[B] Antifa-Block am 17. Mai: Nationalismus ist keine Alternative!
Wo man auch hinsieht: Europa rückt nach rechts. Neofaschistische und nationalkonservative Parteien wie der Front National (Frankreich), die UK Independence Party (Großbritannien), die FPÖ (Österreich), die Schwedendemokraten (Schweden), Fidesz und Jobbik (Ungarn) und die Goldene Morgenröte (Griechenland) sind stark wie lange nicht. Gleichzeitig konstituieren sich in zahlreichen europäischen Ländern außerparlamentarische rechte Bewegungen, die wie in Frankreich gegen LGBTI*-Personen und Frauenrechte mobil machen oder wie in Tschechien und Bulgarien mörderische Pogrome gegen Roma organisieren.
Frankreich, Griechenland, Ungarn: Europäischen Rechtsruck stoppen!
Sozialchauvinismus, antimuslimischer Rassismus, Homophobie, Antifeminismus, Antiziganismus und – bei den neofaschistischen Parteien - auch Antisemitismus: Die Programmatik der im Einzelnen sehr unterschiedlichen rechten Parteien setzt sich aus verschiedenen ideologischen Bausteinen zusammen. In jedem Fall zentral ist die nationalchauvinistisch begründete Ablehnung der Europäischen Union. Auch in Deutschland sieht alles danach aus, als könnte die „Alternative für Deutschland“ (AfD) sich mit einem Erfolg bei der bevorstehenden Europawahl als „europaskeptische“ Option zwischen CDU/CSU und NPD etablieren. Dass eine derartige Politik gegenwärtig gut ankommt, verwundert kaum. Die seit 2007 akute Krise des Kapitalismus und die Austeritätspolitik der EU haben im Süden Europas zu sozialen Verwerfungen enormen Ausmaßes geführt und verursachen auch anderswo Verunsicherung und Abstiegsängste in der Bevölkerung.
In dieser Situation verstärkt sich die Tendenz breiter Teile der Bevölkerung, andere Menschen auszugrenzen und zu verfolgen. Durch die Identifikation mit dem hegemonialen Kollektiv versuchen die Menschen, die Sicherheit und Handlungsfähigkeit wiederherzustellen, die sie real nie besessen haben. Daran knüpfen die Rechten Europas auf unterschiedliche Weise an. Die EU dient ihnen dabei als Negativfolie: sie sei verantwortlich für „unkontrollierte Zuwanderung“, für die Erosion traditioneller Werte durch Gender-Mainstreaming und „Regenbogenideologie“. Als bürokratischer, von Lobbygruppen kontrollierter Moloch wird sie dem souveränen Nationalstaat gegenübergestellt, in dem der Wille des Volkes noch etwas zähle und auch sonst alles seinen gewohnten, heimeligen Gang gehen könnte – wäre da nicht die EU.
Solch eine EU-Kritik führt die Realität ad absurdum. Schließlich ist das europäische Grenzregime eines der repressivsten der Welt; eine restriktivere Einwanderungspolitik geht kaum. Das Resultat: jedes Jahr verrecken Tausende Menschen an den militärisch gesicherten Außengrenzen der EU. Auch mit der vermeintlichen Zwangsliberalisierung durch die EU kann es nicht allzu weit her sein, wenn umfassende Faschisierungsprozesse wie in Ungarn umstandslos geduldet werden. Das faktisch bedingungslose Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Spanien zeigt, dass traditionelle Werte der christlich-abendländischen Gesellschaft leider keineswegs in Gefahr sind. In der Ukraine wurden Faschisten zuletzt sogar mit tatkräftiger Unterstützung der EU mit an die Macht geputscht, gegenwärtig bereiten die Jüdischen Gemeinden dort Evakuierungspläne für den Notfall vor.
Alternative für Deutschland? Alternativen zu Deutschland!
In Deutschland ist es – außer in Bayern der CSU – seit längerer Zeit keiner Partei gelungen, das werte- bzw. rechtskonservative Wähler*innenklientel zu binden. Diese Lücke wird nun mit Etablierung der AfD geschlossen. Ihr Erfolgsrezept besteht in der oftmals widersprüchlichen Verbindung von neoliberalen und nationalkonservativen Positionen bei gleichzeitiger Abgrenzung von der extremen Rechten. Entsprechend des deutschen Krisenmärchens heißt es auch dort, das „wir“ mit „unserem Geld“ für die „Versäumnisse der Griechen“ bezahlen müssten. Joachim Starbatty, Volkswirtschaftler und Vorstand des wissenschaftlichen Beirats der AfD, sieht die Ursachen für das Scheitern des Euro gar in einer von der deutschen Mentalität abweichenden, „romanischen (soll heißen: südeuropäischen) Interpretation von Geldwertstabilität“ begründet.
Eine tatsächliche Alternative bietet die neue Partei freilich nicht, will sie doch das neoliberale Programm weiter verschärfen, das die Politik in Deutschland und Europa ohnehin längst prägt. Als von Volkswirtschaftlern und Funktionären deutscher Unternehmen gegründete Partei strebt sie keinen EU-Austritt Deutschlands an, da die deutsche Exportwirtschaft vom europäischen Binnenmarkt immer noch abhängig ist. Stattdessen will sie die Interessen des deutschen Kapitals in Europa weiter stärken und fordert ein noch größeres Gewicht von deutschen Stimmen in den Institutionen der EU.
Auch bei der AfD findet sich die Entgegensetzung von diffus-abstrakter EU-Bürokratie und unmittelbarem Bürger- beziehungsweise Volkswillen. Wer Volk und/oder Staatsbürger ist, wird gleich mitdefiniert: in Anlehnung an die Schweiz – wo aktive Staatsbürger*innen zuletzt durchgesetzt haben, dass „kriminelle Ausländer“ ohne Gerichtsurteil abgeschoben werden können - spricht sich die Partei für Volksentscheide aus. Gleichzeitig fordert Gründungsmitglied Konrad Adam, Arbeitslosen, Migrant*innen und Rentner*innen das Wahlrecht abzuerkennen. Egal wie erfolgreich die AfD bei der Europawahl abschneiden wird, sie wird dazu beitragen, das politische Klima in Deutschland nach rechts zu verschieben und hat dies bereits getan durch den von ihr auf die CDU/CSU ausgeübten Druck, das in der Krise quantitativ zunehmende rechte Wähler*innenpotential aufzufangen.
Wann, wenn nicht jetzt? Antifa heißt Angriff!
Der innere Zusammenhang von kapitalistischer Krise, EU-Austeritätspolitik und europäischem Rechtsruck erfordert einen grenzübergreifend antinationalen Handlungsansatz. Die antiautoriäre Bewegung muss werden, was Staat, Kapital und rechte Ideologie längst sind: international. In Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, den Niederlanden und Spanien finden vom 15. bis 25. Mai 2014 Aktionstage gegen die kapitalistische Krise und die Austeritätspolitik der EU statt. Nehmen wir das zum Anlass, auf den umfassend gesellschaftlichen Charakter der gegenwärtigen Krise aufmerksam zu machen, falschen „Alternativen“ eine Absage zu erteilen und für eine soziale Perspektive jenseits von Kapitalismus und Herrschaft zu kämpfen!
Gegen Kapitalismus, EU und europäischen Rechtsruck! AfD-Wahlkampf sabotieren!
Samstag | 17. Mai 2014 | 12 Uhr | Oranienplatz | Berlin
www.mayofsolidarity.org | www.antifa.blockupy.org
Unterstützer*innen:
Antifa Friedrichshain (AFH)
Antifa Jugendaktion Kreuzberg (AJAK)
Antifaschistische Initiative Nordost (AINO)
Autonome Neuköllner Antifa (ANA)
North East Antifascists (NEA)
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