Syrien-Aufruf: Freiheit braucht Beistand

Adopt a Revolution und medico international 30.12.2012 22:12 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Betroffenheit, Ohnmacht, Tragödie – das sind die Schlagworte der medialen Berichterstattung über Syrien. Eine politische Rettung ist nicht in Sicht. Was können wir tun, wenn wir nicht wegschauen und schweigen wollen?
Wie schon zuvor in Tunesien und Ägypten begann der Arabische Frühling auch in Syrien mit einem Fest der Hoffnung. Allwöchentlich versammelten sich die Menschen, um friedlich für ihre Freiheit zu demonstrieren. Aber die demokratischen Proteste verwandelten sich in Aufstände öffentlicher Trauer und Empörung. Nahezu jede Demonstration wurde ein Begräbnis und jedes Begräbnis eine Demonstration. Das Regime von Baschar al-Assad setzte von Anbeginn auf unerbittliche Härte, verweigerte jeden ernsthaften Dialog, jede einvernehmliche politische Lösung. Die AktivistInnen der lokalen Bürgerkomitees wurden verhaftet und gefoltert, tausende friedlicher DemonstrantInnen erschossen, KünstlerInnen und JournalistInnen gezielt ermordet.

Nach Monaten des friedlichen Widerstandes desertierten Soldaten. Sie weigerten sich, auf unbewaffnete Protestierende zu schießen und bildeten die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA). Die Shabbiha-Sondereinsatzgruppen des Regimes begingen gezielte Massaker, ausländische Kämpfer kamen ins Land. Es begannen Häuserkämpfe um ganze Stadtviertel und Ortschaften; blutige Anschläge und tägliche Luftangriffe des Regimes forderten ungezählte Tote. Die Armee schreckte nicht vor dem Einsatz von Streubomben in Wohngebieten zurück. Heute gleichen große Landstriche Syriens einem Alptraum im Wachzustand: Idlib, Homs, Serê Kaniyê (Ras Al Ain), Aleppo, die Vorstädte von Damaskus, Daraa. Ausgelöschte Lebenswelten. Zwischen den Trümmern Menschen, die ihrer Gegenwart, ihrer Vergangenheit und Zukunft beraubt werden. Hunderttausende fliehen vor der ethnisch-religiösen Gewalt des Regimes wie vor der bewaffneter salafistischer Milizionäre. Eine Apokalypse.

In Syrien droht die Zerstörung des Gemeinwesens durch eine Gewaltherrschaft, die ihren Sturz auf unabsehbare Zeit hinauszögern will, und durch eine militärische Gegengewalt, deren Sieg nicht absehbar ist. Auch deshalb ist die fragmentierte politische Opposition im Exil aufgefordert, ihren Beitrag zu einem unabhängigen und pluralistischen Syrien zu leisten. Doch liegt die syrische Tragödie auch darin, dass die Zukunft des Landes längst nicht mehr allein in den Händen seiner BürgerInnen liegt: In Syrien kreuzen sich nicht nur türkische, iranische und saudi-arabische Interessen, sondern auch „östliche“ und „westliche“ Außenpolitik. Das fand seinen Ausdruck im Scheitern der UN-Friedensmission von Kofi Annan und der anhaltenden Selbstblockade im UN-Sicherheitsrat.

Die Lage in Syrien erscheint hoffnungslos. Kein Dialog ist in Sicht und niemand scheint das andauernde Töten stoppen zu können. Jede Waffenlieferung – ob aus Russland, den USA, dem Iran, Europa, der Türkei oder den Golfstaaten – wird die ohnehin bestehende humanitäre Katastrophe verschlimmern. Jede militärische Aufrüstung der Anrainerländer birgt die Gefahr einer Regionalisierung des Krieges. Jede andere Form der offenen militärischen Intervention wird die politischen Kräfte an den Rand drängen und die Opposition in Syrien weiter spalten. Abwarten und Zuschauen droht aber zu ähnlich verheerenden Resultaten zu führen.

Wir, die UnterzeichnerInnen, hoffen weiterhin auf eine friedliche Lösung. Wir wissen, wie begrenzt unsere Möglichkeiten sind. Doch wir können versuchen, verantwortungsvoll zu handeln.

Vor anderthalb Jahren hat eine junge Generation in Syrien ihren Willen zur Freiheit erklärt. Für diese mutigen Frauen und Männer gibt es keinen Weg zurück in die alte Republik der Angst. Unbewaffnete lokale Bürgerkomitees, kurdische Initiativen, Studentengruppen, aber auch palästinensische Jugendliche verweigern sich der militärischen Logik der Zerstörung und verteidigen den demokratischen Aufbruch. Sie helfen nicht nur Verwundeten und Ausgebombten, sondern verteidigen auch die Interkonfessionalität der syrischen Demokratiebewegung gegen die religiöse Hetze des Regimes wie gegen die immer stärker werdenden radikal-islamischen Tendenzen innerhalb der Freien Syrischen Armee und protestieren gegen tagtägliche Menschenrechtsverletzungen. Noch immer finden jeden Freitag hunderte von unbewaffneten Demonstrationen statt; weiterhin versuchen AktivistInnen dort, wo sich der Staat zurückgezogen hat, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Sie alle, vor allem die vielen aktivistischen Frauen, haben keine hier bekannten Namen und kein prominentes Gesicht. Doch sie sind die neue Generation Syriens, die nicht nur Nachbarschaftshilfe für unzählige Inlandsflüchtlinge leistet, sondern Tag für Tag den Boden für ein zukünftiges demokratisches, multi-ethnisches und multi-religiöses Land bereitet. Ihnen gilt unser solidarischer Beistand, unser Respekt und unsere praktische politische Unterstützung.

Wir appellieren an Medien und Öffentlichkeit in Deutschland, das dramatische Geschehen differenziert wahrzunehmen und sich den offenen Blick durch die Bilder der Gewalt nicht verstellen zu lassen. Syrien verschwindet aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit, weil sich das Blutvergießen immer länger hinzieht. Es ist unsere Verantwortung, das zu verhindern.

Unterzeichne diesen Aufruf und spende für die humanitäre Nothilfe und das zivilgesellschaftliche Engagement der unbewaffneten lokalen Basiskomitees in Syrien!
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Ergänzungen

Ja, wir unterstützen die Revolution

Adopt a Revolution 30.12.2012 - 22:25
Nach der Veröffentlichung des von medico international und Adopt a Revolution initiierten Aufrufs “Freiheit braucht Beistand” am letzten Montag ist eine größere Debatte um den Appell entstanden. Der Aufruf fordert zur Unterstützung der zivilen Kräfte auf, die sich für ein demokratisches, soziales und multiethnisches wie multireligiöses Syrien einsetzen.

Wir freuen uns sehr, dass nur wenige Tage nach der Veröffentlichung schon über 1300 Leute den Appell unterzeichnet haben. Neben vielen lobenden Zuschriften für diese Initiative, gab es aber auch Kritik: So wurde einerseits bemängelt, dass wir nicht die Bewaffnung der Rebellen fordern und damit das Blutvergießen in Syrien nur verlängern. Andererseits gab es die Kritik, dass wir den Dialog und eine Übergangsregierung unter Assads Führung ausschließen würden. Neben dieser Kritik, auf die wir unten eingehen möchten, gab es leider auch einige Falschmeldungen: So wurde aus einem unfertigen Entwurf unseres Aufrufs zitiert, den die Unterzeichner gar nicht kannten. Andere zitierten aus einem völlig anderen Aufruf, mit dem wir nichts zu tun hatten, nämlich dem offenen Brief an Bashar Al Assad der Vereinigung der Schriftsteller für den Frieden. Auch die Behauptung ein Unterzeichner wäre wegen seiner Unterschrift nicht angefragt worden, ist falsch.

Neben einigen für uns schwer verständlichen Beiträgen erreichte uns auch ausführliche und ernsthafte Kritik etwa von dem Professor für Friedens- und Konfliktforschung Mohssen Massarrat. Wir haben uns über den sachlichen Ton gefreut und wollen deshalb hier gerne darauf antworten. Im folgenden dokumentieren wir die Stellungnahme von Mohssen Massarrat kursiv und unsere Antworten zu den jeweiligen Punkten:

Warum ich den Syrien-Aufruf von medico international und adopt a revolution „Freiheit braucht Beistand“ nicht unterschreiben kann

Mohssen Massarrat: Als ich den Syrien-Aufruf (  https://www.adoptrevolution.org/aufruf/ ) las und sah, dass viele namhafte Persönlichkeiten aus dem Lager der Friedensbewegung ihn unterschrieben haben, der mir persönlich aber sehr merkwürdig vorkam, teilte ich einem kleinen Freundeskreis aus der Friedensbewegung meine starken Bedenken dagegen mit. Durch eingegangene Rückmeldungen fühlte ich mich in meiner Ablehnung des Aufrufs mehr als bestätigt. Hans-Peter Dürr, einer der prominentesten Unterzeichner des Aufrufs, wundert sich in seiner Rückmeldung an mich, wieso sein Name unter diesen Aufruf gelangt ist. Konstantin Wecker hat offensichtlich seine Unterschrift zurückgezogen. Elmar Altvater warb um Verständnis für seine Unterschrift, er hätte mangels Alternativen und weil er der Auffassung sei, dass man etwas gegen das schlimme Blutvergießen tun müsse, den Aufruf trotz Bedenken unterschrieben. Inzwischen weiß ich von sehr vielen, die diesen Aufruf nicht unterschreiben werden.

Adopt: Der Kritik, ein Erstunterzeichner habe nichts von seiner Unterzeichnung gewusst, sind wir nachgegangen. Wir haben den Rücklauf der angeschriebenen ErstunterzeichnerInnen des Aufrufes „Freiheit braucht Beistand“ überprüft und können versichern, dass kein Name einer Person veröffentlicht wurde, deren Einverständnis für eine Unterschrift nicht vorlag.

Mohssen Massarrat: Die Unsicherheit in der Friedensbewegung scheint ziemlich groß zu sein, zumal der Aufruf von medico international, einer namhaften NGO, die sich u. a. sehr intensiv für die Freiheit der Kurden im Mittleren Osten einsetzt, mit initiiert worden ist. Gerade deshalb muss genauer erklärt werden, worin das Hauptproblem dieses Aufrufes besteht, mit dem jeder Kriegsgegner sich aufrichtig auseinandersetzen sollte. Der Aufruf wendet sich dezidiert gegen Waffenlieferungen und die Einmischung von allen Seiten in den Syrien-Konflikt und plädiert für die Unterstützung der nicht bewaffneten Oppositionsgruppen gegen das Assad-Regime. Er formuliert damit auf den ersten Blick positive Positionen, denen normalerweise jede/r Friedensbewegte zustimmen könnte. Auffällig sind allerdings folgende Aspekte:

1) Die ganze politische Stoßrichtung des Aufrufs zielt ausschließlich auf die Gräueltaten des Assad-Regimes und lässt damit einen regime change suggestiv als alternativlos erscheinen. Dies wird zusätzlich mit der Behauptung untermauert, das Assad-Regime hätte sämtliche Dialogmöglichkeiten mit der Opposition ignoriert. Immerhin gab es den russischen Vorschlag der Schaffung einer Übergangsregierung unter Mitwirkung des Assad-Lagers, der jedoch an der Ablehnung durch die syrischen Oppositionsgruppen und der sie unterstützenden Staaten (Saudi-Arabien und USA) gescheitert ist. Im übrigen bleibt der Aufruf hinsichtlich der Identität der unbewaffneten syrischen Oppositionsgruppen und wie man sie vom Ausland aus unterstützen kann unkonkret.

Adopt: Es ist richtig, dass Adopt a Revolution den Sturz des Assad-Regimes befürwortet. Wie schon unser Name sagt, unterstützen wir die Revolution. Dass der Aufruf jedoch ausschliesslich auf die Gräueltaten des Regimes zielt ist falsch – u.a. wird die Gegengewalt der Rebellen und insbesondere die Angst, die salafistische Milizen verbreiten ebenfalls erwähnt. Was die sogenannten Dialogangebote des Assad-Regimes betrifft, halten wir sie nicht nur für unzureichend, sondern vor allem auch für unglaubwürdig. Denn jedes Dialogangebot ging einher mit weiteren gezielten Tötungen friedlicher DemonstrantInnen, Verhaftungen, Folter und Mord an politischen OpponentInnen. Wer einmal auf der Website von Adopt a Revolution war, weiß, dass wir sehr klar benennen, wen wir unterstützen. In Berichten kann jeder nachlesen, was genau die von uns unterstützten Komitees machen. Auch über ihre politischen Ansichten schreiben die Komitees. Selbstredend sind das bei meist jugendlichen AktivistInnen keine ausgefeilten Weltanschauungen. Wer etwas anderes erwartet, verkennt Charakter und Dynamik einer Revolution. Die Berichte der Komitees stehen alle online:  https://www.adoptrevolution.org/category/berichte-der-komitees/

Mohssen Massarrat: 2) Will man aber wirklich ein weiteres Blutvergießen und eine Ausweitung des Bürgerkrieges und eine mögliche militärische Intervention der NATO verhindern, dann wäre gerade ein Übergangsregime, selbstverständlich unter Mitwirkung des gegenwärtig herrschenden Regimes, friedenspolitisch die einzig zielführende Alternative, die auch am besten geeignet wäre, Massakern an Aleviten, die durch einen Sturz des Assad-Regimes wahrscheinlich wären, vorzubeugen. Die positiven Beispiele Südafrikas und Chiles sind historische Belege für die alternative “Übergangsregierung” als friedenspolitisch beste Lösung des Konflikts, die auch in Syrien hätten nachgeahmt werden können. Hier hätte so und unter der Aufsicht der UNO ein Prozess eingeleitet werden können, an dessen Ende freie Wahlen und eine neue Verfassung möglich würden. Von dieser Alternative würde gerade die unbewaffnete syrische Opposition am meisten profitieren können, für die sich der Aufruf stark macht. Aber merkwürdigerweise wird im Aufruf ausgerechnet dieser russische Vorschlag, dem das Assad-Regime zugestimmt hatte, unterschlagen. Damit wird der scheinbar positive Ansatz des Aufrufs, der unbewaffneten Opposition eine Stimme geben zu wollen, unglaubwürdig.

Adopt: Der Vergleich mit den Übergangsmodellen in Südafrika und Chile ist weit hergeholt, die historische Situation in Syrien ist eine völlig andere. Richtig ist aber, dass ein großer Teil der Opposition zu Beginn der Proteste im März 2011 darauf gesetzt hat, dass der „Reformer“ Assad auf die Protestbewegung zugehen und einen demokratischen Übergang einleiten würde. Anders als in Tunesien und Ägypten, wo die vagen Reformankündigungen Ben Alis und Mubaraks, nur zu größeren Protesten führten, haben viele Menschen in Syrien Assads anfängliche Versprechen begrüßt und Hoffnungen in ihn gesetzt. Doch sie wurden brutal enttäuscht. Monate lang gab es immer wieder Angebote von großen Teilen der Opposition, mit dem Regime zu verhandeln. Die einzige Vorbedingung war, das Töten und die Verhaftungen von AktivistInnen auszusetzen. Trotzdem ließ sich das Regime darauf an keinem Tag in den letzten 20 Monaten ein. Inzwischen hat sich das Assad-Regime mit seiner anfangs fast gänzlich einseitigen Gewalt, seinen skrupellosen Menschenrechtsverletzungen und seinem tiefen Zynismus gegenüber Leben und Willen der eigenen Bürger so weit diskreditiert, dass nur für einen winzigen Teil der Opposition ein Dialog mit Assad überhaupt in Betracht kommt, allerdings unter genannten Vorbedingungen, die das Regime bisher nicht bereit war zu erfüllen. Eine Übergangsregierung unter Beteiligung Assads würde den Konflikt insofern keineswegs beenden. Auch Menschen, denen es allein um die Verhinderung von Blutvergießen geht, egal zu welchen Bedingungen, können dies nicht sinnvollerweise fordern, wenn sie sich mit der Situation in Syrien beschäftigt haben. Voraussetzung für eine Übergangsregierung müsste ein Rücktritt Assads sein, wie es seine Kollegen Ben Ali und Mubarak vorgemacht haben. Leider hat Assad mehrfach betont, dass er lieber sterben wolle. Persönlich geben wir die Hoffnung nicht auf, dass Russland es schafft, einen solchen Abgang zu organisieren.

Mohssen Massarrat: 3) Mit keinem Wort – und das ist für mich das Allerwichtigste bei diesem Aufruf – werden die offensichtlichen Bestrebungen einer koordinierten Intervention von Außen erwähnt, die ja zur Zeit zwischen den arabischen Ölstaaten (Saudi-Arabien und Katar) einerseits und der NATO durch die Aufstellung von Patriot-Raketen in der Türkei andererseits im Gange sind. Hinzu kommt die westliche Propaganda im Vorfeld einer möglichen militärischen Intervention, das Assad-Regime bereite sich auf den Einsatz von chemischen Waffen gegen das eigene Volk vor. Die täglichen Warnungen westlicher Politiker an das Assad-Regime, keine Chemiewaffen gegen das eigene Volk einzusetzen und die angeblichen Geheimdienstberichte, das Assad- Regime sei dabei, das Nervengift Sarin herzustellen, um sie in Syrien einzusetzen, erinnern an die Lügenpropaganda vor dem Irakkrieg von Colin Powell, das Saddam Hossein-Regime verfüge nachweislich über Massenvernichtungswaffen. Die Unterstellung, das Assad-Regime wolle Chemiewaffen gegen das eigene Volk einsetzen, grenzt an eine Absurdität, die man sich nur in interessierten Geheimdienstkreisen ausdenken kann.

Adopt: In dem Aufruf ging es uns nicht darum die vielfältigen geostrategischen Interessen aufzuschlüsseln. Wir tun das in unserer vierseitigen Zeitung, die am Samstag,den 22.12.2012 in der taz erscheinen wird (und ab dann auch auf unserer Webseite abrufbar ist). Deshalb haben wir es bei einem Satz belassen: „In Syrien kreuzen sich nicht nur türkische, iranische und saudi-arabische Interessen, sondern auch „östliche“ und „westliche“ Außenpolitik.“ Zum Thema Giftgas hat sich Adopt a Revolution-Mitbegründer Elias Perabo bereits im August 2012 in der taz geäußert ( http://www.taz.de/!100100/ ). Allerdings widersprechen wir Mohssen Massarrat insofern, als es sich keinesfalls nur um westliche Geheimdienstberichte zu handeln scheint, die einen Einsatz von Giftgas befürchten. Denn auch der Iran hat Assad davor gewarnt, Giftgas einzusetzen.

Mohssen Massarrat: 4) Der Aufruf hüllt sich über die spürbare psychologische Kriegsvorbereitung und die einseitige Berichterstattung im Westen völlig in Schweigen. Jegliche konkrete Forderung, wie der Konflikt ohne Krieg beendet werden kann, was ja eigentlich ein zentrales Anliegen eines friedenspolitischen Aufrufes sein müsste, fehlt im Aufruf. Er enthält auch keine Hinweise, wie wir vom Ausland einen Beitrag für den Aufbau einer pluralistischen Gesellschaft in Syrien leisten könnten. Die kritischen Hinweise auf Waffenlieferungen und Einmischung von Außen erscheint in diesem Kontext eher als Alibi, um das Wesentliche nicht beim Namen zu nennen.

Adopt: Im Aufruf heißt es „Wir, die UnterzeichnerInnen, hoffen weiterhin auf eine friedliche Lösung. Wir wissen, wie begrenzt unsere Möglichkeiten sind. Doch wir können versuchen, verantwortungsvoll zu handeln.“ Gleichzeitig stellen wir in dem Aufruf detailliert dar, welchen Beitrag die AktivistInnen in den BürgerInnenkomitees leisten und wie eine Hilfe aussehen könnte. Adopt a Revolution unterstützt sie dabei, denn wir halten ihre Basisarbeit für die beste Grundlage für eine demokratische, freie und pluralistische Gesellschaft.

Mohssen Massarrat: 5) Man fragt sich, was medico international mit diesem Aufruf erreichen will. Hat die Fokussierung auf das Assad-Regime mit dem verständlichen Wunsch der Kurden in Syrien zu tun, die nichts gegen eine militärische Intervention der NATO hätten, wenn dadurch dieses Regime fallen würde? Im Irak war es nämlich so! Und kann sich dann die Friedensbewegung bei einem so komplexen Konflikt im Mittleren Osten auf die Solidarität mit einer der Konfliktparteien einlassen und dabei die Möglichkeit eines Krieges, wie er im Falle des Irak mit allen seinen Folgen stattfand, gänzlich ausblenden? Es ist allerdings das gute Recht einer NGO, sich so zu positionieren. Es ist aber mehr als fraglich, diese Haltung nicht offen in einem Aufruf für jedermann erkenntlich zu formulieren. Alle diejenigen, die den Aufruf im guten Glauben unterschrieben haben, sie würden dadurch gegen Krieg als Lösung im Syrienkonflikt Position beziehen (viele mir bekannten Namen unter dem Aufruf deuten auf eben eine solche Antikriegshaltung hin), würden sich massiv hinters Licht geführt fühlen, wenn dieser Aufruf letztlich indirekt eine mögliche NATO-Intervention rechtfertigt.

Adopt: Adopt a Revolution hat sich immer klar gegen eine Nato-Intervention ausgesprochen. Belege dafür sind auf der Website zu finden, aber auch in einem Kommentar in der taz vom 19.10.2012 ( https://www.adoptrevolution.org/taz1910/ ). Das hat sich auch mit diesem Aufruf nicht geändert. Am Rande ist anzumerken, dass die Mehrheit der Kurden in Syrien anders als 2003 im Irak eine Intervention ablehnt.

(Die Position von Adopt a Revolution gibt die Meinung des Kernteams wieder. Wir sprechen damit nicht für Beiratsmitglieder. Medico International hat für sich auf ihrer Website ebenfalls Stellung bezogen: Diskussion um Syrien und Antworten, die gültig bleiben.)

Adopt a Revolution

Malcolm X 30.12.2012 - 22:52
Adopt a Revolution besteht aus Leuten aus SPD und Grünen, teilweise Stab der ehemaligen Regierung. Ja, das sind die die ganz gewaltfrei Patriots in Kurdistan stationieren lassen und Afganistan "wiederaufbauen". Im Beirat sind Mitglieder aus dem tendentiell islamistischen Syrischen Nationalrat, die gemeinsame Sache mit Al Nusra/Al Kaida machen...

Einer der Kommandeure:

"Erst Damaskus, dann Tel Aviv"

Sogar die US - regierung nennt sie Terroristen. AaR hat mit ihnen keine Probleme...

All die Lügen von AaR wurden schon auf "Linksunten" und in der Presse veröffentlicht. Hier würden sie wohl zensiert werden.

Inzwischen distanziert sich eine der Gründungsgruppen und zahlreiche ehemalige UnterstützerInnen (war auch in der Presse).

Warum das jetzt hier wieder aufgebrüht wird ist schleierhaft...

Wer ist Adopt a Revolution

Elke 31.12.2012 - 00:08
Wie für schon vor Monaten recherchiert und veröffentlicht wurde ist der Berliner Grüne Farhed Ahma Mitbegründer von "Adopt a Revolution", neben anderen Vertretern aus dem ehemaligen SPD - Grünen - Regierungsapparat und den Juso - Neu - Fans der strikten Kriegsgegner Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Ahma ist das prominente Gesicht der Spendenkampagne in Fernsehen und Presse. Nur brachte er ab einem bestimmten Punkt eben den von Medico international unterstützten zivilen Widerstand derLCC und die dschijadistisch durchsetzten SNC von Gnaden der wahabitischen Reaktionäre Quatars und Saudiarabiens durcheinander und outete sich als Mitglied des SNC. Interviews in diesem Sinne können gegoogelt werden. Auf Seiten von "AaR" ist er nach Presseveröffentlichungen plötzlich nur noch "ehemaliges Mitglied des SNC", beim SNC aber weiter "member" (www.syriancouncil.org/en/members/item/188- farhed-ahma.html).

Beiratskollege Houzan Ibrahim wird auf Veranstaltungen von "AaR" gerne als "syrischer Aktivist" präsentiert. Schaut man wieder auf "www.syriancouncil.org/en/component/k2/item/83-houzan-ibrahim.html" gehört er dem SNC - Generalsekretariat an.

Medico international ist sehr zu schätzen Scheinbar werden sie hier leider vorgeführt.

So ist wohl auch obiger Austritt und die Rückname von Unterschriften zu sehen.

Wir müssen reden

Antiimp 01.01.2013 - 23:36
Auch hier läuft eine Debatte, die geradezu unsägliche Züge annimmt: Da wird AktivistInnen unterstellt, sie würden eine Nato-Intervention in Syrien vorbereiten und/oder wahlweise islamistische Positionen vertreten. Dazu passt sehr gut ein Blogbeitrag von ND-Chefredakteur Tom Strohschneider:

Wir müssen reden: Zur Debatte um den Syrien-Aufruf "Freiheit braucht Beistand"

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/808238.wir-muessen-reden-zur-debatte-um-den-syrien-aufruf-freiheit-braucht-beistand.html

an Auchsehrinteressant

Yegu 03.01.2013 - 13:49
Die Zukunft der Menschen kann nur besser werden, wenn die Menschen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. Und genau das tun die Menschen gerade in Syrien. Und besser als mit einem so mörderischen Folterregime, wie sich das Assad-Regime in den letzten 2 Jahren gezeigt hat, kann es nur allemal werden. Daher: Solidarität mit dem Aufstand!
Und wenn du die Gewaltfrage ansprichst (siehe Kommentar zum Kommentar im Link), dann scheint mir das relativ nebensächlich, wenn die Reaktion des Regimes sieht. (Nur mal so, wenn man mit gleichen Maßstab urteilen will). Dann ist auch die Diskussion über rot-rot-grün in Deutschland und den Flugabwehrdingern an der türkischen Grenze eher uninteressant.
Auch das angebliche Argument, dass der "Westen" seinen wirtschaftlichen Einfluss erweitern will, ist relativ haltlos, wenn man bedenkt, dass der "Westen" auch sehr gut mit Regimen handeln kann (dann aber ohne auf Proteste der lokalen Bevölkerung achten zu müssen), was "er" mit Syrien auch getan hat.

So wurde noch im Dezember 2010 geschrieben: "Traditionell sind die bilateralen Beziehungen freundlich. Regelmäßige Delegationen von Bund und Ländern besuchen Syrien. In den ersten neun Monaten 2010 exportierte die deutsche Wirtschaft Waren im Wert von 476,4 Mio. Euro nach Syrien, vor allem elektronische Erzeugnisse, Maschinen, Kraftfahrzeuge und chemische Produkte. Im gleichen Zeitraum hatten die syrischen Lieferungen nach Deutschland einen Umfang von 767,5 Mio. Euro, wobei Erdöl mit die wichtigste Rolle spielt." (Quelle:  http://www.ghorfa.de/fileadmin/inhalte/laenderprofile/ueberblick_Syrien.pdf)

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Ihr schlauen Kommentatoren!

dummer Kommentator 31.12.2012 - 08:20
O.k., ich verstehe, wenn die islamistischen Mitglieder des SNC als islamistisch kritisiert werden. Aber jemanden (Farhed Ahma) dort zu kritisieren, der gerade nicht islamistisch ist, ist doch wohl etwas dumm.

Aber ich sehe, woher der Wind weht. Einige unbelehrbare Antiimps, die trauchig sind, dass ihr Führer Stalin tot ist, sind sauer, dass auf der einziger Demo, zu der sie jährlich gehen und die gesellschaftlich so ziemlich irrelevant ist und wo sie Bilder ihres geliebten Stalin hochhalten und anderer Führer wie Fidel Castro und Kim Jong-il, dass dort Gruppen, die noch halbwegs bei Sinnen sind, dort nicht mehr mitmachen. Dann stellt man natürlich gleich fest, dass alle, die adopt a revolution unterstützen, in den falschen Parteien sind. Nur leider seid Ihr (Antiimps) nicht die Alternative. Und da werdet ihr auch nicht weiterkommen, wenn Ihr alle emanzipatorischen linken Kräfte, die nicht in einer Regierungspartei waren, in Verkennung der Realität auch gleich als Kriegstreiber bezeichnet. Dass Leute, die auf Führer wie Stalin stehen, auch Assad-Fans sind, ist mir klar.

Lampenputzer - Anarcho

Hans 31.12.2012 - 14:30
So nannte Erich Mühsam Leute wie dich. Aber du bist ja auch ein (Bauch-) Anarcho, kein Anarchist, kennst sicher nichtmal den Unterschied.

AnarchistInnen machen sich bestimmt nicht mit olivgrünen Abgeordneten, SpdlerInnen, Regierungsmitgliedern von rot - grün, islamistisch offenen FSAlern und den Kurdenschlägern vom SNC gemein. NATO - Kriege lehnen sie auch eher ab.

@Hans

dummer Kommentator 31.12.2012 - 21:34
Du verwechselst. Du bist der Lampenputzer. Nämlich der, der gegen die Revolution in Syrien ist, weil damit seine Lampe mit dem Stalinbild kaputt geht und weil vielleicht Leute mitgehen, die keine Stalinbilder tragen oder weil die Revolution nicht von einer kommunistischen Partei angeführt wird und weil er nicht glauben kann, dass Leute von sich aus die Politik selbst in die Hand nehmen und gegen ein Regime protestieren und der daher ständig einen Wahn im Hirn hat, dass alles eine Verschwörung des Westens (NATO und ehemalige deutsche Regierungsparteien und böse Medien) ist. Das Mühsam-Gedicht ist gerade gegen die Leute, die 1919 gegen die Fortführung der Revolution aus kleinlichen Gründen waren. Damals war das die SPD. Heute sind auch Antiimps und Stalinfreunde (sozusagen die Sozialdemokraten des 21. Jahrhunderts) gegen die Revolution in Syrien (diese äußern sich zumindestens im Gegensatz zu anderen Gegenern der Revolution auf indymedia in Kommentaren), die ich aber eh nicht als links bezeichnen würde. Wäre ja auch doof, wenn Euer Verschwörungsweltbild auseinanderbrechen würde. Und dafür findet Ihr kleinliche und weit hergeholte Gründe. Habt Ihr nicht schon vor 1 1/2 Jahren behauptet, ein NATO-Angriff stünde ganz kurz bevor? Warum ist der wohl bisher ausgeblieben? Putze weiter Deine Lampe am Stalinbild. Gesellschaft werden andere verändern.

Solidarität mit der Revolution in Syrien!!

Frage

Fragender 01.01.2013 - 10:58
Welche Revolution? Du meinst doch wohl eher einen Regimewechsel?

@Fragender

Yegu 01.01.2013 - 17:35
Regimewechsel?
Du glaubst, dass 100-Tausende Menschen, die monatelang trotz Beschuss durch Sicherheitskräfte durchgehalten haben und sehr viele Monate friedlich demonstriert haben es zulassen, dass das Regime nur wechselt? Das mag vielleicht eher noch für Ägypten zutreffen, wo der Diktator nach wenigen Tagen gegangen ist, aber sicher nicht in Syrien. 100.000-tausende Menschen die fast 2 Jahre in der Revolution involviert sind, werden sich ihre Freiheit weiter erkämpfen und sicher nicht so schnell wieder abgeben. Das mag geopolitisch von vielen Regierungen nicht erwünscht sein und auch den Antiimps nicht gefallen, weil die ja daran glauben, dass Menschen sowas wie Führer brauchen.

Assad hau ab! Freiheit für die Menschen in Syrien!