Broschüre: 1,5 Jahre nach Nobordercamp Köln

transact 19.02.2014 23:40 Themen: Antirassismus Globalisierung Weltweit
Anlässlich der vom 21. bis 23. Februar in Frankfurt stattfindenden no border lasts forever-Konferenz ( http://conference.w2eu.net/) hat die Initiative transact jene Debattenfäden wieder aufgenommen, die spätestens seit dem Nobordercamp in Köln im Sommer 2012 ( http://de.indymedia.org/2012/07/333015.shtml) immer wieder für heftige Kontroversen gesorgt haben.
Seit mindestens 25 Jahren wird unter dem Stichwort der Definitionsmacht immer wieder kontrovers über den Umgang mit sexualisierter Gewalt innerhalb linker Zusammenhänge diskutiert. Hinzu kommt, dass mittlerweile eine Ausdehnung des Konzepts der Definitionsmacht gefordert wird, unter anderem solle diese im Falle rassistischer Diskriminierungen zum Tragen kommen. Wir schätzen die entsprechenden Debatten, weil wir die damit verknüpften Fragen wichtig finden – beispielsweise über Dominanzen, Paternalismen oder unterschiedliche Ausgangsbedingungen und somit auch (Nicht-)Privilegien. Und doch sind die Auseinandersetzungen in vielen Fällen alles andere als konstruktiv verlaufen, stellvertretend hervorgehoben seien die beiden Nobordercamps in Köln und Stockholm im Sommer 2012. Denn im Zentrum stand nicht selten die These, dass unter den gegebenen rassistischen Bedingungen so etwas wie eine gleichberechtige Zusammenarbeit zwischen refugees und non-refugees bzw. zwischen People of Colour- und 'europäisch-weißen'- Aktivist_innen nicht möglich sei. Dies hat nicht nur zu Enttäuschungen, Zerwürfnissen und massiver Verunsicherung geführt. Vielmehr ist es auch zu einer Diskreditierung von Konzepten wie Defintionsmacht oder Critical Whiteness gekommen, schlicht deshalb, weil einzelne Fraktionen immer wieder extrem autoritär, identitär und polarisierend agiert haben. Das ist der Grund, weshalb sich die vorliegende Broschüre mit den erwähnten und vielen weiteren Fragen beschäftigt, allerdings unter Bezug auf unsere Erfahrungen in transidentitär bzw. transnational zusammengesetzten Netzwerken wie NoLager (2002-2007), Welcome to Europe und Afrique-Europe-Interact (beide seit 2009). Denn so schwierig die Herausforderungen sind, wir glauben, dass es möglich ist, in gemischten Netzwerken oder Gruppen gleichberechtigt und respektvoll zusammenzuarbeiten – trotz Allem!

Die 40-seitige Broschüre unter dem Titel „Wie ist deine Freiheit mit meiner verbunden. Stichworte zu gemischter Organisierung, Definitionsmacht und Critical Whiteness liegt auf deutsch, englisch und französisch vor und kann gegen Portokosten bestellt oder im Internet runtergeladen werden:

 http://transact.noblogs.org/

Die Bilder in der Broschüre stammen vor allem von Aktionen des NoLager-Netzwerks, von Welcome to Europe/Nobordercamp Lesbos und Afrique-Europe-Interact - eine kleine Auswahl findet sich auch hier.


Inhaltsverzeichnis der Broschüre:

I. Einleitung:

Editorial: Wie es zu dieser Broschüre gekommen ist


II. Definitionsmacht:

„Nicht warten, bis es knallt“
Interview zu unterschiedlichen Erfahrungen mit Definitionsmacht seit Anfang der 1990er Jahre

Definitionsmacht neu ausbuchstabiert
Stichworte zum kollektiven Umgang mit sexualisierter, rassistischer und anderer Gewalt in sozialen Bewegungen

Vertrauensvolle Beziehungen als Dreh- und Angelpunkt
Trauma, Traumatisierung und Trauma Skills


III. Gemischte Organisierung

Wenn es den Wunsch gibt gemeinsam weiterzugehen
Antirassismus und Differenz in gemischten Organisierungsprozessen

Critical Whiteness als Katalysator
Erfahrungen aus transidentitären und transnationalen Organisierungsprozessen


IV. Interviews

"Das Etikett ‘Unterstützer’ als Mittel, um sich raus zu halten"
Interview mit Rex Osa (The Voice Refugee Forum)

"Wenn mir was auf die Nerven geht, sage ich das"
Interview mit Newroz Duman (Jugendliche ohne Grenzen – JOG)

"Sich begegnen, ohne dass es um dieses Gefälle geht"
Interview mit Riadh Ben Ammar (Afrique-Europe-Interact)

„Unser Ziel ist es, einen Block zu formen“
Interview mit Alassane Dicko von der Assoziation der Abgeschobenen Malis (AME/Bamako)
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Vielen Dank

ich 20.02.2014 - 13:11
Vielen Dank für diese Broschüre!
Gerade bei dieser Debatte wurde wieder einmal offensichtlich, wie bitter notwendig es ist, die Diskussionsprozesse und Erfahrungen der vergangenen Jahrzente linksradikaler Bewegung aufzunehmen und daraus zu lernen.
Die verbreitete Geschichtslosigkeit der Linken hat die Eskalation erst in dieser Form möglich gemacht und die beiden Texte von NoLager Bremen waren schon damals mit die besten, weil sie nicht das kind mit dem Bade ausschütteten ( http://noborder.antira.info/de/texts/definitionsmacht-anders-ausbuchstabiert-2/ und  http://de.indymedia.org/2012/07/333015.shtml)
Für alle, die sich produktiv mit Definitionsmacht und Critical Whitness auseinandersetzen wollen unverzichtbar!