanente Waffenruhe" einhält, ist von einem Friedensprozess im spanischen Staat kaum etwas zu spüren. Daran ändert auch nichts, dass der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero nun direkte Kontakte zur ETA aufnimmt. Die gestrige Demo, die enorm ausfiel, sollte wieder verboten werden.
Im zivilen Leben im Baskenland hält der Repressionsdruck auf die linke Unabhängigkeitsbewegung an. So sollte am Sonntag eine Demonstration im Seebad Donostia - San Sebastián verboten werden, weil vermutet wurde, hinter dem Anmelder verberge sich die Partei Batasuna (Einheit). Die wurde im März 2003 von der ultrakonservativen Regierung der Volkspartei (PP) verboten. Sie hatte aber mit ihrem Friedensvorschlag im Herbst 2004 den Friedensprozess in Gang gebracht.

So bietet sich ein absurdes Bild. Die baskische Regionalregierung hatte den Marsch genehmigt, weil Batasuna nicht der Anmelder war. Vor der Waffenruhe wurden im gesamten spanischen Staat oft Kongresse, Demonstrationen und Versammlungen von Batasuna toleriert, darunter auch die Vorstellung des Friedensvorschlags im Radsportstadion von Donostia vor 15.000 Menschen, die Batasuna offen angemeldet hatte.

Unter dem Motto "Euskal Herriak du hitza eta erabakia" (Das Baskenland hat das Wort und die Entscheidung), sollte zum Beginn der Festwoche, auch dieses Jahr für das Selbstbestimmungsrecht demonstriert werden. Als Vorwand für die Verbotsdrohung wurde angeführt, dass der Batasuna-Führer Pernando Barrena zur Demonstration aufgerufen hatte. Die PP, die gegen Verhandlungen zur friedlichen Beilegung des Konflikts ist, warf ihre Propagandamaschine an und die Sozialisten (PSOE) knickten erneut ein.

So wurde der Ermittlungsrichter Baltasar Garzón am Nationalen Gerichtshof tätig. Am Donnerstag zitierte er etliche Batasuna-Führer vor das Sondergericht und forderte von der 38köpfigen Führungsmannschaft schriftlich darzulegen, ob sie etwas mit dem Vorgang zu tun haben. Auch der Anmelder, der derweil die Anmeldung zurückzog, wurde vorgeladen, nun als Zeuge. Derweil hat eine Frau für Sonntag eine neue Demonstration angemeldet und Garzón prüft, ob sich dahinter Batasuna verbirgt. Den Parteiführern droht er für eine Teilnahme die Inhaftierung an.

Damit wäre Absurdistan perfekt und der Friedensprozess lädiert. Erinnert sei, dass fast alle Parteien, auch die PSOE, offiziell mit Batasuna Gespräche führen. Dabei ist das Verbot kein Problem. Es ist klar, wie alle baskischen Parteien fordern, dass Zapatero das Parteiengesetz schleifen muss, das extra für das Batasuna-Verbot geschaffen wurde. Nur so erhält ein Friedensprozess eine Chance.

Die PSOE versucht Batasuna statt der Legalisierung eine Umbenennung schmackhaft zu machen, um gegenüber der starken PP das Gesicht wahren zu können. Aus PSOE-Kreisen verlautete gar, das sei auf einem Treffen mit Batasuna ausgehandelt worden. Das hat Batasuna deutlich dementiert, weil der Weg ihr keine Sicherheit bietet. Die von der PP mit Richtern durchsetzte Justiz kann sie Nachfolgepartei jederzeit über dieses Parteiengesetz verbieten. Das war den letzten Jahren sogar Wählerlisten passiert, nur weil einzelne Mitglieder in Kontakt mit Batasuna-Mitgliedern gestanden haben sollen.

Der Parteisprecher Arnaldo Otegi hatte kürzlich erklärt, dass der Friedensprozess noch "umkehrbar" sei und damit den großen Unmut an der Basis zum Ausdruck gebracht. Denn auch an einer zentralen Frage, die 700 Gefangenen die über ganz Spanien und Frankreich verstreut einsitzen, hat sich bisher nichts verändert und immer wieder verunglücken Angehörige auf dem bis zu 2000 Kilometer langen Besuchsweg. Otegi fragte nun, was die Antwort aus Madrid auf das Friedensangebot und die Waffenruhe ist. "Knast, Verhaftungen, Kautionen, Vorladungen und Verbote, glaubt jemand auf der Basis könnte man etwas vernünftiges aufbauen?" Er antworte, das ginge nicht und fragte die sozialistische Regierung, welches Spiel sie betreibe. Klar ist, dass am Sonntag demonstriert wird. Wie? , das wird sich zeigen.

Bericht zur Demo kommt später
© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 13.08.2006
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Ergänzungen

EH Askatu!

Balla 14.08.2006 - 12:43
Am gleicher Stelle demonstrierten einen Tag zuvor offensichtlich auch Tausende gegen das Abschlachten der Stiere in den Arenas.
Fotos:
 http://euskalherria.indymedia.org/eu/2006/08/31015.shtml

Tausende nicht

Ralf 14.08.2006 - 21:49
Aber ein paar Tausend schon.

Wer bezahlt das?

Balla 14.08.2006 - 23:14
Auf den Fotos sah es schon so aus wie mehrere Tausend.
Wie können sich solche Arenen überhaupt halten. In Donostia steht ja nun auch ein riesen Ding. Ich habe aber noch keinen kennen gelernt der dorthin geht oder der einen kennt der dorthin geht. Scheint doch nur rentabel in der Fiestawoche für spanische Touristen zu sein. Oder finden da jede Woche des Jahres solche Massaker statt?

Subventionen

Ralf 15.08.2006 - 08:47
Die Geschichte in Donostia ist lang und so dreckig, dass sogar die Gerichte das Ding für illegal erklärt haben, weil alle Reglements übergangen wurden. Nur mit massiven Subventionen und Chanchullos wird versucht den Leuten hier "spanische Kultur" aufzudrücken. Wie die Leute hier sagen: Folter von Tieren wird als Kultur verkauft oder wenn das Kunst ist, dann ist Kanibalismus etwas für Feinschmecker. Die Dinger können gar nicht rentabel sein, wenn wenige Tage im Sommer da Stiere abgemurkst werden. Mehrere Tausend schon, so zwei bis drei vielleicht. Tausende benutzt man aber erst, wenn es an die Zehntausend ran oder drüber geht. Man sollte die Zahlen nicht aufblasen, doch klar ist, dass es dieses Jahr wesentlich mehr Leute waren als die Jahre zuvor.

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