NATO-Sicherheitskonferenz in München

Rote Hilfe OG München 02.01.2004 16:11 Themen: Militarismus Repression
"NATO-Sicherheitskonferenz": Polizeiführung gesteht rechtswidriges Handeln gegen legitimen Protest ein

Presserklärung der Roten Hilfe München zu den Äußerungen des Münchner Polizeipräsidentenin der SZ vom 29.12.03

Der Münchner Polizeipräsident Schmidbauer räumt mit seinem in der
Süddeutschen Zeitung vom 29.12.2003 ausgedrückten Bedauern über die
„Freisprüche“ für Sicherheitskonferenz GegnerInnen endlich das
rechtswidrige Verhalten seiner Polizei ein und muss nun Konsequenzen
ziehen. Die Andeutungen Schmidbauers lassen bereits erahnen wie diese
aussehen werden: Die Polizei wird Kontrollstellen an den Einfallstraßen
errichten und „einschlägig bekannte Berufsdemonstranten - die Personalien
liefern die Verfassungsschutzämter – sollen hier herausgefiltert und
umgehend zurückgeschickt werden.“ (SZ S. 41, 29. Dezember 2003) Eigentlich
keine Neuigkeit, denn auch in den vergangenen 2 Jahren wurde München de
facto hermetisch abgeriegelt und bei tausenden Personen- und PKW-Kontrollen
hunderten Menschen die Anreise verweigert.

Der Verfassungsschutz: Zugleich Polizei- und Ermittlungsbehörde?
Nachdem die Lüge von den 3000 anreisenden „Chaoten“ (angebliche Erkenntnis
des Verfassungsschutzes), die 2002 zum totalen Demonstrationsverbot führte,
nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, kreiert Schmidbauer nun das Feindbild
der „Berufsdemonstranten“. Jenen möchte er bereits im Vorfeld das Recht auf
Teilnahme an den legitimen Protesten gegen die sog. Sicherheitskonferenz
absprechen. Wer „Berufsdemonstrant“ sei, soll der Verfassungsschutz
bestimmen. Um jedoch in dessen Visier zu gelangen ist es nicht nötig
„rechtswidriges“ Verhalten an den Tag zu legen. Der Verfassungsschutz klärt
nicht „Straftaten“ auf, sondern dient der Bespitzelung politischer Gruppen
und Menschen. Damit reicht ein politisches Engagement (wie z.B. in der PDS)
aus um in dessen Dateien zu landen. Welche Daten dabei erhoben werden ist
für die Betroffenen nicht zu erkennen und eine Löschung de facto unmöglich
zu erreichen.

Es sei daran erinnert, das die soeben für rechtswidrig erklärten Festnahmen
und Ingewahrsamnahmen bei den Sicherheitskonferenzen 2002/2003 eben auf
diesen dubiosen Datensammlungen von Polizei und Verfassungsschutzämtern
basierten, jedoch nicht wie der Richter betonte, auf konkreten
Erkenntnissen über geplante Straftaten.

Die Kompetenz Schmidbauers zeigt sich auch an seiner Wahl des Begriffs
„Berufsdemonstrant“. Den einzigen Beweis seine Existenz findet er
vermutlich an den Stammtischen. Als gäbe es den Beruf eines „Demonstranten“
(von wem bezahlt?) und wenn es ihn gäbe wäre es auch kein „rechtswidriges“
Verhalten. Offensichtlich meint er damit Menschen, die häufiger von ihrem
Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gebrauch machen, als ihnen das die
Polizei zugestehen würde. Die Einschränkung des Grundrechts auf
Versammlungsfreiheit soll also damit begründet werden, dass man „zu“ häufig
an Versammlungen teilnimmt.

Illegale Überwachung der GipfelgegnerInnen?
Schmidbauer zur SZ: „Es läuft in der Szene noch eine Diskussion darüber, ob
die Sicherheitskonferenz als Friedens- oder Kriegskonferenz angesehen
werden soll.“ Woher ist Herr Schmidbauer so genau über interne
„Diskussionen der Szene“ informiert? Offensichtlich lässt Schmidbauer
oppositionelle Gruppierungen polizeilich bespitzeln und ausforschen.

Dazu Paula Schreiber, Pressesprecherin der Roten Hilfe e.V. – Ortsgruppe
München: „Mit der Diffamierung von GegnerInnen der Nato Kriegspolitik als
‚Berufsdemonstranten’, der Bespitzelung des Bündnisses gegen die NATO
Sicherheitskonferenz und die geplante massenhafte Verfolgung anreisender
DemonstrantInnen auf der Grundlage fadenscheiniger und nicht überprüfbarer
Verfassungsschutzbehauptungen zeigt Polizeipräsident Schmidbauer ein
weiteres mal, das es um die Verhinderung und Einschüchterung politisch
unliebsamen Protestes geht.

Paula Schreiber
Pressesprecherin der Roten Hilfe e.V. Ortsgruppe München


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Rote Hilfe e.V. - Ortsgruppe München
Schwanthalerstr. 139, 80339 München
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Ergänzungen

Mehr zur Siko:

Münchner Gsindl 02.01.2004 - 20:48
Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik - ein Fall für die Friedensbewegung?
 http://www.isw-muenchen.de/download/mue-kon.html
 http://germany.indymedia.org/2003/12/70885.shtml

Aktionen zur Pressekonferenz von Horst Teltschik:
 http://www.indynews.net/?id=630
 http://www.indynews.net/434+M5569a7b254e.html
 http://germany.indymedia.org/2003/12/70145.shtml

Erste Pressekonferenz zur "Sicherheitskonferenz":
 http://www.indynews.net/gipfel+M57297e2879a.html

NEWSLETTER 02 gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in Muenchen:
 http://www.indynews.net/gipfel+M5033448f98d.html

Teltschik & Co vertreiben!
 http://www.indynews.net/gipfel+M555c081afab.html

Aufruf zu Demo und Aktionen gegen die Nato-Sicherheitskonferenz:
 http://www.indynews.net/gipfel+M58f9aca8a41.html

Nachtrag zur "Sicherheitskonferenz" 2003 - Stürmung rechtswiedrig:
 http://germany.indymedia.org/2003/12/69205.shtml

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Falsche Ausrichtung — Anti-Repressiva

@projektwerkstatt — Red Rocker

hoffentlich nicht ernst gemeint — knusperjoghurt

@Kölna — mensch

Zeit? — Blindfisch

blindfisch hat recht ... — Red Rocker