MURDERED BY MARXISTS: Francesco Ghezzi

Bis zur Aktionswoche gegen Linke Einheit ab dem 25.09.2023 veröffentlicht Breaking the Spell täglich eine kurze Lebensgeschichte eines*einer vom Marxismus ermordeten Anarchist*in - heute: Francesco Ghezzi

Intro

Es gab eine Welt vor dem Marxismus: Von 1872 bis ca. 1919 waren der Marxismus und seine Vorläufer*innen eine Randnotiz der Geschichte. Der Hauptteil der Sozialist*innen waren entweder anarchistisch oder anti-autoritär – sie lehnten den Staat ab und wollten eine dezentrale, von unten organisierte Gesellschaft. Wie kommt es dann, dass heute die Linke so sehr auf den Staat als Mittel fokussiert ist? Ein wichtige Rolle spielte der marxistische Terror gegen die anarchistische Bewegung. Tausende von Anarchist*innen wurden durch Marxist*innen ermordet, inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt. Hier ist eine kurze Lebensgeschichte eines*einer dieser Anarchist*innen. (Anmerkung zur Sprache: Es wird das überlieferte Geschlecht benutzt, es gab mit Sicherheit auch trans*, inter*, nicht-binäre und agender Anarchist*innen damals. Die Lage von Orten wird oft in der Kurzform „in Nationalstaat“/„(Nationalstaat)“ erklärt, in allen Fällen wird deren Gebietsanspruch abgelehnt.

 

Francesco Ghezzi

 

Francesco Ghezzi wurde 1893 in Mailand, geboren. Er schloss sich der anarchistischen Bewegung während der Solidaritätskampagne für den anarchistischen (Anti-)Pädagogen Francisco Ferrer an, der am 13. Oktober 1909 vom spanischen Staat hingerichtet wurde. 1916 organisierte er in Mailland eine große Anti-Kriegsdemonstration gegen den Ersten Weltkrieg und wurde dabei kurzzeitig verhaftet.
Francesco floh 1917 vor den Militärdienst in die Schweiz und reiste anschließend durch verschiedene europäische Länder. 1921 nahm er für eine italienische anarchosyndikalistische Gewerkschaft (Unione Sindacale Italiana) und Schweizer kommunistische Jugend an einem Gewerkschaftskongress in Russland teil. Als er Russland verließ nahm er Aufnahmen der Beerdigung Peter Kropotkins mit. Anschließend reiste er weiter durch Europa, lebte eine Zeitlang in Berlin. Dort nahm er 1922 am Kongress der anarchosyndikalistischen Internationalen teil, wurde danach  im Knast Moabit inhaftiert. Er entging der Abschiebung nach Italien indem er sich als russischer Staatsbürger ausgab und nach Russland deportieren ließ.
Ab 1923 lebte er in Yalta in einer Landwirtschaftlichen Kommune, dort besuchten ihn italienischsprachige Anarchist*innen im Exil. 1924 schrieb er gegen die Verhaftung des Anarchisten Nicolas Lazarévitch durch die Sowjetunion einen Protestbrief. Einige Jahre später zog er nach Moskau, arbeitet dort im Kropotkin Museum und half Kontakt zwischen den größtenteils aus dem Untergrund handelnden russischen/russischsprachigen Anarchist*innen und der weltweiten Bewegung herzustellen.
1929 wurde er erstmals vom OGPU (der sowjetischen Staatssicherheit) kurzzeitig verhaftet und verbrachte ab 1937 den Rest seines Lebens in sowjetischer Inhaftierung. Während dieser Zeit schrieb er: „Ich erkläre, dass ich ein Anarchist war und bleiben werde und dass niemand meine Überzeugungen ändern wird.“ Er starb am 03.08.1942 im Arbeitslager Vorkuta, kurz bevor er hingerichtet werden sollte.

Weiterführendes:
On Francesco Ghezzi, 1951 – Rudolf Rocker: https://theanarchistlibrary.org/library/rudolf-rocker-on-francesco-ghezzi
Thoughts on Francesco Ghezzi, 2020 – Kate Sharpley: https://libcom.org/article/thoughts-francesco-ghezzi
Francesco Ghezzi: Italian Anarchist in Vorkuta – Barbara Ielasi and Mikhail Tsovma: https://www.katesharpleylibrary.net/sj3w24

Francesco Ghezzi(ungekürzt).pdf

 

Outro
Es wird eine Welt nach dem Marxismus geben:
Er und der andere Ableger der staatlichen Linken der Liberalismus bestimmen heute die Linke Szene, dadurch kontrollieren sie die anarchistische Bewegung. Uns daran zu erinnern, dass den Staat abzulehnen nicht utopisch, sondern normal ist, bedeutet uns zu befreien - weiter bewegen zu können. Das ist nicht nur eine Frage des Selbstbewusstseins als Anarchist*innen. Praktisch führt die Linke Liebe zum Staat beispielsweise dazu, dass beim Widerstand gegen die von Kapitalismus, Staat und Kolonialismus verursachte Klimakatastrophe der Staat statt als Gegner „als Mittel zu ihrer Lösung" gesehen wird. Brechen wir mit der Linken und der Linken Szene! Keinen Frieden mit Marxismus und Liberalismus! Weitere Texte und Links über das Leben dieses*dieser und anderer Anarchist*innen, die vom Marxismus ermordet wurden gibt's unter: breakingthespell.blackblogs.org/murdered-by-marxists

 

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