Vor 20 Jahren - Münchner Kessel beim Gipfel
Leider tauchen hier viel zu selten Berichte von früheren Ereignissen der Bewegungen auf, die die damals (und z. T. auch heute noch Aktiven) geprägt haben. Mag daran liegen, das viele junge AktivistInnen die Zeit eben nicht miterlebt haben. Ich halte es dennoch für relevant, besonders ausgewählte relevante Ereignisse hier thematisch zu behandeln, mag sich auch für die "jüngere Generation" der/die eine oder andere dafür interessieren, was vor 20-30 Jahren möglich war und wie der Staat darauf reagierte. Da sich vor 20 Jahren einer der überzogensten und massivsten polizeilichen Einsätze gegen DemonstrantInnen der deutschen Nachkriegsgeschichte ereignete, werde ich davon berichten...rein subjektiv natürlich...Anlass hierfür war der Weltwirtschaftsgipfel, der Anfang Juli 1992 in München stattfand...
Es ist Frühsommer 1992, die linke autonome Bewegung befindet sich nicht unbedingt auf dem Höhepunkt ihrer Aktivitäten. Hauptthema waren die steigenden Übergriffe gegen MigrantInnen durch Faschisten in den neuen Bundesländern. Und dann war da noch der Weltwirtschaftsgipfel in München...
Für die LeserInnen, die den G8-Gipfel in Heiligendamm vor 5 Jahren miterlebt haben:
Vor diesem gab es bereits 2 vergleichbarer Gipfeltreffen in der BRD, welche ebenfalls von einer breiten linken Protestkampagne begleitet wurden, aber nicht die zahlenmäßigen Dimensionen des G8 von 2007 erreichten.
Das eine war der Gipfel 1985 in Bonn, bei dem es am Ende einer Großdemo von 20 000 Menschen auf dem Münsterplatz zu der wahrschl. heftigsten Straßenschlacht in der Geschichte der damaligen Hauptstadt kam; hierbei ging u. a. die Schaufensterfront des Kaufhof konsequent zu Bruch und die Auslagen wurden verteilt.
Danach, 1992, der Gipfel in München, und da Bayern seit Wackersdorf in Law-and-Order-Strategien eine andere Denk- und Vorgehensweise hatte, wollte man Szenen wie in Bonn unbedingt vermeiden.
Bayerns CSU-geprägte Polizeiführung malte vorab in der Lokalpresse Schreckensszenarien von "3000 gewaltbereiten Autonomen im Anmarsch auf München" an die Wand und ähnliches.
München holte ein Polizeiaufgebot von 9000 BeamtInnen zusammen (im Vergleich zu 15 Jahre später Heiligendamm - dort war mehr als das doppelte eingesetzt!).
Bereits bei der Internationalen Großdemo, die am Samstag, dem 4. Juli, vom Marienplatz aus durch die Münchner City zog, wurden wir, die aus dem hohen Norden mit Bussen nach München gereist waren, mit einer Repressionswelle konfrontiert, welche wir so noch nie zuvor im Vorfeld einer Demo erlebt haben (mal von der Kleve-Geschichte bei Brokdorf abgesehen was aber eine andere Ausgangssituation war):
Um München herum brach auf allen Straßen der Verkehr zusammen, weil die Polizei A L L E S was irgendwie "links" aussah, rigoros in Kontrollstellen leitete und ausgiebig filzte. Einschüchterung im Vorfeld.
Leicht frustriert kamen wir dann nach 2stündigem Kontrollstellenaufenthalt in der Münchner City an, wo wir auf die zweite Kontrollstelle stoßen - diesmal am Marienplatz, wo sich jeder Demo-Teilnehmer nochmals filzen und durchsuchen lassen musste. Durch dieses Filzen von insg. rund 25 000 Demo-TeilnehmerInnen verzögerte sich die Demo um 2-3 Stunden. Wer dann aber dachte, jetzt könnte die Großdemo einfach so los, der irrte...
Die damals noch nicht so bekannte bayerische Polizeisondereinheit USK (Unterstützungskommando;heute den meisten bekannt aus Demos von Hamburg bis Rostock) stürmte bei den kleinsten "Verstößen gegen das Versammlungsgesetz" brutal knüppelnd in die Menge, ohne das zuvor Steine o.ä. geflogen sind.
Das derart massiv in eine Demo reingegangen wurde, habe ich in meinen vielen aktiven Jahren zuvor in dieser Form nur noch bei den IWF-Protesten 88 in Berlin erlebt.
Interessant war auch, das an diversen Kreuzungen auf der Demo-Route zahlreiche Sondereinsatzkommandos (SEK) aus den verschiedensten Bundesländern zum Zwecke der Einschüchterung bereitgestellt wurden und in einigen Fällen sich ebenfalls an den Knüppelorgien beteiligten (für die jüngeren Leser: ja, die SEKs mischten damals wirklich noch bei Demos mit, und das ohne Gesichtsmasken).
Als die Demo am Odeonsplatz im Regen endete, ist auf der ganzen Strecke nicht ein einziger Stein geflogen, auch das herbeigeredete "Gewaltpotential" konnte kein Pressevertreter ausmachen. Dafür gab es eine Reihe von Verletzten, überwiegend mit Kopfplatzwunden, durch Knüppelhiebe.... "Münchner Linie" nannte man das.
Dann der eigentliche Tag des Gipfels, am 6. Juli:
Kohl empfängt mit viel bayerischem Trachten-Rummel und Marschmusik an der Residenz seine G7-Freunde Bush, Jelzin u.a.
Wir waren überrascht, das wir in Sichtweite dieses Zirkusses überhaupt kamen, im Vorfeld hatte man sich auf lautstarken, aber friedlichen Protest geeinigt. Hunderte Trillerpfeifen kamen aber gegen die Marschmusik nur begrenzt ein. Dann traten erneut die USK und SEK-Einheiten auf den Plan, die wir bereits samstags auf der Großdemo kennengelernt hatten. Mit Fußtritten und Knüppelhieben wurden wir auf einen Platz hinter dem Münchner Rathaus getrieben und dort eingekesselt. Stundenlang.
Der "Hamburger Kessel" in Münchner Neuauflage, und das vor den Augen der Weltpresse...
passive friedliche DemonstrantInnen brachial zusammengetrieben wie Vieh von wild knüppelnden Polizeitruppen...
Als eigentlich skandalös empfinde ich heute noch weniger die eigentliche Einkesselung - sondern vielmehr das, was danach kam: Mensch für Mensch wurde aus dem Gipfel einzeln "abgeführt", mit brutaler Gewalt unter Knüppelschlägen zu Boden gebracht...ein derart überzogenes Vorgehen der Polizei ist im deutschen Demo-geschehen der letzten Jahrzehnte wirklich einzigartig.
Auf den Fernsehsendern waren Bilder zu sehen, die nur Teilaspekte des Geschehens widergaben, die wirklichen Szenen der Härte wurden (bewusst o unbewusst?) nicht gesendet. Die zusammengezogene Knüppel-Elite der Bundesrepublik von USK, BGS und SEK der Länder war vor Ort und nahm den Platz als Trainingswiese für Schmerzgriffe aller Art. Am Rande konnte ich sogar einen Trupp des Berliner SEK wiedererkennen, welche mir noch von der Mainzer Straße in Erinnerung geblieben ist.
Am Tag danach: Entsetzen über den Polizeieinsatz, SPD-Bürgermeister Ude zeigt sich schockiert, sogar konservative Medien hinterfragen, ob derartig massives Polizeivorgehen notwendig war.
CSU-Ministerpräsident Max Streibl rechtfertigt das "Hinlangen" als bayerische Art, getreu dem Motto "wer sich mit Bayern anlegt", muß mit den Folgen leben. Erinnerungen an Strauß und Wackersdorf im Tschernobyl-Sommer 86 werden wach...
Münchner Haftrichter spielen bei der ganzen Sache nicht mit, und bestätigen den polizeilichen Gewahrsam nicht, worauf die meisten Festgenommenen aus dem Gewahrsam wieder entlassen werden.
Das war meine subjektive Schilderung des "Münchner Kessels" vor exakt 20 Jahren.
Wenn es noch Fragen gibt, raus damit.
Würde mich außerdem freuen, wenn Menschen die damals mit vor Ort waren und noch Fotos von dem Kessel oder der Demo haben, diese hier hereinsetzen.
Für die LeserInnen, die den G8-Gipfel in Heiligendamm vor 5 Jahren miterlebt haben:
Vor diesem gab es bereits 2 vergleichbarer Gipfeltreffen in der BRD, welche ebenfalls von einer breiten linken Protestkampagne begleitet wurden, aber nicht die zahlenmäßigen Dimensionen des G8 von 2007 erreichten.
Das eine war der Gipfel 1985 in Bonn, bei dem es am Ende einer Großdemo von 20 000 Menschen auf dem Münsterplatz zu der wahrschl. heftigsten Straßenschlacht in der Geschichte der damaligen Hauptstadt kam; hierbei ging u. a. die Schaufensterfront des Kaufhof konsequent zu Bruch und die Auslagen wurden verteilt.
Danach, 1992, der Gipfel in München, und da Bayern seit Wackersdorf in Law-and-Order-Strategien eine andere Denk- und Vorgehensweise hatte, wollte man Szenen wie in Bonn unbedingt vermeiden.
Bayerns CSU-geprägte Polizeiführung malte vorab in der Lokalpresse Schreckensszenarien von "3000 gewaltbereiten Autonomen im Anmarsch auf München" an die Wand und ähnliches.
München holte ein Polizeiaufgebot von 9000 BeamtInnen zusammen (im Vergleich zu 15 Jahre später Heiligendamm - dort war mehr als das doppelte eingesetzt!).
Bereits bei der Internationalen Großdemo, die am Samstag, dem 4. Juli, vom Marienplatz aus durch die Münchner City zog, wurden wir, die aus dem hohen Norden mit Bussen nach München gereist waren, mit einer Repressionswelle konfrontiert, welche wir so noch nie zuvor im Vorfeld einer Demo erlebt haben (mal von der Kleve-Geschichte bei Brokdorf abgesehen was aber eine andere Ausgangssituation war):
Um München herum brach auf allen Straßen der Verkehr zusammen, weil die Polizei A L L E S was irgendwie "links" aussah, rigoros in Kontrollstellen leitete und ausgiebig filzte. Einschüchterung im Vorfeld.
Leicht frustriert kamen wir dann nach 2stündigem Kontrollstellenaufenthalt in der Münchner City an, wo wir auf die zweite Kontrollstelle stoßen - diesmal am Marienplatz, wo sich jeder Demo-Teilnehmer nochmals filzen und durchsuchen lassen musste. Durch dieses Filzen von insg. rund 25 000 Demo-TeilnehmerInnen verzögerte sich die Demo um 2-3 Stunden. Wer dann aber dachte, jetzt könnte die Großdemo einfach so los, der irrte...
Die damals noch nicht so bekannte bayerische Polizeisondereinheit USK (Unterstützungskommando;heute den meisten bekannt aus Demos von Hamburg bis Rostock) stürmte bei den kleinsten "Verstößen gegen das Versammlungsgesetz" brutal knüppelnd in die Menge, ohne das zuvor Steine o.ä. geflogen sind.
Das derart massiv in eine Demo reingegangen wurde, habe ich in meinen vielen aktiven Jahren zuvor in dieser Form nur noch bei den IWF-Protesten 88 in Berlin erlebt.
Interessant war auch, das an diversen Kreuzungen auf der Demo-Route zahlreiche Sondereinsatzkommandos (SEK) aus den verschiedensten Bundesländern zum Zwecke der Einschüchterung bereitgestellt wurden und in einigen Fällen sich ebenfalls an den Knüppelorgien beteiligten (für die jüngeren Leser: ja, die SEKs mischten damals wirklich noch bei Demos mit, und das ohne Gesichtsmasken).
Als die Demo am Odeonsplatz im Regen endete, ist auf der ganzen Strecke nicht ein einziger Stein geflogen, auch das herbeigeredete "Gewaltpotential" konnte kein Pressevertreter ausmachen. Dafür gab es eine Reihe von Verletzten, überwiegend mit Kopfplatzwunden, durch Knüppelhiebe.... "Münchner Linie" nannte man das.
Dann der eigentliche Tag des Gipfels, am 6. Juli:
Kohl empfängt mit viel bayerischem Trachten-Rummel und Marschmusik an der Residenz seine G7-Freunde Bush, Jelzin u.a.
Wir waren überrascht, das wir in Sichtweite dieses Zirkusses überhaupt kamen, im Vorfeld hatte man sich auf lautstarken, aber friedlichen Protest geeinigt. Hunderte Trillerpfeifen kamen aber gegen die Marschmusik nur begrenzt ein. Dann traten erneut die USK und SEK-Einheiten auf den Plan, die wir bereits samstags auf der Großdemo kennengelernt hatten. Mit Fußtritten und Knüppelhieben wurden wir auf einen Platz hinter dem Münchner Rathaus getrieben und dort eingekesselt. Stundenlang.
Der "Hamburger Kessel" in Münchner Neuauflage, und das vor den Augen der Weltpresse...
passive friedliche DemonstrantInnen brachial zusammengetrieben wie Vieh von wild knüppelnden Polizeitruppen...
Als eigentlich skandalös empfinde ich heute noch weniger die eigentliche Einkesselung - sondern vielmehr das, was danach kam: Mensch für Mensch wurde aus dem Gipfel einzeln "abgeführt", mit brutaler Gewalt unter Knüppelschlägen zu Boden gebracht...ein derart überzogenes Vorgehen der Polizei ist im deutschen Demo-geschehen der letzten Jahrzehnte wirklich einzigartig.
Auf den Fernsehsendern waren Bilder zu sehen, die nur Teilaspekte des Geschehens widergaben, die wirklichen Szenen der Härte wurden (bewusst o unbewusst?) nicht gesendet. Die zusammengezogene Knüppel-Elite der Bundesrepublik von USK, BGS und SEK der Länder war vor Ort und nahm den Platz als Trainingswiese für Schmerzgriffe aller Art. Am Rande konnte ich sogar einen Trupp des Berliner SEK wiedererkennen, welche mir noch von der Mainzer Straße in Erinnerung geblieben ist.
Am Tag danach: Entsetzen über den Polizeieinsatz, SPD-Bürgermeister Ude zeigt sich schockiert, sogar konservative Medien hinterfragen, ob derartig massives Polizeivorgehen notwendig war.
CSU-Ministerpräsident Max Streibl rechtfertigt das "Hinlangen" als bayerische Art, getreu dem Motto "wer sich mit Bayern anlegt", muß mit den Folgen leben. Erinnerungen an Strauß und Wackersdorf im Tschernobyl-Sommer 86 werden wach...
Münchner Haftrichter spielen bei der ganzen Sache nicht mit, und bestätigen den polizeilichen Gewahrsam nicht, worauf die meisten Festgenommenen aus dem Gewahrsam wieder entlassen werden.
Das war meine subjektive Schilderung des "Münchner Kessels" vor exakt 20 Jahren.
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Würde mich außerdem freuen, wenn Menschen die damals mit vor Ort waren und noch Fotos von dem Kessel oder der Demo haben, diese hier hereinsetzen.
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Ergänzungen
erinnere mich
hab grade gegoogelt, die münchner presse hat den jahrestag heute auch behandelt:
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.vor-20-jahren:-muenchner-kessel-beim-g7-gipfel.9e59ce9b-4c2e-41ab-90f5-6704fb26a07a.html
War auch im Kessel
Im Kessel ist mir eine Szene lange nicht aus dem Kopft gegangen. Wir standen in Ketten im Kessel neben mir stand eine Person mit Brille, die Bullen sind in Kessel gerannt und ein Bulle hat dem Typen neben mir die Brille runter gerissen, sie vor seinen Augen zerbrochen und ihm dann so klange auf die Nase geschlagen bis er zusammen gesunken ist.
Mit dem Hass im Bauch kam dann noch Rostock Lichtenhagen. 1992 war ein Jahr das ich nicht vergessen werden und mich bis heute geprägt hat.
Soliparty 92
Einstein
Im Münchner Kessel befand sich übrigens auch mein damaliger Nachbar, seines Zeichens Sportreporter bei der Bildzeitung, der (in Ermangelung von FachjournalistInnen) zwei Promis aus der Stadtpolitik zu interviewen hatte und für den Weg vom 1. zum 2. Interview den scheinbar kürzesten Weg wählte - quer durch die Demo. Er erzählte mir noch von einer Oma, die eigentlich bloß zum Einkaufen wollte und ebenfalls nicht mehr rausgelassen wurde. Der Bild-Reporter äußerte sich anschließend im Kollegenkreis in einer Weise über den Kessel, dass er anschließend gemobbt wurde.
Im Laufe der Gipfelwoche entwickelte sich bei mir übrigens durch die ständige Bedrohungssituation eine (zum Glück nur vorübergehende) Klaustrophobie. Mir selber ist zwar nie was passiert, aber ich habe mehrfach Gewaltszenen mitbekommen und andauernd wurden irgendwelche meiner FreundInnen verhaftet, das schlägt auf Dauer auf den Magen (und wenn's mir den Appetit verdirbt, das will schon was heißen).
auf die fresse
- die demo fand statt!
- die konferenz zum aufbau einer widerstandsorganisierung/vernetzung konnte abgehalten werden (teilweise nur in kircheninfrastrukturen aber sie fand statt)
- noch am abend des kessels krachte es in einigen bundesdeutschen metropolen in bezugnahme auf den münchner kessel - einene tag später rummste es in beinahe jeder bundesdeutschen grossstadt (in frankfurt/main bspw waren schlicht keine bullen mehr vor ort verfügbar, die hätten effektiv eingreifen können)
- kleine erfolgserlebnisse inklusive: die bullen in muenchen waren so herrenmenschlich selbstsicher unterwegs, dass immer wieder einzelne gefangene von ihren abstelloren vor den gefangenentransportern "geklaut" werden konnten - sie wurden schlicht und ergreifend nicht bewacht.
- die stimmung vor der gefangenensammelstelle in der innenstadt war nach dem urteil der richter (alle müssen raus!) grandios. kaum ein bulle traute sich noch einem in dei augen zu schauen - geschweige denn, dass sie noch anordnungen aussprachen oder befehle bellten: ganz normale, kleine untertanen + stiefelknechte und wir waren meherere hundert im und vor dem knast. in diesen stunden war das unsere stadt - nicht die idealsten bedingungen.... aber unsrer stadt und unser abend.
leckt doch nicht immer so enthusiastisch die wunden, sondern versucht mal ein größeren ausschnitt des bildes zu erfassen.
venceremos
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
@Autor
....
die man den Enkeln erzählen kann,
hockt hinter seiner Rotweinflasche
ein APO-Großväterchen und hebt an..."
http://www.youtube.com/watch?v=7WI3ZT1UX7k
no justice
passive friedliche DemonstrantInnen brachial zusammengetrieben wie Vieh von wild knüppelnden Polizeitruppen..."
Es geht doch überhaupt nicht darum ob mensch friedlich demonstriert oder nicht. Auch wenn eine Demo militant mit Feuerwerk und Eisenstangen demonstriert bleiben die Cops eine Zumutung für jede selbsbestimmte Demo.
In diesem Sinne, Danke für den Beitrag: No Justice, no peace!
Danke!!
An die Admins:
Den beitrag bitte auf die Hauptthemenseite! Das interessiert viele Leute!
Zum letzten Thread:
Ich kriege auch das große Kotzen, wenn ich an 92 denke. Rostock-Lichtenhagen und das Versagen der Bullen im Gegensatz zu ihrem Kesselzirkus wenige Wochen zuvor in München.
Sicherheitskonferenz 2002
Die Innenstadt wirkte wie eine Geisterstadt. Wo noch Leben war, blieb es nicht lange. Irgendwann waren da nur noch die Sirenen, das Blaulicht und ich. Irgendwann war ich des Versteckens Leid und irgendwie schämte ich mich auch und dachte mir "Es ist zwar irgendwie radikaler dafür zu sorgen dass man das Ganze >>militärisch<< erlebt und versucht dass die Polizei einen außer auf Pflastersteinwurfentfernung nicht zu Gesicht zu bekommen, aber was bringt das wenn man damit alleine ist?!", ich war jung und begriff nicht dass es darum ging offen zu demonstrieren und nicht um Straßenschlacht oder Revolution und dass dieses Recht nun vollkommen beendet war, so entfernte ich mich von den Polizeiringen bzw. ließ mich von ihnen immer weiter an den Innenstadtrand drängen. Irgendwann kam ich vor eine Kneipe vor der noch Menschen standen. Die Wannen brausten an uns vorbei, aber sie hielten nicht, ignorierten uns. Ich war wirklich so paranoid gewesen dass ich dachte ich dürfte icht entdeckt werden, um einer Festnahme zu entgehen. Die Leute in der Kneipe waren sehr nett. Scheinbar handelte es sich bei dem Laden um eine ehemalige, alten Punkerclub. Es war schwer in München zu erkennen was einem freundlich gesinnt ist und was nicht. So hatte ich mich auch ins alternative "homosexuelle" Viertel verirrt ohne es zu bemerken. Ich bekam gratis sehr leckeres großes Bier. Etwas zu Essen, Reis mit Scumbies. (Der Laden wirkte mega versnobbt und teuer), aber ich war fertig. Ich kam mit Leuten ins Gespräch, die boten mir einen Schlafplatz an. Wir waren uns einig dass in die Innenstadt zurück gehen keine gute Idee war. Also blieben wir eine Weile und fuhren dann gemeinsam irgendwo an den Rand der Stadt wo ich unterkommen durfte. Ich war so dicht vom Bier dass ich unterwegs jeden Menschen in Uniform anpöbelte. In den Ubahnstationen bin ich voll abgegangen weil ich sowas noch nie gesehen hatte (Heutzutage sieht es überall so aus, auch in Hamburg, Berlin) dass Ubahnstationen derart steril technisch überwacht sind und überall Sicherheitsfutzis rumrennen. Ich legte mich mit jeder Ubahnwache an die mir über den Weg kam. Schrie rum was für ein faschistisches Bundesland das hier sei und die Leute ja nicht so tun sollten als wüssten sie das nicht. Irgendwann sprayte ich noch (Ich hab keine Ahnung mehr woher ich die Farbe hatte) in grün "Fuck NATO" oder sowas Ähnliches an eine Wand direkt an der Straße, blöderweise genau in der Nähe von dem Wohnort des Menschen bei dem ich unterkommen durfte. Eine WG von Linken, die sich um mich kümmerten. Am nächsten Morgen war alles vorbei. Ohne es zu wissen kam ich direkt am bayrischen Hof wo die Sicherheitskonferenz war heraus. Das sah so aus, oben die Polizeikette, von unten von der Ubahn her kam ich mit gestellten Irokesen auf einmal hinter den Beamtenrücken empor gefahren auf der Rolltreppe, so "Last Man Standing" mäßig. Hätte nur noch ne Fahne gefehlt die ich zu hissen hätte und son 1000 Punkte Icon dass über meinem Kopf aufblinkt. "The Winner is Team Red" - Die Beamten reagierten etwas ungelassen und bestätigten meine Paranoia vom Vortag auf alles wirklich alles und jeden der nicht in Uniform war zu reagieren. Ich stratzte los um ihnen zu entkommen, direkt durch die Sicherheitszone, hinaus in irgend eine Gasse....wo ich von Beamten gestellt wurde. Selbstbewusst nutzte ich die Initiative das Gespräch zu beginnen (ganz wichtig, ihnen nicht die Situation überlassen!), um sie nach dem Weg zum Bahnhof zu fragen. "Das wissen wir auch nicht, wir sind nicht von hier", war die Antwort, dann drehte sich die Einheit um und rannte in die andere Richtung. Ich, der keine anderen Demonstranten mehr erspähen konnte, der total unpassend gekleidet war, der blutjung verschüchtert vollkommen alleine rumstand beschloss nach Hause zu fahren. So schlug ich mich zum Hauptbahnhof durch und begann die ebenfalls spannende Rückfahrt und entschied mich zu den Chaostagen die in diesem Jahr ebenfalls in München stattfinden (zu denen andere Leute die ich kannte fuhren, die es dann sogar auf die Hauptseite der Zeitung geschafft haben mit dem Ausruf "Nie wieder München!", da es diese Chaostage nicht mal schafften in München anzukommen, was die Anti-NATO-Proteste wenigstens geschafft hatten) sollten lieber nach Essen zu fahren, als Rache für die Chaostage in Dortmund 2001. Im Hbf traf ich noch eine Gruppe einheimischer Punks die mir davon erzählte dass sie gerade eben erst freigelassen wurde aus Gewahrsam. Sie wurden mehrere Tage VOR dem Beginn der Sicherheitskonferenz in Sicherheitsverwahrung gesperrt!!!! Zwar beklagten sie sich nicht, da sie Braten zu Essen bekommen hätten und gut versorgt gewesen wären und sogar ab und zu Meldungen von Draußen bekamen über das Radio der Beamten, aber dennoch fand ich die Eindrücke jener zwei Tage bezeichnend für den Polizeistaat Deutschland und die Festung Europa. In der ich mich seit meiner Geburt eingesperrt und von einem solidarischen Leben ausgesperrt fühle.
*Kommentar wurde spontan geschrieben. Sehr subjektiv gefärbt, da ich aus der Erinnerung heraus schreibe und schon damals sehr unreflektiert, da sehr traumatisiert, alles erlebte. Es war dunkel, es war verregnet, es war unübersichtlich, es war laut*
http://de.indymedia.org/2004/01/71106.shtml
http://protest-muenchen.sub-bavaria.de/artikel/3125
http://www.arbeitermacht.de/infomail/infomail105/muenchen.htm